Große Häuser – kleine Häuser
Große Häuser – kleine Häuser
Große Häuser – kleine Häuser
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
1. Einführung<br />
Die archäologische Erkundung der quellenkundlich und<br />
forschungsgeschichtlich bedeutsamen Fundlandschaft des<br />
Federseemoores bekam ab 1979 neuen Aufschwung, als<br />
das Landesdenkmalamt Baden-Württemberg (LDA) im<br />
Rahmen des neu begründeten „Projektes Bodensee-Oberschwaben“<br />
mit einer Bestandsaufnahme der prähistorischen<br />
Feuchtbodensiedlungen zwischen Bodensee und<br />
Oberer Donau begann. Neben Geländebegehungen, Vermessungsarbeiten<br />
in freigespülten Pfahlfeldern und<br />
Sondagen im Flachwasser des Bodensees kam es auch in<br />
den oberschwäbischen Seen und Feuchtgebieten zu entsprechenden<br />
Prospektionsversuchen. Da die Fundgebiete<br />
dort zumeist von Grünland, teilweise auch von Wald bedeckt<br />
sind, brachten Luftbildprospektion und einfaches<br />
Absuchen der Oberflächen nur in wenigen Fällen die erwünschten<br />
Ergebnisse. Erst Bohrungen und vor allem die<br />
Begehungen frisch gefräster Entwässerungsgräben gewährten<br />
dann im Lauf der Jahre die gesuchten Einblicke in größere<br />
Moorflächen und ermöglichten die gezielte Anlage<br />
von Sondierschnitten.<br />
Neben Unternehmungen in verschiedenen Kleinseen<br />
Oberschwabens bildete das Federseeried einen besonderen<br />
Schwerpunkt der Untersuchungen. Hier galt es zunächst<br />
die altberühmten, inzwischen aber durch landwirtschaftliche<br />
Nutzung und Aufforstung überprägten Fundstätten<br />
wiederzufinden und zu prüfen, welcher Informationsgehalt<br />
ihnen noch zugemessen werden konnte. Die Arbeiten<br />
konzentrierten sich zunächst auf das südliche Federseeried,<br />
wo die Grabungen der Forschungspioniere des 19.<br />
Jahrhunderts, vor allem aber die großflächigen Siedlungsgrabungen<br />
der zweiten Forschungsetappe in den 1920er<br />
Jahren stattgefunden hatten. Die Wiederauffindung einer<br />
nahezu vergessenen Siedlungsentdeckung des Biberacher<br />
Archäologen Heinrich Forschner, die in den Riedwiesen<br />
bei Ödenahlen gelang, lenkte 1980/81 den Blick dann<br />
erstmals auf das nördliche Federseemoor.<br />
Es war für den weiteren Fortgang der Untersuchungen von<br />
großer Bedeutung, dass im Rahmen des 1983 begonnenen<br />
DFG-Schwerpunktprogramms „Siedlungsarchäologische<br />
Untersuchungen im Alpenvorland“ für viele Jahre eine<br />
<strong>Große</strong> <strong>Häuser</strong> <strong>–</strong> <strong>kleine</strong> <strong>Häuser</strong><br />
Archäologische Befunde zum Siedlungswandel am neolithischen Federsee<br />
HELMUT SCHLICHTHERLE<br />
Grabungsmannschaft am Federsee tätig war. Am Rande<br />
der nun wieder aufgenommenen Grabungsaktivitäten in<br />
der „Siedlung Forschner“, der letzten, bis dahin noch weitgehend<br />
unberührten Siedlungsentdeckung der 1920er<br />
Jahre im südlichen Ried, kam es zu weiteren Begehungen<br />
und Beobachtungen im nördlichen Federseeried durch<br />
Grabungsleiter und Mitarbeiter. Vor allem Franz Herzig<br />
und Erwin Keefer, aber auch Fridolin Könnel waren dort<br />
prospektiv tätig. Ihren Hinweisen und Fundmeldungen<br />
gingen wir dann seitens der Feuchtbodenarchäologie des<br />
Landesdenkmalamtes Baden-Württemberg gezielt nach.<br />
Abb. 1 Neolithische Siedlungen im Federseemoor. Im vorliegenden<br />
Band behandelte Stationen sind rot hervorgehoben.<br />
13
14<br />
Durch Sondagen erschloss sich in den 1980/90er Jahren<br />
im „Nördlichen Ried“ eine vom Archäologenspaten noch<br />
weitgehend unberührte Fundlandschaft mit sechs neuentdeckten<br />
neolithischen Siedlungsanlagen und mit mehreren<br />
Anzeichen auf weitere Siedlungen (Abb. 1). Die in<br />
sommerlichen Sondagekampagnen betriebenen Untersuchungen<br />
kamen 1996 zu einem vorläufigen Abschluß, als<br />
am Rande des „Westlichen Riedes“ bei Neubauten an der<br />
Wuhrstraße von Bad Buchau metallzeitliche Bohlenwege<br />
und im daneben liegenden Bauerwartungsland der Torwiesen<br />
neolithische Siedlungen entdeckt wurden. Es galt<br />
nun, die Arbeitskraft auf die hier fälligen Rettungsgrabungen<br />
zu konzentrieren. Für die Sondagen im nördlichen<br />
Ried ergab sich somit eine Zwangspause, die für eine Aufarbeitung<br />
archäologischer Teilaspekte, vor allem aber des<br />
geborgenen naturwissenschaftlichen Probenmaterials genutzt<br />
wurde. Der vorliegende Band legt über die durchgeführten<br />
Spezialuntersuchungen Rechenschaft ab.<br />
Die archäologischen Untersuchungen in den Siedlungen<br />
„Ödenahlen“ und „Hartöschle“ wurden bereits abschließend<br />
publiziert (SCHLICHTHERLE 1995b; STROBEL 2000a),<br />
die Sondagen in den anderen Stationen des nördlichen Federseeriedes<br />
in Vorberichten vorgestellt. Zudem erfolgte<br />
eine Aufarbeitung alter Grabungen im Südlichen Ried<br />
(STROBEL 2000b; BOLLACHER 2001a). Die im Folgenden<br />
gegebene Zusammenfassung der archäologischen Sondageergebnisse<br />
im nördlichen Ried stellt somit einen Zwischenbericht<br />
der willkürlich unterbrochenen Feldforschungen<br />
dar. Zudem werden archäologische Ergebnisse<br />
zu den bereits vorgelegten Stationen Hartöschle und Dullenried<br />
zusammengefasst und vorläufige Ergebnisse der<br />
Rettungsrabung in den Torwiesen komprimiert vorgelegt.<br />
Damit erhalten die Spezialuntersuchungen und naturwissenschaftlichen<br />
Beiträge ihren Rahmen.<br />
Abb. 2 Alleshausen-<br />
Hartöschle. Haus 1<br />
und 2, Raumaufteilung<br />
und Lage der<br />
Feuerstellen und des<br />
Kuppelofens.<br />
2. Alleshausen-Hartöschle<br />
2.1 Topographie<br />
Das <strong>kleine</strong>, nach dem nahe gelegenen Gewann „Hartöschle“<br />
benannte Siedlungsgelände Alleshausen-Hartöschle<br />
(Gde. Alleshausen, Lkr. Biberach) befindet sich etwa 2 km<br />
NNO der Ortschaft in den „Riedwiesen“ auf den Parzellen<br />
501 und 502/1. Die Station liegt weit vorgeschoben im<br />
buchtförmigen Seebecken, der Westflanke des nördlichen<br />
Riedes vorgelagert. Möglicherweise befand sie sich hier<br />
zwischen einem <strong>kleine</strong>n Zufluss und dem See in einer<br />
halbinselartigen Position. Die Entfernung zum Mineralboden<br />
beträgt etwa 250 m. Die Grundwasserdurchströmung<br />
ist in diesem Bereich, der vom Hang her Zufluß erhält,<br />
gut. Die Erhaltung der Fundschichten erwies sich im<br />
Innern des Kulturschichtpaketes als exzellent. Die Moorüberdeckung<br />
ist heute durch Torfstich und Torfschwund<br />
reduziert. Entwässerungsgräben bedingen eine partielle<br />
Durchlüftung der obersten Kulturschichtbereiche.<br />
2.2 Grabung und Befunde<br />
Begehungen der frisch gereinigten Entwässerungsgräben<br />
durch E. Keefer brachten im Frühjahr 1984 erste Hinweise<br />
auf Baubefunde. Die Grabungsfräse hatte einen Holzfußboden<br />
und Lehmestriche auf etwa 10 m Länge durchschnitten.<br />
Im Sommer desselben Jahres wurden erste Sondiergrabungen<br />
angesetzt, die im Folgejahr eine Fortsetzung<br />
fanden (KEEFER/KÖNINGER 1985). Dabei wurden im<br />
Entwässerungsgraben die Befunde ausgegraben, ein Profil<br />
entlang der Grabenwand aufgenommen und Bohrungen<br />
im Umfeld niedergebracht. 1992/93 kam es zu Gefrierkernbohrungen<br />
in engem Raster, die den Nachweis von
zwei eng nebeneinanderliegenden <strong>Häuser</strong>n bestätigten,<br />
denen in gleicher Bauflucht wohl ein drittes Gebäude zugesellt<br />
war, dessen Befunde jedoch nur rudimentär erhalten<br />
sind. Zwei Teilbereiche der <strong>Häuser</strong> 1 und 2 wurden auf<br />
insgesamt 127 qm flächig aufgedeckt. Die Grabungen erfassten<br />
lediglich die obersten Lagen der durch vielfache<br />
Fußbodenerneuerungen mächtig aufgeschichteten Hausplätze.<br />
Haus 1 umfasst insgesamt acht Holzfußböden. Die<br />
Gebäude sind zweiräumig. Haus 1 hat zudem einen Vorplatz,<br />
im Rückraum befindet sich ein Kuppelofen (Abb.<br />
2). Die aus Holzfußböden, Pfosten, Wandelementen, Lehmestrichlagen<br />
und organischen Abfallschichten aufgebauten<br />
Befunde der ebenerdig auf Niedermoor errichteten<br />
<strong>Häuser</strong> erwiesen sich durch Transgressionen rundum abgespült<br />
und von Mudden überlagert. Die Befunde sind<br />
bereits abschließend vorgelegt (STROBEL 2000a), so dass<br />
sich hier eine detaillierte Beschreibung erübrigt.<br />
Im Gegensatz zu den etwa zeitgleichen Siedlungen Riedschachen<br />
II, Taubried I und Ehrenstein mit etwa 20<strong>–</strong>40<br />
Gebäuden handelt es sich bei Alleshausen-Hartöschle um<br />
einen <strong>kleine</strong>n, aus nur zwei bis drei <strong>Häuser</strong>n bestehenden<br />
Weiler (Abb. 3). Die vielfache Erneuerung der Fußböden<br />
zeigt dabei eine gewisse Kontinuität der Nutzung. Zur<br />
Zeit der Schussenrieder Kultur dürfte das nördliche Federseeried<br />
nur von dieser Kleinsiedlung belegt worden sein.<br />
2.3 Datierung und Fundmaterial<br />
Holzbauteile aus Eiche und Buche, insbesondere aus den<br />
unteren Fußbodenlagen 2 und 3 des Hauses 1 ergaben<br />
dendrochronologische Waldkantendaten zwischen 3920<br />
und 3916 v. Chr. (BILLAMBOZ 1998, 165). Zudem liegt ein<br />
14 C-Datum aus einem über diesen Böden liegenden Eichenbrett<br />
vor: HD 9509<strong>–</strong>9275 5345±30BP, 4315<strong>–</strong>4046<br />
BC cal.<br />
Die <strong>kleine</strong>n Sondageflächen haben ein vielfältiges und reiches<br />
Fundmaterial erbracht. Dieses ist insbesondere mit<br />
seinem verzierten wie unverzierten Keramikspektrum,<br />
aber auch mit Hirschgeweih-Tüllenfassungen, einem zugehörigen<br />
Knieholm und einer Spitzklinge aus Rijckholt-<br />
Feuerstein der Oberschwäbischen Gruppe der Schussenrieder<br />
Kultur zuweisbar. Die Funde umfassen ferner Mahlsteine<br />
und Läufer, Beilklingen, Klopfsteine, Geweihhacken,<br />
Knochen- und Holzgeräte sowie zahlreiche Netz-<br />
senker. Das Fundmaterial wurde von Strobel (2000a, 174<br />
ff.) ausführlich vorgelegt und diskutiert.<br />
3. Bad Buchau-Torwiesen II<br />
3.1 Topographie<br />
Abb. 3 Rekonstruktionsskizze der <strong>kleine</strong>n Siedlung<br />
Alleshausen-Hartöschle, ein Weiler der Schussenrieder<br />
Kultur (Zeichnung H. Schlichtherle).<br />
In den „Torwiesen“ nördlich des mittelalterlichen Straßendammes<br />
von Kappel nach Buchau liegt das Gelände der<br />
Siedlung Torwiesen II (Stadt Bad Buchau, Lkr. Biberach)<br />
auf den Parzellen 2268/1 und 2260. Es ist dies die Engstelle<br />
zwischen dem Festland und der mineralischen Insel<br />
Buchau, die in der mittleren Bronzezeit und in der Eisenzeit<br />
von Bohlenwegen und einem Packwerkweg überspannt<br />
war (BILLAMBOZ 1997; HEUMÜLLER 1998; dies.<br />
2002). Die endneolithische Siedlung liegt stratigraphisch<br />
unter diesen Wegen etwa in der Mitte zwischen Festland<br />
und Insel, jeweils ca. 300<strong>–</strong>400 m von den Moorrändern<br />
entfernt. Sie ist nach dem aktuellen Stand der Grabungen<br />
an drei Seiten von Muddeablagerungen umgeben. Die Frage,<br />
ob es sich hier bereits zur Siedlungszeit um eine Halbinsel-<br />
oder Insellage handelte, harrt noch der Klärung.<br />
Die Dorfstrasse der Siedlung hat eine ähnliche Orientierung<br />
wie die metallzeitlichen Überwege, so dass vermutet<br />
werden kann, dass die Ortschaft ebenfalls an einer Wegverbindung<br />
auf die Insel Buchau angelegt war. Die Siedlung<br />
orientiert sich jedoch vor allem auf die Festlandseite, was<br />
durch stabile Pfostenbauweise des Weges in westliche<br />
Richtung verdeutlicht wird.<br />
3.2 Grabung und Befunde<br />
Die 1996 im Zuge von systematischen Bohrungen auf der<br />
Trasse der metallzeitlichen Bohlenwege entdeckte Siedlung<br />
wird von uns seit 1997 im Zuge einer Rettungsgrabung<br />
im Bauerwartungsland des Moorheilbades Bad<br />
Buchau erforscht. Das Siedlungsareal ist zum augenblicklichen<br />
Zeitpunkt bereits weitgehend ausgegraben. Die Arbeiten<br />
decken die Baubefunde durch Feinpräparation auf,<br />
die Einzelfunde werden eingemessen. Durch PVC-Röhren<br />
stellen wir in jedem Quadratmeter Rasterproben für Phosphatuntersuchungen<br />
und die quantitative Analyse von<br />
pflanzlichen Großresten und Insekten sicher. Tierknochen<br />
werden wie Funde behandelt. Eine Siebung von Kultur-<br />
15
16<br />
v<br />
60<br />
y<br />
40<br />
100<br />
x<br />
2<br />
1<br />
4<br />
0 2.5 3 m<br />
Straße<br />
15 ?<br />
V7<br />
3<br />
6 8<br />
5<br />
Profil 1<br />
120 140<br />
Abb. 4 Bad Buchau-Torwiesen II. Übersichtsplan der Siedlung, Stand 2003. Pfosten schwarz, Begleitpfosten der Dorfstraße gelb,<br />
Feuerstellen in den <strong>Häuser</strong>n orange. Tierknochenverteilung blau, osteologisch bereits untersuchte Grabungsschnitte grün umrandet.<br />
Profilausschnitt 1 (Abb. 5) rot (Grafik W. Hohl/J. Köninger).<br />
Abb. 5 Bad Buchau-Torwiesen II. Profilausschnitt 1 im Bereich des Kleinhauses 14. 1 sandiger Beckenton, 2 Kalkmudde,<br />
3 Lebermudde, 4 Niedermoortorf, 5 Kulturschicht (Hölzer unter Lehmlagen und Feuerstellenbereich des<br />
Hauses), 6 Niedermoortorf, 7 Sedimentreste des Stadtweihers, 8 Torferde (Zeichnung J. Younson; Grafik J. Köninger).<br />
10<br />
14<br />
7<br />
12<br />
9<br />
11<br />
150<br />
13
schichtmaterialien erfolgt lediglich in Sonderfällen, vor allem<br />
wenn Streuungen kalzinierter Knochenpartikel vorliegen.<br />
Die archäologischen und naturwissenschaftlichen<br />
Analysearbeiten haben erst in Teilbereichen der Siedlung<br />
begonnen. Es liegen erste botanische und phosphatanalytische<br />
Ergebnisse (SCHLICHTHERLE/VOGT/HERBIG 2002;<br />
HERBIG 2002) vor. Mehrere Vorberichte unterrichten bereits<br />
ausführlicher über die archäologischen Ergebnisse<br />
(HOHL/SCHLICHTHERLE 1999; BILLAMBOZ/HOHL/<br />
SCHLICHTHERLE 2000; SCHLICHTHERLE 2001; SCHLICHT-<br />
HERLE/HOHL 2002). Hier soll eine Kurzfassung genügen:<br />
Die Siedlungsbefunde liegen auf Niedermoortorf und werden<br />
von einem mächtigen Torfkörper überdeckt (Abb. 5).<br />
Unmittelbar über den Siedlungsruinen und in diesen wurzelnd<br />
wuchs ein Bruchwald dessen zahlreiche Baumstubben<br />
sich bei der Grabung vorfanden. Die in der Regel nur<br />
dünn ausgeprägte, vom umgebenden Torf makroskopisch<br />
oft nicht unterscheidbare Kulturschicht wird am Siedlungsrand<br />
im Norden, Nordosten und Westen der Siedlung<br />
von einer Transgressionsmudde überlagert. Im Bereich<br />
der Bebauung gibt es hingegen keine sedimentologischen<br />
Überflutungshinweise.<br />
Es wurde die komplette Siedlung mit 12 Großhäusern und<br />
2<strong>–</strong>3 Kleinhäusern aufgedeckt (Abb. 4). Die <strong>Häuser</strong> reihen<br />
sich beidseits einer Strasse auf, von der im Westen Begleitpfosten<br />
und im Zentrum des Siedlungsareals Reste der<br />
Bohlenwegskonstruktion erhalten sind. Bei den Großhäusern<br />
handelt es sich um zwei und einschiffige Pfostenbauten<br />
mit mehrlagigem Fußbodenaufbau, die ziemlich regelhaft<br />
mit einem zentralen Feuerstellenbereich ausgestattet<br />
sind und mit Vorplätzen an die Dorfstrasse anbinden. Die<br />
Böden sind zumeist ohne Estrich, die Feuerstellen hingegen<br />
lehmgebaut und scheinen<strong>–</strong> nach einigen Funden angeziegelter<br />
Lehmkuppel(?)fragmente <strong>–</strong> auch Kuppelöfen<br />
umfasst zu haben. Weitere Lehmlinsen weisen auf den partiellen<br />
Einsatz von Lehm im Wandbau hin. Mehrfach<br />
scheinen die hinteren Hausabschlüsse mit Lehm verkleidet<br />
gewesen zu sein. Die Längswände waren, wie Pfostenpaare<br />
und alternierend stehende Pfosten andeuten, wohl vor allem<br />
mit horizontal eingeschichteten Hölzern gebaut (Pfostenstangenwände,<br />
Bretterwände?). In Haus 13 nach hinten<br />
herausgebrochene Stirnwandteile lassen dünne Palisadenwände<br />
in den Giebelflächen vermuten. Die Kleinhäuser<br />
sind einfacher konstruiert und haben lediglich einen<br />
zweifachen, aber sehr stabil gebauten Bodenaufbau (Abb.<br />
6) mit dickem Lehmestrichbelag (Abb. 4), <strong>kleine</strong> Feuerstellen<br />
und nur wenige Pföstchen in den Außenwänden.<br />
Die Befunde der Groß- und Kleinhäuser ähneln konstruktiv<br />
somit denen von Seekirch-Stockwiesen (s. unten), zeigen<br />
im Gegensatz zu diesen aber noch mehr Lehmbauweise.<br />
Die Grabungen brachten einige Abfallkonzentrationen neben<br />
den Hauseingängen zum Vorschein. Hinweise auf eine<br />
siedlungsumgebende Palisade liegen bislang nicht vor. Das<br />
Siedlungsumfeld wird derzeit noch genauer untersucht. Es<br />
liegt somit ein endneolithisches Straßendorf vor, dessen<br />
bauliche Organisation der etwa 300 Jahre jüngeren Siedlung<br />
Seekirch-Achwiesen in hohem Maße gleicht. Hinwei-<br />
Abb. 6 Bad Buchau-Torwiesen II. Das Kleinhaus<br />
14 im Zuge der Ausgrabung 2001 (Foto W. Hohl).<br />
se auf ein Brandereignis im Siedlungsareal gibt es nicht.<br />
Der klare Baubefund ohne Bauüberlagerungen und das<br />
geringe Fundaufkommen sprechen für die Einphasigkeit<br />
der Anlage, der eine Lebensdauer von nur wenigen Jahren<br />
bis Jahrzehnten zugebilligt werden kann.<br />
3.3 Datierung und Fundmaterial<br />
Eichenpfähle der <strong>Häuser</strong> 1 und 3 erbrachten dendrochronologische<br />
Waldkantendaten auf 3293 und 3281 v. Chr.<br />
(BILLAMBOZ/HOHL/SCHLICHTHERLE 2000 u. mündl. Mitt.<br />
A. BILLAMBOZ, Dendrochronologisches Labor Hemmenhofen).<br />
Die Pfähle der anderen <strong>Häuser</strong> (meist Esche) und<br />
auch ihre durchweg aus verschiedenen Laubhölzern, jedoch<br />
niemals aus Eiche gebauten Bodenkonstruktionen<br />
entziehen sich vorläufig noch einer genauen Datierung.<br />
Die dendrochronologischen Untersuchungen sind im<br />
Rahmen einer Dissertation in Arbeit.<br />
Das Fundmaterial umfasst eine vor allem aus Kochtöpfen<br />
bestehende Siedlungsware (Abb. 7). Die Töpfe sind dickwandig,<br />
meist etwas gebaucht mit einziehendem Rand. Es<br />
finden sich aber auch s-förmig geschweifte Topfprofile, die<br />
zusammen mit gelegentlich vorkommender Schlickrauhung<br />
eine Verbindung zur vorausgehenden Pfyn-Altheimer<br />
Gruppe Oberschwabens erkennen lassen. Die Töpfe<br />
sind teilweise mit Einstichreihen unter dem Rand, teils<br />
auch mit Knubben verziert. In wenigen Fällen kommen<br />
frei auf die Gefäßwand aufgesetzte Leistensegmente vor.<br />
Daneben gibt es <strong>kleine</strong> Becher und Schalen sowie Tassen<br />
mit Ösen bzw. Henkelöse. Hinzu kommen zahlreiche<br />
scheibenförmige und konische Spinnwirtel. Das Keramik-<br />
17
Abb. 8 Rekonstruierende Zeichnung eines Henkelgefäßes der Badener<br />
Kultur mit eingefügter kannelierter Scherbe aus der Kulturschicht von<br />
Bad Buchau-Torwiesen II (1) und gesattelter Henkel (2)<br />
(Grafik A. Kalkowski).<br />
Abb. 7<br />
Bad Buchau-<br />
Torwiesen II.<br />
Keramik<br />
(Zeichnungen<br />
H. Schlichtherle<br />
u. A. Kalkowski).<br />
18<br />
spektrum ist der älteren Horgener Kultur zuweisbar. Gute<br />
Entsprechungen finden sich in den Schichten 11<strong>–</strong>12 von<br />
Sipplingen. Gegenüber Sipplingen Schicht 13, Nußdorf-<br />
Strandbad und Dullenried fehlt es an deutlich ausgeprägten<br />
Randkanneluren, an Ritzverzierungen und an innengedellten<br />
Böden. Das Inventar von Torwiesen II ist somit<br />
typologisch etwas früher bzw. im Überschneidungsbereich<br />
zur Fazies Nußdorf-Dullenried anzusetzen. Eine <strong>kleine</strong><br />
Wandscherbe kannelierter Ware (Abb. 8,1) und ein gesat-<br />
1<br />
2<br />
telter Henkel (Abb. 8,2) sind als Kontaktfunde zur Badener<br />
Kultur aufzufassen. Auch die Tassen und Spinnwirtel<br />
deuten auf donauländische Beziehungen hin. Zudem gibt<br />
es Silices (darunter zwei Importstücke aus Kreidefeuerstein),<br />
Felsgesteingeräte (Klopfsteine, Beilrohlinge, Beilklingen,<br />
Mahlsteine und Läufer, Schleifplatten), erhaltungsbedingt<br />
wenige Knochengeräte und Holzgeräte<br />
(Knieholm, Stangenholm, Quirl, Stößel, 10 Fragmente<br />
von Eibenbögen). Auffälligerweise sind alle Mahl- und
Schleifsteine fragmentiert, alle Holzgeräte alt gebrochen,<br />
Steinbeile nur als defekte Stücke oder verworfene Rohlinge<br />
vorliegend, kein einziger Keramikfund ist auch nur annähernd<br />
vollständig und viele Spinnwirtel sind zerbrochen.<br />
Die Siedlung wurde ganz offensichtlich systematisch<br />
geräumt, lediglich das Unbrauchbare blieb zurück.<br />
4. Bad Buchau-Dullenried<br />
4.1 Topographie<br />
Im Grenzbereich zwischen zentralem und südlichem Federseebecken,<br />
befindet sich östlich der Insel Buchau im<br />
Gewann „Dullenried“ (Stadt Bad Buchau, Kr. Biberach)<br />
das Siedlungsgelände gleichen Namens auf den Flurstükken<br />
863<strong>–</strong>865. Die Station ist von der mineralischen Insel<br />
Buchau ca. 700 m, vom gegenüberliegenden Festland bei<br />
Oggelshausen ca. 2 km entfernt und liegt damit so weit<br />
vorgeschoben im Federseebecken, wie keine andere der Federsee-Moorsiedlungen.<br />
Eine vom Ausgräber postulierte<br />
Halbinsellage der Siedlung modellierten wohl erst spätere<br />
Transgressionen heraus. Die Station ist durch Abtorfung<br />
und die Ausgrabungen der 1920er Jahre weitgehend zerstört.<br />
Nur ganz lokal in die Mudde eingesunkene Restbefunde<br />
sind noch erhalten.<br />
4.2 Grabung und Befunde<br />
Die Station wurde 1920, 1928 und 1929 unter Leitung<br />
von H. Reinerth (1936, 60 ff.) weitgehend vollständig ausgegraben.<br />
Die Freilegungsarbeiten erfolgten mit grobem<br />
Gerät, die Grabungsflächen wurden von den Grabungsarbeitern<br />
fortwährend begangen, was in den Feuchtsedimenten<br />
zur „Vermatschung“ führte. Das Fundmaterial wurde<br />
dabei sicher nur zum Teil entdeckt und ohne Einmessung<br />
sichergestellt. Die Flächenbefunde wurden aufgemessen<br />
und ab der zweiten Kampagne in vorzüglichen Planfotografien<br />
festgehalten. Profile kamen indessen nur in seltenen<br />
Fällen zur Dokumentation. Die nach heutigen Gesichtspunkten<br />
nicht mehr befriedigende Grabungstechnik<br />
und Dokumentation erlaubte immerhin eine grundlegende<br />
Neubewertung der Baubefunde. Auf die ausführliche<br />
Darstellung und Diskussion der Befunde sei hier ausdrücklich<br />
verwiesen (BOLLACHER 2001a). E. Wall (1961,<br />
266 ff.) führte 1952 Nachuntersuchungen durch, die vor<br />
allem der moorstratigraphischen Situation galten. Dabei<br />
stieß er auf Estrichreste und entnahm 14 C-Proben. Die Begehungen<br />
des „Dullenriedes“ und Bohrungen durch unser<br />
„Projekt Bodensee-Oberschwaben“ brachten in den<br />
1980er Jahren nur noch wenige Besiedlungsreste zum Vorschein.<br />
Die Wiesen waren damals als Weide genutzt und<br />
von Großvieh stark zertreten, dessen Hufe durch den Torfabraum<br />
bis in die oberflächennahen Mudden einsanken.<br />
Es gab somit nur noch wenig Hoffnung, auf ungestörte<br />
Befunde zu stoßen. Per Zufall wurde aber 1999 bei der<br />
Anlage des „Archäologischen Moorpfades“ das Lehmpaket<br />
einer Feuerstelle angebohrt, die wir dann 2000/01 im<br />
Zuge einer <strong>kleine</strong>n Nachuntersuchung anschnitten und<br />
zur Gewinnung von neuen 14 C-Daten und pflanzlichen<br />
Großresten beprobten (BOLLACHER 2001b).<br />
Die Siedlungsreste lagen zur Zeit ihrer Aufdeckung etwa<br />
25<strong>–</strong>60 cm unter der Oberfläche, die Baustrukturen waren<br />
auf einem etwa 20 cm dicken Niedermoortorf angelegt.<br />
Die Siedlung umfasst 9, durch liegende Holzstrukturen<br />
und andere Befunde nachweisbare <strong>Häuser</strong>, zudem fanden<br />
sich Pfostenstrukturen wohl weiterer <strong>Häuser</strong> (Abb. 10).<br />
Mehrfach sind Überschneidungen und Überlagerungen<br />
der Baubefunde festzustellen. Insgesamt können etwa 12<br />
Gebäude festgestellt werden. Die <strong>Häuser</strong> sind unterschiedlich<br />
orientiert. Bollacher (2001a, 202 f.) unternahm den<br />
Versuch, Orientierungsgruppen zu unterscheiden. Einige<br />
Gebäude lassen sich auch diesen Gruppen nicht zuordnen,<br />
so dass eine mehrphasige Siedlung mit jeweils nur wenigen<br />
gleichzeitigen Gebäuden vorauszusetzen ist (Abb. 9). Die<br />
Baubefunde sind entgegen der Auffassung des Ausgräbers<br />
<strong>–</strong> Reinerth sah in ihnen ovale Reisighütten <strong>–</strong> klar als <strong>kleine</strong><br />
Rechteckhäuser zu interpretieren. Die Gebäude hatten<br />
mehrlagig unterbaute Prügelböden mit Lehmestrichbelag<br />
(Abb. 11), enthielten Feuerstellen und wiesen Pfosten und<br />
Pföstchenstrukturen entlang der Wände auf. Mittelpfosten<br />
sind indessen nur im Bereich des unklaren Hausgrundrisses<br />
6 und der unvollständigen Pfostenstruktur B<br />
Abb. 9 Bad Buchau-Dullenried. Zeichnerische Skizze<br />
verschiedener Siedlungsphasen nach den Orientierungsgruppen<br />
von BOLLACHER 2001a (Zeichnung H. Schlichtherle).<br />
19
20<br />
Abb. 10 Bad Buchau-Dullenried. Siedlungsplan mit Eintragung der Profilaufnahmen in Schnitt 1 der Nachuntersuchung<br />
2000/2001 (nach BOLLACHER 2001a).
