SEITE VI DIE WELT FRÜHJAHR 2012Inkasso-Unternehmen SONDERSEITENAuf dersicherenSeiteWas Factoring fürdie Liquidität einerFirma bedeuten kannANNA KATHARINA FRICKESchnelles Geld wird in Zeiten sinkenderZahlungsmoral <strong>im</strong>mer beliebter.Mit Factoring erreichen Unternehmengenau dies: die Bezahlung ihrer erbrachtenLeistung innerhalb von 48 Stunden.Denn <strong>im</strong> Gegensatz zu Inkassounternehmen,die <strong>im</strong> Auftrag des Kunden ausstehendeForderungen eintreiben, wirdbe<strong>im</strong> Factoring die gesamte Forderungverkauft, bevor sie überhaupt fällig wird.Voraussetzung: Die Leistung muss zu100 Prozent erbracht und frei von AnsprüchenDritter sein. Die Vorteile liegenauf der Hand: „Mit dem Verkauf erhältdas Unternehmen sofort Liquidität unmittelbaraus seinen Außenständen“,sagt der Geschäftsführer des DeutschenFactoring-Verbands e.V., Alexander Moseschus.„Der Factor prüft vor Vertragsabschlussund fortlaufend die Bonitätder Abnehmer und übern<strong>im</strong>mt <strong>im</strong> Rahmeneines vereinbarten L<strong>im</strong>its das volleAusfallrisiko – auch wenn ein Kundedann zahlungsunfähig werden sollte.“Dadurch verbessert sich die Eigenkapitalquoteenorm, was sich wiederum positivauf die Kreditvergabe auswirkt. Factoringkann Unternehmen also auch gegenüberder Bank mehr Verhandlungsspielraumund die Aussicht auf bessereKreditkonditionen verschaffen. Zusätzlichverbessert Factoring die internenZahlungsströme. „Firmen, die ihr Geldsofort bekommen, können ihre Lieferantenschneller bezahlen und damit etwaFrühzahlerrabatte nutzen.“Diese Annehmlichkeiten nutzen <strong>im</strong>mermehr Unternehmen – vor allem ausden Bereichen Handel, Ernährungsgewerbe,Dienstleistungssektor und demMaschinen- und Fahrzeugbau. Laut denErhebungen des Deutschen Factoring-Verbands boomte der deutsche Factoring-Markt2010 so stark wie noch niezuvor: Der Gesamtumsatz der Verbandsmitgliederstieg um 37 Prozent und erreichteeine neue Rekordzahl von rund132 Milliarden Euro. Im ersten Halbjahr2011 nahm der Umsatz <strong>im</strong> Vergleich zumVorjahreszeitraum um 28 Prozent zu.Mittlerweile werden 5,3 Prozent des gesamtendeutschen Bruttoinlandsproduktsüber Factoring finanziert.Zu unterscheiden sind zwei grundsätzlicheArten des Factorings: Be<strong>im</strong> Inhouse-Factoringübern<strong>im</strong>mt der Factorzwar das Ausfallrisiko, seine Dienstleistungensind aber eingeschränkt. Die Debitorenbuchhaltungeinschließlich desMahnwesens verbleibt be<strong>im</strong> Kunden.Be<strong>im</strong> Full-Service-Factoring übern<strong>im</strong>mtder Factor auch zusätzliche Leistungenwie Rechnungsversand, Debitorenbuchhaltung,die Durchführung von Mahnläufen,Inkasso und gerichtlichen Einzugder Forderung. Ganz billig ist diese Lösungallerdings nicht. Bei wiederkehrendemVerkauf werden zwischen rund 0,5und 2,8 Prozent des Bruttoumsatzes vonden Factoring-Gesellschaften abgezogen.Die Factoring-Kosten errechnen sich <strong>im</strong>Allgemeinen vom Brutto-Jahresumsatz,der Anzahl der Debitoren und der Anzahlder Rechnungen. Was ebenfalls dieKosten mit beeinflusst, ist die Brancheund die Bonität des Factoring-Kundensowie die Bonität der Debitoren.Auf der Suche nach dem passendenForderungskäufer gilt die Mitgliedschaftin einem der beiden deutschen Branchenverbände,dem Deutschen Factoring-Verbandund dem <strong>Bundesverband</strong>Factoring für den Mittelstand, als Gütesiegel.Ob Factoring jedoch sinnvoll ist,lässt sich nur <strong>im</strong> Einzelfall klären. „Geradefür Unternehmen mit guter Auftragslage,aber knapper Liquidität ist Factoringinteressant“, meint Moseschus.Doch nicht jedes Unternehmen ist factoringfähig.Die Lösung eignet sich in derRegel nur für Unternehmen mit einemgrößeren gewerblichen Kundenkreis,weitgehend standardisierten Produktenoder