SEITE VIII DIE WELT FRÜHJAHR 2012Inkasso-Unternehmen SONDERSEITENAndere Länder, andere SeitenInkasso-Forderungen ins europäische Ausland sind bislang noch eine Herausforderung für deutsche FirmenT 600 Millionen Euro werdenpro Jahr abgeschrieben, weil sichBetriebe nicht auf Streitigkeiten<strong>im</strong> Ausland einlassen wollenKLAUS LÜBEREin Mann wird von einemHerrn in Frack und Zylinderverfolgt. Eine Gestalt in Zorro-Kostümist einer Frau aufden Fersen. Diese schrägenSzenarien lesen sich wie das Skript fürHollywood-Klamauk, in Spanien sind siejedoch Realität. Die von Frackträgernund Clowns He<strong>im</strong>gesuchten haben auchnichts zu lachen. Denn das Ziel der Aktionist öffentliche Demütigung. SpanischeInkassounternehmen versuchen aufdiese Weise, säumige Schuldner zumZahlen ihrer Rechnungen zu bewegen.„Cobrador del frac“ (Kassierer <strong>im</strong> Frack)nennt sich eine der erfolgreichsten Firmen,die sich auf solch unkonventionelleFormen des Geldeintreibens spezialisierthat. Auch wenn man diesen Methodeneine hohe Erfolgsquote nachsagt, Inkasso-Expertenhalten sie für ein Randphänomen.„Was das professionelle Forderungsmanagementangeht, spielen solcheAnsätze nur eine marginale Rolle“,sagt Michael Bretz, Leiter Wirtschaftsforscherbe<strong>im</strong> Verband der Vereine Creditreforme.V. Gleichwohl symbolisiertendiese Firmen auf eingängige Weise,wie groß die Unterschiede <strong>im</strong> Umgangmit finanziellen Forderungen in den einzelneneuropäischen Ländern nach wievor sind. „Es ist nicht zu leugnen: Wirhaben es einfach in europäischen Kernländernmit einer deutlich höheren Zahlungsmoralzu tun als in der Peripherie<strong>im</strong> Süden und <strong>im</strong> Osten“, sagt Bretz.Welche mitunter drastischen Konsequenzendas für Handelsbeziehungen <strong>im</strong>europäischen Binnenmarkt haben kann,zeigt eine aktuelle Studie der EuropäischenKommission. Demnach habenrund eine Million kleinere Unternehmenmassive Schwierigkeiten, <strong>im</strong> AuslandSchulden einzutreiben. Rund 600 MillionenEuro werden jährlich abgeschrieben,weil sich die Betriebe nicht auf kostspieligeund undurchsichtige Rechtsstreitigkeitenin anderen Ländern einlassenwollen. Bei jedem vierten Unternehmenführten verspätete oder gar nicht getätigteZahlungen gar zur Insolvenz.Dafür lediglich innereuropäische Unterschiedein Zahlungskultur und Mentalitätverantwortlich zu machen wäre aberzu kurz gedacht. Oftmals stockt der Zahlungsverkehrauch aus schlichten juristischenGründen. Obwohl die 27 EU-Mitgliedsländerüber ähnliche Rechtssystemeverfügen, herrscht, gerade was länderübergreifendeZahlungsforderungenangeht, bislang noch ein großes Wirrwarran Regeln. Dies sei eine Schwachstelledes Binnenmarktes der EuropäischenUnion, „bei der dringend Abhilfegeboten ist“, so Viviane Reding, Vizepräsidentinder Europäischen Kommissionund EU-Kommissarin für Justiz.Eine dieser Regelungen, das sogenannteExequaturverfahren, will dieKommission auf Drängen von Redingnun auch abschaffen, um den Zahlungs-Früher wurden Geldgeschäfte in persönlichem Rahmen getätigt, Auge in Auge, auf Papier beglaubigt undbesiegelt. Heute erledigt das die Datenverarbeitung auf internationaler Ebene (Ausschnitt aus dem Gemälde„Ein