Abb. 11 Bad Buchau-Dullenried. Rekonstruktion<br />
von Hausböden nach BOLLACHER 2001a, 190.<br />
festzustellen, so dass sich vor allem einräumige, mit einer<br />
Feuerstelle ausgestattete Kleinhäuser rekonstruieren lassen,<br />
deren Dachlast von einer größeren Zahl von Wandpfosten<br />
getragen wurde. Die Gebäude ähneln in ihrer<br />
Grundform und mittelpfostenlosen Konstruktion den<br />
Kleinhäusern von Alleshausen-Grundwiesen, weisen im<br />
Gegensatz zu diesen jedoch stabilere Wandpfosten auf. Vor<br />
allem sind sie mit Lehmestrichen ausgestattet, was sie in<br />
die Nähe der Kleinhäuser der Siedlung Bad Buchau-Torwiesen<br />
II bringt.<br />
4.3 Datierung und Fundmaterial<br />
Leider konnte bei den Nachuntersuchungen kein geeignetes<br />
Holzprobenmaterial für dendrochronologische Analysen<br />
sichergestellt werden. Zur 14 C-Datierung wurden zwei<br />
Holzkohlestraten aus der Feuerstelle des Hauskomplexes<br />
7a/b herangezogen (Abb. 12). Die gewonnenen Daten liegen<br />
kalibriert im Bereich 3332<strong>–</strong>3035 v. Chr. (Abb. 13)<br />
und sind aufgrund der Plateaulage der Kalibrationskurve<br />
nicht präziser zu fassen.<br />
Das Fundmaterial umfasst Kochtöpfe der Horgener Kultur<br />
mit Randlochung, Fingertupfenreihen und Randkanneluren.<br />
Durch plastische Applikationen (Fingertupfenleisten,<br />
glatte Leisten, Leistensegmente und Knubben) und<br />
innengetupfte Standböden ist das Keramikspektrum in die<br />
zeitliche Nähe von Nußdorf-Strandbad und Sipplingen<br />
Schicht 13 zu stellen. Damit ergibt sich eine Einordnung<br />
in die ältere Horgener Kultur, allenfalls noch in den Übergang<br />
zur mittleren Horgener Kultur. Eine zeitliche Überschneidung<br />
mit Torwiesen II ist möglich, das Fundmaterial<br />
vom Dullenried dürfte in der Masse jedoch etwas jünger<br />
einzustufen sein. Die Zeitspanne kann aufgrund typologischer<br />
Argumente im Vergleich zu den datierten Komplexen<br />
am Bodensee auf etwa 3280<strong>–</strong>3150 v. Chr. geschätzt<br />
werden. Es ist denkbar, dass erste <strong>Häuser</strong> der Siedlung bereits<br />
zur Zeit von Torwiesen II bestanden und eine letzte<br />
Besiedlung im Übergang zur mittleren Horgener Kultur<br />
um 3150 v. Chr. erfolgte.<br />
Abb. 12 Bad Buchau-Dullenried, Sondage 2000/2001. Profil durch<br />
eine mehrphasige Herdstelle im Bereich von Haus 7a/b. 1 Mudde,<br />
2 Torf, 3 Feuerstellenpackung aus Lehmlagen mit Brandplatten<br />
(orange), Kohle- und Aschelagen (schwarz) und Lagen parallel<br />
geschichteter Holzruten (Zeichnung Ch. Bollacher/Grafik J. Köninger).<br />
Abb. 13 Bad Buchau-Dullenried. Kalibration der 14 C-<br />
Daten aus Holzkohlebändern der Feuerstelle in Haus 7a/b,<br />
zur Position der Proben vgl. Abbildung 12.<br />
21
22<br />
Gut in diesen zeitlichen Ansatz passt das Vorkommen von<br />
einigen Spinnwirteln und einer Hirschgeweih-Klemmschäftung.<br />
Das Fundmaterial enthält ferner Steinbeile und<br />
Beilrohlinge, es fehlen jedoch bezeichnenderweise Beilklingen<br />
aus Edelserpentin. Zudem liegen vor: Silices (zwei<br />
Pfeilspitzen, mehrere „Horgener Messer“ <strong>–</strong> davon keines<br />
mit Sichelglanz <strong>–</strong>, ein geschäftetes Faustmesser), Klopfsteine,<br />
Schleifsteine, Geweih- und Knochengeräte, mehrere<br />
hölzerne Knieholme und ein Stangenholm, Holzgefäße,<br />
Birkenrindenrollen, ein Seilknoten, ein Kamm und Zahnanhänger<br />
eines zusammengehörigen Colliers. Ein Webgewicht<br />
bezeugt neben den Spinnwirteln die Textilproduktion.<br />
Auffällig ist das Fehlen von Mahlsteinen und Sichelglanz.<br />
Das Fundmaterial ist bei Bollacher (2001a, 203 ff.)<br />
katalogmäßig erfasst und wird dort eingehend diskutiert.<br />
5. Seekirch-Stockwiesen<br />
5. 1 Topographie<br />
An der Ostflanke des nördlichen Federseeriedes, deutlich<br />
in den verengten Ausläufer des Moores zurückgesetzt, befindet<br />
sich die Station in den „Stockwiesen“ (Gemeinde<br />
Seekirch, Lkr. Biberach). Sie liegt etwa 700 m NNO der<br />
Ortschaft Seekirch in den Flurstücken 679<strong>–</strong>682 und ist<br />
etwa 125 m vom mineralischen Hang in das Moor vorgeschoben.<br />
Die Siedlungsbefunde liegen nur 10<strong>–</strong>50 cm unter<br />
der Grasnarbe und leiden erheblich unter der Austrocknung<br />
des Riedes. Zahlreiche Tiergänge reichen bereits bis<br />
in die Bauschicht.<br />
5.2 Grabung<br />
Erwin Keefer entdeckte die Siedlung 1985 durch offenliegende<br />
Lehm- und Holzbefunde in einem Entwässerungsgraben<br />
(Graben M). Im Sommer 1991 kam es zu ersten<br />
systematischen Untersuchungen durch eine Profilaufnahme<br />
im Graben, einige Sondierschnitte und ein Bohrprogramm.<br />
Die Untersuchungen wurden 1992<strong>–</strong>1996 durch<br />
die vollständige Freilegung eines Hauses (Haus 1) und<br />
schmale Sondierschnitte fortgesetzt, die es erlaubten, den<br />
Baubestand der Siedlung mit insgesamt 11 <strong>Häuser</strong>n weitgehend<br />
zu erfassen. Zudem erfolgte 1995 eine geophysikalische<br />
Prospektion des Geländes mit hochauflösendem<br />
Magnetometer durch Bernd Becker. Diese zeichnete jedoch<br />
lediglich das Siedlungsgelände durch leicht erhöhte<br />
Abb. 14 Seekirch-Stockwiesen. Plan der endneolithischen Siedlung nach Bohr- und Grabungsbefunden.<br />
Die erschlossenen Standorte der <strong>Häuser</strong> sind gerastert, Feuerstellen sind blau markiert, Abfallhaufen<br />
gerastert. Die Lage des Bohrtransektes, Strecke A<strong>–</strong>B (Abbildung 16) und des Ostprofiles aus Schnitt<br />
18, Strecke C<strong>–</strong>D (Abbildung 24) sind rot eingetragen.
Werte nach und erlaubte keine weitere Identifizierung von<br />
Feuerstellen oder Baubefunden. Insgesamt deckten wir in<br />
den Sondier- und Grabungsschnitten 380 qm auf, das sind<br />
etwa 20 % des gesamten Siedlungsgeländes. Die Sondagen<br />
konnten in den trockenen Sommermonaten weitgehend<br />
ohne künstliche Entwässerung durchgeführt werden. Die<br />
Grabungsarbeiten erfolgten mit Feingerät unter Einzeleinmessung<br />
der Funde und Holzbauelemente. Auf eine Siebung<br />
des Grabungsaushubes haben wir angesichts der<br />
Fundarmut und der generellen Schwierigkeit, die es beim<br />
Schlämmen von stark durchwurzelten Torf- und Kulturschichtablagerungen<br />
gibt, verzichtet. Proben für botanische<br />
und insektenkundliche Untersuchungen bargen wir<br />
in Profilkästen und in Flächenproben dort, wo die Kulturschicht<br />
deutlich ausgeprägt war. Mehrere Vorberichte unterrichten<br />
über die Unternehmungen (SCHLICHTHERLE/<br />
STROBEL 1991; SCHLICHTHERLE/MAIER 1992; SCHLICHT-<br />
HERLE 1995c). Die Sondagen sollen zur Absicherung der<br />
Ergebnisse und zur Klärung offener Fragen 2005/06 fortgesetzt<br />
werden.<br />
5.3 Befunde<br />
Die Strukturen der Siedlung erschließen sich aus Bohrungen<br />
und linearen Sondierschnitten (Abb. 14). Bohrungen<br />
und Aufschlüsse geben einen guten Überblick der Schich-<br />
Abb. 15 Seekirch-<br />
Stockwiesen. Rekonstruktionsskizze<br />
der<br />
Siedlung, im Vordergrund<br />
Haus 1 (Zeichnung<br />
H. Schlichtherle).<br />
tenfolge im Siedlungsgelände. Ein hier in vereinfachter<br />
Wiedergabe vorgelegter Transsekt von NW nach NO<br />
(Abb. 14 A<strong>–</strong>B; 16) folgt in etwa einem von<br />
H. LIESE-KLEIBER (1996) pollenanalytisch untersuchten<br />
Bohrtranssekt, so dass eine zeitlich Einordnung der Straten<br />
möglich ist. Im Siedlungsbereich steht der glaziale Bekkenton<br />
1,5<strong>–</strong>1,7 m unter Flur an (Abb. 16,1). Darüber liegen<br />
Alleröd-zeitliche Niedermoortorfe, die in ihrem oberen<br />
Bereich in unterschiedlicher Weise mit Sand- und<br />
Kieslagen durchsetzt sind, die schließlich in eine reine<br />
Sand/Kieslage der Jüngeren Dryas übergehen. Dies sind<br />
die landwärtigsten Ausläufer des bereits erwähnten Strandwallkomplexes<br />
(Abb. 16,2). Im Hangenden folgen präboreale<br />
bis atlantische Leber- und Torfmudden (Abb. 16,3),<br />
denen ein 15<strong>–</strong>20cm mächtiger Niedermoortorf (Wechsellagen<br />
von Wurzeltorf und Laubmoostorf) aufliegt, der bereits<br />
ins frühe Subboreal zu stellen ist (Abb. 16,4). Dieser<br />
Torf bildet den Baugrund der Siedlung, deren Befunde<br />
von einem optisch kaum unterscheidbaren Niedermoor<br />
überdeckt werden (Abb. 16,6). In diesem Horizont gibt es<br />
Lagen stark zersetzten Bruchwaldtorfes. Vor allem waren<br />
in den Grabungsflächen Baumstubben festzustellen, deren<br />
Wurzeln in die endneolithischen Baubefunde eingriffen.<br />
Dieser Bruchwald wurzelte unmittelbar über und in den<br />
Bauresten und dürfte zeitlich in die Nähe des Wüstungsereignisses<br />
zu stellen sein. Die über dem Siedlungshorizont<br />
liegenden Torfe werden vom See her von einer 5<strong>–</strong>10cm<br />
23
24<br />
Abb. 16 Seekirch-Stockwiesen. Stark überhöhter Bohrtransekt durch die Siedlung auf der Achse A<strong>–</strong>B (vgl. Abb. 14) mit<br />
Hervorhebung der Transgressionsmudde (7, schraffiert), des Siedlungshorizontes (5, rot) und des spätglazialen Strandwallkomplexes<br />
mit Sanden und alten Torfen (2, hellgrün koloriert) (Zeichnung A. Kalkowski/H. Schlichtherle).<br />
mächtigen, olivfarbenen Transgressionsmudde überlagert<br />
(Abb. 16,7), die noch nicht datiert ist. Diese Mudde geht<br />
im landwärtigen Siedlungsbereich in die oberflächennah<br />
stark zersetzten Torfreste über, die wir als vererdeten „Torfabraum“<br />
der einst im Gelände betriebenen Torfstiche bezeichneten.<br />
Diese Transgressionsmudde reicht in der Regel<br />
nicht bis auf die Fundschicht und umspülte nur an wenigen<br />
Stellen die obersten Bauhölzer. Der Bereich des Hauses<br />
1 wurde von der Transgression nicht berührt. Es ist aufgrund<br />
dieses Befundes auszuschließen, dass die Fundarmut<br />
der Station und das Fehlen einer flächig verfolgbaren<br />
Kulturschicht auf spätere Abspülungsvorgänge zurückzuführen<br />
sein könnte.<br />
Der Siedlungshorizont ist vor allem durch seine mehrlagigen<br />
Holzbaubefunde und die eingelagerten Lehmlinsen<br />
der Feuerstellen gut kenntlich. Eine regelrechte Kulturschicht<br />
mit Detrituslagen aus anthropogenen Siedlungsabfällen<br />
ist hingegen nur an einzelnen Stellen ausgebildet<br />
und zumeist nur wenige Zentimeter mächtig. Eine feinstratigraphische<br />
Gliederung der Siedlungsablagerungen<br />
und der einzelnen <strong>Häuser</strong> zueinander ist somit nicht möglich.<br />
Deutlich ausgeprägte Kulturschichtlagen fanden sich<br />
vor allem im Bereich von Abfallhaufen. Es sind dies mehr<br />
oder weniger geschichtete Detrituslagen (Grobdetritus,<br />
Zweigstückchen) in Wechsellage mit Feuerstellenabraum<br />
(Holzkohlen, Asche, Lehmklümpchen, kalzinierte Knochensplitter,<br />
vereinzelt auch Fäkalreste [„Beerenkernkonzentrationen“]).<br />
Solche Abfallbereiche sind jeweils rechts<br />
der Eingangsfront von Haus 1, 3 und 6, sowie an der Straße<br />
im Dorfeingangsbereich (Sn 18) angetroffen worden.<br />
Sie sind stark komprimiert und haben heute noch eine<br />
Mächtigkeit von 2<strong>–</strong>20 cm. Die botanischen und insektenkundlichen<br />
Untersuchungen legen nahe, dass in diesen<br />
Abfallbereichen auch Tierdung gelagert war (Beiträge<br />
MAIER u. SCHMIDT in diesem Band). In <strong>kleine</strong>ren Flecken<br />
reichen solche „Mistkleckse“ vor Haus 1 auch in den Bereich<br />
des Vorplatzes und der anschließenden Dorfstraße.<br />
Die Baubefunde ergeben einen klaren Plan und lassen nur<br />
wenige Überlagerungen durch jüngere Bauaktivitäten erkennen.<br />
Eine deutliche Überlagerung ist durch Haus 1b<br />
über Haus 1 festzustellen, aber auch im Bereich der <strong>Häuser</strong><br />
5, 11, 8 und 9 gibt es „überzählige“ Pfosten bzw. etwas<br />
merkwürdige, im Einzelnen noch ungeklärte Richtungsänderungen<br />
in den Holzlagen, die auf eine Mehrphasigkeit<br />
hindeuten. Zudem zeigt Haus 15 einen schon zur Siedlungszeit<br />
zerfallenden Baubefund. Die Siedlung lässt so<br />
eine gewisse Baudynamik erwarten, bietet aber <strong>–</strong> im Gegensatz<br />
zu den vor allem in jungneolithischen Moorsiedlungen<br />
gängigen, sich vielfach überlagernden Um- und<br />
Neubauphasen <strong>–</strong> das Bild einer nur kurze Zeit von schätzungsweise<br />
10<strong>–</strong>30 Jahren besiedelten Anlage.<br />
Der Siedlungsplan umfaßt 11 große Rechteckhäuser, die<br />
sich giebelständig beidseits einer geraden Dorfstrasse in<br />
dichter Folge aufreihen (Abb. 14; 15). Die <strong>Häuser</strong> 1, 12<br />
und 13, mit jeweils ähnlicher Grundstruktur (Hauptfeuerstelle<br />
im Zentrum, rechts dahinterliegender Nebenfeuerstelle<br />
und Abfallhaufen rechts vom Eingang) zeigen dabei<br />
am deutlichsten, dass sich beide <strong>Häuser</strong>zeilen mit ihren<br />
Eingängen auf die Straßenachse beziehen. Somit liegt, wie<br />
in Torwiesen II, das Schema eines jungsteinzeitlichen<br />
„Straßendorfes“ vor, das sich deutlich von den jungneolithischen<br />
Siedlungen vom „Schema Aichbühl“ unterscheidet.<br />
Alle <strong>Häuser</strong>, mit Ausnahme des Kleinhauses oder auch<br />
nur Anbaues 1b, sind Pfostenbauten. Die Pfosten reichen<br />
tief in den Untergrund. Wir haben nur einzelne bis in eine<br />
Tiefe von 30 cm unter den Siedlungshorizont verfolgt, die<br />
Spitzen dürften jedoch in 1<strong>–</strong>1,5 m Tiefe in den glazialen
Sedimenten stecken. Da die Pfosten durch Komprimierung<br />
des Moorkörpers heute bis in die Grasnarbe durchdrücken,<br />
kann eine Einrammtiefe von mindestens 1,5<strong>–</strong>2m<br />
vorausgesetzt werden.<br />
Die Pfosten sind, soweit dies die Grabungschnitte erkennen<br />
lassen, vor allem in Dreier-Jochen gesetzt, so dass sich<br />
zweischiffige Firstdachhäuser (Satteldachhäuser) ergeben.<br />
Die Gebäude sind aufgrund ihrer Längen-Breiten-Verhältnisse<br />
recht schmalstirnig, so dass im Gegensatz zu den gängigen<br />
Proportionen jungneolithischer Gebäude mit einer<br />
gewissen Berechtigung von „Langhäusern“ gesprochen<br />
werden kann. Ein „genetischer“ Zusammenhang mit den<br />
Langhäusern alt- und mittelneolithischer Tradition besteht<br />
indessen nicht (siehe unten). Von der Dachkonstruktion<br />
fanden sich im Holzversturz keine sicher zuweisbaren<br />
Reste. Einige große Rindenbahnen könnten zur Dachdeckung<br />
gehört haben. Die Gebäude sind mit Holzfußböden<br />
ausgestattet, deren mehrlagiger Unterbau eine gewisse Bodenfreiheit<br />
von etwa 20<strong>–</strong>30 cm gewährte, so dass die Bodenbeläge<br />
vom feuchten Untergrund abgerückt waren. Es<br />
fehlt in allen Gebäuden jeglicher Nachweis von Fußbodenestrichen<br />
oder gar Wandlehmen. Vielmehr zeigen angebrannte<br />
Bodenhölzer um die Feuerstellen mehrfach, dass<br />
die Holzböden in ihrem Umfeld offen lagen. Die Befunde<br />
in Haus 1 belegen, dass der Boden zumindest partiell mit<br />
Rindenbahnen ausgelegt war. Zudem gibt der Befund der<br />
Nebenfeuerstelle des gleichen Hauses den Hinweis auf<br />
eine Bodenisolation durch eingebrachten Torf. An Außenwandkonstruktionen<br />
lassen sich liegende Hölzer in Pfostenzangen<br />
(Pfostenstangenwände, vielleicht auch Bretterwände)<br />
und stehende Stangenwände (Palisadenwände) erschließen.<br />
Diese Wände dürften, da Wandlehme gänzlich<br />
fehlen, mit Moos oder Torf abgestopft gewesen sein. Im<br />
Inneren gab es leichte Flechtwände. Nur die Feuerstellen<br />
sind mit Lehm gebaut und enthalten partiell Rindenbahnen<br />
und Steine.<br />
5.3.1 Hausbefunde im Einzelnen<br />
Haus 1<br />
Zweischiffiger Pfostenbau von 15 x 5 m Grundfläche. Die<br />
tief gegründeten Pfosten bestehen aus Rundlingen, Halblingen<br />
und Radialspältlingen von Eschenstämmen mit 10<strong>–</strong><br />
25 cm Durchmesser. Die Pfosten der Längswände stehen<br />
meist in Pfostenpaaren. Die Mittelpfosten stehen indessen<br />
einfach und bilden zusammen mit den Pfostengruppen<br />
der Wände insgesamt 9 Pfostenjoche, die in Abständen<br />
von ca. 2 m hintereinander gesetzt sind (Abb. 18). Lediglich<br />
im Mittelbereich des Hauses gab es im 6. Joch einmalig<br />
einen Jochabstand von nur 1 m, was mit der Plazierung<br />
der Feuerstelle in Zusammenhang steht.<br />
Es ist zu vermuten, dass die Pfostengruppen der Längswände<br />
liegende Prügel- oder Bretterwände im Sinne von<br />
Pfostenzangen zusammenhielten, von denen allerdings<br />
keine Elemente in situ angetroffen wurden. Darüber hinaus<br />
erlaubten die Doppelpfosten möglicherweise die Konstruktion<br />
eines halbstöckigen Dachgeschosses, in dem ein<br />
Pfosten die Konstruktion der Zwischendecke, der andere<br />
weiter hinaufreichend die Wandpfette trug. Die nordöstliche<br />
Giebelseite des Hauses zeigt durch <strong>kleine</strong>re Zwischenpföstchen<br />
einen klaren Wandabschluß. Dieser bestand offenbar<br />
aus vertikal gestellten Buchenstangen, die in das<br />
Gebäudeinnere hereingebrochen als Versturzlage auf dem<br />
Fußboden erhalten blieben (Abb. 19a).<br />
Die der Dorfstrasse zugewandte Giebelseite des Hauses hat<br />
eine nach innen verschobene Hauswand, so dass ein überdachter<br />
Eingangsbereich bestand. Fünf Pföstchen der<br />
Wandkonstruktion sind auf Höhe des zweiten Pfostenjoches<br />
erhalten. Klare Spuren einer Türöffnung sind nicht<br />
auszumachen, vermutlich lag sie im SO des Firstpfostens<br />
in gerader Flucht mit den anderen Türöffnungen im Gebäudeinneren.<br />
Die nach innen verschobene Giebelfläche<br />
Abb. 17 Seekirch-Stockwiesen.<br />
Haus 1 von SW, im Vordergrund<br />
die Substruktion der<br />
Dorfstraße (Foto LDA).<br />
25
26<br />
Abb. 18 Seekirch-Stockwiesen. Haus 1 mit Anbau 1b, Hölzer des Fußbodens und Pfähle. Eingetragen sind die Gliederung des<br />
Gebäudes und die Feuerstellen, F = Flechtwände. Die Lage der Profile 1 und 2 im Bereich der Feuerstelle im Mittelraum ist rot<br />
hervorgehoben (unten). Pfahlplan mit Eintrag der Joche (oben).<br />
des Hauses gibt sich auch im Erhaltungszustand des Hausbodens<br />
gut zu erkennen, der außerhalb der Wand <strong>–</strong> wo er<br />
der Atmosphäre ausgesetzt war <strong>–</strong> abrupt schlechter erhalten<br />
ist. Hier ist er nur noch in Rudimenten und im Bereich<br />
der Vorplatz-Feuerstelle zu erkennen, wo durch Verkohlung<br />
der Holzoberflächen lokal bessere Erhaltungsbedingungen<br />
bestanden. Die Feuerstelle besteht aus einer etwa<br />
1 qm großen Lehmlinse mit Brandspuren im Umfeld des<br />