Dienstleistungen und überschaubarenZahlungszielen. Für komplexe Projektgeschäfteetwa oder Bauleistungenmit langen Zahlungszielen und hohenReklamationsrisiken kann es schwierigwerden, Factoring-Anbieter zu finden.Auch für kleine Unternehmen mit einemForderungsvolumen von weniger als250.000 Euro gibt es noch wenig Angebote.Doch genau wie <strong>im</strong> Factoring vonKonsumentenforderungen, entwickelnsich auch hier Spezialangebote, die aufdie Bedürfnisse kleinerer Mittelständlerzugeschnitten sind.Bin ich mit meinen Forderungen auf dem aktuellenStand, wie steht es mit dem Zahlungseingang?Handwerk und Mittelstand gehen bei Aufträgenseit jeher in Vorleistung (Ausschnitt aus demGemälde „Der Geldwechsler und seine Frau“ vonMarinus Claes van Reymerswaele, 1490–1567,Amerbach-Kabinett des Kunstmuseums Basel)T Bei Unwägbarkeitensollte auf Vorkassebestanden werdenANNA KATHARINA FRICKEEs gibt Schuldner, die können nichtzahlen, und solche, die wollennicht zahlen. Doch egal ob insolventerUnternehmer oder notorischerSchuldner: Säumige Zahler sind eineLast für jeden Rechnungssteller. Zu Forderungsausfällenmuss es aber in vielenFällen gar nicht erst kommen. „Oftmalskönnte dies vermieden werden, wennsich die Gläubiger rechtzeitig über dieBonität und das Zahlungsverhalten ihrerVertragspartner informieren würden“,sagt Hans-Ulrich Fitz, Leiter Vertriebund Pressesprecher der Creditreform.Der einfachste und schnellste Wegdiese Informationen einzuholen, ist übereine Wirtschaftsauskunft, wie sie von Inkassounternehmenund Auskunfteienangeboten werden. So können sich Unternehmenvor dem Eingehen einer Geschäftsbeziehungein umfassendes Bildvon ihren Kunden machen. Bundesweittätige Wirtschaftsauskunfteien sind Creditreform,Bürgel oder die DWA-Wirtschaftsauskunft.Die Kosten für eineAußenstände müssenüberschaubar bleibenDie Mittel,die eigeneZahlungsfähigkeitzu sichern,liegen bei Handwerkund Mittelstandoft in denUnternehmenselbstT Nicht oder zu spät bezahlteRechnungen durchGeschäftspartner könneninsbesondere für kleineund mittlere Unternehmenexistenzgefährdend seinT Deren Kapitaldecke ist in vielenFällen zu dünn, um hoheAußenstände ohne Problemeüberbrücken zu könnenMICHAEL POSCHDie Branche hat eigentlichGrund zur Freude. Denndie Zahlungsmoral derdeutschen Unternehmenist nach Angaben vonWolfgang Spitz, Präsident des <strong>Bundesverband</strong>esDeutscher Inkasso-Unternehmen(BDIU), „so gut wie seit über einemJahrzehnt nicht mehr“. Doch das ist nurdie eine Seite der Medaille. Denn die aktuelleUmfrage der Interessenvertretungergab außerdem, dass sich die Situationin den kommenden Monaten deutlichverschlechtern könnte. Erwarten doch38 Prozent der befragten Forderungsmanagement-Dienstleisterfür das laufendeJahr eine nachlassende Zahlungsmoral.Und sollte die Krise der GemeinschaftswährungEuro noch länger anhalten, gehensogar 79 Prozent von einem negativenSzenario aus. Nur jedes fünfte Unternehmenerwartet dagegen keine Veränderungen.Dabei bergen nicht oder zu spät bezahlteRechnungen gerade für kleine undmittlere Unternehmen erhebliche Gefahren.Denn deren Kapitaldecke istmeist nicht groß genug, dass sie höhereAußenstände ohne Probleme überbrückenkönnen. Sie müssen Löhne, Steuernund Abgaben fristgemäß zahlen. Zudementsteht durch andere Aufträge undProjekte nebst Investitionen in neueZahlungswillig, zahlungsfähig?AKG IMAGESTechnik zusätzlicher Finanzbedarf. Damittlerweile auch Banken <strong>im</strong>mer stärkerversuchen, Risiken zu min<strong>im</strong>ieren, kannes extrem schwer werden, notwendigeÜberbrückungskredite zu bekommen.Deshalb sollten insbesondere kleine undmittlere Unternehmen nach Angabenvon Sebastian Alexander Schütz „unbedingtihr Forderungswesen überprüfen,ob es effizient ist“. In vielen Unternehmen,so der Experte des Deutschen Industrie-und Handelskammertags(DIHK), gebe