Steuereinnehmer“ von Marinus Claes van Reymerswaele, 1490–1567, Museo Nacional del Prado, Madrid)verkehr zwischen Gläubigern undSchuldnern über europäische Landesgrenzenhinweg zu vereinheitlichen.Wollte beispielsweise eine polnische Firmavor einem Warschauer Gericht gegenein französisches Unternehmen ausstehendeZahlungen erwirken, müsste das„Dies ist eineSchwachstelle desBinnenmarktesder EuropäischenUnion“Viviane Reding, EU-Kommissarinpolnische Unternehmen zunächst einzeitraubendes Verfahren vor einem französischenGericht anstrengen, das alsExequaturverfahren bezeichnet wird.Die dabei anfallenden Kosten könntensich auf bis zu 3000 Euro belaufen. Undgenau dies sei, so die Kommissionsvizepräsidentin,eine nicht mehr zeitgemäßedemokratische Hürde: „In einem echtenBinnenmarkt sollten gerichtliche Entscheidungenin Zivil- und Handelssachen,die in einem Mitgliedstaat ergangensind, in allen anderen Mitgliedstaatender Europäischen Union vollständiganerkannt werden.“Auch die deutsche Politik wird aktiv.So hat die Europaabgeordnete MonikaHohlmeier (CSU/EVP-Fraktion) ein Pilotprojekt„Rasche und effiziente Beitreibungausstehender Forderungen vonkleinen und mittleren Unternehmen mitgrenzüberschreitender Tätigkeit“ gestartet.Es soll Unternehmen über ihrerechtlichen Möglichkeiten be<strong>im</strong> Umgangmit Schuldnern in den Mitgliedstaateninformieren und ihnen Leitlinien für eineffektives Forderungsmanagement andie Hand geben. Zudem wird es Seminaregeben, die Unternehmer für die praktischenNotwendigkeiten des Forderungsmanagementssensibilisieren sollen.In diesem Zusammenhang wird auchder <strong>Bundesverband</strong> Deutscher Inkasso-Unternehmen (BDIU) aktiv, für den dasThema Europa sowieso schon lange ganzoben auf der Agenda steht. „Brüssel undEuropa“, so BDIU-Präsident WolfgangSpitz, „best<strong>im</strong>men <strong>im</strong>mer mehr denTakt, auch für die Unternehmen inDeutschland.“ Wobei Europa, auch dasbetont Spitz, grundsätzlich exzellenteVoraussetzungen für reibungslose Handelsbeziehungenbiete. „Aus Sicht derGläubiger kann man dabei nur sagen:Gott sei Dank gibt es Europa, denn dieeuropäischen Institutionen schaffen einRegelwerk, das es Unternehmen leichtermacht, das ihnen zustehende Geld auchtatsächlich zu erhalten.“Das heißt natürlich nicht, dass mannicht an der einen oder anderen Schraube<strong>im</strong> Regelwerk noch ein wenig nachjustierenkönnte und müsste. Beispielsweisemit dem Vorschlag für einen europäischenBeschluss zur vorläufigen Kontopfändung,erarbeitet von einer Expertengruppeunter der Beteiligung desBDIU. Durch die Regelung soll ein Gläubigerdie Möglichkeit erhalten, einen Betragin Höhe seiner Forderungen bis zurEntscheidung eines Gerichts auf demKonto des Schuldners einfrieren zu lassen.Über eines sollte man sich bei allenMöglichkeiten der Regelung allerdings<strong>im</strong>mer <strong>im</strong> Klaren sein: Bereiche wieMentalität und Zahlungsmoral werdendavon nur marginal tangiert. Und sokann es tatsächlich bisweilen sinnvollersein, auf Forderungen ins Ausland wenigstensteilweise zu verzichten. Creditreform-FachmannMichael Bretz weiß:„Ein gutes Inkassounternehmen agiert<strong>im</strong>mer als Vermittler, als eine Art Makler.Und manchmal bedeutet eine Einigungeben auch, auf beiden Seiten Kompromisseeinzugehen.