W. Kley: Planetenentstehung (WS 2010/11)
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W. Kley: Planetenentstehung (WS 2010/11)
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<strong>Planetenentstehung</strong><br />
6. Kapitel: Von Planetesimalen zu<br />
Planeten<br />
Wilhelm <strong>Kley</strong><br />
Institut für Astronomie & Astrophysik<br />
Abtlg. Computational Physics<br />
Wintersemester <strong>2010</strong><br />
W. <strong>Kley</strong>: <strong>Planetenentstehung</strong> (<strong>WS</strong> <strong>2010</strong>/<strong>11</strong>)
6. Zu den Planeten Übersicht<br />
6.1 Konzepte<br />
6.2 Von den Planetesimalen zu den Protoplaneten<br />
6.3 Entstehung terrestrischer Planeten<br />
6.4 Entstehung der Gasriesen<br />
W. <strong>Kley</strong>: <strong>Planetenentstehung</strong> (<strong>WS</strong> <strong>2010</strong>/<strong>11</strong>) 1
6. Zu den Planeten Problemstellung<br />
Planetesimale:<br />
- Objekte ab etwa 1-10km bis etwa Mond-größe.<br />
- Ausgangspunkt für spätere Phase der <strong>Planetenentstehung</strong>,<br />
- gravitative Wechselwirkung wichtig.<br />
In diesen Massenbereich ist aerodynamische Reibung sehr klein<br />
Möglich: Inhomogenitäten der Dichte der Scheibe<br />
→ Gezeiten-Wechselwirkung<br />
Bei 1km Ausgangsgröße werden 10 <strong>11</strong> Teilchen gebraucht, um die terrestrischen<br />
Planeten zu erzeugen.<br />
Numerisch sehr aufwändig:<br />
- viele Teilchen<br />
- lange Entwicklungszeit (viele dynamische Zeiten)<br />
=⇒ Kombination von statistischen und numerischen Methoden<br />
W. <strong>Kley</strong>: <strong>Planetenentstehung</strong> (<strong>WS</strong> <strong>2010</strong>/<strong>11</strong>) 2
6.1 Konzepte Gravitative Fokussierung I<br />
Gravitational Focussing<br />
Zwei Körper können nur durch physische Stöße anwachsen<br />
Durch gegenseitige Gravitation wird effektiver Streuquerschnitt erhöht<br />
(R.Mardling)<br />
Bei großem Abstand haben Körper den Impact Parameter R0 und Geschw. vrel = v∞,<br />
Der kürzeste Abstand sei Rp mit Geschw, vp.<br />
Drehimpulserhaltung<br />
R0 vrel = Rp vp<br />
Energieerhaltung<br />
1<br />
2 µ v2 rel = 1<br />
2 µ v2 p − G(m1m2)<br />
Rp<br />
mit der reduzierten Masse µ = m1m2/(m1 + m2)<br />
W. <strong>Kley</strong>: <strong>Planetenentstehung</strong> (<strong>WS</strong> <strong>2010</strong>/<strong>11</strong>) 3<br />
(1)<br />
(2)
6.1 Konzepte Gravitative Fokussierung II<br />
Für den effektiven Wirkungsquerschnitt σ folgt<br />
σ ≡ πR 2 0 = πR 2 p Fgrav = πR 2 p<br />
�<br />
1 +<br />
(R.Mardling)<br />
� vesc<br />
vrel<br />
� 2 �<br />
mit dem gravitativen Steigerungsfaktor Fgrav und der Entweichgeschwindigkeit<br />
vesc =<br />
� 2G(m1 + m2)<br />
Rp<br />
� 1/2<br />
In einer ‘kalten’ Planetesimalscheibe mit vrel ≪ vesc ist der Streuquerschnitt<br />
somit vielfach größer als ohne Gravitation.<br />
W. <strong>Kley</strong>: <strong>Planetenentstehung</strong> (<strong>WS</strong> <strong>2010</strong>/<strong>11</strong>) 4<br />
(3)<br />
(4)
6.1 Konzepte Dreikörpereffekte<br />
Trajektorien im Dreikörperproblem<br />
sehr komplex (chaotisch)<br />
(hier: Stern und zwei Planetesimale)<br />
Wichtig: Hill-Sphäre (gestrichelt)<br />
rHill =<br />
� mp<br />
3M∗<br />
� 1/3<br />
ap<br />
Grav. Einflussbereich des Planetesimals<br />
(Greenzweig & Lissauer, 1993)<br />
Gravitativer Fokussierungfaktor Fgrav<br />
als Funktion von vesc/vrel<br />
gestrichelt: Gl. (3)<br />
(5)<br />
Note: vesc/vrel ≫ 1 heißt: Sehr dünne Scheibe:<br />
Dreikörpereffekte limitieren Fgrav<br />
(durchgez. Linie)<br />
(Lissauer, 1993)<br />
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6.1 Konzepte Wachstumsmoden<br />
Zwei Moden möglich:<br />
Geordnet<br />
Massenverhältnis zweier<br />
Teilchen strebt gegen Eins<br />
Runaway<br />
Große Teilchen wachsen schneller als kleine<br />
(Kokubo, 2001)<br />
Betrachte Wachstum von zwei Teilchen mit Massen m1 und m2 mit m1 > m2<br />
d<br />
dt<br />
� m1<br />
m2<br />
�<br />
= m1<br />
m2<br />
� 1<br />
m1<br />
dm1<br />
dt<br />
d.h. relatives Wachstum 1/m(dm/dt) ist wichtig.<br />
− 1<br />
m2<br />
�<br />
dm2<br />
dt<br />
Falls relatives Wachstum mit m anwächst: Runaway-Wachstum<br />
Falls relatives Wachstum mit m abfällt: geordnetes Wachstum<br />
Betrachte nun Massenwachstum<br />
W. <strong>Kley</strong>: <strong>Planetenentstehung</strong> (<strong>WS</strong> <strong>2010</strong>/<strong>11</strong>) 6<br />
(6)
