treffpunkt campus - Hochschule Magdeburg-Stendal
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6 <strong>treffpunkt</strong> <strong>campus</strong><br />
mai 2004<br />
Der Umbruch zum Aufbruch<br />
Um als Chinese in Deutschland studieren zu können, sind einige Hürden zu überwinden<br />
Ist China das neue Japan? Dieser Eindruck drängt sich zumindest in wirtschaftlicher Hinsicht auf. Medien<br />
und Fachleute überschlagen sich mit Erfolgsmeldungen über die Entwicklungen des Markts im Land der<br />
aufgehenden Sonne. Ob diese Entwicklung sich fortsetzt sei dahingestellt.In einem Punkt hat China Japan<br />
aber längst überholt: Einsam steht die Zahl 13.523 in der Statistik des Deutschen Akademischen Austauschdienstes<br />
(DAAD) zu den Bildungsausländern in Deutschland an der Spitze. So viele junge Chinesen<br />
weilen in Deutschland, um hier ihr Studium zu absolvieren. 90 von ihnen sind an der <strong>Hochschule</strong> <strong>Magdeburg</strong>-<strong>Stendal</strong><br />
(FH) eingeschrieben.<br />
„Der wirtschaftspolitische Umbruch in China geht einher mit<br />
einer Explosion im chinesischen Hochschulwesen“, erklärt<br />
Marita Sand vom Akademischen Auslandsamt (AAA) der<br />
<strong>Hochschule</strong> <strong>Magdeburg</strong>-<strong>Stendal</strong>. „Es gibt eine sehr große<br />
Nachfrage seitens der chinesischen Studenten, die im Land<br />
selbst nicht befriedigt kann werden. Das hat zur Folge, dass<br />
chinesische Studenten in alle Welt strömen.“ Und dabei<br />
natürlich auch nach Deutschland, dass mit den USA, Großbritannien<br />
und Australien zu den beliebtesten Auslandsstudienplätzen<br />
gehört.Innerhalb von drei Jahren hat sich in China<br />
die Zahl der Studierenden verdoppelt, der Ausbau der<br />
<strong>Hochschule</strong>n kann mit diesen Steigerungen schwer mithalten.<br />
Die <strong>Hochschule</strong>n Deutschlands bieten für junge Chinesen<br />
weitaus bessere Studienbedingungen als die in der Heimat<br />
und den nicht zu vernachlässigenden Vorteil, dass in<br />
Deutschland keine Studiengebühren zu zahlen sind.<br />
Im vergangenen Wintersemester haben 50 neue Chinesen<br />
ein Studium an der <strong>Hochschule</strong> <strong>Magdeburg</strong>-<strong>Stendal</strong> (FH) aufgenommen.<br />
Somit studieren momentan 90 Chinesen an der<br />
<strong>Hochschule</strong>. Eine von ihnen ist Peng Wu (sprich: Pong Wu)<br />
und studiert im zweiten Semester Fa c h ko m m u n i k a t i o n .<br />
„Eigentlich hatte ich es nicht geplant,dass ich hier studieren<br />
möchte. Aber Deutschland und die deutsche Sprache gefallen<br />
mir sehr“, sagt die 22-jährige Chinesin. Anfang 2002<br />
stand für sie fest,dass sie nach Deutschland gehen wird,„da<br />
ich in Frankreich bestimmt Schwierigkeiten mit der Sprache<br />
bekommen hätte.“ Anders als viele Studenten aus europäischen<br />
Ländern, sind die chinesischen Studenten an der<br />
<strong>Hochschule</strong> keine Stipendiaten. Sie sind Vollzeitstudenten<br />
und müssen ihr Studium in Deutschland selbst finanzieren.<br />
Zudem benötigen sie als Nicht-Europäer ein Visum. Dafür<br />
müssen u. a. gute Deutschkenntnisse bei der Akademischen<br />
Prüfstelle (APS) der deutschen Botschaft in Peking nachgewiesen<br />
