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Zeitschrift des Tiroler Jägerverbandes Dezember 2009 • Jahrgang 61

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Fachartikel<br />

Kilometer vorgekommen. Dennoch bleibt ein<br />

Teil der Rehe auch ohne Fütterung im Winter<br />

im Waldgrenzbereich und darüber. Sie nutzen<br />

dort abgewehte Rücken und sonnseitige<br />

Lagen. Man denkt dabei zuerst an Gams, erst<br />

wer genau schaut, erkennt, dass es tatsächlich<br />

Rehe sind. Der Kärntner Raufußhuhn-<br />

Experte Franz Hafner konnte bei seiner<br />

Steinhuhn-Forschung in den Hohen Tauern<br />

beobachten, dass Rehwild anscheinend<br />

sogar über den Alpenhauptkamm wandert,<br />

um dort an den Südhängen zu überwintern.<br />

Dabei bestätigte er die Wildart im Winter auf<br />

2.000 Metern Seehöhe. Man kann annehmen,<br />

dass wenig Bewegung, Absenkung von Körpertemperatur<br />

und Herzschlagfrequenz so-<br />

Rehe im Wald<br />

Hubert Zeiler<br />

304 Seiten, über 200 Farbbilder<br />

exklusiv in leinen<br />

Format: 25 x 18 cm<br />

iSBn 978-3-85208-075-8<br />

Preis: € 65,-<br />

Österr. Jagd- und Fischerei-Verlag<br />

www.jagd.at<br />

Ein Teil der Rehe<br />

bleibt auch ohne<br />

Fütterung im Winter<br />

im Waldgrenzbereich<br />

und darüber.<br />

Man kann<br />

annehmen, dass<br />

wenig Bewegung,<br />

Absenkung von<br />

Körpertemperatur<br />

und Herzschlagfrequenz<br />

sowie<br />

störungsfreie<br />

Gebiete Voraus-<br />

setzungen sind,<br />

um die langen<br />

Bergwinter zu<br />

überstehen.<br />

wie störungsfreie Gebiete Voraussetzungen<br />

sind, um die langen Bergwinter zu überstehen.<br />

Auch Studien aus Italien geben Einblick<br />

in das winterliche Raumverhalten von Rehen.<br />

Im nördlichen Apennin folgte man 11<br />

Rehgeißen mittels Telemetrie über Jahre. In<br />

den dortigen Bergwäldern liegt Schnee von<br />

Oktober bis April. Fünf der Geißen verließen<br />

in vier aufeinander folgenden Jahren ihr<br />

Streifgebiet auch im Winter nicht. Die Standorttreue<br />

hing weder vom Alter noch von<br />

der Höhenlage ab. Im Winter weiteten diese<br />

Geißen ihre Gebiete allerdings aus. Der Rest<br />

der Tiere streifte im Winter weit umher und<br />

blieb nicht in den Sommergebieten. Eingehende<br />

Untersuchungen zur Überwinterung<br />

im Gebirge fehlen bislang – betreffend Winterökologie<br />

lag der Schwerpunkt bisher eher<br />

bei Fütterungsrezepturen. Aus gut geeigneten<br />

Überwinterungsgebieten der Hohen<br />

Tauern wird sogar berichtet, dass sich dort<br />

ähnlich wie beim Feldreh über den Winter<br />

größere Sprünge auf den Freiflächen oberhalb<br />

der Waldgrenze zusammenschließen.<br />

Generell bilden Rehgeißen ab Spätherbst<br />

Weibchensippen mit ein, zwei erwachsenen<br />

Geißen, ihren Kitzen und einjährigen Töchtern.<br />

Oft können sich solchen Gruppen auch<br />

ein oder zwei Böcke anschließen. Im Feld<br />

sind nicht nur die Streifgebiete in der Regel<br />

deutlich größer als im Wald, hier können<br />

sich im Spätherbst Rudel bis zu 100 Stück<br />