6.1 Konzepte Massenwachstum<br />
Mit Hilfe des Streuquerschnitts σ (Gl. 3) wird das Massenwachstum eines Planetesimal der<br />
Masse mp<br />
dmp<br />
dt = ρpart vrel σ = ρpart vrel πR 2 p Fgrav (7)<br />
falls jede Kollision zum Wachstum führt (100% Sticking). ρpart = Dichte der ankomm. Teilchen<br />
Mit<br />
ρpart ≈ Σpart<br />
2Hpart<br />
= ΣpartΩK<br />
2vrel<br />
wegen Hpart ∼ vrel/ΩK, wobei für vrel ≈ √ e 2 + i 2 vK hier die Geschwindigkeitsdispersion<br />
der Planetesimalscheibe eingesetzt wird. Damit<br />
dmp<br />
dt<br />
= 1<br />
2 ΣpartΩKπR 2 p<br />
�<br />
1 +<br />
� vesc<br />
vrel<br />
� 2 �<br />
- Wachstum proportional zu Σpart<br />
- Wachstum proportional zu ΩK: d.h. langsamer bei großen Abständen<br />
- Geschw. vrel geht nur in Fokussierungsfaktor ein<br />
Note: Mit Zunehmender Masse beeinflusst der wachsende Planet die Geschw.<br />
Dispersion (vrel) und die Oberflächendichte Σpart.<br />
W. <strong>Kley</strong>: <strong>Planetenentstehung</strong> (<strong>WS</strong> <strong>2010</strong>/<strong>11</strong>) 7<br />
(8)<br />
(9)
6.1 Konzepte Geordnetes Massenwachstum<br />
Einfaches Beispiel: Sei Fgrav = const., und Bezeichnung m = mp<br />
Mit der Lösung<br />
Mit m = (4/3)πR 3<br />
p ρplanet wird<br />
dm<br />
dt<br />
dRp<br />
dt<br />
Mit Σpart = 10g/cm 3 , ρplanet = 3g/cm 3 wird<br />
∝ R2<br />
p<br />
∝ m2/3<br />
(10)<br />
Rp ∝ t (<strong>11</strong>)<br />
= ΣpartΩK<br />
8ρplanet<br />
Fgrav<br />
dRp<br />
dt � 0.2Fgrav cm yr −1<br />
Sehr kleines Wachstum: Brauche großen Fokussierungsfaktor.<br />
Für Rp � 1000km in 10 5 yr wird Fgrav ∼ 5000 benötigt.<br />
Hier geordnet wegen<br />
1<br />
m<br />
dm<br />
dt<br />
∝ m−1/3<br />
(12)<br />
(13)<br />
(14)<br />
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6.1 Konzepte Runaway Wachstum<br />
Betrachte also große Fgrav mit vrel = const.<br />
Fgrav =<br />
damit: Runaway Wachstum:<br />
mit der Lösung<br />
D.h. m → ∞ in endlicher Zeit!<br />
�<br />
1<br />
m<br />
1 +<br />
m(t) =<br />
� vesc<br />
vrel<br />
� 2 �<br />
� v2 esc<br />
v 2 rel<br />
dm<br />
dt ∝ Rp ∝ m 1/3<br />
1<br />
(m −1/3<br />
0<br />
− kt) 3<br />
∝ m<br />
Rp<br />
(15)<br />
(16)<br />
(17)<br />
Bei größerer Masse des schnell wachsenden Körpers werden Geschwindigkeit<br />
und Dichte der umgebenden Planetesimale durch diesen verändert.<br />
⇒ Modifikationen<br />
Betrachte jetzt das Wachstum zu Planeten genauer<br />
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6.2 Protoplaneten Methoden<br />
Direct N-Body<br />
Bewegungsgleichung für N Planetesimale<br />
d�vi<br />
dt<br />
�xi<br />
= −GM⊙ −<br />
|�xi| 3<br />
N� �xi − �xj<br />
Gmj<br />
|�xi − �xj| 3<br />
j�=i<br />
+ � fgas + � fcol (18)<br />
�fgas: Reibungswiderstand durch Gas-<br />
Teilchen WW<br />
�fcol: Geschw.-Änderung bei Kollisionen<br />
Die Geschwindigkeitsdispersion der<br />
Teilchen vdisp wird durch diese Kräfte<br />
gedämpft.<br />
Vorteil: genaue Methode<br />
Nachteil: benötige sehr viele Teilchen<br />
Statistisch<br />
Wahrscheinlichkeitsverteilung f(�r, �v),<br />
ausgedrückt durch f(e, i)<br />
Teilchendichte n = � fd 3 v<br />
Löse Boltzmanngleichung:<br />
∂f<br />
∂t + ˙ �r ∂f<br />
∂�r + ˙ �v ∂f<br />
∂�v<br />
= ∂f<br />
∂t<br />
�<br />
�<br />
�<br />
� coll<br />
+ ∂f<br />
∂t<br />
coll: Änderungen durch Kollisionen<br />
grav: grav Streuung<br />
und Koagulationsgleichung:<br />
dnk<br />
dt<br />
= 1<br />
2<br />
�<br />
i+j=k<br />
Aijninj − nk<br />
∞�<br />
i=1<br />
�<br />
�<br />
�<br />
�<br />
grav<br />
(19)<br />
Aikni<br />
Vorteil: modelliere Gesamt-Ensemble<br />
Nachteil: nur statistisch<br />
W. <strong>Kley</strong>: <strong>Planetenentstehung</strong> (<strong>WS</strong> <strong>2010</strong>/<strong>11</strong>) 10<br />
(20)
6.2 Protoplaneten Runaway-Wachstum I<br />
Beispiel N-body - Rechnung:<br />
Planetesimale in Ring um 1AE<br />
mit Breite ∆a = 0.02AE<br />
3000 Körper mit je m = 10 23 g<br />
mit Dichte ρ = 2gcm −3<br />
Z.Zt. t = 200, 000 Jahre:<br />
- 1 Körper (•) mit 100 facher<br />
Anfangsmasse:<br />
geringe Exzentrizität von •:<br />
- durch Dynamical friction<br />
- kleine Körper haben e erhöht<br />
- große haben e erniedrigt<br />
In der Frühphase erfolgt Wachstum<br />
durch eine Runaway-Phase<br />
(E.Kokubo)<br />
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6.2 Protoplaneten Runaway-Wachstum II<br />
Gleiche N-body - Rechnung:<br />
gestrichelt: 10 5 Jahre<br />
