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„HAND UND FUSS SIND DER BESTE ARZT“ - periskop

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Krankenhaus im FocusTIROL2. Reihe, v.l.n.r.: Mag. Claudius Kaloczy | Mag. Andreas Steiner | Dr. GeorgLechleitner | 1. Reihe, v.l.n.r.: Univ.-Prof. Dr. Alois Obwegeser MAS, M.Sc. |Univ.-Prof. Dr. Gerhard Pierer | Univ.-Prof. DI Dr. Bernhard Tilg | Dr. ChristineSchaubmayr, MBA | Mag. Hanns KratzerKrankenhaus Innsbruck war aber auch in der Telemedizin schonsehr früh „Schrittmacher“, z. B. in der Strahlentherapie. Wirversorgen andere Krankenhäuser, speziell in der Nacht und amWochenende, mit radiologischen Leistungen auf dem Niveau einerUniversitätsklinik. Das ist gerade in der speziellen topografi schenLage Tirols auch ein ganz naheliegender Aspekt. Die Kombinationaus lokaler Versorgung in der Peripherie und einem kompetentenZentrum in der Mitte, die über elektronische Medien verbundensind, scheint eine gut funktionierende Lösung zu sein.P: Der Markt für IT-Lösungen im Krankenhaussetting ist auch fürsehr große, international tätige Unternehmen interessant. Wiehalten Sie da Ihre Position?Kaloczy: Wir haben einerseits den großen Vorteil, über die Miteigentümerschaftder TILAK direkte Informationen über die Bedürfnisseim klinischen Alltag zu verfügen. Dies ermöglicht unseine sehr intensive Zusammenarbeit in den technischen Spezifi -kationen und Funktionsanforderungen. Andererseits treten wirals Dienstleister und Produktlieferant für unseren zweiten MiteigentümerSiemens auf. Wir nutzen so eine perfekte Kombinationaus klinischem Know-how, professioneller Produktumsetzungund internationaler Vermarktung. Der konzeptionelle Grundgedankebei der Gründung von ITH sowie icoserve war es, dieentwickelten Leistungen und Produkte nicht nur für den TILAKeigenenBedarf zu produzieren, sondern auch internationalenKunden zur Verfügung stellen zu können. Mit Siemens sind wirsehr erfolgreich unterwegs, unsere Lösungen sowohl im deutschsprachigenRaum als auch international zu vermarkten. Mittlerweilehaben wir uns als umfassender und innovativer Lösungsanbieteretabliert. Unser Produktportfolio umfasst neben einemMultimediaarchiv für sämtliche Bilddaten und Dokumenttypeneines Krankenhauses auch eine Vernetzungslösung für denregio nalen oder nationalen Datenaustausch von Befunden undBildern sowie eine Echtzeitlokalisierungslösung zur Erhöhungder Patienten- und Mitarbeitersicherheit.P: Ein immer wieder angesprochener Bereich ist jener der Schnittstellenthemenvon intramural versus extramural. Die Finanzierungvon unterschiedlichen Behandlungsformen erfolgt oft aus verschiedenenTöpfen. Die Peritonealdialyse*, eine für den Patientenmit entsprechender Indikation gute und bequeme Form der Dialyse,bietet hier ein Beispiel, anhand dessen man das Thema veranschaulichenkann. Diese Form der Dialyse, bei der der Patient zuHause die Behandlung in Anspruch nehmen kann, kommt inÖsterreich im Vergleich zur Hämodialyse nur selten zum Einsatz.Das mag an den bereits angesprochenen unterschiedlichenFinan zierungsquellen liegen. Kann man nun vielleicht mit einerdurchgängigen Führung des Patienten, wie sie die IT heutzutageermöglicht, auch die patientenorientierte Behandlungsform –unabhängig von ihrer Finanzierung – forcieren, wenn der Patient inseiner ganzen Karriere intra- und extramural gesehen wird?Tilg: Grundsätzlich erleichtert und unterstützt die elektronischeDokumentation von Krankheitsgeschichten eine patienten- undzielorientierte Behandlung. Es gibt jedoch noch einige Herausforderungen,die vor einer österreichweiten Umsetzung gelöst werdenmüssen. Die E-Medikation ist vonseiten der Bundesgesundheitskommissionder erste große Wurf zum Thema ELGA undallen politisch Verantwortlichen auf Bundes- und Länderebeneist klar, dass der Erfolg dieses Projekts darüber entscheidet, wieschnell ELGA umgesetzt werden wird. Die Mediziner haben befürchtet,dass sie in ihrer Freiheit des ärztlichen Handelns zumassiv eingeschränkt werden, das sind auch berechtigte Bedenken.Erfreulicherweise kommen wir nach vielen emotionalgeführten Diskussionen nun in eine konstruktive Verhandlungsphase.IT- bzw. Softwarelösungen können in einem Krankenhaus,im niedergelassenen Bereich und bei den Apotheken nuretabliert werden, wenn das berufl iche Handeln dieser Gruppenunterstützt, aber nicht zu sehr limitiert wird.Pierer: Ich denke, dass sich die Berufsgruppen bewegen müssen.Diese Befürchtung, zu einer unselbstständigen Marionette des IT-Systems zu werden, wird gerne als Argument benutzt, um liebgewordeneAbläufe nicht ändern zu müssen. Aber im Endeffekt wirddie IT das machen, was wir wollen. Wir sind nicht die Sklaven desSystems, sondern wir können es so gestalten, wie wir es benötigen.P: Es wird immer wieder die Angst vor dem „gläsernen Patienten“angeführt. Fühlen sich die Menschen gut betreut bzw. sehensie auch die Vorteile der elektronischen Dokumentation?Steiner: Wenn die Ärzte und Betreuer auf Pfl egeseite gut