Firstpfostens. Die einfache Lehmlage war auf den Holzboden<br />
aufgebracht.<br />
Das Haus hatte neben dem überdachten Vorplatzbereich<br />
vier durch leichte Innenwände abgetrennte Räume (Abb.<br />
18). Die beiden Vorderräume waren durch eine Längswand<br />
getrennt, wie <strong>kleine</strong> Begleitpfosten in der Mittelach-<br />
se des Gebäudes erkennen lassen. Die Vorderräume, von<br />
denen der östliche als Eingangsraum diente, hatten keine<br />
Feuerstellen. Wenige dünne Pföstchen in der O-Ecke des<br />
Raumes deuten vielleicht auf weitere Einbauten hin.<br />
Der drei Joche umfassende Mittelraum wird durch Flechtwände<br />
aus fingerdicken Weidenruten abgetrennt, von denen<br />
sich vertikal zwischen die Bodenhölzer gesteckte Elemente,<br />
partiell auch Reste der horizontalen Flechtung erhielten<br />
(Abb. 19c; 20). Die SW-Begrenzung des<br />
Mittelraumes wird durch zwei versetzt eingebaute Wandscheiben<br />
gebildet, die einen breiten Durchgang zum Vorderraum<br />
W offen ließen, der somit an der Hauptfeuerstelle<br />
partizipierte. Zum Eingangsraum bestand eine schmalere<br />
Türe, deren Durchgangsbereich durch eine auf den Prü-
gelboden aufgedoppelte Holzlage markiert wird. Die<br />
Trennwand zum Hinterrraum ist hingegen in einer Linie<br />
gezogen und lässt einen Türdurchgang südöstlich des Mittelpfostens<br />
frei. Es gibt indessen weder hier noch in den<br />
anderen Durchgängen eine Türschwelle oder Hinweise auf<br />
einen Türrahmen. Das Zentrum des Mittelraumes wird<br />
von einer großen Feuerstelle eingenommen, die sich durch<br />
ihren besonderen Aufbau als Hauptfeuerstelle zu erkennen<br />
gibt. Sie wurde bereits zu Beginn der Bauarbeiten angelegt,<br />
indem man zwischen den Mittelpfosten des fünften und<br />
a<br />
b<br />
c<br />
Signatur der<br />
Holzarten:<br />
Abb. 19 Seekirch-<br />
Stockwiesen. Holzlagen<br />
im Boden von Haus 1.<br />
a oberste Holzlagen,<br />
b Prügellage des<br />
Fußbodens,<br />
c Unterzüge<br />
(Bestimmung<br />
M. Schneider).<br />
27
28<br />
Abb. 20 Seekirch-Stockwiesen. Reste des Flechtwerkwändchens<br />
zwischen Mittelraum und Vorraum (Grafik A. Kalkowski).<br />
sechsten Joches ein etwa 40 cm dickes, steiniges Lehmpaket<br />
einbrachte, das schnell im Grund eingesunken sein<br />
muss. Mehrere große Rundhölzer (dabei ein Birkenstamm)<br />
sind im Lehmpaket enthalten(Abb. 22 u) und sollten<br />
vermutlich zur Stabilität beitragen. Ihre Länge und genaue<br />
Anordnung ist nicht bekannt, da die tieferen Partien<br />
der Lehmpackung nicht ausgegraben wurden. Die Unterzüge<br />
des Fußbodens verlegte man bereits über diese Lehmpackung<br />
hinweg und legte in diesem Bereich die Buchenstangen<br />
besonders dicht, quasi Stange an Stange (Abb.<br />
19c) und überdeckte sie mit einer Rindenlage. Beim Verlegen<br />
der Fußbodenhölzer wurde dann im Bereich dieser<br />
Basis ein rechteckiges Loch von etwa 2,25 x 1,4 m ausgespart<br />
(Abb. 19b). Die Holzenden sind um das Loch herum<br />
sehr sorgfältig in steilem Winkel abgebeilt. Dieser rechteckige<br />
Bodenausschnitt nahm die Lehmlagen der Hauptfeuerstelle<br />
auf. Sie ist im Inneren mehrfach gegliedert und<br />
zeigt Wechsellagen von unverziegelten und gelblich angeziegelten<br />
Lehmen, in die kohle- und aschehaltige Straten<br />
und Rindenbahnen eingeschoben sind (Abb. 22<strong>–</strong>24). Vereinzelte<br />
Fragmente von Kochkeramik und wenige Tierknochen,<br />
Holzkohlenester und <strong>kleine</strong> wie auch große Hitzesteine<br />
sind eingelagert. Die Erneuerungen der Feuerstelle<br />
(es lassen sich mindestens 5 Phasen nachweisen) führten<br />
zu einer sukzessiven Ausweitung der Lehmfläche vor allem<br />
in Richtung SW, so dass so etwas wie eine Lehmtenne um<br />
den Feuerplatz herum entstand, die am Ende 8 qm deckte.<br />
Leider war das Zentrum der Feuerstelle vom Entwässerungsgraben<br />
M gestört. Es blieben jedoch ausreichend Beobachtungsmöglichkeiten<br />
um festzustellen, dass sich keine<br />
geregelten Strukturen von Steineinbauten und auch keine<br />
Hinweise auf eine Ofenkuppel erhalten hatten.<br />
Der wiederum zwei Joche umfassende Hinterraum hatte<br />
einen unvollständigen Fußbodenbelag in der NO-Ecke<br />
des Hauses. Rechts des Einganges befand sich in die SO-<br />
Ecke eingeschmiegt eine etwa 1 qm große Feuerstelle, deren<br />
Lehmlagen auf dem Holzfußboden auflagen. Sie erwies<br />
sich als zweiphasig mit einer Zwischenschicht aus einplaniertem<br />
Torf. Diese Torflage kann als Hinweis darauf<br />
verstanden werden, dass die Böden und vielleicht auch die<br />
Wände mit Torf ausgekleidet und isoliert waren.<br />
Die Substruktion des Hausbodens ist dreilagig aufgebaut<br />
und besteht aus drei längs der Pfahlreihen gelegten Grund-<br />
schwellen aus Eschenrundlingen und aus einem Gitterwerk<br />
von Unterzügen aus dünneren Buchenstangen (Abb.<br />
19c). Erst auf diesen liegt dann der dicht gelegte Prügelboden<br />
des Hauses aus runden, vereinzelt auch halbierten<br />
Stangen unterschiedlicher Holzarten (Abb. 19b). Diese<br />
überragen das Gebäude seitlich in unterschiedlichen Längen<br />
um 30<strong>–</strong>90 cm. Der Boden wies Reste einer Überdeckung<br />
mit Rindenbahnen auf, die allerdings nicht immer<br />
von stark korrodiertem Holzversturz und Ausbesserungen<br />
des Fußbodens zu unterscheiden waren, die den Boden<br />
partiell überlagern (Abb. 19a). Das Gebäude bindet mit<br />
einem in gleicher Weise gebauten Vorplatz schräg an die<br />
Konstruktion der Dorfstrasse an (Abb. 17). Dieser Vorplatz<br />
war, wie bereits beschrieben, durch die Gebäudefront<br />
mit seitlich vorgezogenen Hauswänden partiell überdacht.<br />
An den Vorplatz anschließend fand sich südöstlich des<br />
Hauses ein Abfallhaufen. Dieser bestand aus einer geschichteten<br />
Ablagerung von organischem Detritus und<br />
Holzkohle-Aschebändchen, partiell durchsetzt mit kleinsten<br />
Lehmklümpchen und etwas Fundmaterial.<br />
Haus 1b<br />
An der NO-Seite des Hauses 1 fand sich eine von einigen<br />
dünnen Pföstchen begleitete Bodenkonstruktion, die einem<br />
Anbau, vielleicht auch einem eigenständigen Kleinhaus<br />
zuzurechnen ist. Die Bodenhölzer liegen auf einfachen<br />
Unterzügen sowie auf den Bodenhölzern des Hauses<br />
1 auf, wodurch eine relative Datierung „jünger als Haus 1,<br />
möglicherweise noch zeitgleich mit späterer Nutzung von<br />
Haus 1“ gegeben ist. Das nicht vollständig ergrabene Gebäude<br />
ist nur etwa 3 m breit und dürfte kaum länger gewesen<br />
sein. Es enthält eine <strong>kleine</strong>, auf den Boden planierte<br />
Feuerstelle aus Lehm.<br />
Haus 2<br />
Zweischiffiger Pfostenbau, etwa 4 m breit und mindestens<br />
14 m lang. Nur im Profil des Grabens M und durch<br />
Schnitt 5 aufgeschlossen. Ein großer Mittelpfosten<br />
(Esche) der Konstruktion angeschnitten. Vierlagige Bodenkonstruktion<br />
wie Haus 1, direkt an die Dorfstrasse anbindend.<br />
<strong>Große</strong>, lehmgebaute Feuerstelle in der NW-<br />
Hälfte des Hauses angebohrt und im Profil aufgeschlossen.<br />
Haus 3<br />
Zweischiffiger Pfostenbau, 5 m breit, mindestens 13 m<br />
lang. Nur in den Schnitten 10 und 13 partiell erschlossen.<br />
Mehrere Seitenwand- und Mittelpfosten angeschnitten.<br />
Vierlagiger Fußbodenaufbau mit zahlreichen (mindestens<br />
8) Grundschwellen in Längsrichtung. Hauptfeuerstelle<br />
mangels Bohrung im Hausmittelbereich nicht erfasst. Nebenfeuerstelle<br />
mit Lehmlage auf dem Fußboden im SW-<br />
Bereich des Hauses angeschnitten. Nordwestlich des<br />
Hauseinganges fanden sich in den Schnitten 10 und 11<br />
Detritusreste eines Abfallhaufens.<br />
Haus 4<br />
Zweischiffiger Pfostenbau, etwa 4,80 m breit und nicht<br />
länger als 10<strong>–</strong>11 m. Nur in Schnitt 10 partiell erschlossen.<br />
Vierlagiger Fußbodenaufbau wie Haus 1. Mehrere Wand-
und Mittelpfosten (Esche) angeschnitten. Hauptfeuerstelle<br />
in der Mitte des Hauses erbohrt und in Form einer<br />
Lehmlinse randlich aufgedeckt.<br />
Haus 5<br />
Pfostenbau, etwa 5 m breit, mindestens 14 m lang. In den<br />
Schnitten 10 und 13 partiell ausgegraben. Mehrere Pfosten<br />
in Schnitt 13 deuten auf eine dreischiffige Konstruktion<br />
hin. Die Substruktion des Bodens zeigt eine vom Schema<br />
des Hauses 1 abweichende Gitterlage aus fünf längs<br />
laufenden Grundschwellen und quer liegenden Unterzügen.<br />
In Schnitt 11 fand sich eine Lage längs laufender Unterzüge,<br />
die vermutlich die dritte Substruktionsebene darstellen,<br />
auf der die Prügel des Fußbodens auflagen. Von<br />
diesen Bodenhölzern fand sich in den geöffneten Schnitten<br />
jedoch keine Spur. Feuerstellen wurden nicht erfasst.<br />
Haus 6<br />
Zweischiffiger Pfostenbau, etwa 5 m breit und mindestens<br />
10 m lang. In den Schnitten 12 und 14 partiell freigelegt.<br />
Mehrere Seitenwand- und Mittelpfosten (Esche) ergraben.<br />
Hauptfeuerstelle inmitten des Gebäudes angebohrt. Kleine<br />
Nebenfeuerstelle in Schnitt 14 erfasst. Südlich des<br />
Hauses wurde in Schnitt 12 ein Abfallhaufen mit organischem<br />
Detritus angeschnitten.<br />
Haus 7<br />
Pfostenbau von etwa 5 m Breite und maximal 13 m Länge.<br />
In den Schnitten 12 und 16 partiell erfasst. Vierlagiger<br />
Bodenaufbau wie Haus 1, Prügelboden gut erhalten. Mehrere<br />
Wand- und Mittelpfosten (Esche) angeschnitten.<br />
Hauptfeuerstelle mit Lehmlagen etwa in der Mitte des<br />
Hauses angebohrt. Der Eckpfosten in Schnitt 12 zeigt,<br />
dass bis an die Dorfstrasse herangebaut wurde. Im NO des<br />
Hauses wurden in Schnitt 16 mehrere längs liegende Stangen<br />
angetroffen. Ob es sich hier in der Freifläche zwischen<br />
Haus 2 und 7 um Reste einer weiteren Baustruktur handelt,<br />
bleibt offen.<br />
Haus 8<br />
Pfostenbau, vermutlich von ca. 4 m Breite und 15 m Länge.<br />
In den Schnitten 5, 10 und 19 partiell erfasst. Mehrlagiger<br />
Fußbodenaufbau, durch Torfstich stellenweise stark<br />
gestört. Lehme der Hauptfeuerstelle in der Mitte des Hauses<br />
angeschnitten. Zwei Pfosten der Giebelfront bis nahe<br />
an die Dorfstrasse heranreichend.<br />
Haus 9<br />
Pfostenbau, vermutlich etwa 5 m breit und möglicherweise<br />
etwa 15 m lang. In Schnitt 10 partiell angegraben, Pfosten<br />
in Schnitt 19 vermutlich zugehörig, dort aber starke<br />
Störung durch Torfstich. Genaue Orientierung des Gebäudes<br />
unklar. Vierlagiger Fußbodenaufbau wohl ähnlich<br />
Haus 1. Hauptfeuerstelle etwa im mittleren Bereich des<br />
Hauses angebohrt und angeschnitten, mit 25 cm dickem,<br />
im Zentrum durch Brand gelblich gefärbtem Lehmpaket.<br />
Im Inneren der Feuerstelle fanden sich Rindenbahnen und<br />
eine Lage größerer Steine.<br />
Haus 10<br />
Pfostenbau unbekannter Größe. In den Schnitten 14, 15<br />
und 12 durch einzelne Pfosten (Esche) nachgewiesen.<br />
Hauptfeuerstelle mit Lehmlage angebohrt und partiell<br />
freigelegt. Um und unter dem Lehm wirre Holzlage. Vermutlich<br />
schon zur Siedlungszeit stark ruinöser Hausbefund.<br />
Haus 11<br />
Pfostenbau etwa 4,5 m breit und genau 13 m lang. In den<br />
Schnitten 10, 13 und 19 partiell aufgedeckt. Mehrlagiger<br />
Fußbodenaufbau, im Einzelnen nicht geklärt. Feuerstellen<br />
nicht erfasst. Insbesondere war die hintere Giebelfront des<br />
Hauses klar zu erkennen. Unmittelbar außerhalb der S-<br />
Ecke des Hauses fand sich eine <strong>kleine</strong> Konzentration von<br />
menschlichen Fäkalresten, kenntlich an mehreren Beerenkernkonzentrationen.<br />
Hier bestand offensichtlich ein gelegentlich<br />
aufgesuchter Abtritt.<br />
Abb. 21 Seekirch-Stockwiesen. Rekonstruktion<br />
des Hauses mit Einblick in die<br />
Innenräume (Zeichnung<br />
H. Schlichtherle/A. Kalkowski).<br />
29
30<br />
Abb. 22 Seekirch-Stockwiesen. Profile 1 (oben) und 2 (unten) durch die Feuerstelle im Mittelraum von Haus 1. Bef. 102 Torf, Bef. 104 Feuerstellenkomplex, Bef. 105 Torf,<br />
Bef. 107 Mudde (Lage der Profile s. Abb. 18 unten) (Zeichnung D. Hakelberg, A. Harwath, A. Kalkowski u. H. Schlichtherle; Grafik J. Köninger).
Fragliche Hausbefunde im Bereich F<br />
Eine Bohrung (bei Koordinate 130/50) in der südlichen<br />
Peripherie der Siedlung erfasste blauen Lehm; Nachschürfungen<br />
bestätigen die Existenz einer Lehmlinse an dieser<br />
Stelle. Ob es sich hierbei um die Reste einer Hausfeuerstelle<br />
handelt, ist ungeklärt. In Schnitt 20 kamen stark zerstückte<br />
Hölzer in unregelmäßiger Lage zum Vorschein.<br />
Die Befunde in diesem anscheinend durch Torfstich in<br />
Mitleidenschaft gezogenen Bereich reichen nicht aus, um<br />
eine dritte <strong>Häuser</strong>zeile zu postulieren<br />
Dorfstraße<br />
Die Siedlung wird von Ost nach West von einem Bohlenweg<br />
durchzogen. Dieser führt landwärts in gerader Linie<br />
aus dem Dorf hinaus, seewärts ist seine Fortsetzung noch<br />
nicht erkundet. Diese Dorfstraße hat einen vier- bis fünffachen<br />
Bodenaufbau. Gitterförmig gelegte Unterzugslagen<br />
tragen den Straßenbelag aus dicht aneinander gelegten<br />
Prügeln, der nur an wenigen Stellen erhalten ist und vorwiegend<br />
aus Rundhölzern besteht. Die Straße ist bislang<br />
auf eine Länge von 40 m nachgewiesen und war etwa<br />
2,5m breit.<br />
Befunde im Dorfeingangsbereich<br />
Mit Schnitt 18 konnte die Dorfstraße östlich des bebauten<br />
Areals nachgewiesen werden. Sie ist hier noch durch drei<br />
längslaufende Unterzüge, stark zerstückte, querliegende<br />
Züge und weitgehend vergangene Reste des Prügelbelages<br />
fassbar. Im benachbarten Schnitt 17 fand sich keine Fortsetzung,<br />
der Erhaltungszustand der Straßenbefunde dürfte<br />
sich deshalb nach O schnell verschlechtern. Unmittelbar<br />
im NO der Straße fand sich im Schnitt 18 ein etwa 1/4 qm<br />
großes Abfalldepositum von 4 cm Mächtigkeit. Es enthielt<br />
in fleckiger Anordnung Holzkohlenester, kalzinierte Knochenfragmente,<br />
eine Keramikscherbe, blaue Lehmflecken,<br />
Rindenfetzen und eine Konzentration von Beerenkernen<br />
(Fäkalrest). Beidseits der Straße waren Schichtdiskordan-<br />
zen im Niedermoortorf erkennbar, entlang derer Hölzer<br />
bis in die Mudde herabreichen (Abb. 24). In der Mudde<br />
fand sich hier zudem ein sehr gut erhaltener endneolithischer<br />
Stangenholm, der wohl den Siedlungsabfällen zuzurechnen<br />
ist (Abb. 28,1). Auch südlich des Straßenkörpers<br />
sind im Schnitt 18 Hölzer in der Mudde, vor allem dünne,<br />
horizontal in die Sedimente einsedimentierte Stangen<br />
(Hasel?) beobachtet worden, dabei auch Beilspäne. Die<br />
Straße selbst liegt hingegen eindeutig auf einem Niedermoorpaket.<br />
Es ist denkbar, dass beidseits der Straße von<br />
den Siedlern der Torf (zur Baumaterialgewinnung ?) ausgehoben<br />
war und deshalb die Hölzer und Funde in tieferliegende<br />
Schichten gelangten. Der Dorfeingang wäre so<br />
beidseits von „sumpfigen Gräben“ flankiert gewesen, die<br />
ein Annäherungshindernis darstellten. Die angetroffenen<br />
Stangenhölzer könnten Reste eines sehr leichten Dorfzaunes<br />
sein. Die moorstratigraphisch komplexe Situation verlangt<br />
eine weitere Klärung im Gelände.<br />
5.4 Datierung und Fundmaterial<br />
Es gibt in der Siedlung kein Eichenholz, so dass vorläufig<br />
kein geeignetes Material für eine dendrochronologische<br />
Datierung vorliegt. Es bleibt zu hoffen, dass sich bei Erarbeitung<br />
einer Eschen- und Buchenchronologie noch jahrgenaue<br />
Daten ergeben werden. Buchen- und Eschenholz<br />
Abb. 23 Seekirch-Stockwiesen. Profilsteg in<br />
der Hauptfeuerstelle in Haus 1 (Foto<br />
H. Schlichtherle).<br />
Abb. 24 Seekirch-Stockwiesen. Stark<br />
überhöhtes Profil (Ostprofil Schnitt<br />
18). Der landwärts führende<br />
Bohlenweg (5) liegt auf einem Horst<br />
vorsiedlungszeitlicher Torfe (4),<br />
beidseits sind Hölzer und Funde in<br />
Mudden (3) einsedimentiert. Torfe<br />
(6) und Abraum (7) decken die<br />
Befunde ab (Grafik A. Kalkowski u.<br />
H. Schlichtherle).<br />
31
32<br />
liegt in großer Zahl vor und verspricht zumindest relativchronologische<br />
Ergebnisse zur Beurteilung der siedlungsinternen<br />
Baudynamik. Die Holzproben werden im Rahmen<br />
einer Dissertation bearbeitet.<br />
Vier Eschenpfosten aus Haus 1 sind einer 14 C-Datierung<br />
unterzogen worden. Zur Datierung kamen jeweils die letzten<br />
10 Jahrringe der insgesamt etwa 30jährigen Hölzer, die<br />
eine gleiche Deckungslage in der Jahrringfolge aufwiesen,<br />
also gleichzeitig gefällt worden waren. Die Daten liegen<br />
kalibriert (1σ) nach Stuiver und Kraeds (1986) zwischen<br />
3036<strong>–</strong>2703 v. Chr., mit hohen Probabilitäten im Bereich<br />
2900<strong>–</strong>3000 v. Chr. (Abb. 25). Zudem wurde ein Wurzelstubben<br />
(Erle ?) unmittelbar über dem Siedlungshorizont<br />
verprobt. Dieser ergab ein Rohdatum von 4117±23 BP,<br />
kalibriert (1σ) von 2855<strong>–</strong>2610 v. Chr. Die Datierungen<br />
des Siedlungshorizontes liegen somit tendenziell vor der<br />
Masse der Goldberg III-Daten (SCHLICHTHERLE 1999, 38<br />
Abb. 4).<br />
Das Fundmaterial der Siedlung ist erstaunlich spärlich. Es<br />
liegen aus doch immerhin 380 qm feingegrabener Siedlungsfläche<br />
nur 145 meist kleingescherbte Keramikfragmente,<br />
12 Silices, 2 Steinbeile, 1 Schleifplatte (Abb. 27), 8<br />
Birkenrindenrollen, 1 hölzerner Stangenholm, ein Spaltkeil<br />
und 1 Haken vor (Abb. 28). Zudem lag im Bereich der<br />
Dorfstrasse vor Haus 1 das Fragment eines Wagenrades.<br />
Das <strong>kleine</strong> Keramikspektrum umfasst vor allem steilwandige<br />
Töpfe, die in nahezu allen Fällen durch Inhaltsreste<br />
als Kochgefäße zu deuten sind (Abb. 26). Die Ränder werden<br />
meist von Einstichreihen begleitet, Randkanneluren<br />
oder andere Verzierungen fehlen. Mehrere Flachböden<br />
dürften zu den Kochtöpfen gehören. Hinzu kommen<br />
Fragmente <strong>kleine</strong>rer Gefäße (Abb. 26,12.14) und das<br />
Fragment wohl eines Gefäßes mit abgesetztem Schulterfeld<br />
(Topf oder Knickschüssel?) (Abb. 26,13). Das Formenspektrum<br />
findet gute Entsprechungen in den Siedlun-<br />
Abb. 25 Seekirch-Stockwiesen. Kalibration der Radiokarbondaten<br />
aus 4 Pfählen (Haus 1) der Siedlung Stockwiesen. Analysen Heidelberg,<br />
HD 14808, HD 14749, HD 14750, HD 14748.<br />
Abb. 26 Seekirch-Stockwiesen. Keramik<br />
(Zeichnungen A. Kalkowski).<br />
Abb. 27 Seekirch-Stockwiesen. Schleifplatte aus Sandstein<br />
und Beilklingen aus Edelserpentin.
