MILIZinfo_2_2006:MILIZinfo-1/2004-Umbruch 12.09.2007 9:39 Uhr Seite 12informationAFDRU-EinsatzDas AFDRU-Personal ist in einem Personalpool zusammengefasstund wird bei einem AFDRU-Alarmtelefonisch vom Aufstellungsstab AFDRU der ABC-Abwehrschule verständigt.Da bei einem Katastropheneinsatz als limitierenderFaktor beinahe immer die Zeit angenommen werdenkann, ist bei der Verständigung nach einem AFDRU-Alarm unverzüglich die Einsatzbereitschaft zu erklären,eine lange Bedenkzeit kann die ABC-Abwehrschuledann nicht mehr gewähren. Kann ein verständigterAFDRU-Freiwilliger nicht am Einsatz teilnehmen,wird der Nächste aus dem Pool alarmiert.Nach der Alarmierung rückt der Freiwillige unverzüglichin die DABSCH-Kaserne ein. Der bis dahin arbeitsbereiteAufstellungsstab AFDRU administriertdie Einrückenden, stattet sie mit Bekleidung undAusrüstung aus und führt sie einer kurzen medizinischenUntersuchung zu, bei der die notwendigenImpfungen durchgeführt werden.Für eine vorbereitende Einsatzausbildung wie beifriedensunterstützenden Einsätzen bleibt bei AF-DRU-Einsätzen keine Zeit, da die Kräfte bei einemErdbebeneinsatz (USAR) spätestens acht bis zehnStunden nach Alarmierung abfliegen müssen.Der Aufstellungsstab AFDRU organisiert die Bereitstellung,Verpackung und Verladung des Gerätes.Aus diesem Grund werden die Bekleidung und diepersönliche Ausrüstung für ein AFDRU-Kontingentsowie der Großteil des AFDRU-Gerätes an der ABC-Abwehrschule gelagert und vorbereitet.Grundsätzlich wird Gerät, welches sich in der Ausstattungder ABC-Abwehrkompanien befindet, alsAFDRU-Gerät verwendet. Vereinzelt sind Ausrüstungsgegenständejedoch nur einmal im <strong>Bundesheer</strong>verfügbar, und befinden sich im AFDRU-Lagerder ABC-Abwehrschule. Diese betreibt die Wartungund Bereitstellung für den Einsatz. Zu diesen Gerätenzählen zum Beispiel das Kernbohrgerät oder die Umkehrosmoseanlagen.Ein AFDRU Kontingent wird erst bei Alarmierung zusammengestelltund nach den Vorgaben der Bundesregierungund des BMLV ausgerichtet. Nach dieserAlarmierungsweisung erstellt die ABC-Abwehrschuleden für den jeweiligen Einsatz erforderlichen Organisationsplan.Den Kontingentskommandanten stellt grundsätzlicheine der ABC-Abwehrkompanien. Er hat bei der Befüllungdes Kontingentes ein Mitspracherecht.Die Kontingentsstärken umfassten bei den letztenEinsätzen zwischen sechzig und hundert Soldaten.Die Einsatzdauer eines AFDRU-Einsatzes richtet sichnach den Erfordernissen im Einsatzgebiet, sie dauertzirka drei Wochen bei Rette- und Bergeeinsätzenund kann bis zu zwei Monate bei Wasseraufbereitungseinsätzendauern.Ein AFDRU-Kontingent setzte sich aus Soldaten derpräsenten ABC-Abwehrkompanien, aus ausgebildetenBerufssoldaten anderer Waffengattungen undaus Wehrpflichtigen des Miliz- und Reservestandeszusammen.Mit dieser personellen Zusammensetzung von Berufssoldatenund Wehrpflichtigen des Milizstandes,die „zivile“ Kenntnisse und Fähigkeiten einbringenkönnen, wurde AFDRU zu einer „Erfolgsstory“ des<strong>Bundesheer</strong>es. Dies haben die vielen erfolgreichen,wenn auch schwierigen, AFDRU-Einsätze in der Vergangenheitbewiesen.AFDRU kam bis dato vor allem nach Erdbeben in urbanenGebieten und nach Überschwemmungen großenAusmaßes zum Einsatz. Es wurden Rette- undBergekräfte (USAR) oder Wasseraufbereitungselementein den Einsatz entsandt.Die letzten AFDRU-Einsätze waren:1997 ATHUM/POLENWasseraufbereitung nach Überschwemmung1999 ATHUM/ALBANIENWasseraufbereitung zur Flüchtlingsbetreuung1999 