Seniorenzeitung WIR (14/2010) - Arbeit und Leben Bremen eV
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Viele kleine Leute an vielen<br />
kleinen Orten, die viele kleine<br />
Schritte tun, können das<br />
Gesicht der Welt verändern<br />
16 | Wir <strong>14</strong> - <strong>2010</strong><br />
(Anti-Krisenbündnis). Ebenso das übergreifende<br />
Thema Leiharbeit, das schon<br />
vorher in <strong>Bremen</strong>, z.B. von der IG Metall,<br />
aber auch dem Bremer Erwerbslosen Verband,<br />
aufgegriffen worden war.<br />
Nichts ohne die Schlecker-Kolleginnen<br />
Nach Verteilaktionen in Gröpelingen<br />
vor dem ersten Bremer XL-Markt am Eröffnungstag<br />
folgten weitere vor der Filiale<br />
in Schwachhausen, wo Anfang <strong>2010</strong> der<br />
zweite Bremer XL-Markt eröffnen sollte.<br />
Gespräche mit AnwohnerInnen zeigten,<br />
dass viele Menschen schon viel darüber<br />
wussten <strong>und</strong> Schlecker längst individuell<br />
boykottierten – mehrere PassantInnen<br />
fragten, was man denn darüber hinaus tun<br />
könne, um tatsächlich die wichtigsten Forderungen<br />
für XL-Märkte durchzusetzen:<br />
- Das Personal der geschlossenen Filialen<br />
muss zu den alten Bedingungen übernommen<br />
werden.<br />
- Die für Schlecker geltenden Tarifverträge<br />
müssen auch für XL-Märkte gelten.<br />
- Schlecker-Betriebsräte müssen auch<br />
für XL-Märkte zuständig bleiben.<br />
Damit war die flashmob-Idee geboren<br />
- spürbare <strong>und</strong> spektakuläre Aktion im<br />
Laden selbst, durch die größerer Druck<br />
<strong>und</strong> Öffentlichkeit erreicht werden sollte.<br />
Das wurde von aktiven Schlecker-Kolleginnen<br />
<strong>und</strong> von ver.di begrüßt. Sie mobilisierte<br />
außer jungen <strong>und</strong> älteren Bündnis-<br />
AktivistInnen <strong>und</strong> ver.di-KollegInnen<br />
aus dem Einzelhandel auch KollegInnen<br />
aus dem Hafen <strong>und</strong> anderen Betrieben,<br />
SchülerInnen <strong>und</strong> NachbarInnen. Diese<br />
bunte Mischung von über 100 Menschen<br />
hielt am 28. November im Gröpelinger<br />
XL-Markt eine Versammlung ab – <strong>und</strong><br />
verhagelte am 5. Februar Schlecker das<br />
Eröffnungsgeschäft, weil der Laden wegen<br />
angeblichem st<strong>und</strong>enlangen „Stromausfalls“<br />
geschlossen blieb.<br />
Die Bremer<br />
Aktionen strahlten<br />
auch in andere<br />
Orten aus<br />
<strong>und</strong> ermutigten<br />
dortige Schlecker-<br />
Beschäftigte <strong>und</strong><br />
UnterstützerInnen<br />
zu Aktionen. Eine<br />
flächendeckende<br />
Kampagne für eine<br />
Verbesserung der<br />
<strong>Arbeit</strong>s- <strong>und</strong> <strong>Leben</strong>sbedingungen<br />
kann letztlich aber nur gemeinsam mit<br />
Gewerkschaften, Sozialbündnissen, K<strong>und</strong>Innen<br />
<strong>und</strong> der Öffentlichkeit erfolgreich<br />
sein. Im Falle Schlecker hat das die Firma<br />
schließlich zum Einlenken bei der Leiharbeit<br />
<strong>und</strong> zur Aufnahme von Tarifverhandlungen<br />
bewegt.<br />
Es geht nicht nur um Schlecker ... –<br />
alle sind betroffen<br />
Es ging dem Bündnis dabei immer darum:<br />
Wenn Schlecker damit durchkommt,<br />
wird das auch bei anderen Discountern<br />
<strong>und</strong> anderen Branchen Schule machen:<br />
Auch Aldi, KiK <strong>und</strong> Lidl, aber auch viele<br />
namhafte Unternehmen, wie etwa C & A,<br />
Peek & Cloppenburg, Woolworth, Hornbach,<br />
Ikea, Netto, Norma, Rossmann <strong>und</strong><br />
Tchibo, halten Tarifverträge nicht ein.<br />
Und auch Großunternehmen, wie Siemens,<br />
Daimler <strong>und</strong> Hafenbetriebe haben<br />
die Krise genutzt, Löhne zu drücken.<br />
Thema war auch die Abwälzung von<br />
Lohnkosten auf die Allgemeinheit, z.B. der<br />
zynische Hinweis von Anton Schlecker,<br />
Beschäftigte könnten sich den fehlenden<br />
Lohn ja von der BAgIS holen. Es ist nicht<br />
nur der oft zitierte „Steuerzahler“, der dafür<br />
aufkommen muss: Lohnsenkungen<br />
wirken sich auf die Höhe von Renten <strong>und</strong><br />
ALG II aus <strong>und</strong> führen zu geringeren Steuereinnahmen<br />
der Kommunen. Das Geld<br />
fehlt für öffentliche Einrichtungen von<br />
Nahverkehr bis Sporteinrichtungen, Kitas<br />
<strong>und</strong> Schulen.<br />
Es geht eben nicht nur um Schlecker:<br />
Da fallen die Interessen der Beschäftigten<br />
im Einzelhandel <strong>und</strong> in den Produktionsbetrieben<br />
von Milch, Gemüse<br />
<strong>und</strong> Bäckereien usw. mit denen aller <strong>Arbeit</strong>nehmerInnen<br />
zusammen – bis hin zu<br />
TextilarbeiterInnen in Bangladesh <strong>und</strong><br />
MigrantInnen ohne Papiere, die unter<br />
schlimmsten <strong>Leben</strong>sbedingungen das Gemüse<br />
für die Supermärkte anbauen.