gen der späten Horgener Kultur am Bodensee, insbesondere<br />
in Schicht 15 von Sipplingen (KOLB 1997). Gegenüber<br />
den Bodenseefunden sind jedoch einige Unterschiede<br />
festzustellen: Die Ränder sind mehrfach sorgsam flach abgestrichen,<br />
es kommt eine sorgsam gerundete, etwas aufgewulstete<br />
Randlippe vor (Abb. 26,11) und die Böden sind<br />
dünner als im Horgen am Bodensee und Zürichsee. Zudem<br />
sind die Tone weniger grob gemagert und die Oberflächenbehandlung<br />
der Gefäße (kaum sichtbare Magerungskörner,<br />
gut verstrichen bis geglättet) ist besser als in<br />
der deutlich gröberen und nachlässiger behandelten Ware<br />
des Bodensee-Horgen. Die Qualität der Ware und die genannte<br />
Ausprägung von Randlippen und Böden sind vielmehr<br />
den Goldberg III-Ensembles vom Schreckensee und<br />
von Seekirch-Achwiesen ähnlich. Im Scherbenmaterial<br />
von den Stockwiesen fehlt andererseits jeglicher Hinweis<br />
auf Leistenapplikationen und Mattenrauhung. Das vorliegende<br />
Fundspektrum ist somit typologisch einer Spätphase<br />
der Horgener Kultur zuweisbar, die bereits Anklänge an<br />
die Goldberg III-Gruppe zeigt. Es vermittelt zwischen den<br />
Fundkomplexen der älteren Horgener Kultur von Dullenried<br />
und Torwiesen II zu den vermutlich nur wenig jüngereren<br />
oder zeitgleichen Funden von Alleshausen-Täschenwiesen<br />
(SCHLICHTHERLE 1999, 39). Auf die grundlegenden<br />
Probleme einer Abgrenzung von Horgen und Goldberg III<br />
in Oberschwaben und im Neckarbecken kann hier nicht<br />
näher eingegangen werden. Letztlich fehlt es noch immer<br />
an gut datierten und ausreichend großen Fundkomplexen.<br />
Es bleibt festzuhalten, dass die für das Keramikensemble<br />
von Seekirch-Stockwiesen gewonnene typologische Einschätzung<br />
(Beginn des 3. Jts. v. Chr.) die gewonnenen 14 C-<br />
Datierungen zu bestätigen vermag.<br />
In das Bild einer Datierung in den späteren Verlauf von<br />
Horgen bzw. in ein frühes Goldberg III passt auch das<br />
Ausbleiben von Spinnwirteln, die am Bodensee vor allem<br />
die ältere und in geringem Umfang noch die mittlere Horgener<br />
Kultur charakterisieren (KOLB 1993; KÖNINGER/<br />
KOLB/SCHLICHTHERLE 2001) sowie das Vorkommen von<br />
Abb. 28 Seekirch-Stockwiesen.<br />
Holzartefakte aus Buche:<br />
1 Stangenholm, 2 Spaltkeil,<br />
3 <strong>kleine</strong>r Haken. Angegebener<br />
Maßstab 5 cm (Zeichnungen<br />
Th. Pollmann/M. Kinsky).<br />
zwei Steinbeilen aus Edelserpentin (Abb. 27). Dieses Importmaterial<br />
(MOTTES/NICOLIS/SCHLICHTHERLE 2002,<br />
127) ist den Siedlungen der ältesten Horgener Kultur am<br />
Bodensee und auch der älteren Horgener Kultur am Federsee<br />
(Dullenried, Torwiesen II) noch fremd. Aus den wenigen<br />
Silices, die aus regionalen Rohmaterialien der Schwäbischen<br />
Alb gefertigt sind (Jurahornstein und Bohnerzjaspis),<br />
sticht ein Abschlagfragment aus Importfeuerstein ab.<br />
Es handelt sich um einen grauen, etwas schlierigen, hell<br />
gepunkteten Kreidefeuerstein, der gute Entsprechungen in<br />
oberitalienischen Silexvorkommen hat. Italienische Importsilices<br />
häufen sich vor allem in den Schichten 14 und<br />
15 der Stratigraphie von Sipplingen (KOLB 1993; SCHLICH-<br />
THERLE 2004b).<br />
Der Stangenholm (Abb. 28,1) gehört zu den typischen<br />
Beilschäften des Endneolithikums. Vergleichsfunde gibt es<br />
sowohl im Horgen von Dullenried und Sipplingen wie<br />
auch aus dem Goldberg III-Kontext von Seekirch-Achwiesen.<br />
Das Vollscheibenrad mit Einschubleisten, ein Fund,<br />
der zu den wenigen Radfunden des Alpenvorlandes gehört,<br />
die eindeutig vor den schnurkeramischen Horizont<br />
zu datieren sind, wurde bereits eingehend vorgelegt und<br />
diskutiert (SCHLICHTHERLE 2002; ders. 2004). Eine auffällig<br />
kupfergrüne Verfärbung auf einem <strong>kleine</strong>n Holzstöckchen<br />
hielten wir für einen Kupferoxidrest (SCHLICHTHER-<br />
LE/MAIER 1995, 77). Das Objekt enthielt bei näherer Untersuchung,<br />
für die wir E. Pernicka, Bergakademie<br />
Freiberg danken, jedoch keine Spuren von Kupfer. Bemerkenswert<br />
ist die Verzierung eines schmalen Birkenrindenstreifchens,<br />
das sich im Haus 1 fand. Die Verzierungen<br />
sind mit einem scharfen Gerät in die Rindenoberfläche<br />
geritzt (SCHLICHTHERLE/MAIER 1992, 77 Abb. 44).<br />
Auffällig ist im Fundspektrum der Stockwiesen das Fehlen<br />
von Mahlsteinen und Läufern. Zwar befinden sich unter<br />
den etwa 430 im Siedlungsareal registrierten Steinen (dabei<br />
viele Hitzesteine) auch Fragmente von Molassesandsteinen,<br />
die zu zerbrochenen Mühlen gehören können,<br />
33
34<br />
doch fehlt es an vollständigeren Stücken. Es liegen somit<br />
ganz ähnliche Verhältnisse vor wie in der Siedlung Bad<br />
Buchau-Torwiesen II, wo es im vollständig ergrabenen<br />
Siedlungsgelände nur <strong>kleine</strong>re Mahlsteinfragmente, aber<br />
keine einzige vollständige Mühle gibt. Dies spricht dafür,<br />
dass die Siedlungen bei ihrer Auflassung systematisch geräumt<br />
wurden. Die geringe Zahl an Keramikfunden erklärt<br />
sich zum Teil aus der schlechten Erhaltungsfähigkeit<br />
der endneolithischen Ware im frostgefährdeten, oberflächennahen<br />
Bereich. Doch auch hier dürften alle noch<br />
brauchbaren Gefäße aus der Siedlung mitgenommen worden<br />
sein.<br />
6. Alleshausen-Grundwiesen<br />
6.1 Topographie<br />
Die Siedlung Alleshausen-Grundwiesen (Gde. Alleshausen,<br />
Lkr. Biberach) liegt am Westrand des nördlichen Riedes.<br />
Sie erstreckt sich über die Parzellen 381 und 384 etwa<br />
250 m nördlich von Alleshausen. Das Siedlungsgelände<br />
befindet sich knapp unterhalb einer Hangkante des Altmoränengebietes,<br />
die ein <strong>kleine</strong>s Uferkliff darstellt. Die<br />
Station liegt somit nur 15 m vom mineralischen Umland<br />
des Federsees entfernt im Moor. Aus der Hangkante treten<br />
Quellen aus, die weiter südlich durch Brunnenstuben gefasst<br />
sind. Die Grundwasserdurchströmung des Fundplatzes<br />
war somit trotz der Moorrandlage immer gut und die<br />
Kulturschicht ist dadurch optimal erhalten. Die Drainie-<br />
Abb. 29 Alleshausen-Grundwiesen.<br />
Plan der Siedlung mit<br />
Eintragung der Bohrfluchten<br />
aus Abbildung 31 (Zeichnung<br />
A. Kalkowski).<br />
rung des als Mähwiese genutzten Geländes entwässert<br />
heute allerdings die Torfabdeckung und erreicht wohl<br />
temporär auch die oberen Schichten des Kulturschichtpaketes.<br />
6.2 Grabung<br />
Bei der Begehung von frisch ausgefrästen Entwässerungsgräben<br />
fand Franz Herzig im Frühjahr 1989 in der Tiefe<br />
des Grabenprofils angeschnittene Hölzer, Steine, Holzkohle<br />
und Keramikscherben (SCHLICHTHERLE 1989, 59).<br />
Im Jahr 1990 wurde mit Sondierarbeiten begonnen, die<br />
sich in Sommerkampagnen bis 1992 weiterführen ließen.<br />
Es wurden Bohrungen mit dem Handbohrgerät niedergebracht,<br />
um die Ausdehnung des Kulturschichtpaketes zu<br />
erfassen. Detailliertere stratigraphische Einblicke ergaben<br />
sich durch Profilaufnahmen in einem der Entwässerungsgräben<br />
(Graben K) und in streifenförmigen Sondierschnitten<br />
(Schnitte 3, 4, 5, 6), ergänzt um eine <strong>kleine</strong>re Grabungsfläche<br />
(Schnitt 1). Nur im Graben K und im Schnitt<br />
3 wurde das Kulturschichtpaket zumindest an einigen<br />
Stellen bis in die sterilen liegenden Schichten durchtieft.<br />
Die Sondagen erfassten ansonsten weitgehend nur die<br />
obersten Lagen der archäologischen Befunde. Etwa<br />
100 qm des Siedlungsareals können somit als partiell untersucht<br />
gelten, dies sind nur etwa 4 % der Fläche.<br />
Die Grabungsflächen wurden mit Motorpumpen <strong>–</strong> in <strong>kleine</strong>ren<br />
Schnitteinheiten auch durch Ausschöpfen von
Hand <strong>–</strong> wasserfrei gehalten. Die Freilegungsarbeiten erfolgten<br />
mit Feingerät nach feinstratigraphischen Einheiten<br />
unter dreidimensionaler Einmessung der Funde und Befunde.<br />
Eine Siebung des Grabungsaushubes erfolgte nicht.<br />
Tierknochen wurden wie Funde behandelt. Probenmaterial<br />
für botanische und insektenkundliche Untersuchungen<br />
bargen wir in einer Serie von Profilkästen im Siedlungszentrum<br />
(Kästen E I) und in Einzelproben.<br />
6.3 Befunde<br />
Die Kulturschicht deckt eine rundliche Fläche von etwa<br />
2000<strong>–</strong>2500 qm (Abb. 29). Die Bohrungen ergaben ein<br />
reich gegliedertes Kulturschichtpaket von bis zu 120 cm<br />
Dicke im Siedlungszentrum, das zu den Rändern ausdünnt<br />
(Abb. 31 ). Entsprechend mächtiger wird die Moorüberdeckung<br />
aus Niedermoortorfen den Siedlungsrändern<br />
zu, die im Zentrum etwa 30<strong>–</strong>50 cm, an der Peripherie etwa<br />
100<strong>–</strong>150 cm beträgt. Hier sind die Erhaltungsbedingungen<br />
auch in den oberen Kulturschichtbereichen noch optimal.<br />
Im SO wird das Kulturschichtpaket von einem dünnen<br />
Muddeband überlagert. Die unmittelbare Oberfläche<br />
des im Moor begrabenen „Siedlungshügels“ wird von einem<br />
Bruchtorf gebildet, der bereits in vorgeschichtlicher<br />
Zeit zersetzende Wirkung hatte. <strong>Große</strong> Baumstubben dieses<br />
Horizontes waren mehrfach mit ihrem Wurzelwerk in<br />
die Oberfläche der Siedlungsschicht eingedrungen.<br />
Lediglich an wenigen Stellen konnten die Kulturschichten<br />
vollständig durchgraben werden, was eine Ausschachtung<br />
von 1,70 m unter die heutige Oberfläche erforderlich<br />
machte (Abb. 32 u.). Die Kulturschichten liegen im Siedlungszentrum<br />
auf einem etwa 10 cm dicken Wurzeltorf,<br />
Abb. 30 Alleshausen-Grundwiesen.<br />
Rekonstruktionsskizze der Siedlung, in<br />
einer späten Bauphase, mit den <strong>Häuser</strong>n<br />
1<strong>–</strong>5 und J, die eine Orientierungsgruppe<br />
bilden. Umgebungsbebauung nur angedeutet<br />
(Zeichnung H. Schlichtherle).<br />
im Liegenden folgen Seeablagerungen (Mudde). Das Gelände<br />
war also bei Errichtung der Siedlung bereits verlandet.<br />
Das Kulturschichtpaket ist weiträumig in großer<br />
Mächtigkeit ausgeprägt (Abb. 31). Eindrucksvoll war die<br />
hervorragende Erhaltung der aus pflanzlichen Partikeln<br />
aufgebauten Straten. Es fanden sich ganze Lagen von<br />
Leinstengeln. Mehrfach trieben große Mengen von Stengel-<br />
und Kapselfragmenten im Schöpfwasser der Grabungsschnitte.<br />
Auch lagen solche Lein-Konzentrationen<br />
oft in merkwürdig schmierigen, im frischen Anstich gelbbraunen<br />
Detritusschichten (z. B. Abb. 32, Befund 107), in<br />
denen die Ausgräber tierische Fäkalablagerungen vermuteten,<br />
ohne hierfür allerdings aus dem makroskopischen Befund<br />
konkrete Belege beibringen zu können. Auffällig war<br />
hingegen in allen Grabungsschnitten das Ausbleiben von<br />
Getreidekörnern.<br />
In den organischen Detrituslagen sind blaugrüne Lehme<br />
und Hölzer von Baukonstruktionen eingelagert. Bis an<br />
den Rand der Kulturschicht sind Lehmestriche angebohrt<br />
worden, so dass von einer Bebauung des gesamten Areals<br />
ausgegangen werden kann. Die Struktur der Baureste erschloß<br />
sich zunächst im Entwässerungsgraben. Hier zeigten<br />
sich angeschnittene Fußböden aus dichten Prügellagen<br />
und Unterzügen. Nach Abnahme der obersten Schichten<br />
kamen weitere Bauphasen zum Vorschein (Abb. 32), deren<br />
Aufdeckung im engen Entwässerungsgraben jedoch nicht<br />
durchgängig weiter betrieben wurde.<br />
Um genaueren Aufschluß über die Holzbauarchitektur<br />
und ihre oberflächennahe Erhaltung zu erlangen, wählten<br />
wir <strong>–</strong> ausgehend vom Entwässerungsgraben <strong>–</strong> einen relativ<br />
hochliegenden, nur 30<strong>–</strong>40 cm unter der Grasnarbe befindlichen<br />
Hausfußboden mit angeschnittener Feuerstelle<br />
35
36<br />
m ü. NN<br />
als Ausgangspunkt für eine flächige Aufdeckung. (Schnitt<br />
1) (Abb. 35). Ergänzt um Befunde in Schnitt 3 ergab sich<br />
auf etwa gleichem Niveau eine Reihe <strong>kleine</strong>r Gebäude<br />
(<strong>Häuser</strong> 1<strong>–</strong>4), der in Schnitt 6 ein ähnlich orientiertes,<br />
möglicherweise zeitgleiches Gebäude vorgelagert war<br />
(Haus 5).<br />
6.3.1 Hausbefunde im Einzelnen<br />
Haus 1<br />
Prügelboden auf vier Schwellhölzern, Grundfläche etwa 4<br />
x 4 m (Abb. 34). Der Befund zeigt nur zwei dünne vertikale<br />
Stangen, die als Pföstchen in Frage kommen. Dem Prügelboden<br />
aufliegend eine Feuerstelle mit angeziegeltem<br />
Lehmestrich etwa in Hausmitte. Eine flach ausgetretene<br />
Lehmplatte reichte von hier in südlicher Richtung aus<br />
dem Gebäude heraus und markiert vielleicht den Bereich<br />
des Hauseinganges, der in Analogie zu anderen prähistorischen<br />
Federseesiedlungen auf dieser wettergeschützten,<br />
dem See zugewandten Seite vermutet werden kann.<br />
Haus 2<br />
Prügelboden auf vier Schwellhölzern, Grundfläche etwa 5<br />
x 3 m (Abb. 34). Reihe dünner Pföstchen in der Südfront<br />
des Hauses, zwei Pföstchen im Feuerstellenbereich. Prügelboden<br />
im Bereich der Feuerstelle rechteckig ausgespart,<br />
unter der Lehmpackung kam der Holzboden einer vorausgehenden,<br />
lagegleichen Bauphase zum Vorschein.<br />
Im Umfeld der Feuerstellen von Haus 1 und 2 sah man<br />
zahlreiche Brandspuren auf den Rundhölzern, was als Indiz<br />
dafür gelten kann, dass die Böden nicht flächig mit<br />
Lehm ausgekleidet waren. Innerhalb der Feuerstellen fanden<br />
sich keine Strukturen, die auf eine spezielle Nutzung<br />
582,33<br />
580,75<br />
579,40<br />
Abb. 31 Alleshausen-Grundwiesen. Profilübersicht<br />
in 3D-Projektion, zweifach überhöht. Mudden<br />
hellgrün, Torfe braun, Kulturschichtpaket rot,<br />
Abraum grau.<br />
N<br />
x 70<br />
Y 85<br />
Graben K<br />
Y 115<br />
als Herd oder Backofen hindeuten würden, auch keine<br />
Rindenlagen, wie sie in mehrfach erneuerten Feuerstellenbereichen<br />
im Grabenprofil zu beobachten waren.<br />
Haus 3<br />
Prügelboden auf vier Schwellhölzern, etwa 5 x 3,70 m<br />
Grundfläche. Zentralbereich des Hauses nicht erfasst. An<br />
der Südseite, ähnlich wie in Haus 1, aus dem Gebäude<br />
herauslaufende Lehmlage. Kleines Pföstchen entlang der<br />
Ostwand.<br />
Haus 4<br />
Prügelboden auf Schwellhölzern, Länge mindestens 6 m,<br />
Breite 4 m (Abb. 33). <strong>Große</strong> Bereiche des Hauses nicht<br />
erfasst. Längliche Lehmplatte im Zentrum. Die Zugehörigkeit<br />
von größeren Pfosten außerhalb der Westwand ist<br />
fraglich.<br />
Haus 5<br />
Prügelboden auf Schwellhölzern (Bef. 615). Breite des Gebäudes<br />
ca. 4,70 m, Länge größer als 4 m. Nur mesialer<br />
Bereich erfasst. Lehmüberdeckung im zentralen und westlichen<br />
Bereich. Mehrere <strong>kleine</strong> Pföstchen im Innenbereich.<br />
Hausbereich J<br />
Die beschriebenen <strong>Häuser</strong> lassen sich durch Bohrbefunde<br />
um einen weiteren Hausbereich mit zentraler Feuerstelle<br />
ergänzen (Abb. 29, J) und sind im Sinne einer „Orientierungsgruppe“<br />
wahrscheinlich zeitgleich. Haus 5 wird von<br />
einer Feuerstelle mit zugehörigem, fragmentarisch erhaltenem<br />
Prügelboden überlagert, so dass auch diese Orientierungsgruppe<br />
nicht die letzte Bauphase der Siedlung darstellt.
Abb. 32 Alleshausen-Grundwiesen. Zusammenhängender<br />
Profilabschnitt in Graben K,<br />
Nordprofil, mit Eintragung der entnommenen<br />
Profilkästen E I-1 bis 4. Bef. 117, 122, 123 u.<br />
127 verschiedene Lehmlinsen. Zu den anderen<br />
Bef.-Nummern vgl. Beitrag Maier, 99 ff.<br />
37
38<br />
Abb. 33 Alleshausen-Grundwiesen. Schnitt durch<br />
Haus 4 von W, im Mittelgrund die Ecke von Haus 3<br />
(Foto H. Schlichtherle).<br />
Hausbereiche A<strong>–</strong>H<br />
Wohl älteren, anders orientierten Bauetappen sind die Gebäudeausschnitte<br />
G <strong>–</strong> mit möglicherweise zugehöriger,<br />
verstürzter Ostwand <strong>–</strong> und H <strong>–</strong> mit tief eingesunkener,<br />
mächtiger Lehmlinse <strong>–</strong> zuzuweisen. Hier zeichnen sich zusammen<br />
mit den Gebäuderesten A<strong>–</strong>F weitere Orientierungsgruppen<br />
ab, im Einzelnen ist eine stratigraphische<br />
Gliederung jedoch schwierig und noch nicht erarbeitet.<br />
Den einräumigen Gebäuden sind die einfach unterbauten<br />
Prügelböden, das Fehlen flächiger Lehmestrichauskleidungen,<br />
die zentral mit Lehm gebauten Feuerstellen und wenige,<br />
meist nur dünne Pföstchen gemeinsam, denen kaum<br />
tragende Funktion zugebilligt werden kann. Die dünnen,<br />
im Querschnitt meist nur 3<strong>–</strong>5 cm messenden, vertikal steckenden<br />
Stangen befinden sich vereinzelt im Innenraum,<br />
in einigen Fällen in den Ecken und entlang der Wände. Sie<br />
dürften Teile leichter Flecht- oder Prügelwände gewesen<br />
sein und hatten im Falle von Bretterwänden vielleicht<br />
auch nur fixierende Funktion. Es ist in diesem Zusammenhang<br />
von Interesse, dass insbesondere neben Haus 5<br />
mehrere Spaltbretter aufgedeckt worden sind, die zum<br />
Oberbau gehört haben dürften. Systematisch gesetzte Seitenwand-<br />
und Mittelpfosten fehlen, so dass es sich nicht<br />
um Pfostenbauten im eigentlichen Sinn handeln kann.<br />
Die Befunde ähneln vielmehr denen des 1986 ergrabenen<br />
Hauses von Alleshausen-Täschenwiesen, das nicht einmal<br />
Pföstchen aufwies und aufgrund weiterer Indizien als<br />
blockhausartige Konstruktion gedeutet wurde (KÖNINGER<br />
1986). Wir müssen uns einen Wandaufbau vorstellen, der<br />
weitgehend pfostenlos gefügt war, aber dennoch genügend<br />
Stabilität aufwies, um selbsttragend zumindest eine leichte<br />
Dachkonstruktion aufnehmen zu können. Dies konnte<br />
durch wohlgefügte Bretterwände aber auch durch Prügelwände<br />
erreicht werden, die an den Ecken überkämmend,<br />
nur von wenigen dünnen Pfostenzangen gehalten werden<br />
mussten. Letztere Version ist im Freilichtgelände des Federseemuseums<br />
mit leichten, birkenrindenbelegten Sparrendächern<br />
rekonstruiert worden.<br />
Weitere Baustrukturen, etwa befestigte Wege oder Siedlungszugänge<br />
ließen sich in den Sondagen nicht mit Sicherheit<br />
erkennen, wenngleich einige der angeschnittenen<br />
Holzstrukturen dahingehend gedeutet werden könnten.<br />
Mehrere Pfosten am West- und Ostende des Schnittes 3<br />
sind als Teile siedlungsumgebender Palisaden aufzufassen.<br />
Es muß betont werden, dass alle auf dem Plan (Abb. 29)<br />
dargestellten Baubefunde im oberen Kulturschichtbereich<br />
liegen. Wie Bohrungen und Tiefsondagen zeigten, folgen<br />
darunter zahlreiche weitere Gebäudereste. Bei vermutlich<br />
geringer Lebensdauer der schwachen Hauskonstruktionen<br />
kam es somit zu vielen Um- und Neubauphasen. Ganz offensichtlich<br />
handelt es sich um noch labilere Strukturen,<br />
als wir sie ohnehin aus den jungneolithischen Siedlungen<br />
wie Hornstaad oder Aulendorf-Steeger See kennen. Dort<br />
ist die Lebensdauer eines Pfostenbaues auf 4<strong>–</strong>20 Jahre begrenzt.<br />
Die <strong>kleine</strong>n Goldberg III-<strong>Häuser</strong> dürften somit<br />
nur wenige Jahre bestanden haben, und es ist nicht auszuschließen,<br />
dass sie sogar nur eine Saison bewohnt waren.<br />
Zur weitgehend ungeklärten Baugeschichte der Siedlung<br />
sollen noch zwei weitere Beobachtungen aufgeführt werden:<br />
Der bereits genannte Befund 107 war insbesondere<br />
im Siedlungszentrum gut ausgeprägt und scheint hier zwischen<br />
den Hölzern einer ersten Bauphase und jüngeren<br />
Bauphasen eine Zwischenschicht zu bilden. Die Matrix<br />
des Befundes war relativ fundarm. Es kann erwogen werden,<br />
dass dieser Befund eine Unterbrechung der Baugeschichte<br />
markiert. Letztlich ist dies aber aus den <strong>kleine</strong>n<br />
Grabungsausschnitten heraus noch nicht zu klären. Im<br />
Siedlungszentrum zeigten sich in mehreren Straten zudem<br />
starke Lehmlinsen, die als Estriche interpretiert und Pfähle,<br />
die damit in Zusammenhang stehen könnten. Vielleicht<br />
gab es in der Mitte der Siedlung einen oder mehrere<br />
Pfostenbauten. Auch hier sind weitere Grabungen abzuwarten.<br />
6.4 Datierung und Fundmaterial<br />
Die Grabungskampagnen brachten kein Eichenholz zum<br />
Vorschein, so dass sich die Hoffnung auf eine absolute<br />
dendrochronologische Datierung nun auf jahrringreiche<br />
Buchenholzproben gründet. Daneben sind zahlreiche Birken-<br />
und Erlenstangen verprobt worden, von denen ein<br />
Beitrag zur relativen Chronologie der einzelnen Bauphasen<br />
zu erwarten ist. Die dendrochronologischen Untersuchungen<br />
sind im Zuge einer Dissertation in Arbeit.