informiertsind, steigt das Vertrauen der Patienten in die Behandlung,das ist eine wesentliche Beobachtung. Es geht bei vielen dieserDiskussionen immer darum, Vertrauen zu schaffen. Wenn einneues System eingeführt wird, entstehen immer Bedenken undÄngste. Daher wird es ein zentrales Thema sein, wie man dasVertrauen schafft bzw. vermittelt, dass die IT etwas Sinnvollesleistet. Mit dieser Problematik haben auch die Verantwortlichender E-Medikation zu kämpfen. Es wird vielerorts befürchtet, dassdie Daten missbräuchlich verwendet werden könnten. Ich möchteein Beispiel anführen: Ein Patient kommt ins Spital, die EDV liefertein umfassendes Bild seiner Krankheitsgeschichte, seiner Medikationund dergleichen, und bei seiner Entlassung bekommt nichtnur er selbst, sondern auch der Hausarzt eine Notifi kation bzw.direkten Zugriff auf die Behandlungsdaten. Das bedeutet, der Patientist umfassend informiert und wird in allen Bereichen optimalbehandelt. Das schafft Vertrauen und hilft, Barrieren abzubauen.Pierer: In der Krankenhausinformationstechnologie ist der Datenschutzexzellent gewährleistet. Es sind nicht mehr Daten alssonst in der öffentlichen Verwaltung zugänglich. Ich kann beobachten,dass die Patienten diese Entwicklungen eher positiv aufnehmenund froh sind, wenn ihr Gegenüber gut informiert ist.Niemand beschwert sich, dass er im öffentlichen Leben, z. B. beijedem Bankweg, überwacht wird. Auf Social Networks wie Facebookgeben die Leute sehr viel Privates von sich preis, ohne darübergenauer nachzudenken. Im Gesundheitswesen geht es umessenzielle Daten, deren Vernetzung den Patienten zugutekommensoll, und ausgerechnet hier entstehen verquere Diskussionen.Das ist für mich nicht ganz nachvollziehbar.Tilg: Das Thema Datenschutz wird lange nicht mehr so mit Stigmatisierungverbunden, wie es noch vor einigen Jahren der Fallwar. Es ist eine sehr positive Entwicklung zu sehen, auch die Patientenvertretungen– im Speziellen in Tirol – haben sich für dieE-Medikation sehr eingesetzt. Für die Patientenvertretung ist klar,dass diese einen unmittelbaren Nutzen für die Patienten hat, undsie kommunizieren das auch. Das war vor fünf oder sechs Jahrennicht selbstverständlich. Hier ist demnach eine Veränderung zubeobachten.Schaubmayr: Das ist für mich auch nicht verständlich: Jedergeht einkaufen, bezahlt elektronisch und gibt somit Daten weiter,ohne darüber nachzudenken. Um ein Beispiel aus dem intramuralenBereich zu nennen: Gerade in der Notfallaufnahme ist eswichtig, auf bestimmte Daten des Patienten zugreifen zu können,weil man viel gezielter in eine effi ziente Behandlung einsteigenkann. Ich verstehe daher die Argumente der E-Medikations-Gegner nicht. Die Daten stehen nur dort zur Verfügung, wo siewirklich benötigt werden. Wir wissen, wie viele akute Ereignisseoder Unfälle es gibt, bei welchen jede Sekunde zählt. Wenn bestimmteInformationen sofort zur Verfügung stehen, kann enormviel Zeit gespart werden.Lechleitner: Die steigende Notwendigkeit einer IT-Vernetzungergibt sich auch aus unserer gesellschaftlichen Veränderung,nämlich der Entwicklung hin zu einer immer älter werdenden Bevölkerung.Das heißt, auch in puncto IT stehen in Zukunft nichtmehr einzelne Krankheitsfälle, sondern vor allem multimorbidePatienten mit parallelen chronischen Krankheiten und gleichzeitigakut hinzukommenden Problemen im Mittelpunkt. DieserUmstand zwingt uns zu einer verstärkten Vernetzung. Viel vondem, was wir in der hausübergreifenden Vernetzungsdiskussionbesprechen, könnte man sehr gut aus den Best-Practice-Erfahrungen,die innerhalb von großen Krankenhausorganisationenbereits gewonnen worden sind, ableiten. In Innsbruck gab esz. B. schon sehr früh die Einrichtung von interdisziplinärenBoards, im Rahmen derer man, speziell in der Onkologie,gemeinsam Krankheitsbilder diskutiert. Durch IT-Unterstützungliegen die Informationen in einer besseren Qualität und Vollständigkeitvor als früher. Dieses Modell der interdisziplinären Zusammenarbeitkann auch organisationsübergreifend als Vorbild fürkünftige IT-Lösungen dienen.Tilg: Das Kardinalsthema der Gesundheitsreform muss es sein,die Strukturen durchlässig zu gestalten. Wenn wir es nicht schaffen,den intra- und extramuralen Bereich in den nächsten drei bisfünf Jahren miteinander so abzustimmen, dass die Mauern niedergerissenwerden, die Vorteile der elektronischen Patientenakteausgespielt werden und der Workfl ow zwischen Spitalsambulanzenund niedergelassenen Ärzten optimiert wird, dannmüssen wir uns mit dem Thema in 15 Jahren wieder beschäftigen.Das gilt es in jedem Fall zu verhindern.* Bei der Peritoneal- oder auch Bauchfell-Dialyse verwendet man das gut durchbluteteBauchfell (Peritoneum) als Filtermembran während bei der Hämodialyse das Blut außerhalbdes Körpers mithilfe eines speziellen Filters gereinigt wird. Die Peritonealdialyse kann vonden Patienten weitgehend alleine zu Hause durchgeführt werden.<strong>periskop</strong>/51 [ 11 ]

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