durchgezogen: 2 × 10 5 Jahre<br />
Massen zwischen 10 23 -10 24 g<br />
beinhalten Großteil der Masse.<br />
Kumulative Massenverteilung folgt<br />
Potenzgesetz<br />
∂nc<br />
∂m<br />
∝ mα<br />
(21)<br />
nc(m) = Teilchenzahl mit Masse<br />
> m. Hier α � −2.5<br />
(α < −2.0 charakteristisch für<br />
Runaway)<br />
Massereiches Teilchen (•)<br />
separiert von Verteilung (Senke)<br />
(E.Kokubo)<br />
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6.2 Protoplaneten Gravitational Stirring<br />
Gravitative WW zwischen kleinen<br />
und großen Körpern<br />
Erhöht mittlere Exzentrizität<br />
und Inklination der Kleinen<br />
Gleichverteilung der Energie<br />
zwischen e und i gilt<br />
< e 2 >= 4 < i 2 ><br />
(E.Kokubo)<br />
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6.2 Protoplaneten Runaway-Wachstum III<br />
Beispiel: Statistische Rechnung in Box bei 1AE, ∆a = .17AE<br />
(Wetherill & Stewart, 1993)<br />
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6.2 Protoplaneten Runaway-Wachstum VI<br />
Beispiel: Statistische Rechnung, 100 radiale Zonen, bei m > 10 24 diskret<br />
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6.2 Protoplaneten Oligarchisches Wachstum<br />
Rechnungen zeigen kleine Zahl von massereicheren Embryos mit gleichmäßiger Separation<br />
N klein, d.h. N-body jetzt günstiger<br />
Setze obige N-Body Rechnung fort<br />
4000 Körper, je m = 1.5 × 10 23 g<br />
Plus 2 Saat-protoplaneten<br />
M1 = M2 = 40m<br />
z.Zt. t = 0 in ∆a = 0.042AE<br />
4 mal größere Radien (f = 4)<br />
d.h. schneller Zeitskalen<br />
Resultat:<br />
- große Körper wachsen gleichschnell<br />
Mend ≈ 8Minit<br />
- Kleine langsamer, ¯m(t = 10 4 ) ≈ 1.6minit<br />
- große haben e erniedrigt<br />
Selbstlimitierter Runaway<br />
für größere M wächst vdisp<br />
ab M ≈ 50m wird vdisp ∝ M 1/3<br />
damit wird (1/M)dM/dt ∝ ΣpM −1/3<br />
⇒ geordnetes Wachstum (Kokubo&Ida, 1998)<br />
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6.2 Protoplaneten Ende des Wachstums<br />
Runaway ist lokal<br />
Große Körper haben ≈ kreisförmigen Orbit =⇒ endliches Reservoir an Kollionspartnern<br />
=⇒ Isolation Mass (Miso)<br />
Kollisionen erfolgen mit Teilchen aus Feeding Zone, d.h. heißt aus einem radialen Bereich der<br />
Ausdehnung des Hillradius<br />
� mp<br />
� 1/3<br />
RHill = a<br />
3M⊙<br />
Teilchen kommen aus Bereich ∆a mit Masse m = 2π 2a ∆aΣp, sei ∆a = CRHill<br />
Miso = 4πaC<br />
� �1/3 Miso<br />
3M⊙<br />
aΣp<br />
(22)<br />
Seien jetzt 2M⊕ zwischen 0.5 und 1.5AE, und Σp ∼ a −3/2 und Σp = 8 gcm −3 bei 1AE und<br />
C = 2/ √ 3, dann wird<br />
Miso ≈ 0.05M⊕<br />
D.h. etwa 40 Körper (Proto-Planeten) mit mittlerem Abstand ∆a ≈ 0.025AE<br />
Bei der Distanz von Jupiter ergibt sich<br />
Miso ≈ 5 − 9M⊕<br />
(23)<br />
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6.3 Terrestrische Problemstellung<br />
Nach der oligarchischen Phase nur wenige Protoplaneten (≈ Mondgröße) übrig<br />
Wechselwirkung durch Gravitation<br />
Ansatz: Klassische N-Body Rechungen<br />
Schwierigkeit:<br />
zwar wenig Teilchen (≈ 100), aber lange Zeitskalen (10 8 Jahre)<br />
⇒ brauche gute (symplektische) Integratoren<br />
Beispiel: (Chambers, 2001)<br />
16 N-body Simulationen, Start mit 153-158 Embryos<br />
Verteile ca. 2 Erdmassen zwischen 0.3 und 2.0 AE<br />
Verschiedene Typen: Alle Massen gleich, Bimodal, radiales Massenprofil<br />
Einschließlich Jupiter & Saturn (auf heutigen Bahnen)<br />
100% Sticking (vollkommen inelastisch)<br />
Drehimpuls geht in Rotation (Spin)<br />
Integrator:<br />
(Mercury-Package, John Chambers, 1999)<br />
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6.3 Terrestrische Exzentrizität - Gr. Halbachse<br />
(Chambers, 2001)<br />
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6.3 Terrestrische Material-Mischung<br />
Die Farben geben den Ursprungsort des Materials der Planeten an<br />
W. <strong>Kley</strong>: <strong>Planetenentstehung</strong> (<strong>WS</strong> <strong>2010</strong>/<strong>11</strong>) 20
6.3 Terrestrische Probleme<br />
Sonnensystemähnliche Systeme sind möglich<br />
meist 3-4 terrestrische Planeten, Entstehung in ca. 10 8 Jahren<br />
Aber: Diskrepanzen im Einzelnen<br />
- Oft keine hohe Massenkonzentration wie bei Venus und Erde<br />
- Planeten haben zu großes e und i im Vergleich zum Sonnensystem<br />
- Spin-Orientierungen eher zufällig<br />
(Chambers, 2001; Paper I (mit weniger Teilchen): Wetherill & Chambers, 1998)<br />