es großen Nachholbedarf.Denn während seiner Arbeit musste derReferatsleiter Unternehmensfinanzierungund -sicherung feststellen, „dass einigeFirmen einen nicht ausreichendenÜberblick über die Höhe und Anzahl deroffenen Forderungen haben“.Auch die Studie „Working Capital <strong>im</strong>Mittelstand“ des Consulting-UnternehmensRoland Berger kommt zu demSchluss, dass die deutschen Mittelständlerviele finanzielle Möglichkeiten ungenutztlassen. Denn die Mittel, um die eigeneZahlungsfähigkeit zu sichern, liegenlaut Berger oft <strong>im</strong> Unternehmenselbst. Für Carsten Uthoff, Geschäftsführervon Creditreform, wird denn „dieeigene Zahlungsfähigkeit nicht zuletztvom Zahlungsverhalten der Kunden beeinflusst“.DIHK-Experte Schütz rät denUnternehmen, <strong>im</strong> Bereich Forderungsmanagementklare Strukturen zu erarbeiten.Bei Neukunden könnte vor Vertragsabschlussz. B. eine Bonitätsprüfungstattfinden. Auch Wirtschaftsauskunfteienliefern Informationen. Bei laufendenund abgeschlossenen Aufträgenmüsse man genau wissen, wann welcheRechnungen fällig werden. Bei nicht bezahltenForderungen sollte schnell gemahntwerden. Hilfreich sei zudem eineAnalyse, in welchen Bereichen oder beiwelchen Kunden es öfter Probleme gibt.Dann wisse man, wo man sich besser absichernund noch genauer kontrollierenmüsse, so Schütz.So ergab die aktuelle BDIU-Studie,dass vor allem Handwerksbetriebe mit58 und Dienstleister mit 50 Prozent übereine mangelnde Zahlungsmoral klagen.Warum es sinnvoll ist, Informationen über die Bonität eines Geschäftspartners <strong>im</strong> Voraus einzuholen„Je später eineForderung gestelltwird, destogeringer dieErfolgsaussichten“Hans-Ulrich Fitz,CreditreformVOLLSTRECKUNGHat der Gläubiger einen vollstreckbarenTitel erwirkt, kann er dieZwangsvollstreckung – beispielsweisedurch einen Gerichtsvollzieher – anstreben.Neben der klassischen Pfändungvon Sachwerten gibt es ebensodie Möglichkeiten der Lohn- oderKontenpfändung, um die Forderungendes Gläubigers zu begleichen.Wirtschaftsauskunft für ein deutschesUnternehmen betragen bei Creditreformzwischen 25 und 40 Euro. Für eine Privatauskunftfallen zwischen vier und elfEuro an. Die genauen Preise richten sichauch nach der Menge der <strong>im</strong> Jahr abgerufenenAuskünfte.Doch woher kommen diese Informationeneigentlich? Bei Creditreform istder Bonitätsindex zentraler Bestandteilaller Auskünfte zur Bewertung der Unternehmensbonität.Dieser Index setztsich aus einer Reihe von bonitätsrelevantenMerkmalen zusammen – zumBeispiel aus dem Geschäfts- und demZahlungsverhalten, der Rechtsform undder Ausfallwahrscheinlichkeit. Außerdemfließen Informationen aus öffentlichenRegistern und Verzeichnissen ein.Dazu gehören zum Beispiel Handelsregisterund Schuldnerverzeichnisse sowieBilanzen, Jahresabschlüsse und Geschäftsberichte,die be<strong>im</strong> Bundesanzeigerhinterlegt wurden oder Creditreformdirekt zur Verfügung gestellt wurden.Weiterhin fließen Einnahmen-Überschuss-Rechnungensowie betriebswirtschaftlicheAuswertungen, die von nichtbilanzierungspflichtigen Unternehmenabgegeben wurden, sowie Informationenaus dem Internet und der Tagespresseein. Darüber hinaus nutzt die Creditreformeigene Informationen, etwa dieCreditreform Inkasso-Daten zu mehrerenMillionen laufenden Inkasso-Verfahrenund die Zahlungserfahrungen ausdem Debitorenregister Deutschland.Zusammen mit einer genauen Angabezur Ausfallwahrscheinlichkeit ermöglichtder Bonitätsindex eine schnelle unddirekte Einschätzung der Bonität – unddamit der Kreditwürdigkeit eines Kunden.