Es wurden neun 14 C-Datierungen aus gut stratifizierten<br />
Materialien gewonnen (Abb. 36). Diese ergeben eine konsequente<br />
Datenfolge mit Ausnahme des stratigraphisch<br />
aus der Mudde geborgenen Holzes (RC 9). Dieses ist offenbar<br />
intrusiv und es dürfte sich um ein schräg von oben<br />
hereingekommenes Holz handeln. Eine Kalibration (1 σ)<br />
der drei aus dem unteren Bereich des Kulturschichtpaketes<br />
gewonnenen Proben nach Stuiver und Kraeds 1986 ergibt<br />
eine Spanne von 3020<strong>–</strong>2700 v. Chr. (Abb. 37). Datiert<br />
wurden Holzkohlen (RC 5), Leinscheben und Grobdetritus<br />
(RC 6) aus der Kulturschichtbasis und ein liegendes<br />
Holz (RC 7) aus dem unteren Kulturschichtbereich. Die<br />
Holzproben aus dem das Kulturschichtpaket nach oben<br />
versiegelnden Bruchwald liegen kalibriert bei 2870<strong>–</strong>2580<br />
v. Chr. Das Holz RC 9 datiert 2919<strong>–</strong>2784 BCcal. Eine<br />
weitere Datenserie ist im Zusammenhang mit der naturwissenschaftlichen<br />
Bearbeitung der Kastenprofile EI erarbeitet<br />
worden (siehe Beitrag MAIER in diesem Band, Abb.<br />
29).<br />
Das Fundmaterial des gesamten Kulturschichtpaketes ist<br />
der Goldberg III Gruppe zuzuweisen. An typischen Keramikfunden<br />
liegen sowohl Scherben grober Lochrandtöpfe,<br />
Töpfe mit Textilabrollung (sog. Mattenrauhung) und<br />
Feinkeramik mit Applikationen und Strich- bzw. Einruckzier<br />
vor (Abb. 38). Hinzu kommen Hirschgeweihgeräte,<br />
vor allem Zapfenfassungen, Knochen- und Holzgerät, darunter<br />
ein vollständiger Stangenholm und mehrere Spaltkeile<br />
(SCHLICHTHERLE 1999, 45 Abb. 10,15; 11,2.5.8; 12,<br />
1.2). Im Feuersteinmaterial gibt es gestielte Pfeilspitzen<br />
Abb. 34 Alleshausen-Grundwiesen.<br />
Holzfußböden von Haus 1 und Haus 2<br />
(Bestimmung M. Schneider;<br />
Grafik A. Kalkowski).<br />
Abb. 35 Alleshausen-Grundwiesen.<br />
Schnitt 1 von W mit den <strong>Häuser</strong>n 1<br />
und 2 (Foto H. Schlichtherle).<br />
39
40<br />
Abb. 36 Alleshausen-Grundwiesen.<br />
Profilskizze zur<br />
stratigraphischen<br />
Lage der 14 C-<br />
Proben (Zeichnung<br />
H. Schlichtherle).<br />
Abb. 38 Alleshausen-Grundwiesen. Keramik (Zeichnungen H. Gruschkus).<br />
(SCHLICHTHERLE 1999, Abb. 10,4-10). Von besonderer Bedeutung<br />
ist ein Wagenrad mit rechteckigem Achsloch, das<br />
bereits ausführlich vorgelegt wurde (SCHLICHTHERLE<br />
2002). Das geborgene Fundmateral ist nicht sehr zahlreich,<br />
eine feinstratigraphische Gliederung deshalb noch<br />
nicht Erfolg versprechend. Es lässt sich jedoch vermuten,<br />
dass <strong>–</strong> angesichts der Schichtmächtigkeit und zahlreicher<br />
Bauphasen <strong>–</strong> eine Abfolge von frühen Keramikformen<br />
ähnlich Alleshausen-Täschenwiesen (KÖNINGER 1986;<br />
SCHLICHTHERLE 1999, 39 Abb. 5) zu späten Formen ähnlich<br />
Seekirch-Achwiesen vorliegt. Leider lässt sich die<br />
Goldberg III-Gruppe in allen Fundstellen Oberschwabens<br />
chronotypologisch noch nicht genauer gliedern (SCHLICHT<br />
HERLE 1999, 38).<br />
Abb. 37 Alleshausen-Grundwiesen. Kalibration der 14 C-Daten von Alleshausen-<br />
Grundwiesen nach STUIVER/KRAEDS 1986. Analysen Heidelberg Hd 1519, 14907,<br />
14603, 15016, 14660, 14908, 15015, 14909.
7. Seekirch-Achwiesen<br />
7.1 Topographie<br />
Das Siedlungsgelände in der Flur „Achwiesen“ (Gemeinde<br />
Seekirch, Lkr. Biberach) liegt am Ostufer des nördlichen<br />
Riedes, etwa 150 m westlich der auf einem Moränenvorsprung<br />
liegenden Ortschaft Seekirch und südlich einer<br />
großen, von dort aus in das Moor hineinragenden Sandzunge,<br />
die ihre Entstehung lateraler Sedimentfracht des<br />
eiszeitlichen Federsees aus dem „Tiefenbacher Kliff“ verdanken<br />
dürfte. Die Fundstelle befindet sich im Bereich der<br />
Parzellen 132<strong>–</strong>134, 136 und 144<strong>–</strong>146. Die Fundschichten<br />
sind zumeist nur noch von einer dünnen Niedermoordekke<br />
abgedeckt, die häufig schon in Moorerde übergeht. Da<br />
die Fundschichten keine Flächen bilden, sondern aus einzelnen,<br />
in die oberflächennahen Mudden abgesunkenen<br />
Paketen bestehen, liegen dennoch optimale Erhaltungsbedingungen<br />
vor. Hier sind selbst Textilien konserviert, was<br />
in den Moorsiedlungen Oberschwabens eine Seltenheit ist<br />
(vgl. Beitrag FELDTKELLER in diesem Band).<br />
7.2 Grabung<br />
Im Zuge einer intensiven Begehung der Entwässerungsgräben<br />
fand Franz Herzig die Fundstelle in den „Achwiesen“<br />
im Frühjahr 1989. Noch im selben Jahr wurde mit<br />
Bohrungen und Sondagen begonnen, die 1990 ihren vorläufigen<br />
Abschluss fanden. Die tiefen Grabungsschnitte<br />
wurden mit Motorpumpen entwässert, die Bedingungen<br />
für Feinbeobachtungen waren gut. Die Sondagen führten<br />
Radfunde<br />
Profil Abb. 42<br />
zu einer Profilaufnahme entlang des Entwässerungsgrabens<br />
(Graben 1) an der Westflanke von Flst. 146 sowie zur<br />
Öffnung einer daran anschließenden Grabungsfläche von<br />
12 qm (Schnitt 2). Der im SO-Bereich der Siedlung liegende<br />
Schnitt 2 verfolgte die tief in Taschen eingesunkenen<br />
Kulturschichten bis in eine Tiefe von ca. 1,5 m unter<br />
die heutige Oberfläche. Hier wurden feinstratigraphische<br />
Grabungsmethoden mit Einzeleinmessung der Funde angewandt.<br />
Eine systematische Siebung des Grabungsaushubes<br />
erfolgte nicht. Tierknochen wurden gleichfalls eingemessen.<br />
Bodenproben für botanische Untersuchungen ließen<br />
sich in den Profilen durch eingedrückte Profilkästen<br />
Abb. 40 Seekirch-Achwiesen. Schnitt 2 von Süden bei der Freilegung<br />
der Kulturschicht. Man erkennt die schräg gedrückten Pfosten (Foto J.<br />
Köninger).<br />
Profil Abb. 43<br />
Profil Abb. 41<br />
Abb. 39 Seekirch-Achwiesen.<br />
Gesamtplan des Siedlungsareales mit<br />
Bohrpunkten, Grabungsschnitten<br />
und im Folgenden abgebildeten<br />
Profilabschnitten (rot). Ausdehnung<br />
der Siedlungsreste (grau gerastert),<br />
Lehmlinsen (blau). Die Pfeile<br />
markieren aus dem Planausschnitt<br />
hinauslaufende Bohrfluchten (Grafik<br />
A. Kalkowski u. H. Schlichtherle).<br />
41
42<br />
und in ergänzenden Einzelproben sicherstellen. Zudem<br />
kam es zur Öffnung von zwei weiteren Aufschlüssen (A1)<br />
im O und (Sn5) im S der Siedlung, in denen jeweils nur<br />
1/4 qm und 1 qm der Fundschicht dokumentiert werden<br />
Abb. 41 Seekirch-Achwiesen. Profilabschnitt in Graben 1. Ostprofil mit Entnahmestelle<br />
des Profilkastens P 2. 1 gebänderte Mudden, 2 Kulturschicht, 3 gebänderte Mudden,<br />
4 Niedermoortorf, 5 Abraum (Zeichnung A. Bonenberger; Grafik J. Köninger).<br />
konnten. Erste Ergebnisse der Sondagen kamen in Vorberichten<br />
zur Veröffentlichung (SCHLICHTHERLE 1989; BO-<br />
NENBERGER 1990).<br />
7.3 Befunde<br />
Die Bohrungen ergaben ein etwa 2000 qm großes, nierenförmiges<br />
Areal, in dem Hölzer und Lehmpakete erfasst<br />
sind. Dies dürfte in etwa der Ausdehnung der Siedlung<br />
entsprechen, von der etwa 1% untersucht ist. Die Zahl der<br />
niedergebrachten Bohrungen war hoch. Der Plan (Abb.<br />
39) verzeichnet bei weitem nicht alle spontanen Bohrungen,<br />
mit denen <strong>–</strong> ohne genauere Dokumentation und somit<br />
auf schnelle Weise <strong>–</strong> das Areal überzogen wurde. Somit<br />
ließen sich Lehm- und Kulturschichtpakete auch außerhalb<br />
des regulären Bohrrasters aufspüren. Insgesamt konnten<br />
etwa 30 solcher lokal ausgeprägter Packungen unterschiedlicher<br />
Mächtigkeit angebohrt werden, die sich deutlich<br />
voneinander abgesetzt über das Siedlungsareal<br />
verteilen. Eine regelhafte Bebauung des Areals lässt sich<br />
über die Lehmansammlungen nicht erkennen. Hinweise<br />
auf eine umgebende Palisade waren weder in den Bohrungen<br />
noch in den Wassergräben zu erhalten.<br />
Abb. 42 Seekirch-Achwiesen. Profilabschnitt aus<br />
Graben 1, Westprofil. 1 Mudden, 2 in die Mudde<br />
eingesunkene Kulturschicht mit Brandschichtelementen<br />
(2a), 3 leicht gebänderte Mudde, 4 Niedermoortorf, 5<br />
Abraum (Zeichnung A. Harwath; Grafik J. Köninger).
paket mit Detritus, Lehm und Brandschutt, 3 gebänderte<br />
Mudden, 4 Niedermoortorf, 5 Abraum (Zeichnung und<br />
Grafik J. Köninger).<br />
Abb. 43 Seekirch-Achwiesen.<br />
Profilabschnitt in Graben 1, Ostprofil.<br />
1 gebänderte Mudden, 2 Kulturschicht-<br />
Die erbohrten Lehmlagen wurden zunächst als Feuerstellenbereiche<br />
klassifiziert, bis die Grabungsschnitte aufzeigen<br />
konnten, dass die Befunde erheblich komplexer zu<br />
deuten sind. Das Gelände wird von Pfahlstellungen, zumeist<br />
aus Eschenrundlingen, durchzogen, die alle so stark<br />
Abb. 44 Seekirch-Achwiesen. Schräg gedrückte Pfosten in<br />
Schnitt 2 (Grafik A. Kalkowski).<br />
nach NO verkippt sind, dass sie erst bei tiefergreifender<br />
Grabung von den liegenden Hölzern klar unterschieden<br />
werden konnten. Sie bilden offenbar eng gestellte Pfostenjoche<br />
(Abb. 44). Die untersuchten Flächen sind zu klein,<br />
als dass über Pfostenstellungen bereits Hausgrundrisse zu<br />
identifizieren wären, doch belegen die Pfählungen, dass<br />
wir uns unzweifelhaft in einer Siedlung mit stabilen Pfostenbauten<br />
befinden, deren Pfähle respektable Querschnitte<br />
von 10<strong>–</strong>16 cm Durchmesser aufweisen. Liegende<br />
Bauhölzer sind in großer Zahl vorhanden, doch lagern sie<br />
in der Regel wirr und nicht im Bauverband. Es sind meist<br />
unverkohlte Rundhölzer unterschiedlicher Dicke, dabei<br />
auch lange Stangenhölzer. Vereinzelt ließen sich mit dem<br />
Beil abgelängte Holzenden feststellen, zudem liegt das Astgabelende<br />
einer Stange vor, deren Gabelenden abgebeilt<br />
sind. Rindenbahnen und angekohlte oder ganz verkohlte<br />
Holzstücke sind nicht selten. An wenigen Stellen musste<br />
man den Eindruck gewinnen, dass parallel eingeschichtete,<br />
dünnere Prügel in Lehmpaketen noch im ursprünglichen<br />
Verband lagen. Sie bilden jedoch nur kleinflächige<br />
Reste vermutlich abgestürzter Bauverbände. Die grünblauen<br />
Lehmlinsen erreichen an manchen Stellen eine<br />
Dicke von 50<strong>–</strong>60 cm, sind in ihrem Inneren jedoch nicht<br />
gegliedert, sondern eher wild von Feuchthölzern, angekohlten<br />
Hölzern, angeziegelten Lehmbrocken und vereinzelt<br />
Hitzesteinen durchsetzt (Abb. 41<strong>–</strong>43).<br />
Die Kulturschicht mit ihren Lehmpaketen, dichten Holzkohlelagen<br />
und unverkohlten organischen Detrituslagen,<br />
u. a. Leinstengelansammlungen und Moospolster, bildet<br />
so ein kleinflächig wechselndes Mosaik. Den Kulturschichtelementen<br />
fehlt zudem eine ebene Auflagefläche,<br />
wie sie in den anderen Moorsiedlungen des Federsees in<br />
der Regel aus einem Niedermoorhorizont gebildet wird.<br />
Vielmehr sind die Kulturschichtelemente in unterschiedlicher<br />
Tiefe in die unterlagernde Mudde eingesunken.<br />
Schwere Lehmpakete reichen sackartig bis 1 m unter die<br />
Oberkante des Fundhorizontes und haben weitere Komponenten<br />
mit hinabgezogen. Vereinzelt fanden sich auch<br />
Kleinfunde und Bauholzstücke noch 80 cm unter der Kulturschicht<br />
in der Mudde. Nur in den obersten Kultur-<br />
43
44<br />
schichtabschnitten lassen sich Detritusbänder großflächiger<br />
verfolgen. Sie bildeten wahrscheinlich die regulären<br />
Siedlungsablagerungen, durch die dann die schwereren<br />
Elemente hindurchgesackt sind. Im Zentrum einer großen,<br />
in Schnitt 2 detailliert ausgegrabenen Lehmpackung,<br />
fanden sich angeziegelte Herdplattenbruchstücke, die eine<br />
stark gestörte Gemengelage bildeten. Die angebohrten<br />
Lehmpakete sind vermutlich als verstürzte Hausbereiche<br />
zu interpretieren, in denen Elemente von Feuerstellen,<br />
Böden und Wänden, möglicherweise sogar von Dächern<br />
vorkommen. <strong>Große</strong> Holzkohlekonzentrationen, angeziegelte<br />
Lehmstücke, verkohlte Textilien und andere verkohlte<br />
organische Materialien deuten darauf hin, dass zumindest<br />
ein Teil der Siedlung in einer Feuersbrunst ihr Ende<br />
fand. Zwischen den lokal ausgeprägten Lehm- und Brandschichtpaketen<br />
dünnen die Kulturelemente in verschwemmte,<br />
nur noch sporadisch holzkohledurchsetzte<br />
Muddezonen aus. Dies sind offensichtlich die Bereiche<br />
zwischen den einzelnen Hausstandorten.<br />
Die Befunde der Station Seekirch-Achwiesen sind mit den<br />
anderen Moorsiedlungen des Federsees nicht vergleichbar.<br />
Es fehlen bei optimaler Holz- und Kulturschichterhaltung<br />
Abb. 45 Seekirch-<br />
Achwiesen. Kalibration<br />
der 14 C-Daten aus der<br />
Kulturschicht nach<br />
STUIVER/KRAEDS 1986.<br />
Analysen Heidelberg<br />
Hd 13044, 13061,<br />
13043.<br />
Abb. 46 Seekirch-<br />
Achwiesen. Keramik<br />
(Zeichnungen<br />
A. Kalkowski).<br />
ebenerdige Baustrukturen und vor allem auch ein Niedermoorhorizont<br />
unter den Kulturschichten. Die Befunde in<br />
den Achwiesen ähneln denen der untersten, jungneolithischen<br />
Siedlungsschicht auf der Halbinsel im Schreckensee,<br />
wo ebenfalls Siedlungsabfälle unmittelbar auf und in die<br />
weichen Mudden eingelagert sind. Das Ausbleiben horizontaler<br />
Feinschichtungen, wie wir sie immer wieder in<br />
den Ufersiedlungen am Bodensee beobachten können, deren<br />
Kulturschichten gleichfalls unmittelbar auf Seesedimenten<br />
zu liegen kamen, liegt am weichen Muddegrund.<br />
Die Kulturschichtelemente sackten in den Achwiesen nach<br />
unten durch und entzogen sich so einer horizontalen Einregelung<br />
durch Wasser- oder Siedlungsaktivität. Am Bodensee<br />
konnten die Kulturschichtablagerungen in der Regel<br />
nicht in den Baugrund einsinken, weil die Seekreiden<br />
dort stabiler sind als die wirklich puddingweichen Mudden<br />
des Federsees.<br />
Die außergewöhnlichen Befunde der Siedlung Seekirch-<br />
Achwiesen sind erst ungenügend erforscht. Es spricht jedoch<br />
alles dafür, dass hier eine über dem offenen Wasser<br />
mit Pfahlhäusern errichtete Siedlung bestand, deren Überreste<br />
unmittelbar in die offenen Seesedimente fielen und <strong>–</strong><br />
je nach Gewicht <strong>–</strong> unterschiedlich tief einsanken. Die<br />
Sondagen erfassten in Schnitt 2 vermutlich Teilbereiche<br />
von zwei verstürzten <strong>Häuser</strong>n.<br />
7.4 Datierung und Fundmaterial<br />
Trotz einer großen Zahl von Holzproben liegen keine dendrochronologisch<br />
auswertbaren Eichenholzproben vor.<br />
Aus gut versiegelten Kulturschichtlagen sind Holzkohlen
Abb. 47 Seekirch-Achwiesen. Hirschgeweih-Zwischenfutter. Hacke<br />
links), Zapfenfassungen (mitte) und Klemmschäftungen (unten).<br />
(Sa-RC 1 u. 2) und unverkohlte Detrituspartikel (Sa-RC<br />
3) zur Radiokarbondatierung entnommen worden. Die<br />
Daten liegen kalibriert (1σ) nach Stuiver und Kraeds recht<br />
einheitlich zwischen 2860 und 2490 v. Chr. (Abb. 45).<br />
Die Kulturschichten erwiesen sich als äußerst fundreich.<br />
Ganze Nester weitgehend anpassender Keramikbruchstücke<br />
lassen sich wieder zu vollständigen Gefäßen ergänzen.<br />
Dies ist, gemessen an den Erfahrungen z. B. mit den<br />
Brandschichten von Hornstaad, Wangen-Hinterhorn und<br />
Arbon-Bleiche 3 ein weiterer Hinweis auf einen Siedlungsbrand.<br />
Das Formenspektrum ist einheitlich der Goldberg<br />
III-Gruppe zuweisbar (Abb. 46). Unter der Grobkeramik<br />
fallen zahlreiche Stücke mit Textilabrollung (sog. Mattenrauhung)<br />
ins Auge. Zudem gibt es Lochränder und Leistenapplikationen.<br />
Die Feinkeramik hat Ritz- und Stichverzierungen,<br />
Knickschüsseln tragen Knubben und Leistensegmente<br />
am Umbruch. Dies ist zusammen mit der<br />
häufigen Textilabrollzier ein typologischer Hinweis auf<br />
eine jüngere Datierung innerhalb der Laufzeit von Goldberg<br />
III. Bei den Schüsseln von Alleshausen-Grundwiesen<br />
und Alleshausen-Täschenwiesen sitzen die Applikationen<br />
über dem Umbruch, wie auch die Knickschüssel aus der<br />
dendrochronologisch auf 2917<strong>–</strong>2856 v. Chr. datierten<br />
Schicht 15 von Sipplingen am Bodensee eine deutlich über<br />
dem Knick angebrachte Knubbe aufweist (KOLB 1999, 17<br />
Abb. 4,1).<br />
Die Fundschicht enthält eine reiche Hirschgeweihgeräteindustrie<br />
mit Abfall-, Halb- und Fertigprodukten, dabei<br />
Geweih-Zapfenfassungen (Abb. 47), Geweihhacken und<br />
eine Harpune (SCHLICHTHERLE 1999, 44 Abb. 11,3.12).<br />
Auch Knochengeräte und zahlreiche Holzgeräte sind optimal<br />
erhalten (SCHLICHTHERLE 1999, 45 Abb. 12,3<strong>–</strong>16). Es<br />
liegen mehrere Knie- und Stangenholme, Holzgefäße und<br />
Spaltkeile vor. Drei Teile von Wagenrädern mit Einschubleisten<br />
sind an anderer Stelle bereits ausführlich vorgelegt<br />
worden (SCHLICHTHERLE 2002). Die Steingeräte umfassen<br />
neben gestielten Silexpfeilspitzen auch Beilklingen aus<br />
Grüngestein und Edelserpentin sowie Mahlplatten und<br />
Mahlsteine. Die herausragenden Textilfunde stellt A.<br />
Feldtkeller (in diesem Band) in einem eigenen Beitrag vor.<br />
8. <strong>Häuser</strong> und Siedlungsstrukturen im Wandel<br />
8.1 <strong>Häuser</strong><br />
Die Gebäude der Aichbühler- und Schussenrieder Kultur<br />
in Aichbühl, Riedschachen, Taubried und Ehrenstein sind<br />
seit langem bekannt und konnten als die „klassischen“<br />
<strong>Häuser</strong> der jungsteinzeitlichen Feuchtbodensiedlungen in<br />
Oberschwaben gelten. Es sind ein- und zweiräumige, in<br />
seltenen Fällen auch dreiräumige Rechteckhäuser, die in<br />
Pfostenbauweise, partiell auch in Ständerbauweise errichtet<br />
waren. Feuerstellen und Backöfen gehören regelhaft zur<br />
Ausstattung und sind vor allem enlang der Wände positioniert.<br />
Während in Aichbühl zweischiffige Gebäude vorherrschen,<br />
fehlen in der Schussenrieder Kultur vermehrt<br />
die Mittelpfosten. Vor allem die <strong>kleine</strong>ren einzelligen Gebäude<br />
von Taubried I und Riedschachen II kommen auch<br />
ohne Mittelpfosten aus. Firstpfosten sind jedoch die Regel,<br />
so dass in den meisten Fällen von Satteldächern bzw.<br />
Rofendächern ausgegangen werden kann. Die <strong>Häuser</strong> sind<br />
durchweg in Holz-Lehmbauweise errichtet. Lehmestriche<br />
kleiden die auf Schwellholzlagen errichteten Holzfußböden<br />
aus, in Riedschachen sind sogar Estrichlagen ohne<br />
Holzunterbau nachgewiesen (STROBEL 2000, 204 ff.).<br />
Konstruktive Details, noch mit Lehmfüllung bei der Ausgrabung<br />
angetroffene Wandstummel und in Schadfeuern<br />
verziegelte Hüttenlehmfragmente machen deutlich, dass<br />
auch die Wände einen Lehmverputz hatten. Zumindest<br />
alle Flecht- und Stangenwände dürften so mit Lehm isoliert<br />
gewesen sein. Für gut gefügte Bohlen- und Palisadenwände<br />
sind auch einfache Abstopfungen mit Moos oder<br />
Gras denkbar. Da unterschiedliche Wandkonstruktionen<br />
nicht selten an ein und demselben Gebäude nachweisbar<br />
sind, können die <strong>Häuser</strong> auch kombiniert mit Lehmwänden<br />
und abgestopften Holzwänden gebaut gewesen sein.<br />
Die vielfach erneuerten Lehmestriche und weitere, als<br />
Wandversturz deutbare Lehmpackungen in den Siedlungsablagerungen<br />
machen jedenfalls deutlich, dass Lehm als<br />
Baumaterial in diesen Gebäuden des frühern Jungneolithikums<br />
