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MF_Titel_BO_14 (RZ zw) - Mieterverein

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Als die Realisierung des erträumten<br />

Projektes näher rückte, gründeten<br />

die „Träumer“ den Verein „WIR“. 18<br />

Gründungsmitglieder waren es 1996 -<br />

heute sind es über 200. Das Konzept sah<br />

vor, dass die Bewohner des geplanten<br />

Projekts sich gut kennen sollten, damit<br />

die nachbarschaftliche Hilfe auch<br />

funktioniert.<br />

Die Rechnung ist aufgegangen. Als<br />

einzige Gesellschaft war die HWG bereit,<br />

sich darauf einzulassen, dass allein<br />

der Verein WIR die Wohnungen vergibt<br />

und die Belegung an die Mitgliedschaft<br />

im Verein gekoppelt ist. Teuer ist das<br />

übrigens nicht. Der Vereinsbeitrag liegt<br />

bei 3 € im Monat und die Wohnungen<br />

sind fast alle Sozialwohnungen und<br />

dennoch mit Fußbodenheizung, Balkon<br />

und Schiebetüren ausgestattet.<br />

Noch wichtiger als die Wohnungen<br />

ist den Unruheständlern aber der Gemeinschaftsraum,<br />

der sich im Keller<br />

befindet. 50 qm groß und mit Küche<br />

und Toilette ausgestattet bietet er Platz<br />

für alles, was die Bewohner gemeinsam<br />

veranstalten wollen: Versammlungen,<br />

Spielenachmittage, Kaffetrinken, Inforveranstaltungen,<br />

Geburtstagsfeiern,<br />

Pizza-Essen; auch für Privates kann man<br />

den Raum anmieten.<br />

Und die Nachbarschaftshilfe funktioniert:<br />

Die Bewohner haben untereinander<br />

Schlüssel ausgetauscht, jeder weiß<br />

vom anderen, wer im Notfall zu benachrichtigen<br />

ist, man passt aufeinander auf,<br />

hilft, wenn jemand im Krankenhaus<br />

war, kauft füreinander ein.<br />

Das Konzept wurde ein voller Erfolg.<br />

Der Zulauf zum Verein war so groß, dass<br />

in<strong>zw</strong>ischen ein <strong>zw</strong>eites Projekt realisiert<br />

