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Brandenburgisches Ärztebaltt 5/2008 - Landesärztekammer ...

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164<br />

Landesgesundheitsamt<br />

Daten zur MRSA-Epidemiologie in Kliniken des Landes Brandenburg<br />

– Ausgangspunkt für regionale Netzwerke<br />

Gabriele Ellsäßer, Margret Seewald Landesgesundheitsamt Brandenburg im LASV Zossen<br />

Hintergrund:<br />

In den letzten 20 Jahren hat die Prävalenz von<br />

resistenten Erregern deutlich zugenommen.<br />

Insbesondere der dramatische Anstieg multiresistenter<br />

Keime (MRE) schränkt dabei die<br />

therapeutischen Möglichkeiten erheblich ein.<br />

MRSA (Methicillin-resistenter Staphylococcus<br />

aureus) ist einer der häufigsten multiresistenten<br />

Erreger nosokomialer Infektionen, der diese<br />

Entwicklung in typischer Weise aufzeigt.<br />

Staphylococcus aureus besiedelt physiologischerweise<br />

Haut und Schleimhäute besonders<br />

im Nasen- und Rachenraum. Der Mensch<br />

selbst, aber auch Tiere (Hunde, Katzen, Rinder,<br />

Schweine), kommen als Reservoir für<br />

Staphylococcus aureus in Frage.<br />

Nationale und regionale Häufungen, aber<br />

auch Häufigkeitsverteilungen innerhalb einer<br />

Einrichtung können dabei erheblich variieren.<br />

Aktuelle epidemiologische Daten und<br />

Trends sind z.B. dem EARSS (European Antimicrobial<br />

Resistance Surveillance System)-<br />

Netzwerk (http://www.rivm.nl/earss) zu<br />

entnehmen. In dieser Datenbank werden aus<br />

mikrobiologischen Laboratorien verschiedener<br />

europäischer Länder Daten eingespeist<br />

und ausgewertet (Tabelle 1).<br />

Tabelle 1<br />

MRSA-Häufigkeit<br />

Jahr % MRSA Datenbasis Land<br />

2005 27,2 EARSS Frankreich<br />

2006 38,5 EARSS Italien<br />

2006 1,3 EARSS Niederlande<br />

2006 25,2 EARSS Spanien<br />

2006 16,0 EARSS Deutschland<br />

2004 22,6 PEG Deutschland<br />

Die Daten der PEG (Paul-Ehrlich-Gesellschaft;<br />

http://www.p-e-g.org) weisen für Deutschland<br />

bereits einen MRSA-Anteil von über 20%<br />

an allen Staphylococcus aureus-Isolaten aus.<br />

In diesen Resistenzanalysen wird bei den Isolaten<br />

aus mikrobiologischen Untersuchungsproben<br />

nicht nach Kolonisation oder Infektion<br />

differenziert. Das Auftreten von weiteren Resistenzen<br />

gegenüber anderen Antibiotika-<br />

Klassen (z.B. Glykopeptide, Lincosamide,<br />

Fluorchinolone, Oxazolidinone) schränkt die<br />

therapeutischen Optionen zusätzlich ein. Für<br />

die Bewertung dieser auf Labordaten beruhenden<br />

Resistenzstatistik, insbesondere aber<br />

auch in der vergleichenden Analyse mit klinikeigenen<br />

Labordaten, ist zu beachten, dass<br />

die ermittelten MRSA-Isolate „fallbereinigt“<br />

(keine copy-strain) sind. Darüber hinaus sind<br />

<strong>Brandenburgisches</strong> Ärzteblatt 5/<strong>2008</strong> · 18. Jahrgang<br />