werden. „Diese Prozedur müssen alle Bewerber<br />
durchlaufen, da die Bewerberzahlen sehr gestiegen sind“,<br />
erklärt Marita Sand. Nicht nur die Sprachkenntnisse werden<br />
getestet. „Die APS überprüft auch die Echtheit der eingereichten<br />
Dokumente, da vermehrt gefälschte oder käufliche<br />
Unterlagen eingereicht wurden.“ Neben der APS-Prüfung<br />
verlangen die Visumbestimmungen, dass auch eine gewisse<br />
finanzielle Absicherung nachgewiesen wird. Damit die Studenten<br />
keine Sozialleistungen in Deutschland aufnehmen,ist<br />
der Nachweis über eine entsprechende Liquidität Pflicht.<br />
„Meine Familie ist zwar nicht so reich, aber sie können mir<br />
das Studium hier ermöglichen“, sagt Peng Wu. „Der Nachweis<br />
für das auf ein Jahr begrenzte Visum erfolgt per Kontoauszug.“<br />
Entspricht dieser nicht ca. 7.000 Euro im Jahr,<br />
bedeutet das das Ende des Visums und damit des Studiums.<br />
Auf der anderen Hälfte des Globus: Peng Wu aus China.<br />
Nach einem einjährigen Sprachintensivkurs bei „Mistel"<br />
(An-Institut der <strong>Hochschule</strong>) in <strong>Stendal</strong> bestand Peng Wu alle<br />
Prüfungen und bekam das ersehnte Zertifikat, die so<br />
genannte APS, mit der sie ihr Studium am Fachbereich Fachkommunikation<br />
aufnehmen konnte. Das bedeutete eine große<br />
Umstellung. „Die Zeit in <strong>Stendal</strong> war relativ locker. Man<br />
brauchte ja nur deutsch zu lernen“, erinnert sich Peng Wu.<br />
„Aber mit Beginn des Studiums wurde es schon etwas stressiger.“<br />
Besonders die Spanisch-Vorlesungen brauchen viel<br />
Nachbereitungszeit, „da wir Spanisch als Fremdsprache hier<br />
natürlich über den Umweg der deutschen Sprache lernen.“<br />
Viel Zeit für ein typisches Studentenleben bleibt dabei nicht.<br />
Aber ganz verzichten möchte Peng Wu darauf trotzdem<br />
n i c h t . K i n o b e s u c h e, Kneipenabende und Shoppingtouren<br />
gehören einfach dazu. Diese unternimmt Peng Wu übrigens<br />
oft mir ihren deutschen Kommilitonen. Was fast schon eine<br />
Besonderheit ist, denn wie Martina Sand zu berichten weiß,<br />
bleiben chinesische Studenten oft unter sich und haben eher<br />
wenig Kontakte zu den hiesigen Studenten.Ob Peng Wu eine<br />
Ausnahme ist? Sie lacht:„Ich? Keine Ahnung.Vielleicht.Aber<br />
es stimmt, dass die Chinesen sonst eher unter sich bleiben.<br />
Sie haben ja schließlich die gleiche Kultur, die gleiche Sprache<br />
und die gleichen alltäglichen Gewohnheiten.“ Ihre eigenen<br />
Gewohnheiten musste sie zwar nicht grundlegend<br />
umstellen.Aber einige Kleinigkeiten des deutschen Studienalltags<br />
sind auch für Peng Wu nicht ohne. Zum Beispiel das<br />
Essen: „Das Essen hier ist sehr anders. In China essen wir<br />
zum Beispiel dreimal am Tag warm,in Deutschland hingegen<br />
nur einmal. Ich koche zwar auch selbst, aber meistens fehlt<br />
mir aufgrund des Studiums die Zeit.“ Möchte Sie nach dem<br />
Studium nach China zurückkehren? „Das ist eine schwere<br />
Frage, die ich jetzt noch nicht beantworten kann. Gern würde<br />
ich ein Jahr in Deutschland arbeiten, um Erfahrungen zu<br />
sammeln und um meine Sprachkenntnisse zu verbessern.“<br />
augustus