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Was Sie immer wollten. Nur besser. - Heimat.de

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wir sehr fleißig probiert, wür<strong>de</strong> ich sagen. Und was für<br />

erinnerungen haben <strong>Sie</strong>, Herr Wilczok?<br />

axel Wilczok: ich weiß nur, dass ich nicht geglaubt habe,<br />

dass <strong>Sie</strong> kommen wür<strong>de</strong>n. ich kann mich erinnern, dass<br />

ich eine schöne Schallplatte von ihnen hatte, die hab ich<br />

mir 1973 in moskau gekauft. Da gab es ein gerücht, das<br />

besagte, dass es jetzt auf <strong>de</strong>r gorkistraße Platten aus <strong>de</strong>m<br />

Westen gäbe. Da sei so ein Pianist, Daniel Barenboim …<br />

also sofort ins Taxi, 1,50 rubel, heute wahrscheinlich<br />

500 rubel, in <strong>de</strong>n la<strong>de</strong>n, Platte gekauft, mit einem hübschen<br />

Bild, Beethovens Appassionata, glaube ich.<br />

Je<strong>de</strong>nfalls konnte ich mir nicht vorstellen, dass er wirklich<br />

zu uns kommt. aber er war es. ich kann mich nur<br />

erinnern, dass ich furchtbar aufgeregt war, weil gleich am<br />

anfang nicht alles zusammen war. Wir spielten mit unserer<br />

wun<strong>de</strong>rschönen viersekündigen Verspätung und dann<br />

passierte irgen<strong>de</strong>twas. Wir haben gearbeitet und plötzlich<br />

war die Probe zu en<strong>de</strong>. an Details kann ich mich nicht erinnern,<br />

man stand irgendwie ziemlich unter Strom.<br />

Welche Hoffnungen, Wünsche, Erwartungen haben <strong>Sie</strong> <strong>de</strong>nn mit<br />

diesem Neuanfang verbun<strong>de</strong>n?<br />

SuSanne Schergaut: en<strong>de</strong> <strong>de</strong>r 80er Jahre befand sich das<br />

orchester in einer ganz schwierigen Situation: es herrschte<br />

eine gewisse endzeitstimmung. es gab keine Perspektive,<br />

es war wie bei <strong>de</strong>n Sängern: Wer gut singen konnte, sang<br />

im Westen. Wir hatten ein Weltklasse-Sängerensemble:<br />

Peter Schreier, Theo adam, anna Tomowa-Sintow – aber<br />

die waren oft nicht da. Wenn man an die Tradition und die<br />

Be<strong>de</strong>utung <strong>de</strong>r Staatsoper <strong>de</strong>nkt, hat die Qualität manchmal<br />

nicht gereicht. Und bei <strong>de</strong>n gastdirigenten war es<br />

ähnlich. Und das hat sich natürlich auch auf die Staatskapelle<br />

ausgewirkt. ich habe mir da wirklich eine ordnen<strong>de</strong>,<br />

zupacken<strong>de</strong> Hand gewünscht.<br />

Daniel BarenBoim: Damals hat am meisten gyula Dallo mit<br />

mir über solche Sachen gesprochen. er ist ein ungarischer<br />

Harfenist, ein mensch, <strong>de</strong>r ohne musik nicht leben kann<br />

[nun im ruhestand, anm. d. red.]. ich habe ihn gefragt,<br />

wie das für ihn sei, dass ich quasi von außen komme, und<br />

was ich hier machen soll nach allem, was ihr in <strong>de</strong>r DDr<br />

erlebt und erlitten habt. Seine antwort war: »es geht ja<br />

nur um die Kunst, dafür sind wir alle offen.« Da habe ich<br />

natürlich weiter darüber nachgedacht. Und dann bekam<br />

ich ein angebot vom damaligen Kultursenator und habe<br />

mich mit ihm getroffen. Die an<strong>de</strong>re Stelle, für die ich vorgesehen<br />

war, habe ich abgesagt und seit<strong>de</strong>m bin ich hier.<br />

Das ist die geschichte.<br />

6 GESPRäCH<br />

War es auch eine Motivation, mit <strong>de</strong>r Staatskapelle eine Kombination<br />