diese Labordaten immer abhängig vom Probeneinsendeverhalten<br />

der Einrichtung, d.h.,<br />

Art, Menge des Untersuchungsmaterials und<br />

das Anforderungsprofil nehmen deutlich Einfluss<br />

auf den ermittelten MRSA-Anteil.<br />

Das Nationale Referenzzentrum (NRZ) für<br />

Surveillance von nosokomialen Infektionen erhebt<br />

darüber hinaus in Kooperation mit dem<br />

Robert Koch-Institut (RKI) auf der Basis des<br />

Krankenhaus-Infektions-Surveillance-Systems<br />

(KISS) auf Patienten- und Behandlungstage<br />

bezogene MRSA-Daten auf Intensivstationen<br />

(http://www.nrz-hygiene.de/surveillance/<br />

mrsa.htm). Mit dieser Datenbeschreibung<br />

werden die MRSA-Belastung, der Kolonisationsdruck<br />

und die nosokomialen Übertragungsraten<br />

deutlich (Tabelle 2).<br />

Tabelle 2<br />

MRSA-Raten aus dem MRSA-KISS-Modul mit 133 teilnehmenden<br />

Kliniken, Stand 20.07.07<br />

MW Q1 Median Q3<br />

MRSA-Inzidenzdichte 0,89 0,39 0,68 1,10<br />

(MRSA-Fälle pro 1.000<br />

Patienten)<br />

MRSA-Prävalenz bei Aufnahme<br />

(mitgebrachte MRSA-Fälle<br />

pro 100 Patienten) 0,52 0,24 0,40 0,58<br />

mittlere tägliche<br />

MRSA-Last<br />

(stationäre MRSA-Patiententage<br />

pro 100 Patiententage)<br />

1,40 0,56 1,08 1,72<br />

MRSA-Tage-assoziierte<br />

nosokomiale MRSA-Rate<br />

(nosokomiale MRSA-Fälle pro<br />

1.000 MRSA-Patiententage) 18,94 14,29 20,67 26,95<br />

MRSA-Kolonisationen/-Infektionen in Kliniken<br />

treten insbesondere bei sog. Risikopatienten<br />

auf wie Immunsupprimierte oder Patienten<br />

auf Intensivstationen mit zurückliegender<br />

oder noch laufender Antibiotikatherapie. Häufige<br />

Klinikaufenthalte oder chronische Hautläsionen/Wunden<br />

stellen zusätzliche Risikofaktoren<br />

für eine MRSA-Kolonisation dar.<br />

Veränderungen der bakteriellen Resistenz spiegeln<br />

die Antibiotika-Anwendungsgewohnheiten<br />

und das Hygieneverhalten wider.<br />

Daneben spielen aber auch Vancomycin-resistente<br />

Enterokokken (VRE) sowie multiresistente<br />

Enterobacteriaceae (u.a. ESBL-Produzenten)<br />

und resistente Pseudomonaden eine<br />

wichtige Rolle.<br />

Eine namentliche Meldepflicht für Infektionen<br />

durch die oben genannten multiresistenten<br />

Erreger (MRE) nach § 6 oder für deren Erregernachweis<br />

nach § 7 des Infektionsschutzgesetzes<br />

(IfSG) besteht nicht. Nach § 23 IfSG<br />

gibt es eine krankenhausbezogene Dokumentationspflicht<br />

für Keime mit speziellen<br />

Resistenzen. Dazu gehören auch Staphylococcus<br />

aureus-Isolate mit Oxacillin-/Methicillin-Resistenz.<br />

Lediglich besteht eine nichtnamentliche<br />

Meldepflicht nach IfSG § 6 (3)<br />

bei gehäuftem Auftreten nosokomialer Infektionen,<br />

bei denen ein epidemischer Zusammenhang<br />

wahrscheinlich ist oder vermutet<br />

wird.<br />

Landesweite statistische Erfassungen von<br />

MRE-Infektionen oder Todesfällen sowie Angaben<br />

zu MRE-Übertragungsraten in den<br />

stationären Einrichtungen gibt es nicht. Damit<br />

ist auch die Datenlage zu multiresistenten<br />

Erregern (MRE) einschließlich MRSA im<br />

Land Brandenburg nicht ausreichend. Um<br />

diese Situation insbesondere unter dem<br />

Aspekt der Prävention und Patientensicherheit<br />

zu klären, fand im Jahr 2007 eine Befragung<br />

der Krankenhäuser statt.<br />

Methodik<br />

Der Fragebogen wurde von der Arbeitsgruppe<br />

Krankenhaushygiene im Ministerium für<br />

Arbeit, Soziales, Gesundheit und Familie des<br />

Landes Brandenburg (MASGF) und dem Landesgesundheitsamt<br />

(LGA) erstellt. Dabei wurden<br />

auch Inhalte aus den Befragungen in<br />

Nordrhein-Westfalen im Rahmen des Euregio-Netzwerkprojektes<br />

MRSA und des Erfassungsmoduls<br />

MRSA-KISS berücksichtigt.<br />

Mit Unterstützung der Brandenburger Krankenhausgesellschaft<br />

erfolgte unter Wahrung<br />

der Anonymität der Teilnehmer die Datenerhebung.<br />

Es wurden insgesamt 62 Brandenburger<br />

Krankenhäuser angeschrieben.<br />

Die Teilnahme war freiwillig. Zu folgenden<br />

Bereichen wurden Fragen gestellt: Allgemeine<br />

Fallzahlen und Behandlungstage, Anzahl<br />

der MRSA-Fälle und MRSA-Behandlungstage,<br />

MRSA-Aufnahme-Screening einschließlich<br />

Labormethode, MRSA-Surveillance mit<br />

Differenzierung zwischen mitgebrachten und<br />

nosokomialen MRSA-Fällen sowie den MRSA-<br />

Übertragungsraten. Ein separater Fragenkomplex<br />

beschäftigte sich mit der Kommunikation<br />

zum MRSA-Trägerstatus bei Verlegungen in<br />

andere Abteilungen und/oder Einrichtungen.<br />

Darüber hinaus wurden Fragen zur Häufigkeit<br />

anderer MRE, zum MRE-Aufnahmescreening<br />

sowie zum Einsatz des OPS-Kodes (8-987)<br />

für die krankenhaushygienische Komplexbehandlung<br />

von MRE gestellt. Zur Wahrung der

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