“SCHULDNERVERZEICHNISWer eine eidesstattliche Versicherungabgeben musste, wird be<strong>im</strong> zuständigenAmtsgericht in einem Schuldnerverzeichnisgeführt. DiesesVerzeichnis ist öffentlich zugänglichund vor allem für potenzielle Gläubigerinteressant. Das trifft beispielsweisefür Banken oder andere Kreditunternehmenzu, die die Kreditwürdigkeiteines Kunden abschätzen müssen.AKG-IMAGESFallstrickeauf fremdemTerrainKLAUS LÜBERInkasso ist für die deutsche Wirtschaftauch über die Grenzen des europäischenBinnenmarktes hinaus ein wichtigesThema. Schließlich unterhalten sie zuvielen Regionen der Welt intensive Handelsbeziehungen.Stockt der Rückflussdes Kapitals für ausgeführte Waren, stehendeutsche Gläubiger schnell vor großenHerausforderungen. Rechtliche Hürdensind zu überwinden, kulturelle Unterschiedezu erkennen und bürokratischeFallstricke zu meiden.Und das gilt nicht nur für Regionenwie Mittel- und Südamerika. Schon in unmittelbarerEU-Nachbarschaft herrschenoftmals bereits vollkommen andere ökonomischeRahmenbedingungen. „Im Unterschiedzum europäischen Binnenmarkt,in dem Korruption zwar ein bekanntes,aber dennoch nicht massiv vorherrschendesPhänomen ist, wird diesesProblem außerhalb der EU schnell zu einembeherrschenden Faktor“, sagt WolfgangKeusgen, Leiter der Auslands-Inkasso-AbteilungVerband der Vereine Creditreforme. V. So herrschen, was den Stellenwertvon Korruption <strong>im</strong> eigenen Wirtschaftssystemangeht, laut einem Berichtder Nichtregierungsorganisation TransparencyInternational bereits in RusslandVerhältnisse, wie wir sie etwa aus Nigeriakennen. Werden die Handelsdistanzennoch größer, kommen oftmals auch kulturelleUnterschiede <strong>im</strong>mer stärker zumTragen. So verbirgt sich hinter der berüchtigtschlechten Zahlungsmoral südamerikanischerLänder oftmals eine klischeebehaftete,aber tief verwurzelte Varianteländerübergreifender Kommunikation.Keusgen: „In einigen Staaten scheintes zum Standard zu gehören, geradedeutsche Unternehmen besonders langeauf Zahlungen warten zu lassen. Zum einengelten deutsche Firmen als besondersliquide. Aber auch das forsche Auftretenvon Firmenvertretern dürfte hierbeieine Rolle spielen.“Auf Auslandsinkasso spezialisierte Firmenempfehlen deshalb dringend schon<strong>im</strong> Vorfeld einer Geschäftsbeziehung diegründliche Überprüfung des potenziellenGeschäftspartners. Des Weiteren sollteman sich schon sehr früh über eine passendeZahlungsmodalität Gedanken machen,die dem Risikoprofil, aber auch derLandesmentalität des Kunden entspricht.Während hierzulande überwiegend perLastschrift, Vorkasse oder auf Rechnungbezahlt wird, sind <strong>im</strong> Ausland möglicherweiseandere Zahlungsarten Standard.US-amerikanische Unternehmen nutzenhierfür beispielsweise überwiegend dieZahlungsmittel Kreditkarte oder Scheck.Darüber hinaus sollten sich Unternehmer<strong>im</strong>mer <strong>im</strong> Klaren darüber sein, dass dieRechtssicherheit für internationale Inkasso-Vorgängekein Standard ist. „DeutscheFirmen unterschätzen oft, dass sie trotzgültiger Verträge ihre Rechte <strong>im</strong> Auslandaufgrund anderer Gesetzeslagen nicht<strong>im</strong>mer <strong>im</strong> gleichen Umfang oder womöglichgar nicht geltend machen können.Versucht beispielsweise ein deutschesUnternehmen in Brasilien, offene Forderungenbeizutreiben, so unterliegt es <strong>im</strong>Rechtsfall nicht zwangsläufig deutschemRecht“, sagt Felix Beutler, Leiter CrossborderCenter bei EOS.Gläubiger scheitern oft an der Frage der ZuständigkeitVerband fordert eine zentrale Anlaufstelle in den Staaten der Europäischen Union – Interview mit dem Experten Erwin FalknerWie gut länderübergreifendeInkassoverfahren vonstattengehen,hängt von Entscheidungenin Brüssel ab. Noch sorgt Bürokratiein vielen Ländern für Ineffizienz.Mit Erwin Falkner, Vorsitzender des ArbeitskreisesEuropa <strong>im</strong> <strong>Bundesverband</strong>DeutscherInkasso-Unternehmen(BDIU), sprach Klaus Lüber.DIE WELT: Das Modell Europa stecktin der Krise. Wie wichtig sind dieVorgänge in der EU für die deutscheInkasso-Wirtschaft?ERWIN FALKNER: Die deutsche Wirtschaftist sehr exportorientiert. Dementsprechendintensiv sind die Handelsbeziehungenins europäische Ausland unddementsprechend häufig sind auch dieInkassoverfahren <strong>im</strong> Bereich des EU-Binnenmarktes. Die Art und Weise, wiedie länderübergreifende Kommunikationfunktioniert, hängt maßgeblich von denEntscheidungen in Brüssel ab. Deshalbist es wichtig, dass jetzt, wo viele Neuregelungenbeschlossen werden, ein großerVerband wie der BDIU als Auffangbeckenfür europäische Belange fungiert.BDIUErwin Falkner istVorsitzender desArbeitskreisesEuropa <strong>im</strong><strong>Bundesverband</strong>DeutscherInkasso-UnternehmenWie ist die aktuelle Situation, wennFirmen grenzüberschreitend Forderungengeltend machen wollen?Inkassobüros, die Firmen mit Handelsbeziehungenins europäische Auslandbetreuen, sehen sich mit zwei grundsätzlichenFragen konfrontiert: Haben wirdas sprachliche Potenzial, um unsere Belangeschnell und effektiv zu kommunizieren,und besitzen wir das fachlicheKnow-how, adäquat auf die gesetzgeberischenBesonderheiten <strong>im</strong> Land des Handelspartnerszu reagieren? Schließlich istein EU-Zahlungsbefehl nur dann wirksam,wenn er nicht nur in nationalesRecht umgesetzt, sondern auch von denjeweiligen Gerichten angewandt wird.Anders gesagt: Das Wissen der Umsetzungmuss über die Behördenwegetransportiert werden. Und das passiert,vor allem in südeuropäischen Mitgliedsländern,noch nicht reibungslos. Hinzukommen Besonderheiten bei der Regelungder Prozesskosten: Außer inDeutschland und Österreich ist es in keinemanderen europäischen Land möglich,die Kosten eines Verfahrens auf denSchuldner umzulegen.Was müsste sich ändern?Vor allem die Bürokratie in einzelnenLändern müsste abgebaut werden. Wirin Deutschland haben ein zentralesMahngericht für Inkassobelange. So einezentrale Anlaufstelle sollte es auch in anderenEU-Staaten geben, denn oftmalsist die Frage nach der Zuständigkeit diegrößte Hürde für den Gläubiger, seineAnsprüche gegen einen ausländischenSchuldner geltend zu machen. Es sollteüberhaupt möglich sein, ein festes Regulariumaufzubauen, wie man sich als Firmabei einer Inkassoforderung ins Auslandverhalten soll. Zum Beispiel auch inForm einer Datenbank, die Zugriffe aufVergleichsurteile zulässt.Welche Bedeutung