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Bürgermedien, Neue Medien, Medienalternativen

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<strong>Bürgermedien</strong>, <strong>Neue</strong> <strong>Medien</strong>, <strong>Medien</strong>alternativen<br />

Deshalb wurden Nachrichten, auch offizielle Verlautbarungen, in<br />

einer Art Singsang ausgerufen. In einem süddeutschen Theaterstück,<br />

das 1623 die Verarmung und Hungersnot durch die Inflation zu Beginn<br />

des 30-jährigen Krieges darstellt, heißt es: „Der Zeitung Singer<br />

kompt/ unnd singt die Zeitung …“ ( Johann Rudolph Fischer: Letste<br />

Weltsucht und Teufelsbruot, Ulm 1623). Dabei bedeutet „Zeitung“<br />

zunächst „Meldung, Nachricht“. Den Blättern und Schriften fehlte<br />

ein wichtiges Kennzeichen, das sie zur „Zeitung“ im modernen<br />

Verständnis macht: eine regelmäßige Erscheinungsweise in festen<br />

Abständen. Die Flugblätter und Flugschriften erschienen, wenn es<br />

einen Anlass gab. Und Anlässe gab es genug: einen Aufstand der<br />

Bauern, ein durchziehendes Heer, einen Pulverturm, der in die Luft<br />

flog, einen Krieg …<br />

Auf den meisten Flugblättern macht eine großformatige Abbildung,<br />

zunächst ein Holzschnitt, später mit fortschreitender<br />

technischer Verbesserung ein Kupferstich oder eine Radierung, die<br />

Schaulustigen neugierig. Sie blieben stehen, hörten dem reisenden<br />

Händler zu und kauften vielleicht ein Blatt. Denn kostenlos verteilt<br />

wurden die Flugblätter und „Zeitungen“ des 16. und 17. Jahrhunderts<br />

in den seltensten Fällen. Ein Blatt kostete etwa den Tageslohn eines<br />

Handwerkers – allzu oft leistete der sich so ein Flugblatt nicht.<br />

Die Bilder sind für den heutigen Leser auf den ersten Blick oft<br />

nicht leicht zu verstehen, und auch der Text hilft nicht in allen Fällen<br />

weiter. Der zeitgenössische Betrachter aber, auch wenn er nicht lesen<br />

konnte, wusste, dass sich hinter einer Schlange der Teufel verbarg, hinter<br />

einer Taube der Heilige Geist, eine Lilie die Unschuld bedeutete<br />

und eine Waage die Gerechtigkeit. Diese Bilder kannte er aus der<br />

Kirche und aus den Predigten.<br />

Und er kannte die Figuren, die auf den Blättern und auf den<br />

Titelblättern der Flugschriften zu sehen waren: Den „Karsthans“,<br />

die Sinnbildfigur für den unterdrückten Bauern; den „Pickelhäring“,<br />

eine komisch-satirische Figur aus den Spielen der englischen Theatertruppen;<br />

den „armen“, den „gemeinen“ Mann als Inbegriff des dritten<br />

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