bilden. Feldrehe sind kein Phänomen <strong>des</strong> 20.<br />

Jahrhunderts, wie immer wieder behauptet<br />

wird. Dieses Verhalten ist mit zunehmenden<br />

Rehwildbeständen nur augenfälliger geworden.<br />

Der Jagdschriftsteller Friedrich von<br />

Gagern erwähnte den Unterschied zwischen<br />

Feld- und Waldreh schon lange bevor er in<br />

der wissenschaftlichen Literatur erstmals<br />

auftaucht. Diese Großrudel setzen sich aber<br />

immer wieder neu zusammen – es sind „offene<br />

Gesellschaften“. Waldrehe weisen auch<br />

im Winter nach wie vor eine starke Bindung<br />

zu ihrem Streifgebiet auf. Bei geschlossener<br />

Schneedecke und Schneehöhen über einem<br />

halben Meter verlässt ein Teil der Waldrehe<br />

die Sommerstreifgebiete und wandert in tiefere<br />

Lagen. Durch Winterfütterung wird die<br />

jahreszeitliche Lebensraumnutzung jedoch<br />

stark beeinflusst. Der Schweizer Rehwild-<br />

Experte Fred Kurt meinte einmal: „Richtig“<br />

leben Rehe eigentlich nur von April bis August.<br />

Mit dem Ende der Brunft wird das Revierverhalten<br />

der Böcke mehr oder weniger<br />

aufgegeben.<br />

Zwar bleibt der Großteil der Böcke<br />

nach wie vor in seinem Heimatgebiet, die<br />

Aggressivität gegenüber anderen Böcken<br />

lässt aber deutlich nach. Aus unseren Telemetriestudien<br />

auf dem Rosenkogel geht<br />

hervor, dass den dortigen Waldrehen insgesamt<br />

ein enger Bezug zu ihrem Heimatbezirk<br />

eigen ist. Hier erweist sich die Satelliten-Telemetrie<br />

tatsächlich als großer Vorteil,<br />

denn so kann bei jeder Witterung und<br />

Schneelage der Standort der besenderten<br />

Tiere regelmäßig erhoben werden.<br />

„Stippvisiten“<br />

Es zeigte sich, dass Rehgeißen, sobald es<br />

die Witterung zuließ, immer wieder einmal<br />

einen Ausflug in ihr Sommerstreifgebiet<br />

unternahmen, um danach aber wieder in<br />

tiefere Lagen zu ihrer Fütterung zurückzukehren.<br />

Man hat das Gefühl, dass sie einfach<br />

nur einmal kurz daheim vorbeischauen<br />

wollen – eine „Stippvisite“, auch bei hoher<br />

Schneelage und über eine Strecke von<br />

mehreren hundert Höhenmetern – 1 bis 1,5<br />

Kilometer sind dabei nichts Außergewöhnliches.<br />

Betrachtet man dieses Verhalten aus<br />

rein energetischer Sicht, ergibt es eigentlich<br />

keinen Sinn. Am Ende <strong>des</strong> Winters lösen<br />

sich die Gruppen auf. Böcke beginnen mit<br />

dem Markieren ihrer Reviere. Jährlinge gehen<br />

eigene Wege oder werden von den erwachsenen<br />

Böcken vertrieben, man kann<br />

nun sogar manchmal kleinere Gruppen von<br />

ihnen beobachten, oft mit einem noch revierlosen<br />

Zweijährigen dabei. Schmalgeißen<br />

versuchen weiter, Kontakt mit ihrer Mutter<br />

zu halten und suchen oft wie ein Kitz laut<br />

fiepend Anschluss. Spätestens mit Beginn<br />

der Setzzeit sind sie alleine, manche Beobachter<br />

sprechen davon, dass sie von ihren<br />

Müttern regelrecht verjagt werden. ■<br />

Dr. Hubert Zeiler<br />

12 Fotos: Ernst rudigier<br />

Jagd in Tirol 12 | <strong>2009</strong>

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