haben Faktorenwie Mentalität und Zahlungsmoralbei der Umsetzung dieser Ziele?Es gibt, was die Begleichung von Rechnungenangeht, große Unterschiede zwischendem europäischen Kernland undder Peripherie. Während wir hier bereitsnach 16 Tagen mit ausstehenden Forderungenrechnen können, dauert eineZahlung in Italien um die 40 Tage. Werviel in die nicht kerneuropäischen Länderliefert, muss mit Zahlungszielen vonüber 50 Tagen rechnen. Das mag zum einenkulturelle Gründe haben, zum anderenauch ökonomische Ursachen. Vielesüdeuropäische Firmen haben Liquiditätsprobleme,bedingt durch nur schleppendfunktionierende Steuerrückzahlungen.Wichtig für deutsche Firmen ist,sich auf die Eigenheiten der jeweiligenLänder einzustellen, um nicht selbst inSchwierigkeiten zu geraten.Ein weiteres zentrales Thema ist derDatenschutz …Die Rechte des Verbrauchers zu schützenist notwendig. In diesen Belangensind wir in Deutschland ja auch schoneuropäische Spitze. Die Gefahr bei derNeuregelung sehe ich darin, die Anpassungenals reines Internet-Schutz-Gesetzzu interpretieren, das Nutzer vorden Fängen skrupelloser Datensammlerbewahren soll. Das ist einerseits sicherlichsinnvoll, andererseits werden dadurchviele wichtige Teilbereiche deswirtschaftlichen Lebens in ihrer Funktionbedroht. <strong>Wenn</strong> es einem Inkassounternehmennicht mehr möglich ist, einefehlende Adresse über eine Anfrage be<strong>im</strong>Einwohnermeldeamt oder bei der Umzugsdatenbankzu ermitteln, ist auchkein schneller Forderungseinzug mehrmöglich. Ein anderer Aspekt ist das Bonitätsscoring.Hierauf ist die Wirtschaftangewiesen und auch dies droht durchdie Neuregelungen nur noch eingeschränktzu funktionieren.Wie koordinieren Sie sich in Europamit anderen Verbänden?Um sich bei der EU-Kommission Gehörzu verschaffen, ist es wichtig, als großerDachverband aufzutreten. Das leistet inunserem Fall die Federation of EuropeanNational Collection Association, kurzFENCA, die die Belange aller nationalenVerbände bündelt, um sie in Brüssel entsprechendkommunizieren zu können.Es ist auch wichtig, sich mit der Situationin Mitgliedsländern auseinanderzusetzen.Als in Griechenland vor drei Jahrendas Inkasso verboten wurde, war esdie FENCA, die erfolgreich opponierte.+
FRÜHJAHR 2012 DIE WELT SEITE IXSonderseiten Inkasso-UnternehmenMit wenigen Klicksin die AbofalleT Dubiose Seiten <strong>im</strong>World Wide Web sind sogestaltet, dass „gefährliche“Buttons übersehen werdenT Wer sich anmeldet, bekommttatsächlich aber nur eineswirklich kostenlos – ÄrgerLENA BULCZAKEin unachtsamer Klick undschon sind 100 Euro fällig:Die Online-Portale versprechendie besten Downloadsfür den Rechner, klasseHausaufgabenhilfe, kostenlose SMSoder Gutschein-Gewinne. Ihre Opferködern sie mit scheinbaren Gratisinhalten.Wer sich bei ihnen anmeldet, bekommttatsächlich aber nur eines wirklichkostenlos – nämlich Ärger. Dass dieSurfer mit ihrer Registrierung irgendwo<strong>im</strong> Kleingedruckten ein kostenpflichtigesAbonnement abgeschlossen haben,merken sie nämlich in sehr vielen Fällenerst, wenn die erste Rechnung inden <strong>Briefkasten</strong> flattert.Die Abzocker gestalten ihre Seitendabei so geschickt, dass bereits jederneunte Internetnutzer auf sie hereingefallenist. Zwar