Das Herz befehle!
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Bis vor wenigen Jahren lag der Friedhof<br />
der Barmherzigen Brüder Gremsdorf<br />
noch ganz am südlichen Rand der großen<br />
Behinderteneinrichtung. Mit den Neubauten<br />
veränderte sich dann die Lage des<br />
Gottesackers radikal. Nun ist er rings umschlossen<br />
von den Wohngebäuden Hildegard<br />
von Bingen und Vinzenz von Paul im<br />
Osten, Maria im Südwesten, Theresa von<br />
Avila im Westen und Karl Borromäus im<br />
Nordwesten; er liegt also nun mittendrin –<br />
ganz zwischen den Lebenden; dort, wo er<br />
eigentlich nach alter bayerischer Tradition<br />
auch hingehört.<br />
Durch ein mannshohes Eisentor betritt<br />
man in Gremsdorf den Ordens- und Einrichtungsfriedhof,<br />
um vorbei an langen<br />
Reihen von Gräbern direkt auf die Mitte<br />
der 70er Jahre des vorigen Jahrhunderts<br />
errichtete Aussegnungshalle zuzuschreiten.<br />
Zwei parallele Reihen von kleinen Betonsteinen<br />
säumen rechter Hand die<br />
gleichförmig gestalteten Gräber, die unter<br />
einer weiten Grasfläche liegen. Links am<br />
Hauptweg weisen schmale Eisenkreuze auf<br />
Betonsockeln in vier Reihen auf die verstorbenen<br />
Heimbewohner hin.<br />
Links und rechts des breiten Weges laden<br />
vom Frühjahr bis in den Herbst Holzbänke<br />
im Schatten von Bäumen zum Verweilen<br />
ein; dieses friedvolle Angebot wird von<br />
den Bewohnern der Einrichtung auch<br />
gerne wahrgenommen. Übermächtig ragt<br />
ein rund drei Meter hohes Eisenkreuz in<br />
der Mitte des Friedhofes weithin sichtbar<br />
in den Himmel. Der weiße Korpus ist auf<br />
das alte barocke Amtsschloss hin ausgerichtet.<br />
Entlang der südlichen Begrenzungsmauer<br />
weisen stilisierte Keramikkreuze<br />
auf weitere Grabstätten hin. Eine<br />
Bronzetafel enthält die Namen von 29<br />
Patres und Fratres, die in Gremsdorf ihre<br />
letzte Ruhestätte gefunden haben. Auch<br />
sieben Franziskaner, die offenbar als<br />
Bewohner bzw. Patienten in Gremsdorf<br />
waren, wurden zwischen 1952 und 1973<br />
hier beerdigt.<br />
„Der Tod ist das Tor zum Leben“, so steht<br />
es im Vorraum zum Leichenhaus zu lesen.<br />
Ein buntes Mosaikrelief zeigt die Gottesmutter<br />
mit ihrem verstorbenen Sohn auf<br />
ihrem Schoß liegend. Gerade die Morgensonne<br />
lässt ihre goldenen Heiligenkronen<br />
in strahlendem Glanz erscheinen. Der in<br />
den Himmel auffahrende Heiland ist durch<br />
eine Bronzeplastik dargestellt.<br />
Weitere Grabinschriften zeugen von Namen<br />
verstorbener Ordensgeistlicher und<br />
Der Friedhof bei den<br />
Barmherzigen Brüdern Gremsdorf<br />
Der Tod ist das Tor<br />
zum Leben<br />
Ordensbrüder, die auch heutigen Bewohnern<br />
und Mitarbeitern – und auch so manchem<br />
Besucher – noch wohl bekannt sind.<br />
Die 14. Station des modern gestalteten<br />
Kreuzweges, der durch die gesamte<br />
Gremsdorfer Einrichtung führt, lässt den<br />
Besucher dann kurz verweilen. Der fränkische<br />
Künstler schuf das Symbol einer halb<br />
geöffneten Grabstelle. Und der Kreuzwegführer<br />
weist dabei auf den Psalmspruch<br />
hin: „Ich bin hingeschüttet wie<br />
Wasser. Es lösen sich meine Glieder. Mein<br />
<strong>Herz</strong> ist in meinem Leib wie Wasser zerflossen.<br />
Meine Kehle ist trocken wie eine<br />
Scherbe. Du legst mich in den Staub des<br />
Todes. Halte Dich nicht fern, Herr! Du,<br />
meine Stärke, eile mir zu Hilfe:“<br />
An schönen Tagen klingt dem lauschenden<br />
Friedhofsbesucher heitere Musik,<br />
fröhliches Gelächter, aber durchaus auch<br />
ein ratternder Rasenmäher im Ohr, ein<br />
untrügliches Zeichen für pulsierendes<br />
Leben um den stillen Gottesacker herum.<br />
Gleichsam wie eine grüne Insel ruht der<br />
Friedhof mit all seinen Thuja- und Lebensbäumen,<br />
seinem Buchs- und Efeugewächs<br />
inmitten der sonst so lebendigen<br />
Einrichtung.<br />
Johannes Salomon<br />
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