W. <strong>Kley</strong>: <strong>Planetenentstehung</strong> (<strong>WS</strong> <strong>2010</strong>/<strong>11</strong>) 21
6.3 Terrestrische Neue Rechnungen<br />
Mit Jupiter (stationär) Mit Jupiter-Migration Mit Jupiter-Migrat. (lang)<br />
Wasseranteil<br />
Langzeit N-body Simulationen<br />
etwa 2000 Objekte zu Beginn<br />
ca. 10 MErde in [0.5, 5.0]AU<br />
(Raymond et al., 2006-2007)<br />
W. <strong>Kley</strong>: <strong>Planetenentstehung</strong> (<strong>WS</strong> <strong>2010</strong>/<strong>11</strong>) 22
6.3 Terrestrische Verbesserungen<br />
Zu hohe Exzentrizitäten: Brauche dissipativen Prozess<br />
• Planetesimale: übrig geblieben aus Entstehung<br />
- Reservoir durch Kollisionen aufgefüllt<br />
- Dämpfen e und i<br />
- werden in clean-up Phase von Planeten akkretiert<br />
vesc(surface) < vesc (orbit)<br />
• Gasscheibe: übrig geblieben aus Entstehung<br />
- Dämpft e und i durch Gezeitenwechselwirkung<br />
Problem bei allen Prozessen:<br />
Stöße der Oligarchen miteinander benötigt exzentrische Bahnen,<br />
aber Dämpfungsprozesse reduzieren e: Gegensatz !<br />
Interessanter möglicher Ausweg: Dynamical Shake-Up Modell<br />
(Nagasawa, Lin, Thommes; 2005, 2008)<br />
Idee: Andere Planeten (hier Jupiter & Saturn) und auch Gasscheibe verursachen Präzession<br />
der Apsidenlinie, gplanet = dϖplanet/dt, des wachsenden Planeten (säkularer Effekt).<br />
Falls Präzessiongeschwindigkeit des Planeten gleich derjenigen von Jupiter gJup (oder Sa-<br />
turn) wird, tritt Resonanz ein: ⇒ Erhöhung der Exzentrizität<br />
Scheibeneinfluss nimmt mit der Zeit ab:<br />
⇒ Resonanz wandert von außen nach innen: sweeping secular resonance<br />
W. <strong>Kley</strong>: <strong>Planetenentstehung</strong> (<strong>WS</strong> <strong>2010</strong>/<strong>11</strong>) 23
6.3 Terrestrische Shake-Up Beispiel<br />
Grün Planeten<br />
Masse ∝ Fläche<br />
Blaue Linie: Lage der<br />
Resonanz (ν5): gplanet = gJup<br />
Resonanz ‘treibt’ Planeten<br />
vor sich her<br />
• Verschmelzungsprodukt<br />
◦ heraus gestreut<br />
Rechts: Endmassen<br />
mit radialer Variation<br />
◦ Sonnensystem<br />
(Thommes et al., 2008)<br />
W. <strong>Kley</strong>: <strong>Planetenentstehung</strong> (<strong>WS</strong> <strong>2010</strong>/<strong>11</strong>) 24
6.3.1 Mond Entstehung<br />
Mögliche Szenarien:<br />
• Fission<br />
- System hat zuwenig Drehimpuls<br />
• Capture<br />
- Eisenkern des Mondes, Dynamisch unwahrscheinlich<br />
• Ko-Entstehung<br />
- fehlender Eisen-Kern des Mondes ?<br />
• Einschlag-Theorie<br />
- Mars großer Körper kollidiert mit Erde<br />
- heute vorherrschende Theorie<br />
- erklärt: fehlenden Kern, chem. Zusammensetzung des Mondes<br />
Problem: identische Sauerstoffisotopenhäufigkeit<br />
- anderer Ursprung des Projektils: erwarte Unterschiede<br />
- mögliche Erklärung: Vermischung in Akkretionsscheibe<br />
W. <strong>Kley</strong>: <strong>Planetenentstehung</strong> (<strong>WS</strong> <strong>2010</strong>/<strong>11</strong>) 25
6.3.1 Mond Der Einschlag<br />
Smoothed Particle Hydrodynamics Simulation<br />
Farbkodierung: Aufheizung des Materials<br />
Simulationszeit: 24 Stunden, Erdrotationsperiode am Ende: 5 Std.<br />
(Canup & Asphaug, 2001)<br />
W. <strong>Kley</strong>: <strong>Planetenentstehung</strong> (<strong>WS</strong> <strong>2010</strong>/<strong>11</strong>) 26
6.3.1 Mond Sauerstoff-Isotope<br />
δ 18 O= 18 O/ 16 O (normalisiert auf Erdwerte)<br />
SMOW: Standard Mean Ocean Water<br />
∆ 17 O: misst Abstand von δ 17 O von der terrestrischen Linie<br />
TFL: terrestrische Fraktionslinie, MFL, AFL, EFL analog<br />
Unterschiedliche Isotopenhäufigkeiten im Sonnensystem (Gradient?)<br />
aber Erde-Mond identisch<br />
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6.3.1 Mond Mondakkretionsscheibe<br />
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6.4 Gasriesen Szenarien<br />
Im wesentlichen 2 Möglichkeiten zur Entstehung der Gasriesen<br />
1) Core Accretion Model<br />
oder core instability model<br />
Zuerst bilden sich die Kerne,<br />
dann wird das Gas akkretiert<br />
(E.Kokubo)<br />
2) Gravitational Instability model<br />
Direkte Bildung durch Instabilität<br />
der Gas/Staub Scheibe<br />
(L.Mayer)<br />
W. <strong>Kley</strong>: <strong>Planetenentstehung</strong> (<strong>WS</strong> <strong>2010</strong>/<strong>11</strong>) 29
6.4.1 Kernakkretion Kern-Hülle Struktur<br />
Betrachte sphärisch-symmetrische Struktur eines (wachsenden) Planeten<br />