aus Konzert- und Opernorchester zu haben, also das gesamte<br />

Repertoire sowohl in <strong>de</strong>r Oper als auch in Sinfoniekonzerten spielen<br />

zu können?<br />

Daniel BarenBoim: Wissen <strong>Sie</strong>, ich habe mich nie als operndirigent<br />

gesehen, bis heute nicht. ein operndirigent ist für<br />

mich jemand wie James levine, <strong>de</strong>r 85 opern in seinem<br />

leben dirigiert hat, und wenn er freie Zeit hatte, Konzerte<br />

zu dirigieren, dann wollte er <strong>immer</strong> konzertante opern<br />

dirigieren. Vergessen <strong>Sie</strong> nicht, dass ich ursprünglich Pianist<br />

bin. mit <strong>de</strong>m Dirigieren habe ich nur angefangen, weil<br />

ich die mozart-Klavierkonzerte vom Flügel aus dirigieren<br />

wollte. Das habe ich sehr ernst genommen, habe aber nie<br />

im leben davon geträumt, große Sinfonieorchester zu dirigieren.<br />

ich wollte Pianist sein und bleiben. Dann habe ich<br />

anfang <strong>de</strong>r 60er angefangen, das english Chamber orchestra<br />

in england vom Flügel aus zu dirigieren. Viel später,<br />

im Januar 1967, hatte ich zum ersten mal gelegenheit, ein<br />

großes Sinfonieorchester von rang zu leiten: das Philharmonia<br />

orchestra london. otto Klemperer war erkrankt<br />

und ich bin eingesprungen.<br />

ich bin nicht mit <strong>de</strong>r oper aufgewachsen. in argentinien<br />

war ich zu klein und in israel war die oper nicht beson<strong>de</strong>rs<br />

gut. aber ich lernte dort einen Tenor kennen, <strong>de</strong>r<br />

gera<strong>de</strong> seine Karriere begonnen hatte: Plácido Domingo.<br />

nur wenn er gesungen hat, bin ich dorthin gegangen, und<br />

danach sind wir <strong>immer</strong> gemeinsam ausgegangen. aber ich<br />

war kein lei<strong>de</strong>nschaftlicher opernbesucher. 1973 habe ich<br />

zum ersten mal eine oper dirigiert, beim edinburgh Festival,<br />

weil <strong>de</strong>r damalige Festspieldirektor gesagt hat: »So wie<br />

du mozart spielst und dirigierst, musst du auch die mozartopern<br />

machen.« ich habe dann angefangen, Don Giovanni zu<br />

studieren. in edinburgh habe ich noch Figaro gemacht, aber<br />

ich habe nie in einem opernhaus gearbeitet. Der Festspielleiter<br />

in edinburgh hat mir geraten, nie in ein opernhaus<br />

zu gehen – es sei schrecklich, es gebe keine Proben für<br />

das orchester und die Sänger und man käme in einen Betrieb,<br />

in <strong>de</strong>m man musikalisch nicht arbeiten könne. Dann<br />

bekam ich 1977 eine einladung an die Deutsche oper, um<br />

dort Figaro zu dirigieren. Die habe ich abgelehnt – was sollte<br />

ich in einem opernhaus? Damals habe ich mehrere lie<strong>de</strong>raben<strong>de</strong><br />

mit Dietrich Fischer-Dieskau gespielt, und <strong>de</strong>r sagte<br />

zu mir: »Du bist verrückt, du musst das machen und ich<br />

wer<strong>de</strong> dabei sein und du wirst sehen, du bekommst so viele<br />

Proben wie du willst.« er hat dann meine musikalischen<br />

For<strong>de</strong>rungen weitergegeben, und weil sie von ihm kamen,<br />

wur<strong>de</strong>n sie akzeptiert. also habe ich Figaro dirigiert, und<br />

dann ging es weiter, aber ich habe mich nie als operndirigent<br />

gesehen und tue es noch heute nicht.<br />

© Felix Broe<strong>de</strong> / DG<br />

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