Seniorenzeitung WIR (14/2010) - Arbeit und Leben Bremen eV
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Nullr<strong>und</strong>e für 20 Millionen RentnerInnen<br />
Die vierte Nullr<strong>und</strong>e seit 2004 – die<br />
Erhöhungen dazwischen summierten sich<br />
von 0,54 %, 1,02 % <strong>und</strong> 2,4 % - zusammen<br />
also auf den stolzen Prozentsatz von knapp<br />
4 % - für insgesamt 6 Jahre!<br />
Eigentlich hätten wir in Westdeutschland<br />
diesmal 2,1 % Kürzung bekommen<br />
müssen – so erzählt man uns –, wenn die<br />
Koppelung der Renten an die Bruttolohnsumme<br />
zur Anwendung gekommen wäre<br />
(- 0,96 %). Der „demografische Nachhaltigkeitsfaktor“<br />
von - 0,51 % angewendet<br />
worden wäre, wenn die „Riestertreppe“<br />
von minus 0,64 berücksichtigt worden<br />
wäre.<br />
Koppelung der Renten an die Bruttolohnsumme:<br />
Sinkende Löhne an sich führen schon<br />
zu sinkenden Einnahmen der Sozialversicherung.<br />
Die Umwandlung vieler sozialversicherungspflichtiger<br />
<strong>Arbeit</strong>splätze in<br />
Mini-Jobs oder unsichere Tagelöhner-Jobs<br />
<strong>und</strong> Leiharbeit, befristete Jobs im Wechsel<br />
mit <strong>Arbeit</strong>slosigkeit <strong>und</strong> die hochgelobte<br />
ehrenamtliche Ausübung vormals bezahlter<br />
Tätigkeiten tragen alle zur Ebbe in den<br />
Sozialkassen bei.<br />
Jetzige <strong>und</strong> zukünftige RentnerInnen<br />
haben also durchaus ein berechtigtes Interesse<br />
an vernünftigen Löhnen, von deren<br />
Gesamtheit auch die Rentenhöhe abgelei-<br />
tet wird. Denn es ist keineswegs gesagt,<br />
dass die Regierung auch in Zukunft keine<br />
Kürzungen vornehmen wird. Eine reale<br />
Renten-Kürzung findet bei jeder Nullr<strong>und</strong>e<br />
ohnehin durch jede Teuerung <strong>und</strong> Änderungen<br />
im Ges<strong>und</strong>heitswesen statt.<br />
Der „Nachhaltigkeitsfaktor“ gibt vor,<br />
die längere <strong>Leben</strong>serwartung <strong>und</strong> damit<br />
das Verhältnis RentnerInnen <strong>und</strong> BeitragszahlerInnen<br />
ausgleichen zu wollen.<br />
Wie bei der Lohnsumme werden auch<br />
hier die gesellschaftlichen Ursachen der<br />
sinkenden Anzahl an BeitragszahlerInnen<br />
– <strong>Arbeit</strong>slosigkeit <strong>und</strong> Ausstieg aus sozialversicherungspflichtiger<br />
Tätigkeit –<br />
ausgeblendet. Auch die Tatsache, dass die<br />
Produktivität der <strong>Arbeit</strong> in fast allen Bereichen<br />
ständig steigt, wird fein verschwiegen.<br />
Sonst müsste man ja zugeben, dass<br />
weniger BeitragszahlerInnen – wenn sie<br />
auch noch vernünftig verdienen – durchaus<br />
mehr RentnerInnen versorgen können<br />
als früher.<br />
Der Faktor „Riestertreppe“ soll RentnerInnen<br />
von heute dafür bestrafen, dass<br />
2001 mit der Rentenreform von <strong>Arbeit</strong>sminister<br />
Riester ein solides Rentensystem<br />
zugunsten der Interessen von Banken <strong>und</strong><br />
Versicherungen so durchlöchert worden<br />
ist, dass die <strong>Arbeit</strong>nehmerInnen tatsächlich<br />
gezwungen sind, mehr als den gesetzlichen<br />
Beitrag für ihre Altersversorgung<br />
aufzuwenden. Die bewusste Abkehr vom<br />
bisherigen solidarischen Umlagesystem,<br />
nämlich dass die Jungen für die Alten<br />
zahlen <strong>und</strong> davon profitieren, wenn sie<br />
selbst alt sind - ist zum Schaden für Junge<br />
<strong>und</strong> Alte durchgedrückt worden.<br />
Dazu kommt, dass die zusätzlichen Belastungen<br />
für die <strong>Arbeit</strong>nehmerInnen ein<br />
weiterer großer Schritt weg von der paritätischen<br />
Finanzierung der Sozialversicherung<br />
von <strong>Arbeit</strong>geberseite <strong>und</strong> <strong>Arbeit</strong>nehmerInnen<br />
darstellen.<br />
Insgesamt stellt diese Entwicklung eine<br />
gigantische Umverteilung von Milliardensummen<br />
von <strong>Arbeit</strong>nehmerInnen <strong>und</strong><br />
RentnerInnen an Unternehmen der Versicherungswirtschaft<br />
<strong>und</strong> Banken dar.<br />
Traudel Kassel<br />
Jetzige <strong>und</strong> zukünftige<br />
RentnerInnen haben also<br />
durchaus ein berechtigtes<br />
Interesse an vernünftigen<br />
Löhnen, von deren Gesamtheit<br />
auch die Rentenhöhe<br />
abgeleitet wird.<br />
Denn es ist keineswegs<br />
gesagt, dass die Regierung<br />
auch in Zukunft keine Kürzungen<br />
vornehmen wird.<br />
Eine reale Renten-Kürzung<br />
findet bei jeder Nullr<strong>und</strong>e<br />
ohnehin durch jede Teuerung<br />
<strong>und</strong> Änderungen im<br />
Ges<strong>und</strong>heitswesen statt.<br />
Wir <strong>14</strong> - <strong>2010</strong> | 17