hat die Bundesregierungreagiert und ein Gesetz verabschiedet,das den Internet-Gaunereien einen Riegelvorschieben soll: Ein Internet-Kaufvertragkommt demnach nur noch zustande,wenn der Nutzer auf einen Buttonklickt, auf dem eindeutig zu lesenist, dass er eine Zahlungspflicht auslöst.Doch selbst wenn das Gesetzgebungsverfahrenzügig vonstattengeht,die neue Regelung wird voraussichtlichnicht vor dem 1. Juli greifen. Bis dahinheißt es weiter aufpassen. „Am bestenbeugt man vor, indem man ohne triftigenGrund keine Kontakt- oder Zahlungsdatenangibt, dubiose Angebotegrundsätzlich meidet und <strong>im</strong> Zweifeldas Kleingedruckte liest“, rät BernhardRohleder, Hauptgeschäftsführer des IT-Branchenverbands Bitkom. GesundesMisstrauen sei sinnvoll, wenn angeblichkostenlose Web-Inhalte oder ServicesNamen und Adresse des Nutzersverlangten. Gleiches gelte für Telefonnummern,E-Mail-Adressen und erstrecht für Bank- und Kreditkartendaten.Wer doch in eine Abofalle getappt ist,Hilfe beiHausaufgaben,kostenlose SMSoder Gutschein-Gewinne…Gerade <strong>im</strong> Internetlocken unseriöseAnbieter mitscheinbarenGratisinhaltensollte vor allem Ruhe bewahren undnicht zahlen. „Wer die Rechnung begleicht,schadet nicht nur sich selbst –er trägt auch dazu bei, dass die Gaunereinicht aufhört“, sagt Edda Castelló,Rechtsexpertin bei der VerbraucherzentraleHamburg.Der Spuk ist <strong>im</strong> Falle eines Fallesmeist leider nicht so schnell vorbei. Betroffenemüssen sich darauf einstellen,dass eine Reihe von Schreiben vonRechtsanwälten und dubiosen Inkassobürosmit teilweise absurden Drohungenauf sie zukommt. Gern verweisendie Geldeintreiber auch auf angeblicheTREUHANDINKASSOGrundsätzlich lassen sich be<strong>im</strong> Inkassozwei Formen unterscheiden: das Treuhandinkassound der Forderungskauf.Um ein Treuhandinkasso handelt essich, wenn das Inkassounternehmendie offene Forderung <strong>im</strong> Namen und<strong>im</strong> Auftrag eines Gläubigers geltendmacht. Die Forderung verbleibt dabeialso be<strong>im</strong> ursprünglichen Gläubiger.Be<strong>im</strong> Inkassokauf wiederum übern<strong>im</strong>mtdas Inkassounternehmen dieForderung des Gläubigers und trittdamit selbst als Gläubiger auf.Hier wird also die Forderung anden Schuldner weiterverkauft.Urteile zulasten einzelner Verbraucher.Diese sind jedoch Ausnahmefälle, dieeiner Überprüfung in höheren Instanzenin der Regel nicht standhielten. EinigeFirmen sind den Verbraucherzentralennegativ aufgefallen, weil sie <strong>im</strong>merwieder auf Zwangsvollstreckungenund Pfändungen hinweisen. Anderedrohen mit Hausbesuchen und einerSpezialdetektei mit martialischem Namen,die „längerfristig und intensiv“recherchieren werde. Immer wieder genutztwird der „Klassiker“ – die Androhungeines negativen Schufa-Eintrags.Gerd Billen, Chef des <strong>Bundesverband</strong>esder Verbraucherzentralen (VZBV),vermutet hier schon „mafiöse Strukturen“.Einige unseröse Firmen hättensich inzwischen auf das Eintreiben vonunberechtigten Forderungen spezialisiert.Als Beispiele nennt er vier Inkassounternehmenmit wohlklingendenNamen – eine davon residiert angeblichin Kroatien. Im Dezember 2011 hatteder VZBV eine Untersuchung von 4000Verbraucherbeschwerden