MedReport 26 - schroeders-agentur.de
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6 I 45. Tagung <strong>de</strong>r Deutschen Dermatologischen Gesellschaft <strong>MedReport</strong> Nr. <strong>26</strong> I 33. Jahrgang 2009<br />
Dies ermöglicht in 97 % eine<br />
lokale Dauerheilung (Tab. 1).<br />
Zu<strong>de</strong>m ist die Therapie in vielen<br />
Fällen in einem einzigen Schritt<br />
möglich (Abb. 1, 2, 3). Hingegen<br />
be<strong>de</strong>utet die alternative Strahlentherapie<br />
einen hohen logistischen Aufwand<br />
bei <strong>de</strong>utlich geringerer lokaler<br />
Tumorkontrolle.<br />
Bisher gilt für die Plattenepithelkarzinome<br />
<strong>de</strong>r Haut die TNM-Klassifikation<br />
<strong>de</strong>r UICC. Sie orientiert sich<br />
an <strong>de</strong>r Tumorgröße und Infiltration in<br />
tiefere Strukturen: T1 bis 20 mm T2<br />
20–50 mm, T3 > 50 mm und t3 Infiltration<br />
über die Subkutis hinaus. Ein<br />
Entdifferenzierungsgrad in vier Stufen<br />
wird zusätzlich genannt. Bisher war<br />
diese Einteilung nicht mit prospektiven<br />
größeren Studien abgesichert.<br />
Im Rahmen einer retrospektiven [3]<br />
und prospektiven Studie [4] an je über<br />
600 Tumoren wur<strong>de</strong> geprüft, welche<br />
Parameter für die Lokalrezidivierung<br />
und die Metastasierung verantwortlich<br />
sind. Neben <strong>de</strong>r TNM-Klassifikation<br />
wur<strong>de</strong>n zusätzlich die histologisch<br />
messbare Tumordicke (TD), <strong>de</strong>r<br />
<strong>de</strong>smoplastische Typ [5] und die<br />
Immunsuppression eingeführt.<br />
In bei<strong>de</strong>n Studien mit zusammen<br />
über 1200 Tumoren konnte zwar <strong>de</strong>r<br />
Tumordurchmesser < bzw. > 20 mm<br />
als signifikanter Parameter herausge-<br />
Therapie und Prognose <strong>de</strong>s<br />
Plattenepithelkarzinoms <strong>de</strong>r Haut<br />
HELMUT BREUNINGER, TÜBINGEN<br />
arbeitet wer<strong>de</strong>n. Die Tumordicke war<br />
aber in <strong>de</strong>r Signifikanz ein<strong>de</strong>utig überlegen.<br />
Bis 2 mm Tumordicke wur<strong>de</strong> nie<br />
eine Metastasierung nachgewiesen.<br />
Ab 2 bis 6 mm betrug sie 4 % und > 6<br />
mm 16 %. Eine Immunsuppression<br />
<strong>de</strong>s Patienten erhöhte die Wahrscheinlichkeit<br />
Metastasen zu ent -<br />
wickeln signifikant. Die Entdifferenzierung<br />
hatte keinen signifikanten<br />
Einfluss. Alle Metastasierungen traten<br />
primär in <strong>de</strong>n regionären Lymphknoten<br />
auf. Als neue Klassifikation wird<br />
vorgeschlagen: T1 bis 2 mm TD, T2<br />
> 2–6 mm TD, T3 > 6 mm TD.<br />
Zu<strong>de</strong>m die Zusätze i für Immun -<br />
suppression und d für Desmoplasie<br />
(Tab. 2). Das Screening beim Platten -<br />
epithelkarzinom kann sich bei T2- und<br />
T3-Tumoren auf eine regionäre<br />
Lymph knotensonografie be schränken.<br />
Abb. 1: Unterlippenkarzinom Patientin 91 Jahre. Einzeitige OP in SIA im Gesun<strong>de</strong>n.<br />
Abb. 2: Plattenepithelkarzinom <strong>de</strong>s Kopfes<br />
98 Jahre. Einzeitige OP in SIA mit Knochenabfräsung<br />
und mesh-craft Transplantat<br />
im Gesun<strong>de</strong>n.<br />
Bei <strong>de</strong>n Tieren, die „nur stechen“,<br />
befin<strong>de</strong>t sich <strong>de</strong>r Stechapparat<br />
am Hinterteil – zumeist mit einer<br />
Giftdrüse verbun<strong>de</strong>n.<br />
Bei <strong>de</strong>n Hymenopteren (Bienen,<br />
Wespen, Ameisen) entstand phylogenetisch<br />
aus <strong>de</strong>m Legebohrer (Ovipositor)<br />
