Untitled - Carl Bechstein Gymnasium
Untitled - Carl Bechstein Gymnasium
Untitled - Carl Bechstein Gymnasium
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
Die beiden Beispiele der thermoplastischen Kohlenwasserstoff- und<br />
duroplastischen Phenol-Formaldehyd-Harze belegen die historische<br />
Bedeutung der Rütgers-Teerraffinerie Erkner für die Entwicklung der<br />
chemisch-technisch revolutionären Kunststoff-Industrie. Heute werden<br />
weltweit >200 Mill. t/a Kunststoffe produziert, d.i. volumetrisch fast doppelt<br />
so viel wie Rohstahl mit 2001 rund 890 Mill. t/a ~ 113 Mill. m3/a.<br />
Das Werk Erkner wurde darüber hinaus "Lehrmeister" für den Bau weiterer<br />
von Schwientochlowitz in Oberschlesien, 1892 Witkowitz bei Mährisch-<br />
Ostrau und 1898 Rauxel im Ruhrgebiet [9]. Den Bau der "Chemischen<br />
Fabrik für Teerprodukte" in Schwientochlowitz (heute Swietochlowice)<br />
übertrug Julius Rütgers seinem einzigen Sohn Rudolph Rütgers (1860-<br />
1903). Diese Fabrik (nach dem 2. Weltkrieg "Hajduki", seit den 1990er<br />
Jahren eine Lackfabrik) wurde ein vom Vater anerkanntes Meisterstück des<br />
28-Jährigen : Sohn Rudolph sollte einmal sein Nachfolger werden.<br />
Als weiteres wichtiges Forschungsergebnis von Erkner hervorzuheben ist<br />
die Verwertung des bei Rohteerdestillation zu 50% als Rückstand<br />
anfallenden Steinkohlenteerpechs als Ausgangsprodukt von technisch<br />
reinem Industrie-Kohlenstoff für die zum Ende des 19.Jahrhunderts<br />
aufstrebende Elektrotechnik und Elektrochemie. Rütgers übernahm dazu<br />
später von der AEG zur Produktion von Kohlestifte, Kohlebürsten und<br />
Kohlenstoffelektroden unter Verwendung von Steinkohlenteerpech die 1895<br />
gegründeten Planiawerke im Oberschlesischen Ratibor[22,23].<br />
Für die Aromaten-Grundstoffe der aufblühenden deutschen Teerfarben-<br />
Industrie entwickeltete die Rütgers-Forschung in Erkner wirtschaftliche<br />
großtechnische Verfahren zur Gewinnung aus Steinkohlenteer, so z.B. für<br />
Benzol, Naphthalin, Anthracen und Crabazol. Vor Gründung der<br />
Rütgerswerke waren bis zum Jahre 1849 erst 9 chemische Verbindungen im<br />
Steinkohlenteer entdeckt worden; bis zu Rütgers´70. Geburtstag waren es<br />
schon > 100. Die Steinkohlenteer- und Teerfarbenchemie wurden in der 2.<br />
Hälfte des 19. Jahrhunderts durch gezielte Applikationen wissenschaftlicher<br />
Forschungsergebnisse insbesondere in Deutschland zu Wegbereitern der<br />
"2. Industriellen Revolution" und erbrachten damit einen wesentlichen<br />
Beitrag zum wirtschaftlichen Aufschwung Deutschlands und seinem<br />
Übergang vom Agrar- zum Industriestaat[6]. Daran hatte auch die von<br />
Rütgers in Erkner initiierte Forschung einen wichtigen Anteil.<br />
7 Rütgers´Tod - und was bleibt<br />
Julius Rütgers starb vor 100 Jahren am 6. September 1903 in seinem<br />
Berliner Haus - plötzlich und unerwartet. Beigesetzt wurde er am 9.<br />
September auf dem alten Luisen- Kirchhof in Berlin-Westend. Sein engster<br />
Freund und bester Mitarbeiter Professor Gustav Kraemer schrieb in seinem<br />
Nachruf [24]: