MF_Titel_BO_14 (RZ zw) - Mieterverein
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Es ist grade erst gut fünf Jahre her, da schloss die<br />
Stadt Bochum einen sogenannten Cross-Border-<br />
Leasing-Vertrag mit einem US-amerikanischen<br />
Investor ab. Für mindestens 29 Jahre wurde das<br />
städtische Kanalnetz nach Amerika vermietet und<br />
von dort zurückgemietet. 20,2 Mio. € hat die Stadt<br />
daran verdient - auf Kosten des amerikanischen<br />
Steuerzahlers. Denn in den USA konnte der Investor<br />
die Leasing-Kosten von der Steuer absetzen und<br />
gab der Stadt von dem Gewinn etwas ab. Ein gegen<br />
dieses Geschäft gerichtetes und vom <strong>Mieterverein</strong><br />
unterstütztes - und erfolgreiches - Bürgerbegehren<br />
hat die Stadt Bochum brutal ignoriert. Jetzt kommt<br />
das dicke Ende.<br />
Bochums Oberbürgermeisterin Ottilie<br />
Scholz hat derzeit bestimmt<br />
keinen ruhigen Schlaf, wenn sie an den<br />
bevorstehenden Kommunalwahlkampf<br />
denkt. Die CDU-Opposition im Rathaus<br />
hat bereits angekündigt, dass sie die<br />
Tatsache auszuschlachten gedenkt,<br />
dass Scholz 2003 noch Kämmerin in<br />
Bochum und an vorderster Front für<br />
das heftig umstrittene CBL-Geschäft<br />
verantwortlich war.<br />
Denn dieses Geschäft kommt die<br />
Stadt jetzt teuer zu stehen. Aufgrund<br />
der Finanzkrise ist die New-Yorker AIG-<br />
Versicherung, bei der die ganze, höchst<br />
komplizierte Transaktion versichert<br />
war, ins Straucheln geraten. Sie wurde<br />
<strong>zw</strong>ar durch eine Intervention der US-<br />
Regierung vor der Pleite bewahrt, aber<br />
in ihrer Vertrauenswürdigkeit deutlich<br />
herabgestuft. Die Sicherheit, die diese<br />
Versicherung für die CBL-Geschäfte in<br />
Bochum, Recklinghausen, Gelsenkirchen<br />
und Wuppertal geleistet hat, ist<br />
jetzt weniger wert. Die komplizierten,<br />
1000 und mehr Seiten starken Verträge<br />
<strong>zw</strong>ischen den deutschen Städten und<br />
den US-Investoren sehen für diesen<br />
Fall vor, dass die Städte die Sicherheit<br />
erhöhen müssen.<br />
Das könne eine Million Euro kosten,<br />
meinte zunächst Manfred Busch, Ottilie<br />
Scholz‘ Nachfolger auf dem Kämmerer-<br />
Posten. In<strong>zw</strong>ischen hofft er klopfenden<br />
Herzens, dass wenigstens die Hälfte der<br />
damals eingenommenen 20,2 Mio. € bei<br />
der Stadt verbleiben wird.<br />
Immer noch verteidigt er das Geschäft<br />
als Gewinn für die Stadt. Doch<br />
das Eis wird immer dünner. Einerseits<br />
sind erst 5 der 29 Jahre Laufzeit um - was<br />
in Folge der Finanzkrise noch alles pas-<br />
sieren wird, weiß derzeit kein Mensch.<br />
Andererseits ist es ja nicht so, dass die<br />
damals eingenommenen Millionen auf<br />
der Bank liegen und für die Stadt Zinsen<br />
bringen. Sie sind längst im Haushaltsloch<br />
verschwunden, haben vielleicht<br />
das Defizit ein bisschen gemindert. Was<br />
auch immer jetzt nachzuzahlen ist, geht<br />
voll zu Lasten des aktuellen Haushalts.<br />
Und der für 2009 hat aucch so schon ein<br />
Defizit in Höhe von 150 Mio. €.<br />
Rettung durch US-<br />
Steuerbehörde?<br />
Da dringen neue Nachrichten aus<br />
den USA wie Schalmeientöne nach<br />
Deutschland. Die US-Steuerbehörde<br />
IRS, die schon 2004 alle weiteren CBL-<br />
Geschäfte verboten hatte, hat im Mai<br />
einen Prozess vor dem Bezirksgericht<br />
<strong>BO</strong>CHUM<br />
Das neue Theater um die alten CBL-Geschäfte weckte ein gewaltiges<br />
Medieninteresse. Hier filmt ein Arte-Kameramann den Entstehungsort<br />
des <strong>Titel</strong>bildes unserer Sonderausgabe von Januar 2003<br />
Cross-Border-Leasing rächt sich<br />
Ohio gegen einen der CBL-Investoren<br />
gewonnen. Der hatte vergeblich auf<br />
weitere Gewährung der früheren Steuervorteile<br />
geklagt. Das Gericht hatte<br />
die Transaktion bis ins kleinste Detail<br />
rekonstruiert und war zu dem Schluss<br />
gekommen, dass es sich um ein reines<br />
Scheingeschäft handelte.<br />
Unter dem Druck dieses Urteils haben<br />
sich die meisten der rund 100 US-<br />
Investoren, die CBL-Verträge mit deutschen<br />
Kommunen geschlossen hatten,<br />
mit der IRS geeinigt, die Verträge zum<br />
31. 12. 2008 vorzeitig zu beenden.<br />
Das bringt Hoffnung in die deutschen<br />
Kommunen - einschließlich<br />
Bochum. Denn ein Vertrag, der sowieso<br />
beendet wird, braucht ja keine Sicherheiten<br />
mehr. Die Rettung?<br />
Es könnte auch anders kommen.<br />
Keiner weiß derzeit, wie die komplizierten<br />
Verträge, in die etliche Banken<br />
und Versicherungen involviert sind,<br />
tatsächlich rechtswirksam aufgelöst<br />
werden können.<br />
Das einfachste - aus US-Sicht - wäre,<br />
die Stadt Bochum leistete sich einen<br />
Vertragsverstoß, der den US-Partner<br />
zur Kündigung berechtigen würde.<br />
Das wäre leicht möglich, denn der<br />
Vertrag enthält für die Stadt umfangreiche<br />
Pflichten, gegen die man leicht<br />
verstoßen kann. Aber das ginge voll zu<br />
Lasten der Stadt - besser gesagt, ihren<br />
(steuerzahlenden) Bürgern. Es ist nicht<br />
schwer, sich auszumalen, dass der Vertragspartner<br />
der Stadt derzeit fieberhaft<br />
nach solchen Fehlern sucht ...<br />
Schwere Zeiten beschert Bochums Kämmerer<br />
Manfred Busch das von seiner Vorgängerin<br />
geerbte CBL-Geschäft. (Bild: Stadt Bochum)<br />
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