„Vor allem bei Neukunden könnensich Unternehmen so ein gutes Bild überderen Zahlungsfähigkeit machen“, erklärtFitz. Aber auch als Frühwarnindikatoreignet sich der Index, der einen Prognosehorizontvon etwa zwölf Monatenhat. „So können auch Bestandskundeneiner permanenten Überwachung aufbonitätsrelevante Veränderungen unterzogenwerden“, meint der Creditreform-Fachmann.Natürlich gibt es auch andere Wege,sich über die Bonität und Zahlungsmoraleines Geschäftspartners zu informieren– allen voran die internen Informationsquellen.Dazu gehört das eigene Rechnungswesen,das Auskunft gibt, ob einKunde sein Zahlungsziel häufig überschreitetund ob das Unternehmenschon häufiger mahnen musste. Auch dieErfahrungen von eigenen Mitarbeiternmit Kundenkontakt sind wertvoll. DieseMitarbeiter erkennen häufig sehr früh,wann und wo es brennt. Außerdem gilt:Die Branche kennt sich. Bei Neukundensollten sich Unternehmer umhören, welcheErfahrungen andere mit dem Auftraggebergemacht haben.Durch externe Informationsquellenkönnen Unternehmen auch selbst Informationeneinholen. Eine Bankauskunftkann Aufschluss über die wirtschaftlichenVerhältnisse eines Kunden geben.Allerdings gibt es bei der Hausbank nurInformationen über juristische Personenund <strong>im</strong> Handelsregister eingetrageneKaufleute. Eine weitere Möglichkeit istEs folgen das Baugewerbe mit 44 undder Online-Versandhandel mit 42 Prozent.Die Gründe für das Nichtbezahlenoffener Rechnungen sind bei Firmen mit75 Prozent auf Liquiditätsengpässe zurückzuführen,wobei bei 74 Prozent derSchuldner erst Zahlungsausfälle zu denfinanziellen Problemen geführt haben.Etwa jedes zweite Unternehmen, dasRechnungen nicht oder zu spät zahlt, besitztauch nur wenig Eigenkapital. Bei etwaeinem Drittel kommt noch dieschlechte Auftragslage hinzu. Immerhindürften laut der Studie 27 Prozent derSchuldner vorsätzlich nicht zahlen.Hilfreich für ein erfolgreiches Forderungsmanagementist laut Schütz auchder Einsatz spezieller Software. Als weitereMöglichkeit sieht der DIHK-Finanzexperte,Leistungen an Inkassounternehmenabzugeben oder diese bei Problemenmit Schuldnern einzuschalten.Nach einer Untersuchung des KreditversicherersAtradius belastet das Einschalteneines Inkassobüros die Beziehungzwischen Schuldner und Gläubigernicht, aber die Zahlungsquote ist deutlichhöher, als wenn Unternehmen selbstversuchen, das Geld anzumahnen.Die Entscheidung für ein Inkassoverfahrenhängt laut Schütz auch von derGröße des Unternehmens ab. Denn essei ein erheblicher Unterschied, ob täglicheinige Tausend Rechnungen beispielsweisebei einem Online-Händleranfallen oder eine eher überschaubareZahl. <strong>Wenn</strong> man auf einen Inkassodienstleisterzurückgreifen will, sollteman aber zudem auf die Höhe der vondem Unternehmen erhobenen Verzugsgebührenachten. Denn zu hohe Gebührenkönnen nach Angaben des <strong>Bundesverband</strong>esDeutscher Inkasso-Unternehmenzu Unmut bei dem betroffenenSchuldner und damit zu einer Belastungder Geschäftsbeziehung führen.Übrigens können Inkassounternehmendie Interessen des Gläubigers mittlerweileauch vor Gericht austragen.Mussten sie früher noch einen Anwalthinzuziehen, wenn beispielsweise eineZwangsvollstreckung eingeleitet werdensollte, erlaubt das Rechtsdienstleistungsgesetz(RGD) ihnen seit etwa drei Jahren,Mahnverfahren und Zwangsvollstreckungenauch selbst auszuführen und sodas gesamte Forderungsmanagement abdeckenzu können. Was Mittelständlerneine Reihe von Vorteilen verschafft.Denn so können Mahnverfahren meistschneller abgeschlossen werden. Vor allemlassen sich auch die Kosten bessereinschätzen, was vor allem für kleinereUnternehmen sehr wichtig ist. Dennwährend Inkassounternehmen für eingerichtliches Mahnverfahren lediglich einePauschale von etwa 25 Euro verlangen,steigt be<strong>im</strong> Hinzuziehen eines Anwaltsdie Gebühr entsprechend der Höheder jeweiligen Forderungssumme.die Schufa- oder die Creditreform ConsumerAuskunft. Hier erfahren Vertragspartner,ob Kunden zahlungsunfähigsind und ob schon Negativinformationenwie zum Beispiel eine eidesstattlicheVersicherung – früher Offenbarungseidgenannt – vorliegen.Kapitalgesellschaften müssen ihreJahresabschlüsse veröffentlichen. Dieseenthalten alle wichtigen Informationenzur Geschäftstätigkeit und Finanzausstattung.Dabei gilt natürlich, dass essich um eine Momentaufnahme eineszurückliegenden Stichtages handelt.Sind alle Informationen ausgewertet,sollte die Festsetzung von Zahlungsweiseund Zahlungsziel daran ausgerichtetwerden. Bei Unsicherheiten sollte manauf Vorkasse bestehen.Möglicherweise zahlt der Schuldnertrotz positiver Bonität nicht. In dem Fallsollte der Gläubiger so schnell wie möglichklären, warum nicht gezahlt wird.„Gibt der Vertragspartner auch aufNachfragen hin keine vernünftigenGründe für die Zahlungsverweigerungan, sollte unverzüglich ein Rechtsanwaltoder ein Inkassounternehmen eingeschaltetwerden“, meint Fitz. „Denn dieErfahrung zeigt: Je später eine Forderunggeltend gemacht wird, desto geringersind die Erfolgsaussichten.“+
FRÜHJAHR 2012 DIE WELT SEITE VIISonderseiten Inkasso-UnternehmenMit allen RechtsmittelnSchuldner sind den Gläubigern nichtschutzlos ausgeliefert. Wer in einerfinanziellen Notlage ist, sollte umgehenddarlegen, warum er nicht zahlen kannT Nach Eingang der Mahnung denKopf in den Sand steckenist die schlechteste LösungANNA KATHARINA FRICKESchuldet eine Person einer anderenetwas, besteht einSchuldverhältnis. Der Schuldnerist verpflichtet, die Rückständewie vereinbart zurückzuzahlen.Was aber passiert, wenn nichtgezahlt wird? Dann haben Gläubiger dasRecht, ihre Forderungen durchzusetzen.In Verzug gerät ein Schuldner mit Ablaufvon 30 Tagen nach Rechnungszustellungoder durch eine Mahnung beziehungsweiseLeistungsaufforderung. Umgute Kundenbeziehungen nicht zu gefährden,kann die erste Mahnung auch als Erinnerunggeschickt werden. Schließlichkann die Rechnung einfach an der falschenStelle gelandet oder unabsichtlichverlegt worden sein. Rechtlich gilt auchdie Erinnerung als Leistungsaufforderung,also als Mahnung.Ab Verzugsbeginn kann der GläubigerVerzugszinsen verlangen. Weitere Mahnungensind kein Muss, es kann auchgleich ein Antrag auf Erlass eines Mahnbescheidsgestellt werden.Die nächste Stufe ist die Klage auf einenVollstreckungstitel, also eine rechtlicheAnordnung zur Zahlung. Gewinnt derGläubiger die Klage, berechtigt der Titelihn über einen Zeitraum von 30 Jahrensein Geld einzuholen – auch über einenGerichtsvollzieher.Da der rechtliche Weg oft zeitraubendist und das Risiko hoher Kosten mit sichbringt, holen sich Gläubiger oft externeHilfe, damit der Schuldner auch tatsächlichzahlt. „Der Gläubiger hat die Wahl, einenRechtsanwalt oder ein Inkassounternehmenmit dem Einzug seiner Forderungzu beauftragen“, sagt Judith Bergvom <strong>Bundesverband</strong> Deutscher Inkasso-Unternehmen (BDIU). „Der Vorteil derBeauftragung von Inkassounternehmenliegt darin, dass sie eine außergerichtlicheEinigung mit dem Schuldner anstreben,während Rechtsanwälte in der Regel zügigtitulieren lassen.“ Stellvertretend für ihrenGläubiger versuchen Inkassounternehmendann die Forderung einzutreiben.Mehr Macht haben sie allerdings nicht –auch Inkassobüros müssen den Rechtswegeinhalten. Im Falle einer Nichtzah-T Wichtig für die Entscheidungzwischen Kanzlei oderInkassobüro ist die Abwägungder Chancen auf ErfolgJOST BURGEREs ist ein breiter Korridor, in welchemsich Inkassoverfahren bewegen.Auf der einen Seite liegendie glasklaren Fälle. Da ist weder Summenoch Zahlungspflicht anfechtbar. Auf deranderen Seite lauern die verzwicktenAusgangslagen, die oft in jahrelangeRechtsstreite münden. Doch stets gehtes um Rechtsprozesse und deren effektiveAnwendung. Und um den richtigenPartner. Denn nicht nur Inkassobüros,sondern auch Rechtsanwälte wickeln Inkassoverfahrenab, vor allem wenn esum Einzelforderungen geht.Für Stefan Nau spricht naturgemäßvieles für den Gang zum Anwalt. Nau istPartner in der Kanzlei Segelken & Suchoparmit Standorten in Berlin undHamburg. Er berät auf den Gebieten Gesellschafts-und Vertragsrecht sowie Arbeitsrecht.Für Mandanten treibt dieKanzlei auch Forderungen ein. SeineSicht ist pragmatisch: „<strong>Wenn</strong> es zum gerichtlichenVerfahren kommt, geht dieSache sowieso an einen Rechtsanwalt.