AFDRU/TÜRKEI 1USAR nach Erdbeben1999 ATHUM/TÜRKEIWasseraufbereitung nach Erdbeben1999 AFDRU/TAIWANUSAR nach Erdbeben1999 AFDRU/TÜRKEI 2USAR nach neuerlichem Erdbeben2000 ATHUM/MOSAMBIQUEWasseraufbereitung nach Überschwemmung2003 AFDRU/ALGERIENUSAR nach Erdbeben2003/2004 AFDRU/IRANUSAR nach Erdbeben2005 AFDRU/SRI LANKAWasseraufbereitung nach Tsunami2005 AFDRU/PAKISTANWasseraufbereitung nach ErdbebenUmkehrosmoseanlageErfahrungsberichtBeispielhaft für alle AFDRU-Einsätze wird ein Kurzberichtüber den AFDRU-Einsatz in Pakistan gegeben,bei dem der Verfasser als Kontingentskommandanteingeteilt war.Am 8. Oktober erschütterte ein schweres Erdbebenmit der Stärke von 7,6 nach RICHTER das Grenzgebietvon Pakistan, Afganistan und Indien. Die amschwersten betroffenen Gebiete lagen im pakistanischenTeil von Kaschmir.Nach einem bilateralen Ansuchen der pakistanischenRegierung an Österreich entschloss sich die Bundesregierungzur Entsendung eines <strong>Bundesheer</strong>-Hilfskontingenteszur Internationalen Humanitären Katastrophenhilfe.Am 13. Oktober um 10.30 Uhr wurde der AFDRU-Alarm ausgelöst, um 17 Uhr desselben Tages wardas Kontingent vollzählig in Korneuburg versammelt.Nach einer kurzen Vorbereitung flog AF-DRU/PK am 14. Oktober um 16 Uhr von Wien-Schwechat ab.Am 17. Oktober wurden die ersten elftausend LiterTrinkwasser an die Bevölkerung abgegeben. Nachknapp acht Wochen Einsatz verlegte AFDRU/PK am7. Dezember von Muzaffarbad nach Islambad undam 8. Dezember erfolgte der Rückflug nach Österreich.Am 13. Dezember war die Einsatznachbereitungabgeschlossen und somit auch der äußerst erfolgreicheAFDRU-Einsatz in Pakistan beendet.Es wurden 4,8 Millionen Liter Trinkwasser aufbereitetund an die Not leidende Bevölkerung verteilt undüber 250 Wasseranalysen durch das Feldlabor durchgeführt.AbschließendeBemerkungenDie Aufgabe der Internationalen Humanitären Katastrophenhilfeist auch künftig durch das <strong>Bundesheer</strong>wahrzunehmen, damit Not leidenden Menschen nacheiner Katastrophe rasch und unbürokratisch geholfenwerden kann. Den Hauptanteil der zukünftigenAFDRU-Einsätze wird die Kaderpräsenzeinheit/ABC-Abwehrkompanie abdecken. Ergänzt werden dieAFDRU-Kräfte durch die Kameraden des Milizstandes,die ihre im Zivilleben erworbenen Kenntnisse undFähigkeiten bei derartigen Einsätzen einbringen.Mjr Friedrich Aflenzer, Kdt ABC-AbwKp12MILIZ info 2/2006
MILIZinfo_2_2006:MILIZinfo-1/2004-Umbruch 12.09.2007 9:39 Uhr Seite 13informationDer Strahlenalarmplanim Militärkommando.ÜberblickDie Thematik der atomaren Bedrohung und desStrahlenschutzes hat aus militärischer und gesellschaftspolitischerSicht eine langjährige Entwicklunghinter sich, die sich naturgemäß von den jeweiligenpolitischen und strategischen Rahmenbedingungenund dem damit verbundenen Bedrohungsszenarioableitet.Während in der Zeit des Kalten Krieges und dem paralleleinher laufenden atomaren Wettrüsten dieAngst vor einem Atomkrieg dominierte, hat im Laufder Zeit das vorhandene Gefährdungspotential imBereich der industriellen Nutzung der Kernkraft dieOberhand beim Bedrohungsempfinden der Bevölkerunggewonnen.Dieses „moderne Gefahrenpotential“ ist darüber hinausauch zum politischen Thema geworden, besondersvor dem Hintergrund der Kernkraftwerkskatastrophein Tschernobyl. Die Entwicklung desStrahlenschutzes im Österreichischen <strong>Bundesheer</strong> leitetsich von der Entwicklung der allgemeinen Rahmenbedingungenund dem jeweils aktuellen Bedrohungspotentialab.Bei