über unseriöseInkassopraktiken präsentiert. DasErgebnis: 99 Prozent der Beschwerdenwaren nach Auffassung des VZBV berechtigt.Jede zweite ging auf eine Internet-Abofallezurück.Wer auf Nummer sicher gehen will,sollte sein Widerrufsrecht nutzen unddas Internet-Abo bestreiten. Musterbriefedafür stellen sowohl das Bundesverbraucherministerium,die Verbraucherzentralenals auch die Stiftung Warentest<strong>im</strong> World Wide Web bereit.Jede seriöse Inkassofirma wird ihreTätigkeit einstellen, wenn der unfreiwilligeKunde deutlich gemacht hat,dass er nicht zahlen wird. Denn Paragraf254 Bürgerliches Gesetzbuch verpflichtetsie beziehungsweise Gläubigerdazu, keine unnötigen Kosten zu verursachen.Danach muss der unfreiwilligeAbonnent <strong>im</strong> Prinzip gar nichts mehrtun – es sei denn, er erhält einen Mahnbescheidvom Gericht.So weit geht zwar kaum ein Betrüger,und es bedeutet auch nicht, dass dessenForderung anerkannt ist. Trotzdemmuss bei Gericht binnen 14 Tagen einWiderspruch eingehen.Und dann wäre auch schon wiederder Trickbetrüger in der Pflicht. Erkönnte nun nur noch eine Gerichtsverhandlungin Gang bringen. Doch daswerden die wenigsten Gauner tun – umsich nicht die Chancen zu vermasseln,dass ihre übrigen „Kunden“ bezahlen.Einst waren es Landesherren, die ihren Untertanen harte Zinsen auferlegten;heute gehören Pleiten zum „Normalgeschäft“, weil etwa Raten nicht mehrbedient werden können (Ausschnitt aus dem Gemälde „Der Zinsgroschen“von Tizian, 1488–1576, Staatliche Kunstsammlungen Dresden)AKG-IMAGES/ERICH LESSINGANZEIGEHeraus aus der OpferrolleUnseriöse Firmen sind hartnäckig – eine Rentnerin wehrt sichLENA BULCZAKWer bei S<strong>im</strong>one L. (Name geändert)anruft, wird schonmal mit derben Worten begrüßt.Jüngst besch<strong>im</strong>pfte die 66-Jährigeeinen Freund, als sie seine Nummermit einer der fast 20 Inkasso-Abzockerfirmenverwechselt hatte, die sie seitetwa vier Jahren nicht in Ruhe lassen.Gelegentlich bis zu 15 Anrufe pro Tag,einen Haufen Mahnungen <strong>im</strong> eigens angelegtenSammelordner – die Drohgebärdender Trickbetrüger sind zumGrundrauschen <strong>im</strong> Alltag der Rentneringeworden. S<strong>im</strong>one L. hat sich aber inzwischenan die alltäglichen Belästigungengewöhnt. Aber: „Es nervt.“Und manchmal bringt es sie danndoch wieder auf die Palme. Zum Beispiel,als sie das Schreiben der „X. Inkasso“(Name geändert) vom November2011 liest. Sie schulde einem Gewinnspiel-Unternehmen225 Euro. BeiNichtzahlung könnten gegebenenfalls„nach Erlass eines VollstreckungsbescheidesZwangsvollstreckungen IhrerBezüge, Rente, Arbeitslosengeld u. ä.durch den Gerichtsvollzieher folgen“.Sollte sie sich an ihre telefonische Anmeldungnicht mehr erinnern, stündediese als Tondatei <strong>im</strong> Internet zur Verfügung,wenn sie ihre Telefonnummereingebe.In der Nacht kann S<strong>im</strong>one L. vorWut nicht mehr schlafen. „Man fühltsich so wehrlos“, erinnert sich die Hallenserin.Die vielen Mahnungen habensich zudem als Stresstest für ihre Eheerwiesen. Als die ersten Schreiben eintrudelten,hat sie sich noch fast mit ihremMann gestritten. „Hast du nichtvielleicht doch aus Versehen ...?