bestehend aus einem Kern (Masse Mcore) und einer Hülle (Menv)<br />
Die gesamte Masse ist<br />
Mtot = Mcore + Menv<br />
(24)<br />
Die Hülle reicht von Rcore bis Rout, welcher durch Übergang vom Planeten zur<br />
Gasscheibe bestimmt ist.<br />
Z.B. Rout kann durch thermische Effekte, Rout ≈ GMtot/c 2<br />
s ,<br />
oder Gezeitenkräfte Rout ≈ RHill grob definiert werden.<br />
Wähle den jeweils kleineren Wert (große Unsicherheit weil fließender Übergang)<br />
Bei kleiner Hüllenmasse ist größter Anteil zur Leuchtkraft durch<br />
Planetesimalakkretion gegeben<br />
L = GMcore ˙ Mcore<br />
Rcore<br />
L wird später als konstant (durch die Hülle) angenommen.<br />
(25)<br />
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6.4.1 Kernakkretion Aufbaugleichungen<br />
Gleichungen (hydrostatisch), im wesentlichen indentisch zu<br />
Sternaufbaugleichungen<br />
Hydrostatik<br />
Strahlungsdiffusion<br />
∂p<br />
∂r<br />
L(r)<br />
4πr2 =<br />
3 σT<br />
−4<br />
3 κRρ<br />
= −GM(r)<br />
r 2 ρ (26)<br />
M(r) Masse innerhalb des Radius r, L(r) Leuchtkraft am Radius r (hier constant),<br />
σ Stefan-Boltzmannkonstante, κR Rosseland-Opazität<br />
∂T<br />
∂r<br />
(27)<br />
Dividiere Gleichungen und ersetze dT/dp durch T/p, d.h. den Werten am Übergang Kern-<br />
Hülle (Rcore). (vgl. Ableitung von globalen Relationen bei Sternen)<br />
⇒ T 4 � 3κRL<br />
p (28)<br />
16πσGM<br />
Als Zustandsgleichung wird die ideale Gasgleichung verwendet<br />
p = Rgas ρT<br />
µ<br />
Rgas Gaskonstante, µ mittleres Molekulargewicht<br />
(29)<br />
W. <strong>Kley</strong>: <strong>Planetenentstehung</strong> (<strong>WS</strong> <strong>2010</strong>/<strong>11</strong>) 31
6.4.1 Kernakkretion Aufbaugleichungen<br />
Mit L = const. und M(r) = Mtot (geringe Hüllenmasse) folgt<br />
T �<br />
µ GMtot<br />
ρ � 64πσ<br />
3κRL<br />
· 1<br />
r<br />
Rgas<br />
� �4 µGMtot<br />
Rgas<br />
· 1<br />
r 3<br />
Die Masse der Hülle ist nun gegeben durch (mit κR = const.)<br />
Menv =<br />
Rout �<br />
Rcore<br />
4πρ(r)r 2 dr = 256π2 σ<br />
3κRL<br />
� �4 µGMtot<br />
Rgas<br />
Für einen Kern konstanter Dichte (ρcore ∝ Mcore/R 3 core) wird<br />
L = GMcore ˙ Mcore<br />
Rcore<br />
ln<br />
� Rout<br />
Rcore<br />
�<br />
(30)<br />
(31)<br />
(32)<br />
∝ M 2/3<br />
core ˙ Mcore (33)<br />
mit Mtot = Mcore + Menv und konstantem Logarithmus (in Gl. 33) folgt<br />
W. <strong>Kley</strong>: <strong>Planetenentstehung</strong> (<strong>WS</strong> <strong>2010</strong>/<strong>11</strong>) 32
6.4.1 Kernakkretion Kritische Kernmasse<br />
Mtot � Mcore +<br />
� K<br />
κR<br />
� M 4 tot<br />
M 2/3<br />
core<br />
(34)<br />
K ist eine Konstante bzgl. Mcore und<br />
Mtot, hängt aber von µ und ˙ Mcore ab.<br />
Die Gleichung (34) hat keine reelle<br />
Lösung für Mtot, falls Mcore zu groß.<br />
Größte Masse Mcrit ist<br />
(aus dMcore/dMtot = 0)<br />
Mcrit � 0.38<br />
� �<br />
κR<br />
3/4<br />
K<br />
(35)<br />
D.h. Oberhalb einer kritischen Kernmasse<br />
(Mcrit) hat eine Hülle kein<br />
hydrostatisches Gleichgewicht<br />
⇒ Kontraktion und Akkretion<br />
(Stevenson, 1982)<br />
Für typische Parameter (bei 5AE)<br />
Mcrit � 20κ 3/7<br />
R M⊕ (36)<br />
mit κR in Einheiten von [cm 2 /g]<br />
Mizuno (1980):<br />
detailliertes numerisches Modell<br />
W. <strong>Kley</strong>: <strong>Planetenentstehung</strong> (<strong>WS</strong> <strong>2010</strong>/<strong>11</strong>) 33
6.4.1 Kernakkretion Diskussion: Core-Accretion-Model<br />
Genauere Modellrechnungen ergeben<br />
Resultate ≈ wie im rechten Bild<br />
Typische Anwachszeit ≈ 10 6 Jahre<br />
Aber Details sehr unsicher:<br />
Opazität: κR<br />
Kleinere Werte in Hülle erlauben schnelleres<br />
Wachstum<br />
Abhängig von Staubmenge<br />
Konvektion: in Hülle<br />
verändert Strahlungstransport<br />
Chemische Zusammensetzung: µ<br />
Accretionsrate: ˙ Menv<br />
Eindimensionale vs. mehrdimensionale Mo-<br />
delle<br />
Migration durch Scheibe<br />
radiale Wanderung ändert Akkretionsrate<br />
Schematisches Wachstum<br />
(Scholarpedia)<br />
Kernbildungszeit < 10 6 Jahre<br />
Hydrostat. Phase: einige 10 6 Jahre<br />
Masse hier ≈ 10M⊕<br />
Start Runaway bei (5 − 10) × 10 6<br />
Jahren<br />
W. <strong>Kley</strong>: <strong>Planetenentstehung</strong> (<strong>WS</strong> <strong>2010</strong>/<strong>11</strong>) 34
6.4.1 Kernakkretion Diskussion: Core-Accretion-Model<br />
Vorteil:<br />
Erklärung der Kerne der Solaren<br />
