s ü d a f r i k a. . . . . . . . . . . . . . . .Nachhaltiger Tourismusin SüdafrikaWeltweit erstes Gütesiegel entwickeltMit Schweizer Hilfe präsentierte sich der wachsende südafrikanische Fair-Tourismus-Sektor in Österreich. Trotz einiger Abstriche ein interessantesModell, das zum Nachdenken über heimische Reisegewohnheiten anregt,meint Stephi Pongratz.am 16. Oktober 20<strong>12</strong> lud das SwissImport Promotion Programme(SIPPO) zu einer Präsentation übernachhaltigen Tourismus in Südafrikain das Flemings Hotel in der Nähe desWiener Westbahnhofs ein. Der Titel derVeranstaltung lautete: „Südafrika – InspirierendeVielfalt“. Zum einen wurdedas FTTSA-Zertifikat vorgestellt, zumanderen präsentierten eine Reihe vonTourismusanbietern ihre Programme.Auffallend war von Anfang an, daßes selbstverständlich gut ankommt,wenn sich ein Betrieb als nachhaltigpräsentiert – dies entsprach allerdingsnicht immer den Tatsachen. So wurdenin einer Präsentation luxury hutsangepriesen, in einer anderen gar füreinen Hubschrauber-Flug über einenriesigen Golfplatz geworben. Kurz: Esist nicht alles nachhaltig, was sich sonennt. Manche der anwesenden Anbieternahmen die kulturelle Diversitätund Vielschichtigkeit in Südafrika nichternst, statt dessen wurden teilweiseKlischees reproduziert. Einen positiv-glaubwürdigenEindruck machtehingegen die Organisation Andulela inKapstadt (www.andulela.com). Diesebietet sogenannte „interactive themetours“ – kulinarische, kulturelle undWildlife-Tours – an und spricht sichexplizit für einen verantwortungsvollenTourismus sowie eine ethischeBusiness-Praxis aus. Dabei soll einBild von Cape Town als kulturellem“Melting Pot” sowie reale Geschichtenvon Menschen und Projekten vermitteltwerden, und all das in einer interaktivenWeise. Andulela hat das Fair-Trade-Zertifikat bereits erlangt, währenddies beim Großteil der anwesendenAnbieter nicht der Fall war.emilie Hagedoorn, die Repräsentantinvon Fair Trade in Tourism SouthAfrica (FTTSA) in Europa, präsentiertein ihrem Vortrag die „facts and figures“des Gütesiegels. In einem erstenSchritt hatte es ab 2003 die Möglichkeitgegeben, Unterkünfte zu zertifizieren,in einem zweiten Schritt wurde derProzeß auf Reiseanbieter erweitert.Bisher haben acht EU-Reiseveranstalterund sechs südafrikanischeAn bieter das Gütesiegel erlangt. Hagedoornerzählte auch, daß es eingrundlegendes Ziel des nachhalti genTourismus sei, daß lokaleGemeinschaftenprofitier ten. Dabei istNachhaltigeTourismusszeneentstehtsowohl die Entwicklungvon Fähigkeitenals auch eine Antidiskriminierungsstrategie(d.h. ethnische und genderbezogeneGe sichtspunkte sowie die Frage nachownership) im Hinblick auf die Beschäftigungvon Südafrikaner/inne/nvon Relevanz. Die Kriterien der FTTSAinkludieren so mehrere Ebenen. ImKonkreten be ziehen sie sich auf folgendePrinzipien: erstens eine gerechteVerteilung der Einnahmen, zweitenseine demokratische Vorgehensweise,drittens Respekt für Menschenrechte,Kultur und Umwelt, viertens Glaubwür14<strong>76</strong>/<strong>12</strong> INDABA
. . . . . . . . . . . . . . . . .s ü d a f r i k adigkeit, fünftens Transparenz undsechstens Nachhaltigkeit.Eine zentrale Tätigkeit der FTTSAbezieht sich auf die Vergabe desGütesiegels, was mit einem aufwendigenProzedere verbunden ist. Umdas Zertifikat zu erlangen, werden dieReiseveranstalter ausführlich von derFTTSA vorbereitet, wobei der Betriebsprüfungsprozeßdrei bis fünf Tagedauert. Hat ein Veranstalter einmaldas Zertifikat erlangt, erfolgt alle zweiJahre ein weiterführender Prüfungsprozeß.Zugleich werden Kooperationenetabliert, um die eigene Tätigkeit