wurde: Im Dezember 2005 wurde das<br />

Haus Bahnhofstraße Ecke Dornstraße<br />

mit 52 Wohneinheiten bezugsfertig.<br />

Bauträger war diesmal die Bauherrengesellschaft<br />

Brohn aus dem Münsterland,<br />

zu der Franz-Josef Boening den<br />

Kontakt hergestellt hatte. Wiederum<br />

sind die meisten Wohnungen Sozialwohnungen<br />

mit einer Miete von 4,50<br />

€ pro qm , acht davon im 2. Förderweg<br />

(höhere Einkommensgrenzen, weniger<br />

Fördermittel) für 5,50 €, und acht sind<br />

freifinanziert und kosten 6,50 € pro qm.<br />

Der Gemeinschaftsraum, der auch hier<br />

natürlich nicht fehlen durfte, befindet<br />

sich im Pavillon im Hinterhof.<br />

Die zahlreichen Freizeitaktivitäten<br />

wenden sich übrigens immer an alle<br />

Mitglieder des Vereins, nicht nur an<br />

die Bewohner der beiden Häuser. Viele<br />

sind extra deswegen Mitglied geworden.<br />

Aber sie sind nicht das Einzige<br />

besondere. „Wir praktizieren hier eine<br />

Selbstverwaltung, mit der wir im Vergleich<br />

zu anderen Anbietern altengerechter<br />

Wohnungen viel Geld sparen“,<br />

mein Heinz-Jürgen Jendrian, 65, heute<br />

erster Vorsitzender des Vereins. „Dafür<br />

erwarten wir aber auch ein hohes Maß<br />

an Kontaktbereitschaft, Toleranz und<br />

Engagement von unseren Mitgliedern.<br />

Und das funktioniert auch. Alle Aufgaben<br />

werden verteilt und jeder bringt<br />

sich ein, so gut er kann.“<br />

Der Verein ist übrigens kein reiner<br />

Seniorenclub: Das Mindestalter zum<br />

Bezug einer Wohnung liegt <strong>zw</strong>ar bei<br />

60 Jahren, das jüngste Vereinsmitglied<br />

aber ist 42.<br />

Zweiter Streich: Bahnhofstraße Ecke Dornstraße mit 54 Wohnungen<br />

WOHNPROJEKTE<br />

Alt und Jung?<br />

D ie beiden WIR-Projekte sind keine aus der<br />

heute so viel und gern propagierten Kategorie<br />

„Mehrgenerationenwohnen“. Daran haben<br />

die Mitglieder <strong>zw</strong>ar auch anfangs gedacht, aber<br />

bald sagte jemand aus der Gruppe: „Das habe ich<br />

jetzt - im Mehrfamilienhaus.“ Und da man sich<br />

ja auch bei anderen Wohnprojekten umgesehen<br />

hat, setzte sich die Erkenntnis durch: Die Jungen<br />

haben meist ganz andere Probleme, und reichlich<br />

Kinderlärm ist für ältere Menschen auch meist<br />

eher ein Problem als Quell der Freude.<br />

Dass es häufig nicht gerade leicht ist, junge<br />

Familien für den Einzug in ein Mehrgenerationenprojekt<br />

zu gewinnen, konnte man auch<br />

auf der Tagung Wohnen im Quartier - auch im<br />

Alter lernen, die am 11. 11. in Bochum stattfand.<br />

Neben den üblichen Wissenschaftlern,<br />

Politikern und Praktikern referierte dort auch<br />

der Fernsehjournalist Sven Kuntze, bekannt<br />

aus dem ARD-Morgenmagazin und später dem<br />

-Hauptstadtstudio.<br />

Seit Mai 2007 ist auch er im (Un-)Ruhestand<br />

und ging als „Neu-Rentner auf Entdeckungsreise“.<br />

2008 wurde er mit dem Deutschen Fernsehpreis<br />

in der Kategorie „beste Reportage“ ausgezeichnet<br />

für seinen Film „Alt sein auf Probe“. Sieben Wochen<br />

war er dafür in ein Seniorenheim gezogen,<br />

und inwischen hat er auch alle anderen Wohnformen<br />

für ältere Menschen getestet.<br />

Zum Thema „Mehrgenerationenwohnen“<br />

sagte er schlicht: „Haben wir als Junge so viel<br />

mit Alten gemacht, wie wir es heute von den<br />

Jungen erwarten?“ Zum Thema Alten-WG: „Es<br />

ist ein Fehler, sich das so vorzustellen, wie wir als<br />

Junge früher in WGs gelebt haben. Es gibt wohl<br />

nicht viele, die das über mehrere Jahre schaffen<br />

werden.“<br />

Auch am Nimbus „bis zuletzt selbstständig“<br />

kratze er ganz beherzt. Für seine Reportage hatte<br />

er ein alte Frau portraitiert, deren soziale Kontakte<br />

sich auf das wöchentliche Telefonat mit ihrer<br />

Tochter und das <strong>zw</strong>eimal tägliche Erscheinen des<br />

ambulanten Pflegedienstes beschränkte. „Sie war<br />

würdevoll, aber trostlos einsam.“<br />

„Wäre es nicht besser“, fragte er die fast 100<br />

Teilnehmer, „Altenheime zu bauen, in denen die<br />

Menschen aktiv, individuell und fröhlich leben<br />

können? Ich habe eins kennen gelernt in Amerika,<br />

wo die Bewohner voll integriert waren in die<br />

Arbeit im Heim: Bar, Verwaltung, Reparaturen,<br />

Sterbebegleitung. Selbsthilfe muss eh sein, weil<br />

es viel zu wenig Junge gibt, die die ganzen Alten<br />

versorgen können. Aktiv bleiben ist wichtig -<br />

Muckibude statt Rollator!“<br />

Kontakt:<br />

Wohnen im (Un-)Ruhestand e.V. Herne<br />

Mitglied des Diakonischen Werkes der Evangelischen<br />

Kirche von Westfalen<br />

Heinz-Jürgen Jendrian<br />

Tel.: 02323 / 390388<br />

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