<strong>de</strong>s Weibchens <strong>de</strong>r Giftstachel.<br />
Folglich können nur die Weibchen stechen.<br />
Ameisen haben schaufelförmige<br />
Mandibeln, die zum abschnei<strong>de</strong>n<br />
benutzt wer<strong>de</strong>n (althoch<strong>de</strong>utsch:<br />
„âmeiza – die Abschnei<strong>de</strong>rin“). Das<br />
Alkaloid-reiche Gift <strong>de</strong>r Feuerameise<br />
bewirkt beim Stich einen sofortigen<br />
brennen<strong>de</strong>n Schmerz. Pusteln folgen<br />
innerhalb von 48 Std. Bei Wespengift -<br />
allergikern kann <strong>de</strong>r Stich fatal verlaufen,<br />
da die Struktur <strong>de</strong>r Phospholipase<br />
mit <strong>de</strong>r <strong>de</strong>s Wespengifts<br />
ver gleichbar ist. Die aus Südamerika<br />
stammen<strong>de</strong> Feuerameise kommt seit<br />
<strong>de</strong>n 30er Jahren in <strong>de</strong>n USA, seit 2001<br />
in Australien und seit 2007 in Spanien<br />
vor. Somit hat sie europäischen Bo<strong>de</strong>n<br />
erreicht.<br />
Bei <strong>de</strong>n beißen<strong>de</strong>n Arten sind<br />
Männ chen und Weibchen beteiligt.<br />
Kieferklauenträger (Chelicerata) ha -<br />
ben ein zu einem Mundwerkzeug<br />
umgewan<strong>de</strong>ltes Gliedmaßenpaar.<br />
Spinnentiere (Spinnen, Skorpione,<br />
Milben und Zecken) bil<strong>de</strong>n einen<br />
Unterstamm <strong>de</strong>r Chelicerata. Einige<br />
Das Durchschnittsalter von Patienten mit Plattenepithelkarzinom <strong>de</strong>r Haut liegt bei über 70 Jahren. Daher kommen<br />
Patienten oft auch mit größeren Tumoren zur Therapie. Durch die Entwicklung <strong>de</strong>r nahezu schmerzfreien und sehr gut<br />
verträglichen subkutanen Infusionsanästhesie (SIA) [1] können auch sehr große Tumoren bei alten Menschen operativ<br />
versorgt wer<strong>de</strong>n. Der Vorteil <strong>de</strong>r operativen Therapie ist die histologische Sicherung tumorfreier Schnitt rän<strong>de</strong>r mittels<br />
3D-Histologie [2].<br />
Es liegt nun nahe, in <strong>de</strong>r<br />
T3-Gruppe mit höherer<br />
Wahrscheinlichkeit <strong>de</strong>r Me -<br />
tastasierung eine Sentinel-<br />
Lymphknotenbiopsie durchzuführen.<br />
Bei <strong>de</strong>n bei<br />
unseren Fällen erfolgten<br />
Lymphknotenbiopsien zeigte<br />
sich bei 30 Patienten, dass<br />
die Rate <strong>de</strong>r gefun<strong>de</strong>nen<br />
positiven Lymphknoten<br />
<strong>de</strong>m prädiktiven Wert von<br />
ca. 16 % entspricht. Bisher kam es in<br />
<strong>de</strong>r Gruppe dieser Patienten zu keiner<br />
Tumorprogression.<br />
Lokalrezidive waren in <strong>de</strong>r Gruppe<br />
<strong>de</strong>r dicken Tumore signifikant häufiger,<br />
ebenfalls sehr <strong>de</strong>utlich beim <strong>de</strong>smoplastischen<br />
Typ (Tab. 1). Letztere<br />
hatten 3D-histologisch kontrolliert<br />
oft eine erhebliche subklinische Infil-<br />
Prof. Dr.<br />
Helmut Breuninger<br />
tration von mehreren Zentimetern.<br />
Beim <strong>de</strong>smoplastischen<br />
Typ sollte also über die<br />
nach gewiesenen tumorfreien<br />
Schnitträn<strong>de</strong>r hinaus<br />
noch eine Sicherheitsnachresektion<br />
von ca. 5 mm<br />
erfolgen.<br />
Insgesamt muss man aber<br />
beim Durchschnittsalter <strong>de</strong>s<br />
Patientenkollektivs, das<br />
Plattenepithelkarzinome entwickelt,<br />
berücksichtigen, dass die normale<br />
Sterberate 20-mal höher ist als<br />
die am Tumor lei<strong>de</strong>n.<br />
Fazit<br />
Es sticht und beißt auch in Europa<br />