mitanderen inhaltlichen und praxisbezogenen Bereichen zu verknüpfen. Diespassiert beispielsweise im Bereichder Öffentlichkeitsarbeit,im Bereich von Bildungstrainingsund wissenschaftlicherRecherche sowie Publikati o nen. Hier werden auchsoziopolitische Themen aufgegriffen, wie im Rah mender Kampagne „FTTSA’s Fight ChildExploitation in Tourism Initiative“ oderim Rahmen der Bildungstrainings zuHIV/AIDS. FTTSA führt zudem eigeneProjekte mit dem Fokus auf Agrotourismus,Community-Tourismus, Lieferkettenim Tourismus in Verbindung mitSüdafrikaalsVorreiterCommunity-Themen und FreiwilligeArbeit in Verbindung mit NachhaltigemTourismus durch.Im Hinblick auf die allgemeineEntwicklung kannpositiv angemerkt werden,daß sowohl die Idee desnachhaltigen Tourismus alsauch die konkrete Umsetzungdurch die FTTSA immer mehrInteresse weckt. Problematisch istallerdings die Tatsache, daß es imFeld des Tourismus eine Vielzahl vonZertifikaten gibt, wobei ein Großteilkeine hohe Qualität aufweist. DieRepräsentant/inn/en von FTTSAWho is who?Das FTTSA-Siegel wurde 2002/2003 von der Non-Profit-Organisation Fair Trade in Tourism South Africa (FTTSA)ins Leben gerufen. FTTSA ist die weltweit erste Gütesiegel-Organisation für Fair Trade im Tourismus und nimmtseitdem eine Pionier-Rolle in der Entwicklung von Fair-Trade-Tourismusangeboten sowie der diesbezüglichenZertifizierung ein. Die Organisation baut auf der Grundidee von nachhaltig und fair gehandelten Gütern bzw. Dienstleistungenauf. Bemerkenswert ist die Tatsache, daß die Erfahrungen aus der Entwicklung eines umfassendenFair-Trade-Tourismusmodells als Basis für die Anwendung ähnlicher Modelle in anderen Regionen der Welt dient.Die Vision des Siegels bezieht sich auf vier zusammenhängende Aspekte: erstens gerechte Löhne und Arbeitsbedingungen,zweitens faire Arbeitsprozesse sowie eine faire Verteilung des Gewinns, drittens eine ethischeGeschäftspraxis und viertens Respekt für Menschenrechte, Kultur und Umwelt. Das Fair-Trade-Angebot bringt somehr nachhaltigkeitsbewußte Urlauber/innen nach Südafrika und zielt darauf ab, bessere Lebensgrundlagen fürdie Menschen vor Ort zu schaffen.Hinsichtlich der regionalen Komponente arbeitet die Organisation mit regionalen Stakeholdern zusammen, sodaßsich das Modell in der Zukunft auf neue Fair-Trade-Tourismusdestinationen (Botswana, Lesotho, Madagaskar,Moçambique, Namibia, Swaziland und Tanzania) erweitern soll. Die Erweiterung wird in den kommenden fünf Jahrendank finanzieller Unterstützung von internationalen und lokalen Gebern sowie in Zusammenarbeit mit Partnernaus der Reisebranche, mit staatlichen Behörden sowie Wirtschaftsverbänden umgesetzt werden. In den folgendenzehn Ländern soll mit Hilfe der Fremdenverkehrsämter die Fair-Trade-Tourismus-Nachfrage für das Südliche Afrikagesteigert werden: Australien, Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Kanada, Niederlande, Schweden, Schweiz,Südafrika und USA sind potentielle Partner.SIPPO (Swiss Import Promotion Programme) versteht sich als wichtige Anlaufstelle zwischen europäischenReiseveranstaltern und Anbietern von nachhaltigen Reiseprodukten in Peru und Südafrika. SIPPO ist Bestandteilder wirtschaftlichen Entwicklungszusammenarbeit der Schweiz.TEP (Tourism Enterprise Partnership) unterstützt Partnerschaften zwischen privaten und öffentlichen Akteur/inn/enund wird vom südafrikanischen Ministerium für Umwelt und Tourismus finanziert. Die Zielsetzung von TEP ist, kleineTourismus-Betriebe im Hinblick auf die Bereiche Wachstum, Entwicklung und Nachhaltigkeit zu unterstützen.INDABA <strong>76</strong>/<strong>12</strong> 15