Planeten<br />
Aber:<br />
Parameter-Finetuning notwendig<br />
Für Σsolid ≫ 10g/cm 2 : zu viele schwere<br />
Elemente im Vergleich zum heutigen Jupi-<br />
ter<br />
Für Σsolid ≪ 10g/cm 2 : Kernbildungszeit<br />
zu lang, kein Gas mehr übrig<br />
(Nur Neptunmasse Planeten um massear-<br />
me Sterne ?)<br />
Lange Zeitskalen zur Bildung von Uranus<br />
& Neptun<br />
Mögliches Szenario: Bildung von (U,N)<br />
zwischen Jupiter und Saturn, anschlie-<br />
ßend Streuprozess, vgl. Nizza-Modell<br />
(www.oklo.org)<br />
W. <strong>Kley</strong>: <strong>Planetenentstehung</strong> (<strong>WS</strong> <strong>2010</strong>/<strong>11</strong>) 35
6.4.1 Kernakkretion Ende des Wachstums<br />
In der Entstehungregion von Jupiter wäre genug Gas zur Verfügung gewesen<br />
für ein viel größeren Planeten. Was begrenzt das Wachstum?<br />
Falls RHill ≥ H(Scheibendicke)<br />
Falls RHill < H(Scheibendicke)<br />
(Armitage)<br />
Scheibe kaum gestört<br />
⇒ wenig Einfluss auf Wachstum<br />
(Armitage)<br />
Scheibe unterbrochen<br />
⇒ Einfluss auf Wachstum<br />
W. <strong>Kley</strong>: <strong>Planetenentstehung</strong> (<strong>WS</strong> <strong>2010</strong>/<strong>11</strong>) 36
6.4.1 Kernakkretion Lückenbildung I<br />
Breite der Lücke wird bestimmt durch Gravitation, Viskosität und Gasdruck<br />
Untersuche Drehimpulstransport aufgrund Gravitationswechselwirkung<br />
Impulsapproximation: Teilchen (der Gasscheibe)<br />
wird nur in nächster Umgebung vom<br />
Planeten (•) gestört. Ablenkung um Winkel δ<br />
beim Vorbeigang:<br />
cot 2 (δ/2) = v 2<br />
rel ∆r2 /(G 2 mp)<br />
Relativgeschwindigkeit vrel = rdΩ(rd) − rpΩp<br />
spez. Drehimpulsänderung des Gases pro Vorbeigang<br />
∆j = −vrelrd(1 − cos δ) ≈ − 2G2 m 2<br />
p rd<br />
(∆r) 2 v 3 rel<br />
Vorbeigang alle ∆t = 2π/|Ω − Ωp|<br />
d.h. Austauschrate ˙j = ∆j/∆t<br />
Gesamter Austausch<br />
˙<br />
J ≡<br />
�∞<br />
∆r 0<br />
Σ˙j2πrd(∆r) (37)<br />
(Cassen, 2003)<br />
W. <strong>Kley</strong>: <strong>Planetenentstehung</strong> (<strong>WS</strong> <strong>2010</strong>/<strong>11</strong>) 37
6.4.1 Kernakkretion Lückenbildung II<br />
Nach Entwicklung Ω um Ωp und Integration folgt<br />
Jgrav<br />
˙ = − 8<br />
27<br />
� rp<br />
∆r0<br />
� 3 � mp<br />
M∗<br />
� 2<br />
Ω 2 pΣr 4 p<br />
Bem:<br />
- Trotz dieser einfachen Näherung ist Ergebnis fast exakt.<br />
- In Realität folgt J˙ aus komplexen hydrodynamischen Wellenphänomenen<br />
- Minuszeichen: Innere Scheibe verliert Drehimpuls, d.h. äußere gewinnt<br />
- In der Nähe des Planeten (∆r0 → 0) steigt J˙ steil an<br />
=⇒ Im Bereich der des Planeten wird Scheibe ‘weggedrückt’ (Lücke)<br />
Für die viskosen Drehmomente ( ˙<br />
J) gilt am Ort des Planeten<br />
(38)<br />
˙<br />
Jvisc = 3πΣνr 2 pΩ (39)<br />
Für Lückenbildung muss ˙<br />
Jgrav ≥ ˙<br />
Jvisc sein. Sei kleinstes ∆r = H, dann<br />
q ≥ qvisc ≡ 40ν<br />
Ωr 2 0<br />
(40)<br />
W. <strong>Kley</strong>: <strong>Planetenentstehung</strong> (<strong>WS</strong> <strong>2010</strong>/<strong>11</strong>) 38
6.4.1 Kernakkretion Ende des Wachstums<br />
Ein zweites Kriterium (für eine Lückebildung) folgt aus der Bedingung, dass<br />
die Hillsphäre größer als die Scheibendicke wird<br />
q ≥ qHill ≡ 3<br />
� H<br />
r<br />
� 3<br />
p<br />
(41)<br />
Für typische Parameter der protoplanetare Scheibe liefern beide Kriterien eine<br />
ähnliche Grenzmasse für Lückenbildung: zwischen Jupiter- und Saturnmasse.<br />
Damit wurde die erreichte Masse von Jupiter zunächst sehr schön erklärt.<br />
D.h. Gute Übereinstimmung mit dem Sonnensystem<br />
Spätere hydrodynamische Rechungen zeigten, dass die Masse jedoch<br />
darüberhinaus wachsen kann<br />
D.h. Gute Übereinstimmung mit den extrasolaren Planeten<br />
(→ Kapitel 7)<br />
W. <strong>Kley</strong>: <strong>Planetenentstehung</strong> (<strong>WS</strong> <strong>2010</strong>/<strong>11</strong>) 39
6.4.1 Kernakkretion Dynamische Lückenbildung<br />
Mp = 1 MJup, ap = 5.2 AE, Scheibe um 1 M⊙ Stern<br />
Hydrodynamische Entwicklung (Navier-Stokes)<br />
Allgemeines Kriterium für Lückenbildung (Crida et al., 2006)<br />
mit q = mp/M∗, Re = r 2 2Ωp/ν.<br />
3<br />
4<br />
H<br />
RHill<br />
+ 50<br />
q Re<br />
≤ 1 (42)<br />
W. <strong>Kley</strong>: <strong>Planetenentstehung</strong> (<strong>WS</strong> <strong>2010</strong>/<strong>11</strong>) 40
6.4.2 Gravitationsinstabilität Vorbemerkung<br />
Typisches Verhalten einer<br />
massreichen Scheibe bei<br />