<strong>Wenn</strong> ein Inkassofall von vornherein anden Anwalt geht, bleibt alles in einerHand.“ Tatsächlich müssen <strong>im</strong> gerichtlichenKlageverfahren Anwälte tätig werden,und oft werden auch schon gerichtlicheMahnverfahren an sie übergeben.AN EIDES STATTIn der „eidesstattlichen Versicherung“muss der Schuldner seine finanziellenVerhältnisse offenlegen. So bekommtder Gläubiger einen umfassendenÜberblick über die Vermögenssituationdes Schuldners. Eine eidesstattlicheVersicherung kann vom Gläubigerbeantragt werden, wenn eine Pfändungbe<strong>im</strong> Schuldner erfolglos oder nichtmöglich war, etwa weil der Schuldnerden Gerichtsvollzieher nicht in seineWohnung gelassen hat.lung müsste ein Mahnbescheid beantragtoder direkt geklagt werden. In der Regelhat der Schuldner bei berechtigten Forderungendie Kosten zu erstatten, die durchdie Beauftragung eines Inkassounternehmensentstanden sind. „Der Gläubigermuss jedoch die Schadenminderungspflichtbeachten“, erläutert Berg.Bestreitet der Schuldner die Rechtmäßigkeiteiner Forderung, liegt die Nachweispflichtbe<strong>im</strong> Gläubiger. „Dieser mussdann, beispielsweise anhand von Unterlagen,belegen, dass die Forderung zu Rechtgeltend gemacht wird“, erklärt Berg. Isteine Forderung ungerechtfertigt, weil zumBeispiel eine Gegenforderung aufgerechnetwurde oder eine Warenlieferung fehlerhaftwar, gibt es auch keine rechtlicheGrundlage für die Veranlagung von Gebührenfür ein versuchtes Inkasso.Wer in eine finanzielle Notlage gerät,sollte seinem Gläubiger umgehend darlegen,warum er nicht zahlen kann. „DenKopf in den Sand stecken ist sicherlich dieschlechteste Lösung in dieser Situation“,meint Berg. „Zusammen mit dem Gläubigerlässt sich oftmals eine Lösung wiezum Beispiel die Vereinbarung einer Ratenzahlungfinden.“Auch rechtswidrigen Praktiken dubioserInkassobüros sind Schuldner nichtschutzlos ausgeliefert. Inkassobüros dürfenSchuldner nicht in unlauterer Weiseunter Druck setzen, etwa mit Drohungenoder Telefonterror. Über solch rechtswidrigePraktiken können sich Schuldner beider zuständigen RegistrierungsbehördeEine Frage des BudgetsDa spricht vieles für Kontinuität von Beginnan. Kommt von Anfang an die <strong>Post</strong>vom Anwalt, könne das außerdem dieErfolgsaussichten insgesamt erhöhen.Naus Erfahrung nach führt ein beeindruckendesSchreiben vom Rechtsanwaltdurchaus zu mehr Kooperation.Hauptgrund sieht Nau aber <strong>im</strong> grundsätzlichenHerangehen einer Kanzlei:Bei offenen Rechnungen kommt es schnell zum Streit. Nicht jede Forderung ist berechtigt – doch Schuldnerkönnen sich wehren und verschiedene Rechtsmittel in Anspruch nehmen (Ausschnitt aus dem Gemälde„Der Geldwechsler und seine Frau“ von Marinus Claes van Reymerswaele, 1490–1567, Kunstmuseum Basel)Manche Verfahren münden in einem jahrelangen Rechtsstreit„Falls be<strong>im</strong>Schuldner nichtszu holen ist, sindwir einfachgünstiger“Anke Böckmann,Münsterland Inkasso GmbH„Ein Rechtsanwalt wird zunächst prüfen,ob die Ansprüche überhaupt berechtigtsind und welche rechtlichen Möglichkeitenes <strong>im</strong> jeweiligen Fall gibt. Er geht einInkassoverfahren von Anfang an aus juristischerSicht an.