Seniorenzeitung WIR (14/2010) - Arbeit und Leben Bremen eV
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Interview mit dem Daimler-Kollegen<br />
Günter Przibylla<br />
Was hast du nach der Schule gelernt?<br />
Nach meinem Hauptschulabschluss<br />
habe ich 1969 am 1. August eine Lehre<br />
bei H. Dewers Maschinenbau als Modell-<br />
Tischler angefangen. Nach der Lehre arbeitete<br />
ich noch neun Monate in der Firma.<br />
Danach bin ich für zwei Jahre zum<br />
B<strong>und</strong>esgrenzschutz gegangen. Freiwillig.<br />
Ich bin anschließend wieder in der Firma<br />
H. Dewers angefangen, bis Mercedes auf<br />
den Plan kam.<br />
Warum kam Mercedes auf den Plan?<br />
Eigentlich wollte ich da gar nicht anfangen,<br />
aber ich sah, dass aus der Firma<br />
Dewers immer mehr Geld herausgezogen<br />
wurde <strong>und</strong> keine Modernisierung in der<br />
Gießerei stattfand. Daraufhin habe ich<br />
mich bei Mercedes beworben. Eigentlich<br />
hatte mein Bruder ein Vorstellungsgespräch<br />
bei Mercedes, aber mich wollten sie<br />
haben, weil ich nicht so oft die Firma gewechselt<br />
hatte, sondern immer stammtreu<br />
war. Ich war fast neun Jahre bei Dewers.<br />
Sie haben mir ein Angebot gemacht:<br />
Ich habe damals (1978) bei Dewers<br />
DM 11,27 verdient. Daimler legte gleich<br />
los mit DM <strong>14</strong>,77 <strong>und</strong>, wenn ich fertig wäre<br />
mit meiner sechswöchigen Probezeit <strong>und</strong><br />
sie zufrieden mit mir wären, haben sie mir<br />
DM 16,67 genannt. Das war natürlich ein<br />
ganz anderer Schnack als DM 11, 27.<br />
Ich habe mich mit meiner Frau unterhalten.<br />
Sie hat gesagt: „Es gibt bei Daimler<br />
Früh- <strong>und</strong> Spätschicht, das musst du<br />
selber entscheiden.“ Bei Dewers war um<br />
16:15 Uhr Feierabend. Ich habe nicht lange<br />
überlegt, Daimler ist ja ein sicherer <strong>Arbeit</strong>geber.<br />
Betriebsrente haben sie mir angeboten,<br />
als ich meinen Vertrag unterschrieb.<br />
Was war deine erste Tätigkeit bei<br />
Daimler?<br />
Ich begann in Halle 3 als Fertigsteller,<br />
das heißt die „Lack-Läufer“ wegmachen,<br />
ein bisschen nachlackieren mit der Spritzpistole<br />
oder mit dem Pinsel ganz fein nachziehen,<br />
so dass man nichts sehen konnte.<br />
Man hat dann überpoliert, nachdem die<br />
Stelle trocken war. Und dann hat man das<br />
auch nichts mehr gesehen.<br />
Drei Jahre später wurden Modelltischler<br />
gesucht. Über fünf Jahre war ich in der<br />
Günter Przibylla ist<br />
1954 in Güstrow in Mecklenburg<br />
geboren. Er ist der<br />
älteste von fünf Geschwistern.<br />
Er ist verheiratet <strong>und</strong><br />
Vater von drei erwachsenen<br />
Töchtern. Mit sechs<br />
Jahren kam er mit seinen<br />
Eltern in den Westen. Seine<br />
väterlichen Vorfahren<br />
lebten in Gleiwitz/Oberschlesien.<br />
Die Familie der<br />
Mutter stammt aus Ostpreußen<br />
<strong>und</strong> kam 1945 als<br />
Flüchtlinge nach Mecklenburg.<br />
Nach 1945 änderten<br />
die polnischen Behörden<br />
den Namen der Familie ins<br />
polnische Przibyilla (vorher<br />
Schiebilla).<br />
1952 konnten sie Polen<br />
Richtung Mecklenburg verlassen.<br />
In einer gewagten<br />
Flucht verließen die Eltern<br />
von Günter Przibylla zwei<br />
Tage vor dem Mauerbau<br />
1961 die DDR mit einem<br />
Motorrad <strong>und</strong> drei Kindern<br />
im Beiwagen. <strong>Bremen</strong><br />
wurde die neue Heimat der<br />
Familie. Günter Przibylla<br />
arbeitet seit 1.9.1978 bei<br />
Daimler. Nach der Rentenreform<br />
muss er bis 65 Jahre<br />
<strong>und</strong> 7 Monate arbeiten,<br />
um Rente zu bekommen.<br />
Wir <strong>14</strong> - <strong>2010</strong> | 7