der Eigengravitation:<br />
Nicht-axialsymmetrische<br />
Störungen mit Bildung von<br />
Spiralarmen<br />
(vgl. Galaxien)<br />
In Abb. rechts<br />
Scheibe mit Mdisk = 0.07M⊙<br />
um Stern mit M∗ = 0.5M⊙<br />
mit tcool = Pout(Rout)<br />
Bildausdehnung 120AE<br />
(dagestellt: Teff, ähnlich zu ρ)<br />
(Mejia et al. 2005)<br />
W. <strong>Kley</strong>: <strong>Planetenentstehung</strong> (<strong>WS</strong> <strong>2010</strong>/<strong>11</strong>) 41
6.4.2 Gravitationsinstabilität Direkter Kollaps<br />
Ein genügend massereiche, bzw. kühle Scheibe ist gravitativ instabil falls<br />
(aufgrund des Toomre-Kriteriums)<br />
Q = csΩ<br />
πGΣ < Qcrit = 1 (43)<br />
(für κ = Ω).<br />
Betrachte jetzt Scheibe bei 10AE mit H/r ≈ 0.05 (d.h. cs � 0.33km/s). Für<br />
Q = 1 wird<br />
Σ � 10 3 g/cm 2<br />
benötigt. Dies ist viel größer als der MMSN (Minimum Mass Solar Nebula).<br />
Gravitationsinstabilität könnte nur in noch früherem Stadium stattfinden, wenn<br />
die Scheibenmasse noch hoch ist.<br />
Charakteristische instabile Wellenlänge war λcrit = 2c 2 s/(GΣ)<br />
Die Masse eines solchen Fragments wäre<br />
Mp ∼ πΣλ 2 crit = 4πc4 s<br />
G 2 Σ<br />
∼ 2MJup<br />
Also potentiell Gasriesen geigneter Masse produzierbar!<br />
(Idee geht zurück auf Kuiper (1951) oder Cameron (1978))<br />
W. <strong>Kley</strong>: <strong>Planetenentstehung</strong> (<strong>WS</strong> <strong>2010</strong>/<strong>11</strong>) 42
6.4.2 Gravitationsinstabilität Instabilitätsbereich<br />
Betrachte viskose Akkretionscheibe<br />
mit ˙ M = 3πνΣ<br />
⇒ Q ∝ c3 s<br />
˙M<br />
Schallgeschwindigkeit fällt nach außen<br />
ab.<br />
Instabilster Bereich am Außenrand der<br />
Scheibe<br />
Heizung durch externe Quellen wird<br />
Stabilität beeinflussen<br />
In Abb. rechts<br />
Scheibe mit ≈ 160MJup<br />
• lokal isotherm γ = 1<br />
◦ lokal adiabatisch γ = 1.4<br />
( p ∝ ρ γ )<br />
(Boss, 1997)<br />
W. <strong>Kley</strong>: <strong>Planetenentstehung</strong> (<strong>WS</strong> <strong>2010</strong>/<strong>11</strong>) 43
6.4.2 Gravitationsinstabilität Beispielrechnung I<br />
3D, Finite Differenzen-Code, Nr = 51, Nθ = 23, Nϕ = 64,<br />
Mdisk ≈ 140MJup, p ∝ ρ γ (Boss, 1997)<br />
Anfangsbed.: kleine m = 2 Störung, und Random-Noise<br />
A) lokal isotherm (γ = 1) B) lokal adiabatisch (γ = 1.4)<br />
Jeweils zwei ’Protoplaneten’ bilden sich am Außenrand (Pfeile) .<br />
W. <strong>Kley</strong>: <strong>Planetenentstehung</strong> (<strong>WS</strong> <strong>2010</strong>/<strong>11</strong>) 44
6.4.2 Gravitationsinstabilität Beispielrechnung II<br />
SPH: 10 6 Teilchen<br />
lokal isotherm<br />
(d.h. H/r = const.)<br />
R = 20AE<br />
Oben: Qmin = 1.8<br />
Unten: Qmin = 1.4<br />
Links: t = 160 Jahre<br />
Rechts: t = 350 Jahre<br />
Falls möglich:<br />
Instabilität sehr schnell,<br />
auf dynamischen Zeitskalen<br />
tdyn � Ω −1<br />
(L. Mayer, 2004)<br />
W. <strong>Kley</strong>: <strong>Planetenentstehung</strong> (<strong>WS</strong> <strong>2010</strong>/<strong>11</strong>) 45
6.4.2 Gravitationsinstabilität Bspl.: Kühlung der Scheibe<br />
SPH-Rechnung<br />
200,000 Teilchen, Qmin � 2<br />
Scheibe zu Beginn lokal isotherm<br />
(H/r = const)<br />
Tout(20AU) = 100K<br />
Oben links:<br />
Ohne Kühlung nach 350 Jahren<br />
- glatte Dichteverteilung<br />
- keine Fragmentation<br />
- Q > 1 überall in Scheibe<br />
Einschalten von Kühlung<br />
tcool = 0.2 K /Jahr<br />
(konstante Kühlrate)<br />
Snapshots zu 450, 550, 650 Jahren<br />
Fragmentation falls T ≤ 42K<br />
(dann Q < 1)<br />
(Mayer et al. 2004)<br />
W. <strong>Kley</strong>: <strong>Planetenentstehung</strong> (<strong>WS</strong> <strong>2010</strong>/<strong>11</strong>) 46
6.4.2 Gravitationsinstabilität Kühlung/Heizung I<br />
Lokale Instabilität (Fragmentation) wird bestimmt durch Heizung und Kühlung<br />
der Scheibe.<br />
Überwiegt Kühlung ⇒ Instabilität, Überwiegt Heizung ⇒ Stabilität<br />
Heizprozesse:<br />
- interne Stoßwellen (Spiralarme, Shockdissipation)<br />
- Viskosität (α-Scheiben, visk. Dissipation)<br />
- externe Heizung (durch nahe Sterne, wichtig in Außenbereichen)<br />
Kühlprozesse:<br />
- Zustandsgleichung<br />
lokal isotherm (≡ starke Kühlung): Gas kann sich (z.B. bei Kompression) nicht aufheizen<br />
oft lokal isotherm für geringe Dichten, dann adiabatisch oberhalb ρcrit (Sternentstehung)<br />
- einfache Kühlgesetze (Def. durch Kühlrate Λcool = ɛ/tcool)<br />
tcoolΩ = const. (fester Bruchteil der Rotationsperiode)<br />