“ Und er kann seineFachkenntnisse anbringen. <strong>Wenn</strong> es etwaum Forderungen <strong>im</strong> Immobilienbereichgehe, müsse die Kanzlei Expertenauf diesem Gebiet haben. Das gelte gleichermaßenfür andere Bereiche. DerGang zum Anwalt ist also angebracht,wenn es um jene verzwickten Ausgangslagengeht. Das sieht Anke Böckmanngenauso. Böckmann ist Inhaberin undGeschäftsführerin der MIG MünsterlandInkasso GmbH in Cloppenburg. Das Unternehmensteht beispielhaft für diezahlreichen kleinen und mittleren Inkassobüros,die ihr Geld mit der Abwicklungaußergerichtlicher und gerichtlicherMahnverfahren verdienen. Geht esum die Entscheidung zwischen Rechtsanwaltoder Inkassobüro, sind für sie jedochandere Argumente wichtiger. „UnstrittigeForderungen sollte man generellzum Inkassobüro geben. Da ist dieRechtslage klar und die Aussichten aufZahlung sind hoch“, rät Böckmann. Außerdemlegt Böckmann Wert auf dieFeststellung, dass der Erfolgsdruck einesInkassobüros generell höher sei. Deshalbgebe es bei ihr auch freundliche, aber best<strong>im</strong>mteHausbesuche und andere Formender Kontaktaufnahme – natürlich<strong>im</strong>mer <strong>im</strong> legalen Rahmen. Denn Inkassobürosverdienen nur Geld, wenn derSchuldner zahlt. Auf die Kommunikationskompetenzder Branche lässt sieebenfalls nichts kommen: „Heute könnenSie davon ausgehen, dass ein Inkassobüroindividuell und effizient mitSchuldnern kommuniziert.“Vor allem aber geht es ums Geld, dasder Gläubiger für ihre Dienste bezahlt.„Falls be<strong>im</strong> Schuldner trotz zunächst positiverEinschätzung nichts zu holen ist,sind wir einfach günstiger, weil der Gläubigerdann nur eine Pauschale bezahlenmuss.“ Und die beträgt nicht nur beiBöckmanns Büro gerade einmal 25 Euro.Der Rechtsanwalt hingegen verlangtauch bei Erfolglosigkeit sein Honorar.+des Inkassounternehmens beschwerenoder in schwerwiegenden Fällen Strafanzeigebei Polizei oder Staatsanwaltschafterstatten. Die jeweiligen Registrierungsbehördensind <strong>im</strong> Internet unterwww.rechtsdienstleistungsregister.de zurecherchieren.Kommt es zu einem gerichtlichenMahnverfahren, kann der Schuldner Widersprucheinlegen, wenn er die Forderunggegen ihn für unberechtigt hält. DieWiderspruchsfrist beträgt zwei Wochennach Eingang des Mahnbescheids. Ergehtein Vollstreckungsbescheid, ist auch hierinnerhalb von 14 Tagen noch Einspruchmöglich.Zu den rechtlichen Möglichkeiten desSchuldners gehört auch die Negative Feststellungsklage:Sie gibt dem angeblichenSchuldner die Chance, selbst vor Gerichtaktiv zu werden und die behaupteten Ansprüchegegen ihn vor Gericht klären zulassen. Hat ein Schuldner schuldlosRechtsmittel beziehungsweise Fristenverpasst, kann er die sogenannte Wiedereinsetzungin vorherigen Stand beantragen.Auch wenn es zu einem Vollstreckungstitelkommt, ist der Schuldner seinemGläubiger nicht völlig schutzlos ausgeliefert.Mit einer Vollstreckungsgegenklagekann der Schuldner die Vollstreckungstoppen, wenn nachträglich dieRechtmäßigkeit entfallen ist – zum Beispieldurch Erfüllung.Im Bereich der Lohnpfändung undKontopfändung sind die allgemeinenPfändungsfreigrenzen von großer Bedeutung.Sie sind gesetzlich festgelegt undsollen sicherstellen, dass dem Schuldnerund seiner Familie das Existenzmin<strong>im</strong>umverbleibt. Eine Pfändungsmaßnahme, diedas Existenzmin<strong>im</strong>um antastet, ist unzulässigund auf Antrag vom Vollstreckungsgerichtaufzuheben oder wenigstens abzuändern.Es kommt nicht selten vor, dassunter solchen Umständen überhauptMit Inkrafttreten des Gesetzeszur Modernisierungdes Kostenrechts und zurReform der Sachaufklärungin der Zwangsvollstreckungergeben sich 2013 neueAnforderungen bei der Beitreibungvon offenen Forderungen.Welche Auswirkungen hat die Reform auf das Forderungsmanagementund letztlich auf den Gläubiger?Konkret wird die Reform des Kostenrechts und der SachaufklärungAuswirkungen auf die Kosten einer Zwangsvollstreckungund auf den Bezug von Daten zur Prozesssteuerung haben.Einerseits kann die Reform bei geringen Forderungshöhen eineprohibitive Wirkung auf den Gläubiger entfalten, da eine wirtschaftlicheZwangsvollstreckung in diesem