Auszug aus dem Koalitionsvertrag»Wachstum. Bildung. Zusammenhalt«zwischen CDU, CSU und FDP.17. Legislaturperiode7.4. Menschen mit Behin<strong>der</strong>ungen»Wir treten für eine tatsächliche Teilhabe von Menschenmit Behin<strong>der</strong>ungen am gesellschaftlichenLeben ein. Unser Ziel ist, die Rahmenbedingungenfür Menschen mit und ohne Behin<strong>der</strong>ungen positiv zugestalten. Voraussetzung hierfür ist u. a. die Barrierefreiheitin allen Bereichen von Schule über Ausbildungbis zum Beruf sowie von Verkehr über Medien undKommunikationstechnik bis hin zum Städtebau.Politische Entscheidungen, die Menschen mit Behin<strong>der</strong>ungendirekt o<strong>der</strong> indirekt betreffen, müssen sichan den Inhalten <strong>der</strong> UN-Konvention über die Rechte<strong>der</strong> Menschen mit Behin<strong>der</strong>ungen messen lassen.Deshalb werden wir einen Aktionsplan zur Umsetzung<strong>der</strong> UN-Konvention über die Rechte von Menschen mitBehin<strong>der</strong>ungen entwickeln.«Quelle: CDU, CSU und FDP 2009: S 83 f.35
Deutscher Bundestag Drucksache 17/157817. Wahlperiode 04. 05. 2010Antrag<strong>der</strong> Abgeordneten Dr. Ilja Seifert, Dr. Martina Bunge, Heidrun Bluhm,Dr. Rosemarie Hein, Ulla Jelpke, Jan Korte, Dr. Gesine Lötzsch, Cornelia Möhring,Wolfgang Neskovic, Petra Pau, Jens Petermann, Raju Sharma, Kathrin Senger-Schäfer, Frank Tempel, Kathrin Vogler, Halina Wawzyniak, Harald Weinbergund <strong>der</strong> Fraktion DIE LINKE.Aktionsplan zur Umsetzung <strong>der</strong> UN-Konvention über die Rechte von Menschen mitBehin<strong>der</strong>ungen vorlegenDer Bundestag wolle beschließen:I. Der Deutsche Bundestag stellt fest:Nach 30 Jahren Engagement <strong>der</strong> internationalen Behin<strong>der</strong>tenbewegung entstanddie UN-Behin<strong>der</strong>tenrechtskonvention (<strong>BRK</strong>), die für Deutschland am 26. März2009 völkerrechtlich verbindlich wurde.Ziel <strong>der</strong> Konvention ist die volle und gleichberechtigte Teilhabe aller Menschenmit sichtbaren und/o<strong>der</strong> nicht sichtbaren Behin<strong>der</strong>ungen. Dies setzt die uneingeschränkteGeltung aller Menschen- und Bürgerrechte auch für Frauen undMänner mit Behin<strong>der</strong>ungen voraus. Die <strong>BRK</strong> begründet eine Abkehr vomprimären Ansatz <strong>der</strong> Fürsorge und <strong>der</strong> Definition vermeintlicher Defizite.Behin<strong>der</strong>ung wird in <strong>der</strong> Konvention als Wechselwirkung zwischen Menschenmit Beeinträchtigungen und einstellungs- und umweltbedingten Barrieren definiert.Damit ist Behin<strong>der</strong>ung nicht mehr als ein natürliches Faktum zu betrachten,son<strong>der</strong>n als ein Resultat gesellschaftlichen Handelns (sozial konstruiert) zuverstehen. Die aus vermeintlichen „Defiziten“ erwachsenden Behin<strong>der</strong>ungensind demnach gesellschaftlich produziert, weshalb sie auch von Menschen selbstbeseitigt bzw. ausgeglichen werden können und müssen. Weil Beeinträchtigungensomit als sozial konstruiert anerkannt werden, sind sie als strukturelles Unrechtzu identifizieren.Die Konvention hat das Potential, das Leben von Menschen mit und ohneBehin<strong>der</strong>ungen positiv zu verän<strong>der</strong>n: mehr Teilhabe und freiere Persönlichkeitsentfaltungdurch Barrierenbeseitigung, Schaffung diskriminierungsfreierVerhältnisse sowie das Verständnis von Vielfalt als Bereicherung.Die Präambel betont, dass die Bedeutung in <strong>der</strong> Anerkennung des wertvollenBeitrags liegt, den Menschen mit Behin<strong>der</strong>ungen zum allgemeinen Wohl undzur Vielfalt ihrer Gemeinschaft leisten. Eine Gesellschaft, die den Fähigkeitenvon Menschen mit Behin<strong>der</strong>ungen Raum gibt und Aufmerksamkeit widmet, erfährteinen Zugewinn an Humanität und kultureller Vielfalt. Eine inklusive Gesellschaft,wie sie in <strong>der</strong> <strong>BRK</strong> entworfen wird, integriert nicht, son<strong>der</strong>n schließtBehin<strong>der</strong>ung von vornherein als Bestandteil menschlichen Lebens mit ein. Esgeht um das „Sosein“, nicht um das „An<strong>der</strong>ssein“. Es geht um individuelle Freiheitjenseits von Normierung. Es geht um Ermöglichung statt Kompensierung.36