1. Das Plattenepithelkarzinom (PEK)<br />
ist in <strong>de</strong>r Regel wenig maligne.<br />
2. Mit <strong>de</strong>r Tumordicke lässt sich die<br />
Malignität eines PEK abschätzen.<br />
3. Zusätzliche Parameter sind die<br />
Immunsuppression und die Desmoplasie.<br />
4. Die Metastasierung ist primär<br />
NANNA SCHÜRER, OSNABRÜCK<br />
Die Genese einer Vielzahl von Urlaubs- und Tropen<strong>de</strong>rmatosen hängt von Vektoren ab. Einige <strong>de</strong>r in <strong>de</strong>n Tropen Behei -<br />
mateten kommen nun auch in Europa vor. Dafür wer<strong>de</strong>n Globalisierung und Klimaän<strong>de</strong>rung verantwortlich gemacht.<br />
Spinnentiere unterschei<strong>de</strong>n sich von <strong>de</strong>n Insekten, doch die Frage, welches Tier beißt und welches sticht, bleibt damit<br />
unbeantwortet. Im Folgen<strong>de</strong>n wird exemplarisch auf einige in Europa vorkommen<strong>de</strong> Arten eingegangen.<br />
Arten können in die menschliche Haut<br />
schnei<strong>de</strong>n. Die Herbstmilbe Neotrombicula<br />
autumnalis ist im Spätsommer<br />
aktiv. Sie bevorzugt Hautfalten<br />
und Stellen unter eng anliegen<strong>de</strong>r<br />
Kleidung. Stun<strong>de</strong>nlang saugen sie die<br />
Lymphe. Pruriginöse Papeln manifestieren<br />
sich erst, nach<strong>de</strong>m die satte<br />
Milbe sich hat fallen lassen. Therapiert<br />
wird symptomatisch, prophylaktisch<br />
soll <strong>de</strong>r Samen <strong>de</strong>s Niembaumes helfen.<br />
Mit ihren kräftigen Cheliceren<br />
schnei<strong>de</strong>t die Zecke in die Haut und<br />
schiebt ihren, mit Wi<strong>de</strong>rhaken besetzten<br />
Stech- und Leckapparat in die<br />
Wun<strong>de</strong>. Die Weibchen brauchen eine<br />
große Blutmenge zur eigenen Ernährung<br />
und zur Eibildung. Für sie ist es<br />
beson<strong>de</strong>rs wichtig einen Gerinnungshemmer,<br />
ein Lokalanästhetikum, und<br />
antiinflammatorische Wirkstoffe in<br />
die Wun<strong>de</strong> abzugeben. In Deutschland<br />
ist <strong>de</strong>r Holzbock (Ixo<strong>de</strong>s ricinus) als<br />
Vektor von Borrelien und Falviviren<br />
bekannt. Darüber hinaus breitet sich<br />
die Auwaldzecke (Dermacentor<br />
reticulatus) aus <strong>de</strong>m<br />
Südosten kommend in<br />
Deutschland aus. Die größere<br />
Auwaldzecke hat größere<br />
Cheliceren als <strong>de</strong>r<br />
Holzbock. Folglich ist eine<br />
lokale Hämorrhagie an <strong>de</strong>r<br />
Einstichstelle wahrscheinlich.<br />
Die Auwaldzecke überträgt<br />
Francisella tularensis<br />
und Rickettsien <strong>de</strong>r Fleckfieber-Gruppe.<br />
Prof. Dr.<br />
Nanna Schürer<br />
Die Cheliceren <strong>de</strong>r meisten heimischen<br />
Spinnenarten sind zu schwach,<br />
um in die menschliche Haut zu beißen.<br />
Die <strong>de</strong>r in sü<strong>de</strong>uropäischen Län<strong>de</strong>rn<br />
beheimateten schwarzen Witwe<br />
(Latro<strong>de</strong>ctus) sind stark genug. Ihr<br />
Neurotoxin-haltiges Gift injiziert sie<br />
über die Klauen ihrer Cheliceren. Latrotoxin<br />
bewirkt eine massive Freisetzung<br />
<strong>de</strong>r Neurotransmitter Noradrenalin<br />
und Acetylcholin, was die<br />
Symptome „Schweißausbrüche, hoher<br />
Tab. 1: Risikofaktoren für die Lokal -<br />
rezidivierung mit 3D-Histologie<br />
Tumordicke<br />
Bis 2 mm 1 von 107<br />
(<strong>de</strong>smoplastisch)<br />
2,1 bis 6 mm 8 von 318 (3 %)<br />
> 6 mm 11 von 90 (12 %)<br />
Normale Karzinome 8 von 564 (1,6 %)<br />
Desmoplastische 12 von 51 (24 %)<br />