eine wichtige Rolle spielte.<br />
Ähnliche Verhältnisse sind auch für das späte Jungneolithikum<br />
anzunehmen. Die ebenerdigen <strong>Häuser</strong> der Pfyn-<br />
Altheimer Gruppe Oberschwabens sind in Pfostenbauweise,<br />
meist zweischiffig mit mehrfacher Jochstellung der Pfosten<br />
errichtet. In Reute-Schorrenried liegen Estriche über<br />
Holzfußböden (MAINBERGER 1998, 28 ff.). In Ruhestetten-Egelsee<br />
blieben in den <strong>Häuser</strong>n 1 und 3 die hinteren<br />
Gebäudeteile estrichfrei (PARET 1955, 17 Abb. 6). Dies<br />
deutet wiederum eine Zweiteilung der <strong>Häuser</strong> an, wie<br />
auch in Reute Haus 1 durch einen Wechsel der Fußbodenlage<br />
eine zweikammerige Gliederung anzunehmen ist<br />
(MAINBERGER 1998, 33 Abb. 28). Leider sind die <strong>Häuser</strong><br />
von Ödenahlen nicht in der Fläche erkundet, doch lassen<br />
die Profilschnitte durch die <strong>Häuser</strong> 1<strong>–</strong>4 dicke Lehmlagen,<br />
in einer Bauphase des Hauses 2 auch eine Stangenwand<br />
erkennen (SCHLICHTHERLE 1995b, 26 ff.; Beilage 2<strong>–</strong>4). Die<br />
<strong>Häuser</strong> der Siedlungen der Pfyn-Altheimer Gruppe im<br />
Schreckensee und Steeger See waren in Pfostenbauweise<br />
errrichtet, sind der Befundlage nach zu urteilen aber ver-<br />
45
46<br />
Abb. 48 Gliederung<br />
verschiedener <strong>Häuser</strong> des<br />
Süddeutschen Alpenvorlandes.<br />
1 Aichbühl Haus 2,<br />
2 Taubried Haus 1,<br />
3 Taubried Haus 11,<br />
4 Taubried Haus 9,<br />
5 Stockwiesen Haus 1,<br />
6 Pestenacker Haus 1c,<br />
Feuerstellen und Backöfen<br />
sind gepunktet, Vorplätze<br />
schraffiert.<br />
mutlich mit abgehobenen Böden als Pfahlbauten über den<br />
offenen Seesedimenten gebaut worden (SCHLICHTHERLE<br />
1981; KÖNINGER 1998). Eine detaillierte Vorlage der Befunde<br />
steht noch aus.<br />
An diese Tradition von Pfostenbauten in Holz-Lehmbauweise<br />
sind auch die endneolithischen <strong>Häuser</strong> von Dullenried<br />
anzuschließen. Zumindest die besser erhaltenen Befunde<br />
zeigten dort Lehmestrichlagen über den Holzfußböden<br />
(BOLLACHER 2001a). Im Feuerstellenbereich des<br />
Hauskomplexes 7 kam es, wie die neuen Nachuntersuchungen<br />
zeigten, zu einem mächtigen, mehrfach erneuerten<br />
Lehmpaket. Die meisten <strong>Häuser</strong> haben keine Mittelpfosten.<br />
Nur wenn wir die fragmentarische Pfostenstruktur<br />
A spiegelbildlich zu einem Grundriß ergänzen<br />
(BOLLACHER 2001a, 175 f.; Abb. 24) und dem Haus 6 in<br />
kühner Weise einige weitere Pfähle in Überschneidung mit<br />
Haus 5 zurechnen (BOLLACHER 2001a, 162 f.; Abb. 16),<br />
ergeben sich zwei- und dreischiffige Gebäude mit mehreren<br />
Jochen. Diese dubiosen Befunde müssen fraglich bleiben.<br />
Auffällig ist das Ausbleiben selbst von Firstpfosten in<br />
einigen der anderen <strong>Häuser</strong>, so dass sich hier Gebäude ergeben,<br />
deren Dächer nur auf Wand- und Eckpfosten ruhen<br />
konnten. Diese Befunde sind den Kleinhäusern von<br />
Torwiesen II, Stockwiesen und Grundwiesen ähnlich.<br />
Die einzelligen Kleinhäuser von Torwiesen haben dicke<br />
Lehmestriche auf den Holzfußböden, jedoch deutlich<br />
dünnere Pföstchen als die <strong>Häuser</strong> des Dullenriedes. Die<br />
zeitlich jünger anzusetzenden Kleinhäuser von Stockwiesen<br />
und Grundwiesen haben bei ähnlich schwachen<br />
Wandpföstchen keine Anzeichen für eine Lehmbauweise<br />
mehr aufzuweisen. Die Holzfußböden sind nur noch im<br />
Bereich der zentralen Feuerstelle kleinflächig mit Lehm<br />
überdeckt, entlang der Wände fehlen zudem jegliche Spuren<br />
eines Lehmverputzes. Hier hat sich eine leichtere Bauweise<br />
durchgesetzt, wie sie auch an den endneolithischen<br />
Großhäusern zu beobachten ist.<br />
Die neuen Enteckungen in den Torwiesen und im nördlichen<br />
Federseeried erlauben es heute, den „klassischen“<br />
<strong>Häuser</strong>n des Jungneolithikums (Abb. 48,1<strong>–</strong>4) einen anderen<br />
Typ von großen <strong>Häuser</strong>n des Endneolithikums gegenüberzustellen<br />
(Abb. 48,5). In Torwiesen II und Stockwiesen<br />
treten uns schmalstirnige, bis zu 15 m lange Pfosten-<br />
bauten entgegen, die sorgfältig unterbaute Prügelböden<br />
aufweisen, aber auf Lehmestrichbeläge weitgehend verzichten.<br />
In Torwiesen waren einige Wandscheiben noch<br />
lehmverputzt, wie sich an zerflossenen Lehmresten entlang<br />
der Wandfluchten erkennen lässt. In der etwa 300 Jahre<br />
jüngeren Siedlung Stockwiesen fehlt bereits jeglicher Hinweis<br />
auf Estriche und Lehmverputz. Zur Innengliederung<br />
der ein- und zweischiffigen <strong>Häuser</strong> von Torwiesen liegen<br />
zum gegenwärtigen Stand der Auswertungsarbeiten noch<br />
keine Erkenntnisse vor. Regelhaft ist jedoch die zentrale<br />
Position der Feuerstelle, die sich in Stockwiesen wiederholt.<br />
Vorläufig gestattet lediglich Haus 1 von Stockwiesen<br />
eine Rekonstruktion der Raumteilung <strong>–</strong> wie im Vorausgehenden<br />
dargestellt (Abb. 18; 21) <strong>–</strong>, die sich grundlegend<br />
von den jungneolithischen <strong>Häuser</strong>n unterscheidet. Es<br />
kommt durch Längs- und Querwände zu einer vierräumigen<br />
Kammerung. Die große Feuerstelle liegt entlang der<br />
Mittelpfosten im Zentrum des Hauses, in einem L-förmigen<br />
Raum. Kuppelbacköfen sind in den Torwiesen nur<br />
durch angeziegelte Lehmfragmente wahrscheinlich zu machen,<br />
vielleicht gehören die gefundenen Lehmfragmente<br />
auch nicht zu Ofenkuppeln sondern zu komplexeren<br />
Lehmaufbauten der Herdstellen. In Stockwiesen fehlen<br />
Hinweise auf Backöfen.<br />
Die einfache Organisation des Hauses um eine zentrale<br />
Feuerstelle findet sich in gleicher Weise in den einzelligen<br />
<strong>Häuser</strong>n von Dullenried und Grundwiesen. Auch hier besteht<br />
ein deutlicher Gegensatz zu den <strong>kleine</strong>n, einzelligen<br />
<strong>Häuser</strong>n der Schussenrieder Kultur im Taubried, in denen<br />
die Feuerplätze meist exzentrisch an den Wänden liegen.<br />
An die Wand gerückte Öfen und Herde sind auch in Aichbühl<br />
und Ehrenstein die Regel.<br />
Der Wandel der <strong>Häuser</strong> vom Jung- zum Endneolithikum<br />
in Oberschwaben erschließt sich vorläufig aus mehreren,<br />
jeweils durch Siedlungslücken getrennten Etappen (Abb.<br />
55). Zwischen den um 3650 v. Chr. abbrechenden Siedlungen<br />
der Pfyn-Altheimer Gruppe und der ersten um<br />
3283 v. Chr. nachweisbaren Siedlung der Horgener Kultur<br />
(Torwiesen II) liegen 370 dunkle Jahre. In dieser Zeit muss<br />
es zu einer neuen Konzeption der <strong>Häuser</strong> und der in ihnen<br />
angesiedelten Haushalte gekommen sein. Relikte der<br />
Holz-Lehmbauarchitektur und typologische Relikte im<br />
Keramikbestand der älteren Horgener Kultur von Torwie-
sen II, die nur aus den Traditionen der Pfyn-Altheimer<br />
Gruppe erklärbar sind, sprechen indessen dafür, dass es in<br />
Oberschwaben keine abrupte Zäsur, sondern vielmehr einen<br />
allmählichen Wandel gegeben haben dürfte. Am Bodensee<br />
rücken die Siedlungsbelege im fraglichen Zeitraum<br />
dichter auf. Hier scheint es um 3500<strong>–</strong>3380 v. Chr. eine<br />
nur 120 jährige Siedlungslücke zu geben, nach der in Arbon-Bleiche<br />
3 dann ein Übergangshorizont mit alten Pfyner<br />
und neuen Horgener Kulturelementen zu fassen ist (DE<br />
CAPITANI 2002). In Sipplingen Schicht 11 sind um 3317<strong>–</strong><br />
3306 v. Chr. noch Reminiszenzen an die Pfyner Kultur im<br />
Keramikbestand sichtbar. Auch am Bodensee verraten somit<br />
die Keramikspektren, dass es einen Wandel und keinen<br />
Bruch der Kulturerscheinungen gab.<br />
In der um 3490 v. Chr. datierten Talbodensiedlung von<br />
Pestenacker in Oberbayern stoßen wir in Altheimer Kulturmilieu<br />
auf Pfosten- und Ständerbauten, die einer eigenen<br />
Bautradition verpflichtet sind (SCHÖNFELD 2001).<br />
Mehrfach sind zweigeteilte <strong>Häuser</strong> erkennbar, die im Vorderen<br />
Teil einen zentral stehenden Backofen, im hinteren<br />
Teil eine zentrale Feuerstelle aufweisen. Für den hinteren<br />
Teil der <strong>Häuser</strong> ist zudem durch Mistlagen eine Aufstallung<br />
von Großvieh nachweisbar, so dass dort von Wohnstallhäusern<br />
gesprochen werden kann. Ein Gebäude mit<br />
gut erhaltenen Innenbefunden (Haus 1c) lässt eine Innengliederung<br />
durch Quer- und Längswände erkennen<br />
(SCHÖNFELD 1991) (Abb. 48,6). Vor allem die Abtrennung<br />
eines Flures im Eingangsbereich des Hauses ist merkwürdig<br />
und im Hinblick auf die Eingangssituation des Hauses<br />
1 von Seekirch-Stockwiesen von Interesse. In Stockwiesen<br />
bestand zwar kein vergleichbar schmaler Flur, aber die<br />
Längsteilung des vorderen Hausbereiches ergab einen Eingangsraum,<br />
der wie ein Flur in die Tiefe des Hauses führt.<br />
Zudem ergab sich in Pestenacker durch den Flureinbau ein<br />
L-förmiger Grundriß des Hauptraumes, der dem ähnlich<br />
merkwürdig geschnittenen Mittelraum von Stockwiesen<br />
vergleichbar ist. Es ist nicht auszuschließen, dass es beziehungsreiche<br />
Verbindungen zwischen beiden Phänomenen<br />
gibt und die Gliederung der Großhäuser des Endneolithikums<br />
am Federsee auf Vorbilder der späten Altheimer Kultur<br />
in Oberbayern zurückgeführt werden kann.<br />
8.2 Siedlungsstrukturen<br />
8.2.1 „Siedlungsschema Aichbühl“<br />
In den jungneolithischen Siedlungsanlagen der Aichbühler<br />
und Schussenrieder Kultur orientieren sich die <strong>Häuser</strong><br />
in der Regel in die gleiche Richtung, d. h. jede <strong>Häuser</strong>zeile<br />
war einer eigenen Kommunikationsachse zugewandt, eine<br />
zweite <strong>Häuser</strong>zeile kehrte der ersten ihre Rückfronten zu<br />
(Abb. 49,1). Dieses „Siedlungsschema vom Typ Aichbühl“<br />
treffen wir auch noch in der Siedlung Ruhestetten-Egelsee<br />
an, die der Pfyn-Altheimer Gruppe Oberschwabens zuzurechnen<br />
ist (Abb. 50). Dort verraten u. a. lehmestrichfreie<br />
Hinterräume die gleichsinnige Orientierung beider <strong>Häuser</strong>zeilen.<br />
Auch in Reute-Schorrenried scheint ein Dorfplan<br />
mit mehreren gleichgerichteten <strong>Häuser</strong>zeilen vorzu-<br />
liegen, wenn wir von zwei quer gestellten Gebäuden einmal<br />
absehen, denen eventuell eine Sonderfunktion zuzubilligen<br />
ist (MAINBERGER 1998, 120 ff.). Auf der <strong>kleine</strong>n<br />
Insel im Steeger See bei Aulendorf ist eine <strong>Häuser</strong>zeile der<br />
Pfyn-Altheimer Gruppe nachgewiesen (KÖNINGER 1998).<br />
Leider wissen wir über die Struktur der etwa zeitgleichen<br />
Siedlungen am Schreckensee und in Ödenahlen so gut wie<br />
nichts.<br />
8.2.2 „Siedlungsschema Niederwil“<br />
Die Pfyn-Altheimer Siedlungen Oberschwabens dürften<br />
aber, soweit sich dies im Augenblick erkennen lässt, den<br />
Siedlungswandel nicht mitgemacht haben, der am Bodensee<br />
mit der älteren Pfyner Kultur eintrat. Dort kam es<br />
schon um 3870 v. Chr. mit Hornstaad-Hörnle IB zu uferparallelen<br />
<strong>Häuser</strong>reihen, die dem gängigen Schema der Pfyner<br />
Kultur entsprechen und die man mit dem Begriff „Siedlungsschema<br />
vom Typ Niederwil“ fassen kann (Abb. 49,2).<br />
8.2.3 „Straßendörfer vom Typ Seekirch“ und<br />
„Typ Pestenacker“<br />
Mit Torwiesen II und Stockwiesen finden wir in Oberschwaben<br />
indessen erstmals eine weitere Ortsform. In diesen<br />
Siedungen orientieren sich zwei <strong>Häuser</strong>zeilen mit ihren<br />
Eingängen auf eine befestigte Straße. Bei diesen Stra-<br />
Abb. 49 Siedlungsschema vom Typ Aichbühl (1), vom Typ<br />
Niederwil (2) und Straßendorf vom Typ Seekirch (3).<br />
47
48<br />
Abb. 50 Der Dorfausschnitt von<br />
Ruhestetten-Egelsee, eine Siedlung der<br />
Pfyn-Altheimer Gruppe Oberschwabens<br />
wohl um 3700 v. Chr. Die Eingangsseiten<br />
der <strong>Häuser</strong> (markiert) liegen<br />
entsprechend des „Siedlungsschemas<br />
Aichbühl“ in einer Richtung (nach PARET<br />
1955, ergänzt).<br />
ßendörfern können wir vom „Siedlungsschema Seekirch“<br />
sprechen (Abb. 49,3). Ähnlichkeiten bestehen zu den<br />
ebenfalls auf eine befestigte Dorfstraße orientierten Siedlungen<br />
von Pestenacker (Abb. 51) und Unfriedshausen,<br />
doch fehlt am Federsee und auch in ähnlichen Straßendörfern<br />
am Bielersee (Sutz-Lattrigen, Kleine Station) (Abb.<br />
52) und im ostfranzösischen Lac Chalain (Chalain 2, Chalain<br />
3: PÉTREQUIN/PÉTREQUIN 1988, 132 f.; PÉTREQUIN<br />
1997, 234) (Abb. 53) das für Pestenacker charakteristische<br />
Geviert des Dorfzaunes, das die bayerischen Siedlungen<br />
eng umschließt. Es ist deshalb angebracht, das „Siedlungschema<br />
Pestenacker“ von den Straßendörfern des süddeutsch-<br />
bis ostfranzösischen Endneolithikums auch begrifflich<br />
abzusetzen.<br />
Bohlenwege, die in Siedlungen hineinführen, finden sich<br />
bereits in Moorsiedlungen der Pfyner Kultur (Thayngen-<br />
Weier II u. III) und der Cortaillod Kultur (Egolzwil 4,<br />
Dorf 5). Sie werden dort mit der Aufstallung von Vieh im<br />
Siedlungsinneren in Zusammenhang gebracht (HEUMÜL-<br />
LER 1998; dies. 2002; SCHLICHTHERLE im Druck). Auch in<br />
Niederwil bleibt zwischen den <strong>Häuser</strong>reihen eine Schneise,<br />
die als Zuwegung aufzufassen ist. In ähnlicher Weise<br />
sind die <strong>Häuser</strong>reihen in Arbon-Bleiche 3 unterbrochen,<br />
so dass auch hier von einer, vielleicht auch von zwei landseewärtigen<br />
Verkehrsachsen ausgegangen werden kann<br />
(LEUZINGER 2000, 51 ff.). Von hier ist es zu den Straßendörfern<br />
nicht mehr weit, doch fehlt allen diesen Dörfern<br />
noch die strikte, Planung verratende Aufreihung an einer<br />
geradlinigen Straßenachse, wie auch der Nachweis einer<br />
spiegelbildlichen Ausrichtung der Hauseingänge auf die<br />
Straße. Die Ufersiedlungen von Concise am Neuenburger<br />
See zeigen exemplarisch, wie die Zuwegung der Siedlungen<br />
vom Jung- zum Endneolithikum zunehmend an Bedeutung<br />
gewinnt und erst im Verlauf der Entwicklung auf<br />
die bauliche Organisation der Dörfer Einfluß nimmt (WI-<br />
NIGER im Druck). Es gibt also im südwestdeutsch-schweizerischen<br />
Alpenvorland eine Entwicklung hin zur siedlungserschließenden<br />
Straßenachse, doch bleibt der Ur-<br />
sprung des konsequenten „Siedlungsschemas vom Typ<br />
Seekirch“ noch zu eruieren. Am ähnlichsten sind ihm die<br />
Siedlungen vom „Typ Pestenacker“ in Pestenacker und<br />
Unfriedshausen. Sie gehen den Straßendörfern am Federsee<br />
um 200<strong>–</strong>250 Jahre voran und könnten ihren Einfluss<br />
geltend gemacht haben. Dies ist durchaus im Bereich des<br />
Denkbaren, denn die Zusammenhänge Oberschwabens<br />
mit Oberbayern sind bereits im Jungneolithischen Fundspektrum<br />
evident und finden insbesondere auch in der<br />
Goldberg III-Gruppe mit großer Affinität zur Chamer<br />
Kultur ihre Fortsetzung. Auch die Tassen und Spinnwirtel<br />
im Keramikspektrum von Torwiesen sind als östliche Elemente<br />
aufzufassen. Die Keramikfragmente von Gefäßen<br />
der Badener Kultur sprechen zudem für weit in den Donauraum<br />
reichende Kulturverbindungen (KÖNINGER/<br />
KOLB/SCHLICHTHERLE 2001). Eine Ausbreitung des neuen<br />
Siedlungstyps „Straßendorf“ aus dieser Richtung hätte somit<br />
einiges für sich.<br />
Das älteste Straßendorf am Lac Chalain (Chalain 3, VIII)<br />
(Abb. 53 unten) datiert 3189<strong>–</strong>3170 v. Chr. (PÉTREQUIN<br />
1997, 55 f.; PÉTREQUIN et al. 2002). Sein der Horgener<br />
Kultur anzuschließendes Keramikspektrum zeigt innengetupfte<br />
Böden, wie sie für das zeitgleiche ältere Horgen im<br />
Raum Bodensee-Oberschwaben, insbesondere für das<br />
„Horgen vom Typ Dullenried-Nußdorf“ geradezu typisch<br />
sind (KÖNINGER 1999). Innengedellte Böden fehlen indessen<br />
dem zentralschweizerischen und westschweizerischen<br />
Horgen, so dass hier eine Verbindung über die burgundische<br />
Pforte unter Umgehung des Schweizer Mittellandes<br />
anzunehmen ist, die das neue Siedlungsschema bis weit in<br />
den Südosten brachte. Am Bielersee stoßen wir in Sutz-<br />
Lattrigen, Kleine Station um 2750 v. Chr. auf ein Straßendorf<br />
der Saône-Rhône Kultur (Lüscherz im Übergang zu<br />
Auvernier) (HAFNER/SUTER 2004, 22) (Abb. 52). Am Bodensee<br />
fehlen ausreichend große Siedlungsgrabungen für<br />
die ältere und mittlere Horgener Kultur, so dass das Auftauchen<br />
des „Straßendorfes“ hier noch im Dunkel liegt.<br />
Im Späten Horgen der Schicht 15 von Sipplingen ist dann
um 2917<strong>–</strong>2856 v. Chr. das Straßendorfschema in großen<br />
Dimensionen verwirklicht (KOLB 1997, 26 f.).<br />
Es ist naheliegend, zwischen dem Aufkommen des Rades<br />
in der zweiten Hälfte des 4. Jts. v. Chr. und der Verbreitung<br />
des Straßendorfes im südwestdeutsch-schweizerischen<br />
Alpenvorland einen Zusammenhang zu sehen. Das<br />
Straßendorf entsprach dem neuen Transportmittel in idealer<br />
Weise und ermöglichte eine leichte Versorgung bzw.<br />
Entsorgung der Haushalte mit dem Wagen. Baumaterialien<br />
und landwirtschaftliche Produkte konnten bis vors<br />
Haus gefahren, Abfälle leicht abtransportiert werden. Indessen<br />
gehen die Anfänge des Wegebaus außerhalb und<br />
innerhalb von Siedlungen weiter zurück und haben sich <strong>–</strong><br />
wie bereits beschrieben <strong>–</strong> offenbar im Zusammenhang mit<br />
dem Viehtrieb und der Aufstallung von Vieh im Siedlungsbereich<br />
entwickelt. Das Straßendorf ist also <strong>–</strong> wie die<br />
Siedlung von Pestenacker und ihre Vorläufer (Unfriedshausen,<br />
vielleicht auch Pestenacker III) mit linearer, befestigter<br />
Straße zeigen <strong>–</strong> bereits im Vorfeld der Erfindung von<br />
Rad und Wagen ausgebildet. Die Ausbreitung des Wagens<br />
konnte sich bereits der gelegten Strukturen bedienen und<br />
hat sicher zur weiteren Durchsetzung des Prinzips linearer,<br />
land-seewärtiger Dorfstraßen in den endneolithischen<br />
Feuchtbodensiedlungen des Alpenvorlandes beigetragen.<br />
8.2.4 Haufendörfer(?)<br />
Die eher diffusen Siedlungspläne von Dullenried und Alleshausen-Grundwiesen<br />
sind teils als Resultat mehrerer<br />
Bauphasen mit unterschiedlicher Orientierung der <strong>Häuser</strong><br />
zu werten, teils dürfte sich hier auch eine weniger planvolle<br />
Organisation der aus <strong>kleine</strong>ren <strong>Häuser</strong>n zusammengesetzten<br />
Gemeinschaften andeuten. Ähnlich ungeregelte<br />
Siedlungspläne zeigen die alten Befunde vom Goldberg III<br />
(BERSU 1937) im Nördlinger Ries und die Chamer Siedlung<br />
Dietfurt an der Altmühl (GOHLISCH 2001). Auch<br />
dort scheint es sich überwiegend um einzellige <strong>Häuser</strong> mit<br />
zentraler Feuerstelle zu handeln. Entsprechend einzellig<br />
sind auch die vereinzelt nachgewiesenen Grubenhäuser des<br />
Endneolithikums im südwestdeutsch-schweizerischen Raum<br />
wie z. B. Stuttgart-Stammheim (JOACHIM 1987) und Ürschhausen<br />
(HASENFRATZ/SCHNYDER 1998, 156).<br />
9. Kleine <strong>Häuser</strong> <strong>–</strong> große <strong>Häuser</strong><br />
Wenn wir im Folgenden die Begriffe Groß- und Kleinhäuser<br />