tcool = const. (fester Wert)<br />
- Strahlungskühlung (an Scheibenoberfläche)<br />
mit Opazität κR ∝ ZT β (κR durch Staubteilchen verursacht, Z: Metall-Hfgkt.)<br />
(hier optisch dick: T 4<br />
eff<br />
tcool � etherm<br />
2σT 4 eff<br />
4<br />
= Tmid /τ mit τ ∼ ΣκR)<br />
∝ T/T 4<br />
eff ∝ T −3+β Z<br />
typisch: −3 < β < 3, d.h. tcool wächst mit sinkendem T<br />
W. <strong>Kley</strong>: <strong>Planetenentstehung</strong> (<strong>WS</strong> <strong>2010</strong>/<strong>11</strong>) 47
6.4.2 Gravitationsinstabilität Kühlung/Heizung II<br />
Kühlzeit tcool ist Kontrollparameter, der mögliche Fragmentation bestimmt<br />
(Gammie, 2001)<br />
tcool ≤ 3Ω −1 ⇒ Fragmentation (44)<br />
tcool ≥ 3Ω −1 ⇒ keine Fragmentation (45)<br />
Einfache Abschätzung:<br />
In einer dünnen, stationären (viskosen) Akkretionsscheibe halten sich Kühlung & Heizung die<br />
Waage (Pringle, 1981)<br />
tcool � 4 1<br />
9 γ(γ − 1)α Ω−1<br />
Für α ∼ 10 −2 , γ = 1.4 ergibt sich ∼ 12 Perioden.<br />
(grobe Zeitskala zur Änderung der thermischen Struktur einer Akk.-Scheibe)<br />
Weitere Komplikationen:<br />
- Konvektion in der Scheibe (Effizienz des Strahlungstransports)<br />
- Effizienz der Turbulenz (Magneto-Rotational-Instability, Dead-zones)<br />
- Chemische Zusammensetzung (Opazität)<br />
- Äußere Einflüsse, z.B. Sternvorbeigang (‘Triggerung’ einer Instabilität)<br />
- Stabilität der Fragmente gegen Scherung in der Scheibe<br />
W. <strong>Kley</strong>: <strong>Planetenentstehung</strong> (<strong>WS</strong> <strong>2010</strong>/<strong>11</strong>) 48
6.4.2 Gravitationsinstabilität Numerik<br />
Im wesentlichen<br />
2 alternativ Methoden<br />
SPH<br />
Smoothed-Particle-<br />
Hydrodynamics<br />
Gitter-Codes<br />
finite Differenzen, finite<br />
Volumen, Riemann-Löser<br />
...<br />
Einzelheiten hängen z.T. von<br />
numerischen Parametern ab:<br />
- künstlicher Viskosität<br />
- Auflösung<br />
(Gitterpunkte, Teilchenzahl)<br />
- Eigengravitation<br />
...<br />
(Löser, Glättungslänge)<br />
Wichtig: Vergleiche mit<br />
verschiedenen Methoden<br />
GASOLINE (SPH) GADGET2 (SPH)<br />
Indiana Code (Cyl.Grid) FLASH (AMR-Cart.Grid)<br />
(Durison et al. 2007)<br />
W. <strong>Kley</strong>: <strong>Planetenentstehung</strong> (<strong>WS</strong> <strong>2010</strong>/<strong>11</strong>) 49
6.4.2 Gravitationsinstabilität Animation I<br />
Entwicklung einer selbstgravitierenden protoplanetarer Scheibe<br />
Hydrodynamik: MStar = 0.5 M⊙, MDisk = 0.07 M⊙<br />
Mit radiativer Kühlung & künstlicher Viskosität<br />
Mit/ohne Einstrahlung (Irradiaton)<br />
(Durison et al., 2005)<br />
W. <strong>Kley</strong>: <strong>Planetenentstehung</strong> (<strong>WS</strong> <strong>2010</strong>/<strong>11</strong>) 50
6.4.2 Gravitationsinstabilität Animation II<br />
Gravitations-Instabilität in protoplanetarer Scheibe<br />
Hydrodynamik: MStar = 1 M⊙, MDisk = 0.1 M⊙<br />
Lokal isotherm<br />
(L. Mayer, 2002)<br />
W. <strong>Kley</strong>: <strong>Planetenentstehung</strong> (<strong>WS</strong> <strong>2010</strong>/<strong>11</strong>) 51
6.4.2 Gravitationsinstabilität Animation III<br />
MDisk = 0.5 M⊙<br />
2D Gitterrechnungen<br />
Hydrodynamik: MStar = 1 M⊙,<br />
Viskose Heizung und radiative Kühlung<br />
(Tobias Müller, <strong>2010</strong>)<br />
MDisk = 1.0 M⊙<br />
W. <strong>Kley</strong>: <strong>Planetenentstehung</strong> (<strong>WS</strong> <strong>2010</strong>/<strong>11</strong>) 52
6.4.2 Gravitationsinstabilität Numerische Auflösung<br />
3D SPH Rechnungen (F. Meru, <strong>2010</strong>)<br />
Hydrodynamik: MStar = 1 M⊙, MDisk = 0.1 M⊙<br />
Nur künstliche Viskosität und β-Kühlung, β = tcoolΩ, 0.25 ≤ r ≤ 25<br />
Teilchenzahlvariation,<br />
at t = 5.3, 6.4, 5.3, 2.5 ORP<br />
fragmentiert �, nicht �, borderline ○<br />
W. <strong>Kley</strong>: <strong>Planetenentstehung</strong> (<strong>WS</strong> <strong>2010</strong>/<strong>11</strong>) 53
6.4.2 Gravitationsinstabilität Wechselwirkung mit Teilchen<br />
Im Gas eingebettete Teilchen erfahren (hydrodynamische) Reibung<br />
Bewegen sich relativ zum Gas in Richtung der Druckmaxima<br />
d.h. hier: Ansammlung in den Spiralarmen<br />
⇒ Unterstützung der Instabilität<br />
⇒ Anreicherung mit Metallen (Kerne ?)<br />
Kombination von Kerninstabilität und Gravitationsinstabilität<br />
(Rice et al. 2005)<br />
W. <strong>Kley</strong>: <strong>Planetenentstehung</strong> (<strong>WS</strong> <strong>2010</strong>/<strong>11</strong>) 54