Das Herz befehle!
Das Herz befehle!
Das Herz befehle!
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
Pater August Hülsmann SCJ<br />
Pater August Hülsmann von den <strong>Herz</strong>-<br />
Jesu-Priestern referierte beim Besinnungstag<br />
der Barmherzigen Brüder am<br />
29. März in Neuburg über das Verhältnis<br />
von Staat und Kirche im Blick auf die<br />
Europäische Union. Dabei stützte er sich<br />
auf das nachsynodale apostolische Schreiben<br />
„Ecclesia in Europa“ von Papst<br />
Johannes Paul II. aus dem Jahre 2003.<br />
Seit etwa 30 Jahren findet in Deutschland<br />
ein dramatischer religiöser Wandel statt,<br />
der in seiner Bedeutung durchaus den<br />
Umbrüchen während der Reformation<br />
gleichkommt. <strong>Das</strong> seit Jahrhunderten vorherrschende<br />
konfessionelle System, das<br />
den Volkskirchen einen großen Einfluss in<br />
der Gesellschaft gesichert hat, verliert<br />
zunehmend seinen Rückhalt in der<br />
Bevölkerung. Immer mehr Menschen ziehen<br />
sich aus den Kirchen zurück.<br />
Gleichzeitig boomt aber die außerkirchliche<br />
Religiosität. Immer neue Bewegungen<br />
und Sekten drängen ins Land und breiten<br />
sich zum Teil sehr erfolgreich aus. Während<br />
das Schwinden kirchlicher Religiosität<br />
zunächst, von den einen begrüßt und den<br />
anderen bedauert, als Vorzeichen auf dem<br />
Weg in eine säkularisierte Gesellschaft gedeutet<br />
wird, bereiten die Erfolge neuer<br />
spiritueller Bewegungen vielen Zeitgenossen<br />
Kopfzerbrechen.<br />
Die fortschreitende Integration der zur<br />
Europäischen Union (EU) gehörenden<br />
Staaten fordert dazu heraus, die Rolle der<br />
Kirchen in diesem Prozess genauer zu bestimmen.<br />
Dies geschieht durchaus auch im<br />
Interesse der EU. Denn auch sie kann ihre<br />
Zukunftsprobleme letztlich nur im Zusammenwirken<br />
mit den zu einem besonderen<br />
europäischen Engagement fähigen und<br />
bereiten Kräften der Gesellschaft lösen.<br />
Besinnungstag mit Pater August Hülsmann<br />
am 29. März 2006 in Neuburg<br />
zum Lehrschreiben „Ecclesia in Europa“<br />
Sich für Europa<br />
öffnen<br />
Christentum –<br />
eine der Wurzeln Europas<br />
<strong>Das</strong> Christentum gehört in religiöser, kultureller,<br />
sozialer und politischer Hinsicht<br />
zu den Wurzeln Europas. Es hat dessen<br />
Geschichte mitgeprägt und auch heute<br />
noch macht es zu einem erheblichen Teil<br />
die Identität Europas und der europäischen<br />
Völker aus. Für die weitere Entwicklung<br />
wird viel davon abhängen, ob<br />
und wie es gelingt, das christliche Erbe<br />
wach zuhalten und weiter zu entfalten. Es<br />
wird darauf ankommen, dass die Kirchen<br />
selbst ihr Gedankengut in Kultur und<br />
Bildung wie auch in Ethik und Politik<br />
weiterentwickeln und in den europäischen<br />
Dialog einbringen. Die Kirchen in Deutschland<br />
stellen sich leider etwas zögerlich in<br />
den Dienst dieser Aufgabe. Aus den bereits<br />
genannten Gründen des innerkirchlichen<br />
Identitätsverlustes erscheint diese Aufgabe<br />
nicht einfach. Es gibt aber auch noch<br />
andere Gründe, die das europäische<br />
Zusammenwachsen nicht leicht machen.<br />
Während beispielsweise in Lateinamerika<br />
alle Menschen Spanisch oder Portugiesisch<br />
sprechen, tragen in Europa die unterschiedlichen<br />
Sprachen oft auch zur<br />
„Sprachlosigkeit“ bei.<br />
Dies führt dazu, dass sich selbst kirchliche<br />
Institutionen oft nichts zu sagen haben.<br />
Die während des Kommunismus verfolgte<br />
Kirche des Ostens tut sich außerdem<br />
schwer, mit dem Gedankengut der anderen<br />
europäischen Kirchen Schritt zu halten;<br />
dazu kommt, dass die christlichen<br />
Religionen in sehr vielen unterschiedlichen<br />
Ausprägungen vorhanden sind und der<br />
Dialog unter diesen christlichen Schattierungen<br />
wenig gepflegt wird. Was wir in<br />
Europa grundlegend brauchen, ist also ein<br />
offenes Ohr füreinander und Geduld miteinander.<br />
Klar ist, dass eine sensible Öku-<br />
mene auch den Verständigungsprozess auf<br />
europäischer Ebene vorantreiben würde.<br />
Papst Johannes Paul II., der mit Fug und<br />
Recht als großer Europäer gilt, hat seinem<br />
Lehrschreiben „Ecclesia in Europa“ den<br />
Untertitel „Jesus Christus, der in seiner<br />
Kirche lebt – Quelle der Hoffnung für Europa“<br />
gegeben. Er überschreibt die einzelnen<br />
Kapitel des nachsynodalen Schreibens<br />
mit Thesen, die den Christen in Europa<br />
Zuversicht geben sollen:<br />
- Jesus Christus ist unsere Hoffnung<br />
- <strong>Das</strong> Evangelium der Hoffnung –<br />
der Kirche des neuen Jahrtausends<br />
anvertraut<br />
- <strong>Das</strong> Evangelium der Hoffnung<br />
verkündigen<br />
- <strong>Das</strong> Evangelium der Hoffnung feiern<br />
- Dem Evangelium der Hoffnung dienen<br />
- <strong>Das</strong> Evangelium der Hoffnung für<br />
ein neues Europa<br />
Bedeutende Rolle der Ordensleute<br />
Im Absatz 37 des Lehrschreibens geht<br />
Johannes Paul II. besonders auf das Zeugnis<br />
der gottgeweihten Personen ein und<br />
verbindet es mit dem Dank an die Ordensleute,<br />
die für die kulturelle Prägung der<br />
europäischen Staaten maßgeblich waren.<br />
Er schreibt: „Von besonderer Aussagekraft<br />
ist das Zeugnis der Personen gottgeweihten<br />
Lebens. In diesem Zusammenhang muss vor<br />
allem die fundamentale Rolle anerkannt<br />
werden, die das Mönchtum und das gottgeweihte<br />
Leben bei der Evangelisierung Europas<br />
und beim Aufbau seiner christlichen<br />
Identität gespielt hat. Diese Rolle darf<br />
heute nicht vernachlässigt werden, in einer<br />
Zeit, in der eine „Neuevangelisierung“ des<br />
Kontinents dringend notwendig ist.<br />
Europa braucht immer die Heiligkeit, die<br />
Prophetie, die Evangelisierungstätigkeit<br />
und den Dienst engagierter Ordensleute.“<br />
37