Fall schwieriger wird.Beträchtliche Kostensteigerungen bei den Gerichtsvollziehern –<strong>im</strong> derzeitigen Gesetzesentwurf von durchschnittlich 20% – sindzu erwarten. Die Gebührenerhöhung setzt stärker auf das Verursacherprinzipund belastet damit den Schuldner in einer wirtschaftlichenZwangslage zusätzlich.Andererseits sollen die Möglichkeiten der Informationsbeschaffungfür den Gläubiger <strong>im</strong> Vollstreckungsverfahren so frühzeitigwie möglich ansetzen. So können beispielsweise Fremdauskünftezu potenziellen Arbeitsverhältnissen, Konten oder Kraftfahrzeugenbei Forderungen ab 500 Euro eingeholt werden. Das wird zueiner partiellen Verbesserung der Verfahrenseffizienz führen.Zudem ist eine Neugestaltung der Schuldnerverzeichnisse unterWahrung datenschutzrechtlicher Belange in Planung.Welche Anpassungen sind <strong>im</strong> Mahnprozess konkreterforderlich?Eventuell kann es auch für ein Inkassounternehmen wieder lohnenswertsein, einen eigenen Außendienst einzusetzen, soweitnicht schon vorhanden. Eine antizipative Erfolgsbetrachtung derInkassofälle ist auch künftig das A und O.Insofern kann eine intensivere Prüfung von Vollstreckungschancendurch Inkassounternehmen bzw. Gläubiger dazu führen, dassTitulierungen nicht mehr so häufig durchgeführt werden, dennein Großteil der titulierten Forderungen liegt unter 500 Euro.nichts mehr vom Einkommen des Schuldnersgepfändet werden darf. Besitzt er außerdemkeine Wertgegenstände, die sichnoch gewinnbringend veräußern lassen,hat der Gläubiger das Nachsehen. JudithBergs weist darauf hin: „Der Gläubiger erhältdaher unter Umständen trotz Titulierungseiner berechtigten Forderung keinGeld vom Schuldner.“Reform des Kostenrechts und der Sachaufklärungin der Zwangsvollstreckung und deren Auswirkungenauf das ForderungsmanagementFrank Kebsch, Geschäftsführer arvato infoscore,über zu erwartende Mehrkosten, neue Anforderungen, aber auch Chancen.Gibt es unterschiedlich Aspekte je nach Branche?Branchen, in welchen vorrangig geringere Forderungsbeträgebeizutreiben sind, werden durch die neue Gesetzgebung diegrößten Umstellungen vornehmen müssen. Hier gilt es – mehrdenn je – den Beitreibungsprozess zum Beispiel mittels scorebasierterSteuerung zu opt<strong>im</strong>ieren, um so die ausstehenden Forderungenso kosteneffizient beizutreiben, wie arvato infoscore diesseit langem tut.» Intelligente Prozesssteuerungals Erfolgsfaktor «ANZEIGEWelchen Schluss zieht arvato infoscore aus der aktuellenEntwicklung?Wir bauen auch künftig auf eine analytische Steuerung <strong>im</strong> Mahnprozess,intelligente Prozesse und innovative Lösungen bei derSchuldnerkommunikation. Mit der neuen Gesetzgebung werdendiese Aspekte wichtiger denn je werden und stellen langfristigden entscheidenden Erfolgsfaktor für Unternehmen der BrancheForderungsmanagement dar.Über arvato infoscore – Lösungen für alle Phasendes Kundenlebenszyklusarvato infoscore ist ein Tochterunternehmen der arvatoAG, des international vernetzten Outsourcing-Dienstleistersder Bertelsmann AG.Mit rund 1.900 Mitarbeitern und Hauptsitz in Baden-Baden ist arvato infoscore an elf Standorten in Deutschland,Österreich, der Schweiz und Ungarn tätig.Als integrierter Lösungsanbieter für das aktive und wertorientierteManagement aller Kundenbeziehungen undZahlungsflüsse ist das Unternehmen in fünf Geschäftsbereichenaufgestellt: Risk Management, Billing & Payment,Finance & Accounting, Collection und Utilities.arvato infoscore bietet damit alle Dienstleistungen „rundum den Zahlungsfluss“ – von der Risikoprüfung, über dieEntstehung einer Forderung, die Rechnungsstellung und-abwicklung inklusive der Forderungsabsicherung undVorfinanzierung bis hin zur Buchung der Zahlung oderder weiteren Beitreibung der Forderung.AKG IMAGESANZEIGEVerantwortlich für den Inhalt: arvato infoscore