verwenden, so beziehen sich diese nicht auf die in Mitteleuropa<br />
gängige, Langhäuser frühneolithischer Tradition<br />
von den Kleinhäusern des Spätneolithikums absetzende<br />
Terminologie. Vielmehr sollen mit diesen Begriffen die<br />
Gebäude des Spätneolithikums im Alpenvorland in große,<br />
meist mehrzellige <strong>Häuser</strong> und <strong>kleine</strong>re, meist einzellige<br />
<strong>Häuser</strong> geschieden werden. Im Vergleich zu den Langhäusern<br />
der Linearbandkeramik mit ca. 150<strong>–</strong>250 qm Grundfläche<br />
handelt es sich bei den jung- und endneolithischen<br />
Großhäusern des Alpenvorlandes um maximal 70<strong>–</strong>90 qm<br />
große Einheiten.<br />
Die Grundfläche der Groß- und Kleinhäuser variiert erheblich<br />
(Tab. 1). Die größten <strong>Häuser</strong> von Aichbühl haben<br />
um 70 qm. Wenn die Beobachtung eines dreikammerigen<br />
Hauses in Ehrenstein zutreffend ist, so erreicht dort ein<br />
Gebäude sogar etwa 90 qm. Die normale Größe der <strong>Häuser</strong><br />
von Ehrenstein und Aichbühl liegt indessen bei 40 qm.<br />
In Riedschachen und Taubried I sind zweikammerige<br />
<strong>Häuser</strong> mit etwa 20<strong>–</strong>35 qm Grundfläche zu beobachten.<br />
Die „großen“ Gebäude sind hier also deutlich <strong>kleine</strong>r und<br />
wir sprechen hier besser von <strong>kleine</strong>ren Zweikammerhäusern<br />
des Jungneolithikums. In Taubried ist gut zu beobachten,<br />
wie sich die <strong>Häuser</strong> im Verlauf der Um- und Neubauphasen<br />
aus einkammerigen zu zweikammerigen Einheiten<br />
entwickeln. Die endneolithischen Großhäuser der<br />
Siedlungen Torwiesen II und Stockwiesen haben indessen<br />
30<strong>–</strong>50 qm, in Einzelfällen 75 qm.<br />
Bereits in Ehrenstein erscheinen neben den Großhäusern<br />
zwei <strong>kleine</strong>, einkammerige Gebäude von nur 5<strong>–</strong>6 qm<br />
Grundfläche. Die einkammerigen Einheiten von Taubried<br />
und Riedschachen umfassen etwa 10<strong>–</strong>15 qm. Die <strong>Häuser</strong><br />
von Dullenried liegen im Bereich von 15<strong>–</strong>28 qm, diejenigen<br />
von Grundwiesen um 20<strong>–</strong>26 qm.<br />
Die <strong>kleine</strong>n zweikammerigen <strong>Häuser</strong> der Schussenrieder<br />
Kultur und die einkammerigen <strong>Häuser</strong> des Endneolithikums<br />
überschneiden sich in ihren Größenbereichen. Es ist<br />
aber unverkennbar, dass die einkammerigen <strong>Häuser</strong> des<br />
Abb. 51 Das Straßendorf Pestenacker in Oberbayern,<br />
Siedlung I, um 3549 v. Chr. nach SCHÖNFELD 2003.<br />
49
50<br />
Abb. 52 Straßendorf am Bielersee, Westschweiz. Sutz-<br />
Lattrigen, Kleine Station: Sâone-Rhône Kultur (Übergang<br />
Lüscherz zu Auvernier) (nach HAFNER/SUTER 2004, 22).<br />
Endneolithikums im Schnitt deutlich <strong>kleine</strong>r sind als die<br />
zweigekammerten des Jungneolithikums. Krass ist indessen<br />
der Kontrast zwischen den endneolithischen Großund<br />
Kleinhäusern. Die Kleinhäuser von Torwiesen haben<br />
nur ein 1:5 bis 1:10 von der Grundfläche der Großhäuser.<br />
Die <strong>Häuser</strong> von Dullenried und Grundwiesen etwa 1:2 bis<br />
1:5 von der Grundfläche der Großhäuser in Torwiesen<br />
und Stockwiesen. Hinzu kommt die leichte Bauweise<br />
mehrerer Gebäude in Dullenried und aller anderen Kleinhäuser<br />
in Grundwiesen, Stockwiesen und Torwiesen, die<br />
auf leichte Wand- und Dachkonstruktionen schließen lassen.<br />
Die Gebäude dürften kaum stabile Dachräume zur<br />
Lagerung von landwirtschaftlichen Gütern in nennenswertem<br />
Umfang besessen haben. Eine Nutzung der Dachräume<br />
durch Zwischendecken, in Einzelfällen auch durch<br />
den Einbau eines Kniestockes <strong>–</strong> wie in Aichbühl durch<br />
Bauteile wahrscheinlich zu machen (Schmidt 1930/37,<br />
122 ff.) <strong>–</strong> ist indessen für die stabilen Pfostenkonstruktionen<br />
der Großhäuser vorauszusetzen. Durch Brandschichten<br />
in den Ufersiedlungen des Bodensees wissen wir, dass<br />
dort Erntevorräte in großem Umfang in den Wohnhäusern<br />
gelagert waren. Derartige Lagerkapazitäten bietet eigentlich<br />
nur der Dachraum, vor allem wenn die <strong>Häuser</strong><br />
<strong>kleine</strong>re Grundrisse haben. Die Kleinhäuser des Endneolithikums<br />
aber boten diese Lagerkapazitäten nur in sehr beschränktem<br />
Umfang.<br />
Nebengebäude waren in den südwestdeutschen Ufer und<br />
Moorsiedlungen bislang kaum nachzuweisen. Eine Ausnahme<br />
bilden die genannten zwei Nebengebäude in Ehrenstein,<br />
die in Bauperiode II in der Gasse zwischen den<br />
<strong>Häuser</strong>n 5 und 8 errichtet waren (Abb. 54). Beide Kleinhäuser<br />
hatten Estrichböden über Prügelböden und scheinen<br />
wie die großen <strong>Häuser</strong> in Holz-Lehmbauweise gebaut<br />
gewesen zu sein. Feuerstellen sind in ihnen nicht nachgewiesen,<br />
so dass es keinen Hinweis auf ihre Funktion als<br />
Wohneinheiten gibt. Es könnte sich sehr wohl um <strong>kleine</strong><br />
Ökonomiegebäude (Ställe, Lagerschuppen) gehandelt haben.<br />
Die Kleingebäude gingen, nach einer Erneuerung des<br />
Nebengebäudes 2, mit dem Siedlungsbrand am Ende der<br />
Bauperiode II zugrunde und wurden im Gegensatz zu den<br />
großen <strong>Häuser</strong>n nicht wieder aufgebaut (ZÜRN 1965, 49 f.).<br />
Aichbühl<br />
Haus A3 (11) 6x9,9 m 59,4 qm<br />
Haus A15 (5) 6,3x11,5 m 72,4 qm<br />
„Villa Franconia“<br />
Ehrenstein<br />
Haus 2B 5x8,2m 41qm<br />
Haus 5D 6x15m 90qm<br />
Nebengebäude 1 2x2,5m 5qm<br />
Nebengebäude 2a 2x3,0m 6qm<br />
Taubried<br />
Haus 1<br />
Phase 1, 1-2 räumig 2,9x4,4m 13qm<br />
Phase 4, 2 räumig<br />
Haus 2<br />
3,3x7,4m 24,4qm<br />
Phase 2, 1-2 räumig<br />
Haus 3<br />
2,9x5,5m 15,9qm<br />
Phase 1, 1 räumig 3,2x3,2m 10,2qm<br />
Phase 1b, 2 räumig 3,6x7,5m 27qm<br />
Phase 2, 2 räumig<br />
Haus 11<br />
4x8,5m 34qm<br />
Phase 1a, 1 räumig 3x3,1m 9,3qm<br />
Phase 1b, 2 räumig 3,5x6,5m 22,1qm<br />
Phase 2, 2 räumig<br />
Haus 12<br />
3,3x6,7m 22,1qm<br />
1 räumig<br />
Haus 13<br />
3,9x3,9m 15,2qm<br />
Phase 2, 2 räumig<br />
Hartöschle<br />
Haus 1<br />
3,8x6m 22,8qm<br />
3 räumig<br />
Haus 2<br />
3,4x6m 20,4qm<br />
2 räumig<br />
Dullenried<br />
3,4x6,7m 22,7qm<br />
Haus 3 3,5x4,5m 15,7qm<br />
Haus 4 4x7m 28qm<br />
Haus 5 4x6m 24qm<br />
Haus 8<br />
Grundwiesen<br />
3x5m 15qm<br />
Haus 2 4x5m 20qm<br />
Haus 3 4x5m 20qm<br />
Haus 4<br />
Torwiesen<br />
3,8x7m 26,6qm<br />
Haus 1 4x12,5m 50qm<br />
Haus 5 4,2x9m 37,8qm<br />
Haus 7 4x9m 36qm<br />
Haus 8 3,8x7,7m 29,6qm<br />
Haus 10 4x10m 40qm<br />
Kleinhaus 4 2x2,6m 5,9qm<br />
Kleinhaus 14<br />
Stockwiesen<br />
2,5x2,5m 6,2qm<br />
Haus 1 5x15m 75qm<br />
Haus 4 4,8x10m 48qm<br />
Haus 11 4x7m 28qm<br />
Kleinhaus 1b 2x2m 4qm<br />
Tab.1 Berechnung der Grundfläche einiger neolithischer<br />
<strong>Häuser</strong> Oberschwabens.
Für Taubried I konnte Strobel (2000b) durch Analyse der<br />
Bauphasen aufzeigen, dass die zweizelligen <strong>Häuser</strong> aus<br />
einzelligen Anfängen hervorgegangen waren. Dort kamen<br />
erste Siedlungspioniere am Platz zunächst mit 10<strong>–</strong>15 qm<br />
Grundfläche aus, die sie dann allerdings im Laufe von zwei<br />
bis drei Umbauphasen in zweizellige Wohn- und Wirtschaftseinheiten<br />
ausbauten, unter Zugewinn von 1:3 bis<br />
1:1 an Fläche. Über die wirtschaftlichen Verhältnisse der<br />
Siedlung ist leider wenig bekannt. Im Fundmaterial sind<br />
Mahlsteine nachweisbar, Bertsch (1931, 31) berichtete<br />
von einem Vorratsfund mit verkohltem Getreide. Zusammen<br />
mit den regelhaft auftretenden Backöfen kann so eine<br />
agrarische Wirtschaftsweise erschlossen werden, deren<br />
Verhältnis zu jägerisch-sammlerischen Elementen, die<br />
durch zahlreiche Netzsenker nachzuweisen sind, aber<br />
nicht zu gewichten ist. Vermutlich spielte Jagd wie in anderen<br />
Schussenrieder Siedlungen eine beträchtliche Rolle<br />
(STEPPAN in diesem Band).<br />
Besser ist es nun um die <strong>kleine</strong> <strong>Häuser</strong>gruppe von Alleshausen-Hartöschle<br />
bestellt. Dort sind für ähnlich <strong>kleine</strong>,<br />
zwei- bis dreiräumige <strong>Häuser</strong> von 13<strong>–</strong>20 qm Grundfläche<br />
<strong>–</strong> also Einheiten etwa der halben Größe des durchschnittlichen<br />
Ehrensteinhauses <strong>–</strong> zwar Öfen und Mahlsteine nachgewiesen<br />
und umfangreiche botanische Nachweise eines<br />
Getreideanbaus erbracht (MAIER in diesem Band), doch<br />
zeigen die Tierknochenspektren viel Jagdfauna und keinen<br />
sicheren Beleg eines Haustieres (STEPPAN in diesem Band).<br />
Nachweise für Sammeltätigkeit sind indessen eher gering.<br />
Da sommerliche wie winterliche Aktivitäten nachweisbar<br />
sind, kann es sich bei dieser <strong>kleine</strong>n <strong>Häuser</strong>gruppe nicht<br />
um eine saisonale Nebensiedlung der bekannten, größeren<br />
Siedlungen des südlichen Federseeriedes handeln. Vielmehr<br />
dürften hier Siedlungspioniere für eine gewisse Zeit<br />
ansässig geworden sein, wobei es ihnen nicht gelang, die<br />
<strong>kleine</strong> Gemeinschaft zu einem Dorf auszubauen. Nehmen<br />
wir die Größe der <strong>Häuser</strong> als Maßstab für die Betriebsgröße,<br />
so handelt es sich im Gegensatz zu Aichbühl, Riedschachen<br />
II und Ehrenstein bei Täschenwiesen und Taubried<br />
um ärmlichere Bauern mit lediglich der Hälfte des Betriebsvolumens.<br />
Leider wissen wir wenig über die Inventare der <strong>Häuser</strong> von<br />
Dullenried. Immerhin hat Bertsch (1931, 46 f.) ein <strong>kleine</strong>s<br />
Kulturpflanzenspektrum festgestellt, eine quantitative<br />
Wertung ist jedoch nicht möglich. Zudem liegen Geräte<br />
zur Textilproduktion, aber keine Mahlsteine und keine<br />
klaren Erntemeser vor. Wiederum sind hier die Jagdanteile<br />
sehr hoch (STEPPAN in diesem Band). Den Siedlern stand<br />
aufgrund der besonderen topographischen Situation nur<br />
die Insel Buchau als Ackerland zur Verfügung. Diese böte<br />
mit etwa 40 ha zwar ausreichend Anbaufläche für eine größere<br />
Siedlung, doch sind die Möglichkeiten auf der langschmalen<br />
Insel beschränkt. Alle andern Ufersiedlungen<br />
des Federsees orientieren sich nicht an dieser Insel. Es<br />
dürfte deshalb auszuschließen sein, dass in Dullenried mit<br />
der Absicht gesiedelt wurde, eine größere Dorfgemeinschaft<br />
zu gründen. Der Siedlungsplatz scheint vielmehr im<br />
Hinblick auf Fischfang und Jagd ausgewählt und bot hierzu<br />
ideale Bedingungen. Hier sind also weniger Pioniere,<br />
sondern Randgruppen der neolithischen Gesellschaft mit<br />
vorwiegend wildbeuterischer Orientierung zu vermuten.<br />
Ob ganzjährig oder temporär gesiedelt wurde, wissen wir<br />
nicht.<br />
Einen besonderen und äußerst spannenden Fall einer Siedlung<br />
mit Kleinhäusern haben wir mit Alleshausen-Grundwiesen<br />
aufgetan. Sehen wir von den völlig ungeklärten<br />
Hinweisen auf einen Pfostenbau der mittleren Bauphasen<br />
im Siedlungszentrum einmal ab, so sind hier innerhalb einer<br />
Palisade zahlreiche einzellige Kleinhäuser in leichter<br />
Bauweise belegt. Die botanischen Großrestuntersuchungen<br />
(MAIER in diesem Band) lassen eine Spezialisierung auf<br />
Leinanbau erkennen, wohingegen Getreidebau aufgrund<br />
äußerst geringer Pollen- und Dreschreste kaum belegbar<br />
ist. Botanische und insektenkundliche Untersuchungen<br />
(SCHMIDT in diesem Band) sprechen für die Anhäufung<br />
von Tierdung in der Siedlung, der Fund einer Radscheibe<br />
bezeugt den Einsatz von Zugrindern, das Tierknochenspektrum<br />
bietet jedoch nur wenige Belege für Haustierhaltung<br />
bei großer Dominanz der Jagdtiere (STEPPAN in diesem<br />
Band). Keine andere Siedlung in Südwestdeutschland<br />
hat bislang auch nur annähernd so dicke Lagen eines Materials<br />
ergeben, das wohl zu großen Anteilen Tierdung enthielt.<br />
Hier gab es also Herdenhaltung, wobei die Siedler<br />
selbst vor allem Jagdbeute verzehrten sowie eine Spezialisierung<br />
der Siedler auf Textilfaserproduktion unter Verzicht<br />
auf Getreideanbau. Getreide beschaffte man sich<br />
zum Verzehr von außerhalb. Es ist eher unwahrscheinlich,<br />
dass unter diesen Voraussetzungen eine Siedlungsgemeinschaft<br />
autonom wirtschaftete, es sei denn, sie wusste sich<br />
durch ihre Produkte im Austausch mit anderen Siedlungen<br />
zu behaupten. Wahrscheinlicher scheint hier der Fall einer<br />
Nebensiedlung mit hohem Spezialisierungsrad vorzuliegen,<br />
deren Hauptsiedlung reguläre Landwirtschaft betrieb.<br />
Abb. 53 Straßendörfer<br />
am Lac de Chalain,<br />
Ostfrankreich. Chalain<br />
3,VIII: Horgener<br />
Kultur; Chalain 3,II:<br />
Gruppe „Clairvaux<br />
ancien“ (nach PÉTRE-<br />
QUIN 1997, 310).<br />
51
52<br />
Jedenfalls stehen wir hier vor dem Phänomen einer hoch<br />
spezialisierten Gemeinschaft, das sich den gängigen Vorstellungen<br />
autarker neolithischer Siedlungen mit Subsistenzwirtschaft<br />
nicht zurechnen lässt. Die Siedlung Alleshausen-Torwiesen<br />
wirft somit ein Schlaglicht auf die Differenzierung<br />
der endneolithischen Wirtschafts- und Gesellschaftsverhältnisse.<br />
Weitere archäologisch-naturwissenschaftliche<br />
Untersuchungen an diesem Fundplatz wären<br />
vielversprechend.<br />
Vielleicht kennen wir bereits die zugehörige Hauptsiedlung.<br />
Zumindest die jüngeren Bauphasen von Grundwiesen<br />
könnten mit der Siedlung Seekirch-Achwiesen zeitgleich<br />
sein, die sich gerade gegenüber, am anderen Rand<br />
des nördlichen Riedes befindet. Dort sind ganz normale<br />
Kulturpflanzenspektren und Haustier-Wildtierverhältnisse<br />
registriert worden (MAIER und STEPPAN in diesem<br />
Band). Die bauliche Organisation dieser Siedlung mit<br />
massiven Pfostenbauten unbekannter Größe bleibt uns leider<br />
vorerst verborgen. Auch hier müssten weitere Grabungen<br />
ansetzen.<br />
Um Hauptsiedlungen regulären Zuschnitts dürfte es sich<br />
bei den beiden Straßendörfern Torwiesen und Stockwiesen<br />
handeln. Sie haben normale Kulturpflanzenspektren<br />
(HERBIG 2002; MAIER in diesem Band). Leider ist die Knochenerhaltung<br />
in beiden Siedlungen schlecht, so dass sich<br />
zwar das ganze Haustierspektrum feststellen lässt, aber keine<br />
verlässlichen Daten zum Haustier-Wildtierverhältnis<br />
vorliegen (STEPPAN in diesem Band). Man geht aber sicher<br />
nicht fehl, in den großen <strong>Häuser</strong>n dieser Siedlungen respektable<br />
landwirtschaftliche Betriebseinheiten zu sehen.<br />
Abb. 54 Ehrenstein Periode IIa. Zwei Nebengebäude zwischen<br />
den großen Wohnhäusern 5 und 6 (nach ZÜRN 1965).<br />
Auffällig und besonders spannend ist in diesen Siedlungen<br />
das Auftauchen von Kleinhäusern. In Stockwiesen handelt<br />
es sich beim Kleinhaus 1a um einen Anbau an das Großhaus<br />
1 oder um eine spätere Überbauung, in Torwiesen<br />
gibt es keine Hinweise auf eine zeitliche Staffelung. Interessant<br />
ist der Umstand, dass das Kleinhaus 4 hier im Dorfgefüge<br />
den Platz eines Großhauses beansprucht. Die<br />
Kleinhäuser 14 und 15 liegen indessen hinter der nördlichen<br />
Reihe von Großhäusern. Die Kleinhäuser von Torwiesen,<br />
die durch Feuerstellen als Wohnzellen ausgewiesen<br />
sind, könnten die ersten Hütten der Gründungspioniere<br />
der Siedlung sein, deren Hausstandorte im weiteren Siedlungsausbau<br />
respektiert wurden. Warum aber kam es dann<br />
nicht zu einer Vergrößerung gerade dieser ersten Zellen?<br />
Vielleicht wohnten in den Kleinhäusern aber auch Personen,<br />
die nicht im Sinne agragrischer Produktion tätig waren<br />
und deshalb keinen Stauraum benötigten. Siedelten<br />
hier Spezialisten <strong>–</strong> Hirten, Jäger oder beides in Einem <strong>–</strong> in<br />
Gemeinschaft und Symbiose mit den großen Bauern?<br />
Oder manifestieren sich krasse soziale Unterschiede: unselbständige,<br />
nur ihre Arbeitskraft bietende Kleinexistenzen<br />
gegenüber großen bäuerlichen Betrieben? Kleinexistenz<br />
konnte z. B. landwirtschaftliche Hilfskraft, handwerklicher<br />
Spezialist oder eben Jäger, Fischer, Hirte in<br />
Abhängigkeit von den Bauern bedeuten. Die Kleinhäuser<br />
am Federsee werfen Fragen zur Organisation der endneolithischen<br />
Gesellschaft auf, die wir kaum beantworten können,<br />
bevor nicht Inventare und Abfälle von Kleinhäusern<br />
detailliert untersucht sind.<br />
Einen anderen Argumenmtationsstrang verfolgt Steppan<br />
(in diesem Band), der in Fortsetzung der Hypothesen zur<br />
klimatischen Steuerung des Siedelgeschehens (GROSS-<br />
KLEE/MAISE 1997) Jagdanteil und Betriebsgröße als Funktion<br />
der landwirtschaftlichen Prosperität sieht. Zudem<br />
liegt die Versuchung nahe, spezialisierte, saisonale Jagdstationen<br />
landwirtschaftlichen Dauersiedlungen mit gemischter<br />
Subsistenz gegenüberzustellen. Dies allein vermag<br />
die beobachteten Phänomene, insbesondere das Nebeneinander<br />
von Groß- und Kleinhäusern in ein und<br />
derselben Siedlung aber nicht zu erklären. Zudem sprechen<br />
die pflanzlichen Großrest- und die insektenkundlichen<br />
Untersuchungen ihre eigene Sprache und beleuchten<br />
komplexere wirtschaftliche Verhältnisse.<br />
Die Siedlungsabfolge am Federsee ist lückenhaft (Abb. 55)<br />
und es deutet alles darauf hin, dass sich die Lücken auch<br />
durch weitere Forschungen nicht wesentlich schließen lassen.<br />
Vor allem die Pollendiagramme (LIESE-KLEIBER 1993)<br />
lassen für das Neolithikum eine diskontinuierliche Besiedlung<br />
des Federseebeckens erkennen, die in etwa mit den<br />
archäologisch nachweisbaren Siedelphasen übereinstimmt.<br />
Es liegt von daher nahe, die Besiedlungsschübe<br />
am Federsee und in den anderen Feuchtgebieten Oberschwabens<br />
als Teil eines großräumigeren Siedelgeschehens<br />
zu begreifen. Dieses mag man sich so vorstellen, dass aus<br />
den Altsiedelkernen an der oberen Donau und am westlichen<br />
Bodensee immer wieder Vorstöße in die oberschwäbische<br />
Seenplatte erfolgten. Einmal geriet der Federsee lediglich<br />
in die Zone peripherer Randgruppen (saisonale
oder semipermanente Jagdplätze), ein andermal in die<br />
Zone landwirtschaftlicher Pioniere (Kleinbauern in Kombination<br />
mit Jagd), in einigen Phasen kam es zu einer vollen<br />
Integration in die Ökumene landwirtschaftlicher Siedlungen<br />
gemischter Subsistenz. Klimaschwankungen und<br />
Seespiegelschwankungen sind Faktoren, aber sicher nicht<br />
die einzigen Faktoren in diesem Geschehen. Da wir über<br />
das Mineralbodenneolithikum Oberschwabens, von den<br />
frühneolithischen Siedlungen auf der Südabdachung der<br />
Schwäbischen Alb bei Ulm einmal abgesehen, so gut wie<br />
nichts wissen, bleiben solche Vorstellungen vorläufig nicht<br />
mehr als ein Modell.<br />
Auch mit den in diesem Band vorgelegten naturwissenschaftlichen<br />
Beiträgen, die die Faktenkenntnis und Fragestellung<br />
wesentlich voranbringen, bleibt das Informationsgerüst<br />
noch immer fragil und unausgewogen. Es fehlt an<br />
weiteren Analysen, vor allem auch an detailliert ergrabenen,<br />
mit ihren Siedlungsabfällen interpretierbaren Kleinund<br />
Großhäusern. Der Abschluß und die Auswertung der<br />
