Baum des Jahres 2006 - Nordfriisk Instituut
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muscheln im gleichen Zeitraum stark zurückgingen,<br />
und, dass mittlerweile viele Muschelbänke<br />
verschwunden sind, wird oftmals der<br />
Ausbreitung der Austern angelastet. Tatsächlich<br />
ist aber ein Zusammenhang bislang nicht<br />
belegt, und es ist festzuhalten, dass die Miesmuscheln<br />
auch da zurückgegangen sind, wo<br />
bis heute keine Austern sind. Anzunehmen ist<br />
vielmehr, dass der Wechsel von der Muschelbank<br />
zum Austernriff auf klimatische Veränderungen<br />
zurückgeht. Austern profitieren von<br />
der zunehmenden Erwärmung der Nordsee,<br />
denn sie sind ursprünglich auf höhere Wassertemperaturen<br />
geeicht. Miesmuscheln dagegen<br />
vermehren sich vor allem nach kalten Wintern<br />
gut, die aber seltener als früher auftreten.<br />
Miesmuschelbänke beherbergen seit über<br />
70 Jahren ein weiteres exotisches Schalentier,<br />
und zwar die Amerikanische Pantoffelschnecke.<br />
Pantoffelschnecken sind echte Schnecken<br />
mit einem offenen Gehäuse, leben aber wie<br />
Muscheln fest angesiedelt als Filtrierer. Bemerkenswert<br />
ist ihre Geschlechtsentwicklung, wobei<br />
jede Schnecke sich zunächst als Männchen<br />
entwickelt und später zum Weibchen wird.<br />
Die Ketten der aufeinander sitzenden Schnecken<br />
sind damit so organisiert, dass die großen<br />
unteren Tiere Weibchen sind, während die zuletzt<br />
angesiedelten jüngeren Tiere Männchen<br />
sind. Die Pantoffelschnecke ist an den europäischen<br />
Küsten ein durchaus unwillkommener<br />
Gast, und sie gilt als Plage auf Miesmuschelbänken<br />
und Austernkulturen. Im Wattenmeer<br />
wurden ihrer Ausbreitung bislang durch ihre<br />
Kälteempfindlichkeit Grenzen gesetzt. Bereits<br />
ein Normalwinter mit zwei bis drei Wochen<br />
Abb. 2 Einzelne pazifische Auster<br />
28 DER MAUERANKER HEFT 3·OKTOBER <strong>2006</strong><br />
Abb. 3 Pantoffelschnecken bilden Kolonien, indem<br />
sie sich aneinanderkleben. Fotos: www<br />
Frost und leichter Eisbildung führt zum Absterben<br />
großer Anteile ihrer Bestände. Angesichts<br />
der zurückliegenden Folge milder Winter<br />
der letzten 10 Jahre überrascht es somit<br />
nicht, dass Pantoffelschnecken häufiger geworden<br />
sind und an einigen Stellen bereits<br />
dichte Lagen gebildet haben.<br />
Eine weitere auffällige Einwanderin der<br />
letzten Jahre ist die Pazifische Rotalge Gracilaria<br />
vermiculophylla. Hinter dem klangvollen<br />
lateinischen Namen verbirgt sich eine fädige<br />
Alge, die seit drei bis vier Jahren großflächige<br />
dichte Bestände auf den Miesmuschelbänken<br />
im Wattenmeer bildet. Die Alge verankert sich<br />
im Wattenmeer vor allem passiv, das heißt, sie<br />
lässt sich im Gespinst der Miesmuscheln verankern<br />
und bildet dann bis über 2 Meter lange<br />
Ausläufer. Im Watt selbst kann die Alge sich<br />
nicht festhalten, wird aber oftmals in die<br />
Trichter <strong>des</strong> Wattwurms mit hereingezogen<br />
und somit verankert. Algen der Familie Gracilaria<br />
sind weltweit verbreitet und häufig in<br />
Wattengebieten. In Asien und Südamerika<br />
werden sie teilweise in großem Stil für die Gewinnung<br />
von Agar-Agar geerntet und liefern<br />
den Grundstoff für Gummibären und andere<br />
Lebensmittel.<br />
Die drei genannten Einwanderer sind nur<br />
ein kleiner Teil aus einer zunehmend globalisierten<br />
Gesellschaft im Watt. Die Einwanderung<br />
exotischer Arten, die vor allem über das<br />
Ballastwasser von Schiffen, aber auch durch<br />
die Einschleppung von in Kultur gehaltenen