der Abhandlung der Thematik Strahlenschutzaus Sicht des Militärkommandos sind vorwiegendnachstehende Themenkreise zu beleuchten:• Bedrohungsbild;• Gesetzliche Rahmenbedingungen;• Gefährdung der Bevölkerung;• Gesellschaftspolitische Komponente;• Präventivmaßnahmen und Strahlenalarmplan.Abgeleitet davon erörtert der Beitrag die Notwendigkeitenfür den Schutz der Heeresangehörigen undweist auf die Schnittstellen zum zivilen Bereich hin.Die sonstigen Verpflichtungen nach dem Strahlenschutzgesetzim Zusammenhang mit Bewilligungsverfahrenbetreffend Umgang mit radioaktivenQuellen werden nicht angesprochen.BedrohungsbildDas moderne Bedrohungsbild basiert vorwiegendauf der Annahme der möglichen Freisetzung radioaktiverStoffe durch Industrieunfälle sowie durch diemissbräuchliche Verwendung radioaktiver Isotope,vor allem als Mittel des Terrors.Als mögliche Kontaminationsursachen können angeführtwerden:• Unfälle bei Transport oder Manipulation mit radioaktivemMaterial;• Unfälle in industriellen, medizinischen oder wissenschaftlichenEinrichtungen;• Einsatz von radioaktiven Substanzen durch Terroristenoder politisch/religiös/ethnisch motiviertenTätergruppen;• illegaler Handel mit radioaktiven Substanzen;• illegale Entsorgung radioaktiven Materials;• Absturz von Satelliten mit radioaktivem Inventar(Kleinstreaktoren);• Störfälle in Kernkraftwerken (KKW) oder inWiederaufbereitungsanlagen (WAA) sowie inZwischenlagern für Kernbrennelemente im Grenzbereichzu Österreich;• Maximalunfall („Super-GAU“) in ausländischenKKW oder WAA;• Freisetzung von radioaktiven Materialien nach Unfällenmit Atomwaffen;• Militärischer Einsatz atomarer Waffen im Auslandmit Abdrift des radioaktiven Niederschlages (RN)nach Österreich.Als Grundlage für die Erstellung von entsprechendenAlarmplänen ist jenes Szenario heranzuziehen, dasauf Grund der Eintrittswahrscheinlichkeit und der zuerwartenden Folgen das höchste Risiko darstellt.Als Planungsgrundlage für den Strahlenalarmplanmuss daher ein Maximalunfall in einem grenznahenKKW dienen. Die Auswirkungen einer Kernwaffendetonationauf österreichischem Staatsgebiet wäreneine nationale Katastrophe, deren Bewältigung in einemAlarmplan nicht fassbar ist.GesetzlicheRahmenbedingungenDie gesetzlichen Vorgaben des Strahlenschutzes(StrSchG; StrSchVO; Strahlenschutz-EU-Anpassungsgesetz)regeln die „Maßnahmen zum Schutzdes Lebens und der Gesundheit von Menschen einschließlichihrer Nachkommenschaft vor Schädendurch ionisierende Strahlen“ und unterscheiden nichtzwischen Zivilpersonen und Soldaten.Die gesetzlichen Vorgaben des Strahlenschutzes geltengrundsätzlich für alle Einsätze des <strong>Bundesheer</strong>esim In- und Ausland.Anlassbezogene Änderungen der Strahlenschutzbestimmungenfür militärische Kräfte wie zum BeispielÄnderung der zulässigen maximalen Strahlenbelastungin einem Assistenzeinsatz, einem humanitärenEinsatz im Ausland (§ 2 Abs.1 lit.b, c, oder lit.d WG2001) oder einem Kampfeinsatz (§ 2 Abs.1 lit.a oderlit.d WG 2001), bedürfen einer gesonderten Regelungund werden nur im Anlassfall im Wege zivilerNotverordnungen, einer militärstrategischen Weisungoder einer Entsendeweisung für den Auslandseinsatzgetroffen.Die Militärkommandanten sind gemäß dem StrSchGmit den Maßnahmen des Strahlenschutzes betraut.Die Zuordnung der Kompetenz für die Erstellung vonStrahlenalarmplänen folgt der gesetzlichen Regelungund liegt somit in der territorialen VerantwortlichkeitFortsetzung Seite 14!MILIZ info 2/2006 13