Heft 46 lesen und PDF-Download hier - GMIT
Heft 46 lesen und PDF-Download hier - GMIT
Heft 46 lesen und PDF-Download hier - GMIT
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
GEOAKTIV – WIRTSCHAFT, BERUF, FORSCHUNG UND LEHRE<br />
ziale der Rohstoffnutzung für die technologiestarke<br />
deutsche Wirtschaft erschließen. Im Mittelpunkt<br />
stehen Hochtechnologiemetalle wie<br />
Gallium, Indium, Germanium sowie Seltene<br />
Erden, die eine wesentliche Gr<strong>und</strong>lage für Anwendungen<br />
in den Zukunftsfeldern erneuerbare<br />
Energien, Elektromobilität <strong>und</strong> in der Elektronikbranche<br />
bilden. Das Institut soll in den nächsten<br />
fünf Jahren bis auf einen Personalbestand von<br />
etwa 100 Mitarbeitern aufgebaut werden. Es<br />
wird zu 90 % durch den B<strong>und</strong> <strong>und</strong> zu 10 % durch<br />
den Freistaat Sachsen gefördert.<br />
Im Rahmen ihres Aufenthaltes in Freiberg hat die<br />
B<strong>und</strong>esforschungsministerin auch das unter der<br />
Regie von Prof. Gerhard Heide eingerichtete<br />
Schockwellenlabor im TU-eigenen Bergwerk<br />
„Reiche Zeche“ besucht, in dem materialwissenschaftliche<br />
Spezialexperimente durchgeführt<br />
werden können.<br />
Werner Pälchen (Halsbrücke)<br />
Das „Anthropozän“ – ein neues Forschungsfeld für die Geowissenschaften<br />
77 % der Landfläche sind vom Menschen genutzt<br />
bzw. überprägt; die Meere befinden sich<br />
spätestens seit der Zeit von Christoph Kolumbus<br />
nicht mehr im natürlichen Zustand; der Wasserkreislauf<br />
ist stark durch den Menschen reguliert;<br />
Sedimente werden durch Staudämme abgefangen<br />
<strong>und</strong> gelangen zunehmend nicht mehr<br />
ins Meer; Berg- <strong>und</strong> Tagebau reloziert viermal so<br />
viel Material wie alle Flüsse <strong>und</strong> Gletscher der<br />
Welt bewegen; Küstenbereiche sinken durch<br />
Trinkwasser-, Erdöl- <strong>und</strong> Erdgasentnahme ab;<br />
menschenbeeinflusste Stoffflüsse verändern<br />
Temperatur <strong>und</strong> Chemie von Atmosphäre, Böden,<br />
Süßgewässern <strong>und</strong> Meeren. Der Mensch<br />
war, wie jedes andere Lebewesen auch, immer<br />
schon ein biologischer Faktor. Spätestens seit<br />
der Industrialisierung sind anthropogene Prozesse<br />
jedoch global <strong>und</strong> derart intensiv wirksam,<br />
dass der Mensch darüber hinaus zu einem<br />
geologischen Faktor geworden ist. Planetare<br />
Funktionsgrenzen sind dadurch gefährdet.<br />
Basierend auf einem Vorschlag von Chemie-Nobelpreisträger<br />
Paul Crutzen sowie dem Paläontologen<br />
<strong>und</strong> Limnologen Eugene Stoermer aus dem<br />
Jahr 2002 für das International Geosphere-<br />
Biosphere Programme (IGBP) sollte daher die<br />
Epoche des von natürlichen Prozessen dominierten<br />
Holozän etwa bis zum Jahr 1800 n. Chr.<br />
begrenzt <strong>und</strong> danach vom Anthropozän abgelöst<br />
werden. Dieser Ansatz wird durch eine internationale<br />
Gruppe von Geologen vorangetrieben<br />
<strong>und</strong> formalisiert, aber auch Geografen, Historiker,<br />
Sozioökonomen, Juristen, Umweltpolitiker<br />
<strong>und</strong> andere greifen das Konzept nutzbringend<br />
auf. So stand nicht nur die Jahrestagung der<br />
Geological Society of America 2011 unter dem<br />
Thema „From the Archaean to the Anthropocene“,<br />
sondern auch der internationale Medienimpakt<br />
ist beachtlich: The Economist brachte<br />
das Anthropozän im Mai sogar als Titelgeschichte.<br />
Das Anthropozän-Konzept bietet für die Geowissenschaften<br />
große Chancen, daher kann angenommen<br />
werden, dass nicht nur die Internationale<br />
Subkommission für Quartärstratigraphie<br />
(mit der bereits gegründeten Anthropozän-Arbeitsgruppe),<br />
sondern auch das IGBP <strong>hier</strong> weiter<br />
voranschreiten werden. Es geht nicht nur darum,<br />
das aktuelle Anthropozän samt seiner<br />
Prozesse geowissenschaftlich zu beschreiben,<br />
so wichtig es auch ist, die menschengemachten<br />
Umgestaltungen an Land <strong>und</strong> in den Ozeanen zu<br />
erfassen <strong>und</strong> zu verstehen. Das Konzept geht<br />
durch seinen ganzheitlichen, interdisziplinären<br />
Ansatz weiter darüber hinaus: Im Unterschied<br />
zu klassischen Ansätzen der Umweltvorsorge,<br />
die entweder auf Vermeidung setzen, um die<br />
Welt im bisher so stabilen Holozän zu belassen<br />
oder technikbasierte Adaptation vorantreiben<br />
wollen, um der menschenveränderten Umwelt<br />
Rechnung zu tragen, stärkt das Anthropozän-<br />
Konzept den systemischen Bezug, berücksichtigt<br />
unterschiedliche Zeitskalen <strong>und</strong> generiert<br />
20 <strong>GMIT</strong> · NR. <strong>46</strong> · DEZEMBER 2011