Pfarrbrief Dezember 2011, Ausgabe 77 - Katholische Pfarrei ...
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Stilla Kautzsch oder die Sehnsucht nach Stoff<br />
Am 1 . März 201 2 steht in der Karl-Plesch-Straße 54 im Ortsteil<br />
Leerstetten ein kleines Jubiläum an: Stilla Kautzsch feiert ihr<br />
1 5-jähriges Wirken als ehrenamtliche Mesnerin der katholischen<br />
Kirche Hl. Dreifaltigkeit in Schwanstetten. Die <strong>Pfarrbrief</strong>-Redaktion<br />
wollte mehr wissen und hat dem Ehepaar<br />
einen Besuch abgestattet.<br />
Beim Betreten des Hauses fällt ein Ortschild in Originalgröße<br />
sofort ins Auge: Kautzsch, Gemeinde Kreischa, Weißeritzkreis<br />
ist daraufzu lesen. Karl Kautzsch hat es zu seinem 50sten Geburtstag<br />
von seinen Kindern unter Mithilfe des Bürgermeisters<br />
geschenkt bekommen. Auch wenn es möglicherweise irgendwelche<br />
Wurzeln in der<br />
Verwandtschaft<br />
gibt, so hat es mit<br />
den Geburtsorten<br />
des Ehepaares<br />
nichts zu tun.<br />
Stilla Kautzsch<br />
ist in Euerwang bei<br />
Greding geboren<br />
und 53 Jahre alt. Ihr<br />
ein Jahr älterer<br />
Mann Karl kommt<br />
aus Braunschweig.<br />
Seit 12 Jahren sind<br />
die Mesnerin und<br />
der Diplom-Ingenieur<br />
ein Ehepaar.<br />
Irgendwie steckt<br />
beiden die Leidenschaft,<br />
sich ehrenamtlich<br />
für die Gemeinschaft<br />
einzubringen, in<br />
den Genen: Karl<br />
Kautzsch ist unter<br />
anderem Vorsitzender<br />
des KV-Rates (Bundesvorsitzender) im Kartellverband<br />
katholischer deutscher Studentenvereine, Mitglied der Kirchenverwaltung<br />
und Lektor.<br />
Zum Mesneramt ist Stilla Kautzsch nicht ganz freiwillig gekommen:<br />
„Pfarrer Beutler ist auf mich zugekommen und hat<br />
gesagt, dass er jemanden für diese Aufgaben braucht, und dass<br />
ich die Richtige wäre. Also habe ich Ja gesagt, ohne zu wissen,<br />
was da alles aufmich zukommen würde“. Wer Thomas Beutler<br />
noch kennt, weiß, dass man sich seiner herzlich-herben Art<br />
nur schwer entziehen konnte. Ein „Nein“ war kaum möglich.<br />
Wer meint, die Arbeit einer Mesnerin wäre am Sonntag in<br />
zwei Stunden erledigt, täuscht sich gewaltig. Durchschnittlich<br />
50 Stunden im Monat – an Hochfesten mehr, in ruhigeren Zeiten<br />
weniger – kommen pro Monat zusammen. Und es wartet<br />
jede Menge Arbeit. Gäbe es Stilla Kautzsch nicht, wären die<br />
Weihwasserbecken am Kircheneingang ausgetrocknet und der<br />
Weihwasserkessel irgendwann leer. Es gäbe keinen Kirchenschmuck,<br />
der Pfarrer hätte weder Messbuch noch rituelle Gegenstände<br />
und auch keinen Wein und keine Hostien. Stilla<br />
mitmenschen<br />
Kautzsch sorgt dafür, dass die Lautsprecheranlage und die Beleuchtung<br />
funktioniert, die Ministrantinnen und Ministranten<br />
ihre Gewänder ordentlich angelegt haben und dass alle Utensilien<br />
vorhanden sind, wenn der Pfarrer an einem Festtag das<br />
Weihrauchfass schwingt oder Weihwasser über der Gemeinde<br />
aussprengen möchte.<br />
Aktuell zum Weihnachtsfest: Auch beim Krippenaufbau<br />
und beim Schmücken des Weihnachtsbaumes ist Stilla Kautzsch<br />
mit von der Partie. Und in der Osternacht ist es die Aufgabe<br />
der Mesnerin, das Feuer zu entfachen und zu hegen, damit<br />
aus den glühenden Kohlen die Osterkerze angezündet<br />
werden kann.<br />
Sehnsucht<br />
nach Stoff<br />
Alles, was aus Stoff<br />
besteht, von den<br />
Gewändern über<br />
Decken bis zum<br />
Altartuch wird von<br />
der Mesnerin gewaschen,<br />
gebügelt<br />
und falls notwendig<br />
und möglich instand<br />
gesetzt. „Eine<br />
Ausnahme gibt es<br />
beim Tuch, mit<br />
dem der Pfarrer<br />
den Kelch nach der<br />
Kommunion reinigt<br />
und abtrocknet.<br />
Weil hier noch<br />
Weinreste und<br />
Hostienpartikel anhaften<br />
können,<br />
wird es gesondert<br />
eingeweicht und<br />
das Wasser nicht in<br />
den Abfluss, sondern anschließend in die Erde gegeben“, erklärt<br />
Stilla Kautzsch.<br />
Außerdem hilft die Mesnerin beim Kirchenputz ebenso<br />
mit, wie bei der Reinigung der Leichenhalle. Wenn Not am<br />
Mann oder der Frau ist, springt Stilla Kautzsch auch als Ministrantin<br />
ein. Dann jedoch nicht gewandet, sondern in Zivil von<br />
der Kirchenbank aus: Bei der Handwaschung ist es für den<br />
Pfarrer ohne einen Helfer, wie der Franke sagt, ein ziemliches<br />
„Gwerch“.<br />
Dabei macht sie die ehrenamtliche Arbeit nicht als Selbstbestätigung,<br />
ja nicht einmal in erster Linie für den Pfarrer,<br />
sondern für den Herrgott. „Für mich ist es die Freude am<br />
Glauben und der Wunsch, dass unser Gotteshaus sauber und<br />
einladend ist“.<br />
Übrigens: Stilla Kautzsch wäre die erste Wahl eines jeden<br />
Unternehmers: Absolut flexibel, enorm belastbar, immer<br />
freundlich und zudem ohne jegliche Gehaltswünsche.<br />
Text & Foto: Victor Schlampp<br />
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