“, verdächtigtensie sich. Doch mittlerweileist sich die Rentnerin sicher: „Wir machenso etwas nicht, keine Spiele, keinAbo, nichts.“Und Frau L. wehrt sich. „Von mir gibtes keinen Cent“, das hat sie sich geschworen.Am nächsten Tag geht siezur Verbraucherzentrale. Die habe ihrHIER GIBT ES HILFEVerhaltenstipps: Bundesverbraucherministerium(www.bmelv.de), die regionalenVerbraucherzentralen und dieStiftung Warentest (www.test.de)haben dezidierte Tipps zusammengestellt,wie unfreiwillige Abonnentenvorgehen sollten.Rechtsberatung: Wer sich nach derLektüre unsicher ist, kann sich sowohlvor Ort bei einem Rechtsanwalt oder,meist günstiger, bei der Verbraucherzentralevor Ort beraten lassen.Beschwerdestellen: Die Rechtsanwaltskammerdes jeweiligen Bundeslandesn<strong>im</strong>mt Beschwerden über Anwälteentgegen, die mit Abzockerngemeinsame Sache machen. Gleichestut der <strong>Bundesverband</strong> DeutscherInkasso-Unternehmen (BDIU) beidubiosen Inkassodienstleistern. AuchBanken sind dankbar, wenn sie erfahren,dass sie unfreiwillig zu Komplizender Internet-Betrügereien gewordensind. Gleiches gilt für Google, wennWerbeanzeigen des Browsers zu denGaunern geführt haben.geraten, „X. Inkasso“ einen Widerspruchper Einschreiben mit Rückscheinzu schicken und sich darauf gefasstzu machen, dass die Gauner soschnell nicht lockerlassen werden.Doch dabei will es L. nicht belassen. Siehandelt und wendet sich auch an diePolizei und das Amtsgericht Frankfurt/Main – die Stadt, die „X. Inkasso“ alsAnschrift angegeben hat.Das Ergebnis: L.s Widerspruchkommt als unzustellbar zurück, bei derPolizei erfährt sie, dass diese selbstschon einen Ordner über die „X. Inkasso“angelegt hat. Weil die Firma ihrenSitz in der Türkei hat, kommt aber auchdie Polizei nicht weiter. Aus demselbenGrund stellt auch die StaatsanwaltschaftFrankfurt das Verfahren ein. Immerhin:L. hat jetzt Klarheit, dass essich um Abzocker handelt. Dass dieGauner ihre Rente pfänden könnten,muss sie nun nicht mehr befürchten.Nur, vorbei ist damit noch langenichts. „Dann kam das Outlet – wie hießendie noch?“, L. blättert. „I. GmbH.“Diesmal hieß es, sie habe vergessen, ihrenEinkauf zu begleichen. Über zweiJahre soll sie je 89 Euro zahlen. EineAnwaltskanzlei Sch. wiederum versuchtes nur telefonisch. Hier sind es Spielschuldenin Höhe von 890 Euro. Auf L.sBitte, ihr den Vorgang per <strong>Post</strong> zukommenzu lassen, damit sie weiß, gegenwen sie Anzeige erstatten kann, reagiertdie sogenannte Kanzlei nicht.„<strong>Wenn</strong> das so weitergeht, werde ich beider Polizei noch Stammkunde“, sagt L.Denn auch das wird kaum das Letztegewesen sein, was Frau L. von „demLumpenpack“ hört.IHR SPEZIALIST IM FORDERUNGSMANAGEMENT.GFKL Financial Services AGGFKL betreut ein Forderungsvolumen von derzeit rund 21,5 Milliarden Euro.Standard & Poor`s verlieh das höchste Ranking als Servicer „Strong, Outlook Stable“.Unser Dienstleistungsportfolio:OutsourcingPortfoliomanagementklassisches InkassoAuslandsinkassoDatenmanagementE-CommerceRisiken min<strong>im</strong>ieren – Kosten senken – Erträge steigern.Durch die Übertragung Ihres Forderungsmanagements an die Experten von GFKL.L<strong>im</strong>becker Platz 145127 Essenwww.gfkl.comJens Junak | Leiter VertriebTel. +49 201 102 1170Fax +49 201 102 1102 070vertrieb@gfkl.com+