Siedlungsleitbild Raabtal - Raumplanung Steiermark
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HANS MUCHA<br />
Lebensqualität<br />
im Fluss<br />
Mein Bild der Raab ist von der Kindheit geprägt. Hier fing<br />
ich meinen ersten Fisch, lernte das Rudern und schnitzte<br />
aus den Zweigen der Uferweiden Maipfeiferl.<br />
Bis vor rund 30 Jahren waren die Raabufer im Stadtgebiet<br />
von Feldbach und flussabwärts eine Wildnis, der Fluss<br />
selber ein unglaublich fischreiches Anglerparadies. Mit<br />
der harten Regulierung und gleichzeitig zunehmender<br />
Verschmutzung durch Abwassereinleitung änderte sich<br />
das innerhalb eines knappen Jahrzehntes radikal. Der<br />
Fluss, in dem wir als Kinder gebadet hatten, war zur<br />
schaumgekrönten Kloake geworden. Dramatische Fischsterben<br />
waren an der Tagesordnung.<br />
Damals schloss sich eine Gruppe besorgter Bürger zur<br />
Aktion „Rettet die Raab“ zusammen. Ihr Sprachrohr war<br />
die Bildpost, eine damals noch monatlich erscheinende<br />
regionale Gratiszeitung. Die Kampagne des Blattes rüttelte<br />
auf und mag wohl auch ein wenig zum Umdenken<br />
bei den verantwortlichen Stellen des Landes beigetragen<br />
haben. In den folgenden Jahren startete jedenfalls<br />
ein groß angelegtes Sanierungsprogramm, das im Bau<br />
mehrerer Kläranlagen im <strong>Raabtal</strong> gipfelte. Rund eine<br />
halbe Milliarde Schilling wurde dabei investiert.<br />
Die Raab hat seither zwar nicht Trinkwasserqualität, aber<br />
immerhin ist es gelungen, die Lebensader des <strong>Raabtal</strong>es<br />
von Wassergüte drei bis vier (also knapp vor dem Kollaps)<br />
auf passable zwei (mäßig verschmutzt) zu verbessern.<br />
Als - durchaus nicht unerwünschte - Nebenwirkung der<br />
damaligen Medienkampagne war in den folgenden Jahren<br />
auch ein Umdenken in weiten Kreisen der Bevölkerung<br />
mit dem Wasser im allgemeinen festzustellen. Es war<br />
plötzlich nicht mehr gesellschaftsfähig, wenn ein Landwirt<br />
Jauche in den Bach rinnen ließ. Weil es eben nicht<br />
mehr „eh schon wurscht“ war. Undenkbar etwa, dass die<br />
Stadtgemeinde Feldbach weiterhin ihren Klärschlamm<br />
per knöcheltiefer „Düngeraufbringung“ auf einem zum<br />
Bach hin abschüssigen Acker in der Nachbargemeinde<br />
Mühldorf entsorgt hätte.<br />
Plötzlich gehörte es geradezu zum guten Ton, für einen<br />
sauberen Fluss einzutreten. Die zweite von der Bildpost<br />
getragene Raab-Aktion, „Mein Quadratmeter <strong>Raabtal</strong>“,<br />
die ufernahe Ackerflächen der Natur zurückgibt, hatte es<br />
viel leichter. Beim ersten Mal hatte ich noch Inseratenboykott<br />
geerntet, beim zweiten Mal Ehrungen.<br />
Man schmunzelt drüber und freut sich!<br />
Das Entwicklungskonzept <strong>Raabtal</strong><br />
Respekt<br />
vor der Natur<br />
DR. REGINA TRUMMER<br />
Ein Fluss und die Landschaft an seinen Ufern ist Einheit<br />
und Spannungsfeld zugleich.<br />
Harmonische Einheit auf den ersten Blick, der von den<br />
grünen, saftigen Wiesen, den fruchtbaren Äckern und<br />
den Wälder an den Ufern bis zum Wasser schweift.<br />
Spannungsfeld dann, wenn es um die Nutzung des Talraumes<br />
geht, der auf Bewohner, Landwirtschaft, Gewerbe<br />
und Industrie gleichermaßen große Anziehungskraft<br />
ausübt.<br />
Über Jahrhunderte wurden an den Ufern der Raab<br />
Siedlungen errichtet, Landwirtschaft betrieben und der<br />
Lebensunterhalt verdient. Kam man dem Fluss zu nahe,<br />
wehrte er sich in früheren Zeiten mit oft großen Überschwemmungen<br />
gegen menschliche Übergriffe auf die<br />
Natur.<br />
Trotz ihrer Regulierung, die sie einen gewaltigen Teil der<br />
Länge kostete, bleibt die Raab auch heute nicht immer<br />
in ihrem Bett und überflutet bei lang andauernden Regengüssen<br />
gemeinsam mit kleineren Bächen und Zuflüssen<br />
Äcker, aber auch Häuser und Betriebe. Denn<br />
auch wenn das Leben am Fluss heute durch Hochwasserquoten<br />
reglementiert ist, locken kostengünstige<br />
Grundstücke Gewerbe und Industrie immer wieder in<br />
die Nähe der Ufer. Ufer, an denen bei Überschwemmungen<br />
mit großem Aufwand gegen das Wasser angekämpft<br />
und Schäden beseitigt werden müssen.<br />
Schuld an diesen Fehlentwicklungen sind allerdings<br />
weniger Bauwerber und Unternehmer, sondern der<br />
Gesetzgeber, der diese duldet. Und der Glaube an die<br />
technische Überlegenheit des Menschen, die vor den<br />
Gewalten der Natur allerdings allzu oft kapitulieren<br />
muss.<br />
Für die Zukunft eines gedeihlichen Miteinanders an<br />
den Ufern der Raab ist daher Konsequenz gefragt: Wo<br />
siedeln und arbeiten gefährlich ist, muss es unterbleiben.<br />
Ohne Ausnahmen, geht es doch angesichts hoher<br />
Schadenersatzforderungen immer auch um Volksvermögen.<br />
Gefragt ist aber selbst im Zeitalter scheinbar<br />
unbegrenzter Möglichkeiten der Respekt vor der Natur.<br />
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