Karzinome<br />
Tab. 2: Risikofaktoren für die<br />
Metastasierung<br />
Tumordicke<br />
Bis 2 mm 0 von 107 (0 %)<br />
2,1 bis 6 mm 12 von 318 (4 %)<br />
>6 mm 14 von 90 (16 %)<br />
Immunsuppression 5 von 31 (16 %)<br />
lokoregionär (Screening: nur LK<br />
Sonografie).<br />
5. Nur ca. je<strong>de</strong> 3. Metastase führt zum<br />
Tod. Die natürliche Sterberate ist<br />
ca. 20-mal höher.<br />
6. Ausge<strong>de</strong>hnte Operationen sind bei<br />
alten Patienten in SIA sehr gut möglich.<br />
7. Die Sentinel-LK-Biopsie erhöht die<br />
Heilungsrate.<br />
Literatur beim Verfasser<br />
Korrespon<strong>de</strong>nzadresse:<br />
Prof. Dr. Helmut Breuninger<br />
Universitäts-Hautklinik<br />
72076 Tübingen<br />
Helmut.Breuninger@med.uni-tuebingen.<strong>de</strong><br />
Abb. 3: Plattenepithelkarzinom <strong>de</strong>r Stirn 93 Jahre. Einzeitige OP mit Kochenabtragung,<br />
Schwenklappenplastik und Spalthaut auf <strong>de</strong>m Hebe<strong>de</strong>fekt im Gesun<strong>de</strong>n.<br />
Puls und Blutdruck sowie<br />
schmerzhafte Krämpfe er -<br />
klärt. Die Symptome verschwin<strong>de</strong>n<br />
meist in 2–3<br />
Tagen. Da bei Kin<strong>de</strong>rn und<br />
Hochbetagten das Neuro -<br />
toxin zur Atemlähmung führen<br />
kann, sollten sie unter<br />
stationärer Beobachtung<br />
bleiben. Es steht ein Gegenserum<br />
zur Verfügung.<br />
Darüber hinaus soll alle<br />
zwei Jahre eine neue Spinnenart, in<br />
Umverpackungen aus Asien eingereist,<br />
in Europa heimisch wer<strong>de</strong>n.<br />
Zwei Loxosceles-Arten fin<strong>de</strong>t man<br />
mittlerweile in Sü<strong>de</strong>uropa, von wo aus<br />
eine weitere Ausbreitung vermutet<br />
wird. Ihr Gift beinhaltet Sphingomyelinase<br />
D, das Zellmembranen hydrolysiert.<br />
Mit Hilfe dieser enzymatischen<br />
extrasomalen Vorverdauung verflüssigt<br />
die Spinne ihre Beute. Der Mensch<br />
erlei<strong>de</strong>t ausge<strong>de</strong>hnte Hautnekrosen<br />
um die Biss-Stelle. Es kann eine chir-<br />
urgische Intervention notwendig sein.<br />
Bei <strong>de</strong>n stechen<strong>de</strong>n und saugen<strong>de</strong>n<br />
Arten bil<strong>de</strong>t die weiche Unterlippe<br />
eine Rinne, auf <strong>de</strong>r die zur Stech borste<br />
umgebil<strong>de</strong>te Oberlippe gleitet. Ein<br />
Kanal im Hypopharynx bil<strong>de</strong>t das<br />
Speichelrohr. Mücken, Bremsen,<br />
Flöhe, Läuse und Wanzen sind<br />
hämatophag. Stech- und Saugapparat<br />
unterschei<strong>de</strong>n sich von Art zu Art.<br />
Stechmückenweibchen (Culicidae)<br />
brau chen zwingend eine Blutmahlzeit,<br />
um Eier legen zu können. In Skandinavien<br />
übertragen sie das Sindbis-<br />
Virus, welches Fieber, Exantheme und<br />
hartnäckige Gelenkschmerzen verursachen<br />
kann. Die asiatische Tigermücke<br />
(Ae<strong>de</strong>s albopictus) ist eine<br />
ursprünglich in <strong>de</strong>n Tropen beheima -<br />
tete Stechmückenart, die 1990/91 mit<br />
gebrauchten Reifen nach Italien verschleppt<br />
und 2007 bei Rastatt ent<strong>de</strong>ckt<br />
wur<strong>de</strong>. Für <strong>de</strong>n Menschen sind<br />
die Weibchen als Überträger <strong>de</strong>s West-<br />
Nil-Virus, Gelbfieber-, Dengue- und<br />
Chikungunya-Virus be<strong>de</strong>utsam.<br />
Korrespon<strong>de</strong>nzadresse:<br />
Prof. Dr. Nanna Schürer<br />
Fachbereich Humanwissenschaften<br />
Dermatologie, Umweltmedizin und<br />
Gesundheitstheorie<br />
Universität Osnabrück<br />
Sedanstr. 115, 49090 Osnabrück