Siedlung Torwiesen II und die geplante Fortsetzung der<br />
Sondagen im nördlichen Federseeried werden hier neue<br />
Quellen erschließen. Vor allem aber sollte es gelingen, weitere<br />
Siedlungen des Endneolithikums dendrochronologisch<br />
präzise zu datieren. Dies ist durch das Ausbleiben<br />
von Eichen im Bauholz bislang nicht möglich gewesen,<br />
wird sich jedoch durch Heterokonnektion anderer Holzarten<br />
in Zukunft erreichen lassen. Der vorliegende Band dokumentiert<br />
somit eine Etappe in der Erforschung des neolithischen<br />
Siedlungsgefüges und lässt noch immer viele<br />
Fragen offen.<br />
In der zweiten Hälfte des 4. Jts. v. Chr. kam es zu tiefgreifenden<br />
wirtschaftlichen und sozialen Veränderungen. Im<br />
südwestdeutsch-schweizerischen Alpenvorland äußern<br />
Abb. 55 Chronologische Abfolge von<br />
Kulturgruppen und Siedlungsplänen in<br />
Oberschwaben. Die in Oberschwaben<br />
verfügbaren dendrochronologischen<br />
Eckdaten für die Kulturgruppen sind<br />
eingetragen, 14 C-datierte Siedelphasen<br />
schraffiert. Verwendete Rahmenterminologie<br />
(Jungneolithikum/Endneolithikum)<br />
nach J. DRIEHAUS und R. A. MAIER).<br />
sich diese u. a. in einem Wandel des Getreide- und Unkrautspektrums,<br />
in einer Steigerung der Textilfaserproduktion,<br />
in einer Vermehrung des Hausschweinbestandes<br />
und im systematischen Einsatz tierischer Arbeitskraft. Es<br />
ist aufgrund verschiedener Indizien zu vermuten, dass es in<br />
dieser Zeit zu einem systematischen Einsatz des Hakenpfluges<br />
kam (KÖNINGER/KOLB/SCHLICHTHERLE 2001,<br />
649 f.). Zudem ändern sich die Erntemethoden (SCHLICHT-<br />
HERLE 2004c). Für eine Veränderung der Sozialstrukturen<br />
spricht das Aufkommen von Kollektivgräbern und der<br />
Wandel der Siedlungsstrukturen. Die Siedlungen am Federsee<br />
haben an diesen Umstrukturierungen Teil, wie der<br />
vorliegende Band erstmals eingehender darlegen kann.<br />
Wieweit es sich dabei um einen fernen Reflex der Entstehung<br />
erster Hochkultur im Nahen Osten handelt (im Sinne<br />
der „Secondary Products Revolution“ von Sherratt)<br />
und wieweit hier endogene Prozesse (im Sinne einer divergenten<br />
Kulturentwicklung) wirksam waren, bleibt als generelle<br />
Forschungsfrage weiteren Studien vorbehalten.<br />
Letzlich dürfte es wenig fruchtbar sein, Diffusion und Divergenz<br />
als sich ausschließende Mechanismen der Geschichte<br />
zu betrachten, wie dies in der jüngeren Fachdiskussion<br />
polarisiert wurde (VOSTEEN 1996a; ders. 1996b;<br />
1999; SHERRATT 1996; ders. 2003). Vielmehr geht es darum,<br />
das Ineinanderwirken von regionalen Entwicklungen<br />
mit den innovativen Effekten von Fernbeziehungen als<br />
komplexen Prozess zu begreifen. Die endneolithischen<br />
Siedlungen am Federsee mit ihrer vorzüglichen Quellenlage<br />
und in ihrer verkehrsgeographischen Position zwischen<br />
Donauraum und westlichem Alpenvorland, bieten zur<br />
Untersuchung der Transformationsprozesse im 4. und 3.<br />
Jts. v. Chr. ein geeignetes Forschungsfeld, das die vorliegenden<br />
Untersuchungen erstmals mit einer breiteren Datenbasis<br />
versehen.<br />
53
54<br />
10. Literatur<br />
BERSU 1937: G. BERSU, Altheimer Wohnhäuser vom Goldberg,<br />
OA. Neresheim, Württemberg. Germania 21, 1937, 149<strong>–</strong>158.<br />
BILLAMBOZ 1997: A. BILLAMBOZ, Zur dendrochronologischen<br />
Datierung der Bohlenwege an der Wuhrstrasse westlich von Bad<br />
Buchau, Kreis Biberach. Arch. Ausgr. Baden-Württemberg 1997,<br />
50<strong>–</strong>52.<br />
BILLAMBOZ 1998: A. BILLAMBOZ, Die jungneolithischen Dendrodaten<br />
der Pfahlbausiedlungen Südwestdeutschlands als Zeitrahmen<br />
für die Einflüsse der Michelsberger Kultur in ihrem südlichen<br />
Randgebiet. In: J. BIEL/H. SCHLICHTHERLE/M. STROBEL/A.<br />
ZEEB, Die Michelsberger Kultur und ihre Randgebiete. Kolloquium<br />
Hemmenhofen 1997. Materialh. Arch. Baden-Württemberg<br />
43 (Stuttgart 1998) 159<strong>–</strong>168.<br />
BILLAMBOZ/HOHL/SCHLICHTHERLE 2000: A. BILLAMBOZ/W.<br />
HOHL/H. SCHLICHTHERLE, Erste Datierungen für die endneolithische<br />
Siedlung Bad Buchau-Torwiesen II am Federsee, Kreis<br />
Biberach. Arch. Ausgr. in Baden-Württemberg 2000, 42<strong>–</strong>45.<br />
BOLLACHER 2001a: CH. BOLLACHER, Die endneolithische Siedlung<br />
im Dullenried bei Bad Buchau, Lkr. Biberach. Neue Untersuchungen<br />
zu den Funden und Befunden der Reinerthschen Grabungen<br />
von 1920, 1928 und 1929. Fundber. Baden-Württemberg<br />
25, 2001, 132<strong>–</strong>294.<br />
BOLLACHER 2001b: CH. BOLLACHER, Nachuntersuchungen im<br />
Dullenried bei Bad Buchau, Kreis Biberach. Arch. Ausgr. Baden-<br />
Württemberg 2001, 42<strong>–</strong>44.<br />
BONENBERGER 1990: A. BONENBERGER, Seekirch-Achwiesen, eine<br />
endneolithische Siedlung im Federseeried, Gemeinde Seekirch,<br />
Kreis Biberach. Arch. Ausgr. Baden-Württemberg 1990, 48<strong>–</strong>53.<br />
DE CAPITANI 2002: A. DE CAPITANI, Gefässkeramik. In: DE CAPI-<br />
TANI/DESCHLER-ERB/LEUZINGER/MARTI-GRÄDEL/SCHIBLER, Die<br />
jungsteinzeitliche Seeufersiedlung Arbon-Bleiche 3. Funde. Arch.<br />
Thurgau 11 (Frauenfeld 2002) 135<strong>–</strong>276.<br />
GOHLISCH 2001: T. GOHLISCH, Bemerkungen zur Struktur der<br />
endneolithischen Siedlung Dietfurt a. d. Altmühl. In: T. GOH-<br />
LISCH/L. REISCH (Hrsg.), Die Stellung der endneolithischen Chamer<br />
Kultur in ihrem räumlichen und zeitlichen Kontext. Kolloquien<br />
Inst. Ur- u. Frühgesch. Erlangen 1 (Erlangen 2001) 20<strong>–</strong>34.<br />
GROSS-KLEE/MAISE 1997: E. GROSS-KLEE/CH. MAISE, Sonne,<br />
Vulkane und Seeufersiedlungen. Jahrb. Schweiz. Ges. Ur.- u.<br />
Frühgesch. 80, 1997, 85<strong>–</strong>94.<br />
HAFNER/SUTER 2004: A. HAFNER/P. SUTER, Abgetaucht <strong>–</strong> Aufgetaucht<br />
1984<strong>–</strong>2004 (Bern 2004).<br />
HASENFRATZ/SCHNYDER 1998: A. HASENFRATZ/M. SCHNYDER, Das<br />
Seebachtal. Eine archäologische und paläoökologische Bestandsaufnahme.<br />
Forschungen im Seebachtal 1, Archäologie im Thurgau<br />
4 (Frauenfeld 1998).<br />
HERBIG 2002: CH. HERBIG, Archäobotanische Untersuchungen<br />
in der spätneolithischen Moorsiedlung Torwiesen II im Federseemoor.<br />
Unveröff. Magisterarbeit (Frankfurt 2002).<br />
HEUMÜLLER 1998: M. HEUMÜLLER, Die vorgeschichtlichen Wege<br />
des Federseemoores: Forschungsgeschichte, Konstruktion, Vergleich.<br />
Unveröff. Magisterarbeit (Tübingen 1998).<br />
HEUMÜLLER 2002: M. HEUMÜLLER, Die Bohlenwege des Alpenvorlandes.<br />
In: J. KÖNINGER/M. MAINBERGER/H. SCHLICHTHERLE/<br />
M. VOSTEEN, Schleife, Schlitten, Rad und Wagen. Zur Frage früher<br />
Transportmittel nördlich der Alpen. Hemmenhofener Skripte<br />
3 (Freiburg i. Br. 2002) 133<strong>–</strong>138.<br />
HOHL/SCHLICHTHERLE 1999: W. HOHL/H. SCHLICHTHERLE, Torwiesen<br />
II <strong>–</strong> eine Siedlung mit „Langhäusern“ der Horgener Kultur<br />
im Federseemoor bei Bad Buchau, Kreis Biberach. Arch. Ausgr.<br />
Baden-Württemberg 1999, 39<strong>–</strong>42.<br />
JOACHIM 1987: W. JOACHIM, Archäologische Ausgrabungen in<br />
Stuttgart-Stammheim 1984<strong>–</strong>1987. Begleith. Ausst. Stuttgart-<br />
Stammheim (Stuttgart 1987).<br />
KEEFER/KÖNINGER 1985: E. KEEFER/J. KÖNINGER, Moorsiedlungen<br />
des Federseerieds. Arch. Ausgr. Baden-Württemberg 1985,<br />
66<strong>–</strong>70.<br />
KÖNINGER 1986: J. KÖNINGER, Untersuchungen in der endneolithischen<br />
Moorsiedlung Täschenwiesen, Gemeinde Alleshausen,<br />
Kreis Biberach. Arch. Ausgr. Baden-Württemberg 1986, 43<strong>–</strong>45.<br />
KÖNINGER 1998: J. KÖNINGER, Pfyn/Altheim <strong>–</strong> Michelsberg <strong>–</strong><br />
Schussenried. Tauchsondagen in einer neuentdeckten Pfahlbausiedlung<br />
im Steeger See bei Aulendorf, Kreis Ravensburg. In:<br />
J. BIEL/H. SCHLICHTHERLE/M. STROBEL/A. ZEEB (Hrsg.), Die Michelsberger<br />
Kultur und ihre Randgebiete <strong>–</strong> Probleme der Entstehung,<br />
Chronologie und des Siedlungswesens. Materialh. Arch.<br />
Baden-Württemberg 43 (Stuttgart 1998) 191<strong>–</strong>200.<br />
KÖNINGER 1999: J. KÖNINGER, Nußdorf-Strandbad <strong>–</strong> Das Fundmaterial<br />
der Horgener Siedlung an der Liebesinsel, Überlingen-<br />
Nußdorf, Bodenseekreis. In: H. SCHLICHTHERLE/M. STROBEL<br />
(Hrsg.), Horgen <strong>–</strong> Cham <strong>–</strong> Goldberg III <strong>–</strong> Schnurkeramik in<br />
Süddeutschland. Hemmenhofener Skripte 1 (Freiburg i.Br.<br />
1999) 19<strong>–</strong>30.<br />
KÖNINGER/KOLB/SCHLICHTHERLE 2001: J. KÖNINGER/M. KOLB/<br />
H. SCHLICHTHERLE, Elemente von Boleráz und Baden in den<br />
Feuchtbodensiedlungen des südwestdeutschen Alpenvorlandes<br />
und ihre mögliche Rolle im Transformationsprozess des lokalen<br />
Endneolithikums. In: P. ROMAN/S. DIAMANDI (Hrsg.), Cernavoda<br />
III<strong>–</strong>Boleraz. Ein vorgeschichtliches Phänomen zwischen dem<br />
Oberrhein und der Unteren Donau. Studia Danubiana, Symposi<br />
II (Bukarest 2001) 641<strong>–</strong>672.<br />
KOLB 1993: M. KOLB, Die Horgener Siedlungen in Sipplingen.<br />
Ergebnisse taucharchäologischer Untersuchungen in Sipplingen-<br />
Osthafen 1982<strong>–</strong>1987. Unveröff. Dissertation (Freiburg i. Br.<br />
1993).<br />
KOLB 1997: M. KOLB, Die Seeufersiedlung Sipplingen und die<br />
Entwicklung der Horgener Kultur am Bodensee. In: H.<br />
SCHLICHTHERLE (Hrsg.), Pfahlbauten rund um die Alpen. Sonderh.<br />
Arch. in Deutschland (Stuttgart 1997) 22<strong>–</strong>28.<br />
LEUZINGER 2000: U. LEUZINGER, Die jungsteinzeitliche Seeufersiedlung<br />
Arbon-Bleiche 3. Befunde. Arch. Thurgau 9 (Frauenfeld<br />
2000).<br />
LIESE-KLEIBER 1993: H. LIESE-KLEIBER, Pollenanalysen zur Geschichte<br />
der Siedlungslandschaft des Federsees vom Neolithikum<br />
bis ins ausgehende Mittelalter. In: Festschr. Zoller, Dissertationes<br />
Botanicae 196 (Berlin-Stuttgart 1993) 347<strong>–</strong>368.<br />
LIESE-KLEIBER 1996: H. LIESE-KLEIBER, Paläoökologische Untersuchungen<br />
im neu erschlossenen Siedlungsgebiet des nördlichen<br />
Federseemoores. Bericht 1996, unveröff.<br />
MAIER/SCHLICHTHERLE 1992: U. MAIER/H. SCHLICHTHERLE, Archäologische<br />
und archäobotanische Untersuchungen in der<br />
Goldberg III-Siedlung Alleshausen-Grundwiesen am Federsee,<br />
Kreis Biberach. Arch. Ausgr. Baden-Württemberg 1992, 88<strong>–</strong>93.<br />
MAINBERGER 1998: M. MAINBERGER, das Moordorf von Reute.<br />
Archäologische Untersuchungen in der jungneolithischen Siedlung<br />
Reute-Schorrenried (Staufen i. Br. 1998).<br />
MOTTES/NICOLIS/SCHLICHTHERLE 2002: E. MOTTES/F. NICOLIS/<br />
H. SCHLICHTHERLE, Kulturelle Beziehungen zwischen den Regionen<br />
nördlich und südlich der Zentralalpen während des Neolithikums<br />
und der Kupferzeit. In: Über die Alpen <strong>–</strong> Menschen, Wege,<br />
Waren. Kat. Ausst. Arch. Landesmus. Konstanz. ALManach 7/8<br />
(Stuttgart 2002) 119<strong>–</strong>135.<br />
PARET 1955: O. PARET, Das Steinzeitdorf Ehrenstein bei Ulm<br />
(Donau) (Stuttgart 1955).<br />
PÉTREQUIN 1997: P. PÉTREQUIN (Hrsg.), Les sites littoraux Néolithiques<br />
de Clairvaux-les-Lacs (Jura) III, Bd.1 (Paris 1997).
PÉTREQUIN et al. 2002: P. PÉTREQUIN/R.-M. ARBOGAST/CH.<br />
BOURQUIN-MIGNOT et al., Le Mythe de la Stabilité: Déséquilibres<br />
et réajustements d´une communauté agricole Néolithique dans le<br />
Jura Francais, du 32 ème au 30 ème siècle av. J.-C. In: H. RICHARD/A.<br />
VIGNOT (Hrsg.), Équilibres et ruptures dans les écosystèmes depuis<br />
20 000 ans en Europe de l´Ouest (Besancon 2002) 387<strong>–</strong>402.<br />
REINERTH 1936: H. REINERTH, Das Federseemoor als Siedlungsland<br />
des Vorzeitmenschen. Führer Urgesch. 9 (Leipzig 1936).<br />
SCHLICHTHERLE 1981: H. SCHLICHTHERLE, Neolithische Ufersiedlungen<br />
auf der Halbinsel im Schreckensee, Wolpertswende,<br />
Kreis Ravensburg. Vorbericht zur Sondage im Sommer 1979.<br />
Fundber. Baden-Württemberg 6, 1981, 73<strong>–</strong>92.<br />
SCHLICHTHERLE 1989: H. SCHLICHTHERLE, Neue Fundstellen im<br />
Federseemoor bei Bad Buchau, Oggelshausen, Alleshausen und<br />
Seekirch, Kreis Biberach. Arch. Ausgr. Baden-Württemberg<br />
1989, 57<strong>–</strong>62.<br />
SCHLICHTHERLE 1990: H. SCHLICHTHERLE, Alleshausen-Grundwiesen<br />
<strong>–</strong> eine Siedlung der jungsteinzeitlichen Gruppe Goldberg<br />
III im nördlichen Federseeried, Kreis Biberach. Arch. Ausgr. Baden-Württemberg<br />
1990, 42<strong>–</strong>47.<br />
SCHLICHTHERLE 1991: H. SCHLICHTHERLE, Fortsetzung der<br />
Sondagen in der Goldberg III-Siedlung Alleshausen-Grundwiesen<br />
am Federsee, Kreis Biberach. Arch. Ausgr. Baden-Württemberg<br />
1991, 81<strong>–</strong>84.<br />
SCHLICHTHERLE 1995a: H.SCHLICHTHERLE, Bemerkungen zur<br />
Siedlungsstruktur der Feuchtbodensiedlungen im südwestdeutschen<br />
Alpenvorland. In: A. ASPES (Hrsg.), Settlement patterns<br />
between the Alps and the Black Sea 5th to 2nd Millenium B.C.<br />
Kongress Verona-Lazise 1992. Mem. Mus. Civ. Stor. Naturale<br />
Verona 4 (Verona 1995) 251<strong>–</strong>259.<br />
SCHLICHTHERLE 1995b: H. SCHLICHTHERLE, Ödenahlen, eine<br />
neolithische Siedlung der „Pfyn-Altheimer Gruppe Oberschwabens“<br />
im nördlichen Federseeried. Archäologische Untersuchungen<br />
1981<strong>–</strong>1986. In: Siedlungsarchäologie im Alpenvorland III.<br />
Forsch. u. Ber. Vor- u. Frühgesch. Baden-Württemberg 46 (Stuttgart<br />
1995) 9<strong>–</strong>128.<br />
SCHLICHTHERLE 1995c: H. SCHLICHTHERLE, Sondagen zur Gewinnung<br />
eines Siedlungsplans der endneolithischen Station Seekirch-Stockwiesen<br />
im nördlichen Federseeried, Kreis Biberach.<br />
Arch. Ausgr. Baden-Württemberg 1995, 60<strong>–</strong>65.<br />
SCHLICHTHERLE 1999: H. SCHLICHTHERLE, Die Goldberg III<br />
Gruppe in Oberschwaben. In: H. SCHLICHTHERLE/M. STROBEL<br />
(Hrsg.), Aktuelles zu Horgen <strong>–</strong> Cham <strong>–</strong> Goldberg III <strong>–</strong>Schnurkeramik<br />
in Süddeutschland. Hemmenhofener Skripte 1 (Freiburg i.<br />
Br. 1999) 35<strong>–</strong>48.<br />
SCHLICHTHERLE 2001: H. SCHLICHTHERLE, Neue Baubefunde und<br />
eine Scherbe der Badener Kultur in der endneolithischen Moorsiedlung<br />
Torwiesen II, Bad Buchau, Kreis Biberach. Arch. Ausgr.<br />
Baden-Württemberg 2001, 38<strong>–</strong>42.<br />
SCHLICHTHERLE 2002: H. SCHLICHTHERLE, Die jungsteinzeitlichen<br />
Radfunde vom Federsee und ihre kulturgeschichtliche Bedeutung.<br />
In: J. KÖNINGER/M. MAINBERGER/H. SCHLICHTHERLE/<br />
M. VOSTEEN (Hrsg.), Schleife, Schlitten, Rad und Wagen. Zur<br />
Frage früher Transportmittel nördlich der Alpen. Hemmenhofener<br />
Skripte 3 (Freiburg i. Br. 2002) 9<strong>–</strong>34.<br />
SCHLICHTHERLE 2004a: H. SCHLICHTHERLE, Wagenfunde aus den<br />
Seeufersiedlungen im zirkumalpinen Raum. In: M. FANSA/<br />
S. BURMEISTER (Hrsg.), Rad und Wagen. Der Ursprung einer Innovation.<br />
Wagen im vorderen Orient und Europa. Beih. Arch.<br />
Mitt. Nordwestdeutschland 40 (Mainz 2004) 295<strong>–</strong>314.<br />
SCHLICHTHERLE 2004b: H. SCHLICHTHERLE, Jungsteinzeitliche<br />
Dolche aus den Pfahlbauten des Bodenseeraumes. Zeitschr. Ver.<br />
Pfahlbau u. Heimatkde. E. V. Plattform 11/12, 2002/03, im<br />
Druck.<br />
SCHLICHTHERLE 2004c: H. SCHLICHTHERLE, Bemerkungen zur<br />
Erntetechnik im Neolithikum. In: M. RÖSCH u. a. (Hrsg.), Expe-<br />
rimentelle Forschungen <strong>–</strong> Zu den Wurzeln der europäischen Kulturlandschaft.<br />
Materialh. Arch. Baden-Württemberg (Stuttgart)<br />
im Druck.<br />
SCHLICHTHERLE im Druck: H. SCHLICHTHERLE, Chemins, roues,<br />
chariots: innovations de la fin du Néolithique dans le Sud-Ouest<br />
de l´Allemagne. In: P. PÉTREQUIN/R.-M. ARBOGAST/A.-M PÉTRE-<br />
QUIN/S. VAN WILLIGEN/M. BAILLY (Hrsg.), Premiers Chariots, premiers<br />
araires. La traction animale en Europe au IVè millénaire av.<br />
J.-C. (Frankreich) im Druck.<br />
SCHLICHTHERLE/HOHL 2002: H. SCHLICHTHERLE/W. HOHL, Fortschritte<br />
der Ausgrabung in der endneolithischen Moorsiedlung<br />
Torwiesen II in Bad Buchau am Federsee, Kreis Biberach, Baden-<br />
Württemberg. Nachrichtenblatt Arbeitskreis Unterwasserarchäologie<br />
NAU 9, 2002, 61<strong>–</strong>65.<br />
SCHLICHTHERLE/MAIER 1992: H. SCHLICHTHERLE/U. MAIER, Ein<br />
großes endneolithisches Haus in den Stockwiesen von Seekirch,<br />
Kreis Biberach. Arch. Ausgr. Baden-Württemberg 1992, 75<strong>–</strong>79.<br />
SCHLICHTHERLE/STROBEL 1991: H. SCHLICHTHERLE/M. STROBEL,<br />
Eine endneolithische Siedlung in den Stockwiesen von Seekirch<br />
im nördlichen Federseemoor, Kreis Biberach. Arch. Ausgr. Baden-Württemberg<br />
1991, 77<strong>–</strong>81.<br />
SCHLICHTHERLE/VOGT/HERBIG 2002: H. SCHLICHTHERLE/<br />
R. VOGT/CH. HERBIG, Bauforschung, Phosphatkartierung und<br />
botanische Untersuchungen in den <strong>Häuser</strong>n der Moorsiedlung<br />
Torwiesen II im Federseeried, Bad Buchau, Kreis Biberach. Arch.<br />
Ausgr. Baden-Württemberg 2002, 48<strong>–</strong>53.<br />
SCHÖNFELD 1991: G. SCHÖNFELD, Ein Wohnstallhaus aus der<br />
jungneolithischen Talbodensiedlung von Pestenacker. Arch. Jahr<br />
Bayern 1991, 44<strong>–</strong>50.<br />
SCHÖNFELD 2001: G. SCHÖNFELD, Holzarchitektur der altheimzeitlichen<br />
Feuchtbodensiedlung von Pestenacker. Ber. Bayer. Bodendenkmalpfl.<br />
41/42, 2000/01, 21<strong>–</strong>38.<br />
SCHÖNFELD 2003: G. SCHÖNFELD, Ein jungsteinzeitliches Filialsiedelsystem<br />
in der Talaue bei Unfriedshausen, Gde. Geltendorf.<br />
Landsberger Geschichtsbl. 102, 2003, 3<strong>–</strong>8.<br />
SHERRATT 1981: A. SHERRATT, Plough and Pastoralism: aspects of<br />
the secondary products revolution, in: I. Hodder/I. Isaac/G. u.<br />
N. Hammond (Hrsg.), Patterns of the past. Studies in honour of<br />
David Clarke (Cambridge 1981) 261<strong>–</strong>305.<br />
SHERRATT 1996: A. SHERRATT, “Das sehen wir den Rädern ab”:<br />
some thoughts on M. Vosteen`s „Unter die Räder gekommen“.<br />
Arch. Inf. 19, 1996, 155<strong>–</strong>172.<br />
SHERRATT 2003, A. SHERRATT, The Baden (Pécel) culture and<br />
Anatolia: perspectives on a cultural transformation. In: E. JEREM/<br />
P. R ACZKY, Morgenrot der Kultur, Festschr. N. Kalicz (Budapest<br />
2003) 415<strong>–</strong>429.<br />
STROBEL 2000a: M. STROBEL, Alleshausen-Hartöschle <strong>–</strong> Eine<br />
Siedlung der Schussenrieder Kultur im nördlichen Federseemoor<br />
(Kr. Biberach). Die Ausgrabung 1984, 1992 und 1993. In: Berichte<br />
zu Ufer- und Moorsiedlungen Südwestdeutschlands III.<br />
Materialh. Arch. Baden-Württemberg 52 (Stuttgart 2000) 123<strong>–</strong><br />
229.<br />
STROBEL 2000b: M. STROBEL, Die Schussenrieder Siedlung Taubried<br />
I (Bad Buchau, Kr. Biberach). Ein Beitrag zu den Siedlungsstrukturen<br />
und zur Chronologie des frühen und mittleren Jungneolithikums<br />
in Oberschwaben (Stuttgart 2000).<br />
VOSTEEN 1996a: M. VOSTEEN, Unter die Räder gekommen. Untersuchungen<br />
zu Sherratts „Secondary Products Revolution“.<br />
Arch. Ber. 7 (Bonn 1996).<br />
VOSTEEN 1996b: M. VOSTEEN, Taken the wrong Way: einige Bemerkungen<br />
zu A. Sherratts „Das sehen wir von den Rädern ab“.<br />
Arch. Inf. 19, 1996, 173<strong>–</strong>186.<br />
WALL 1961: E. WALL, Der Federsee von der Eiszeit bis zur Gegenwart.<br />
In: W. ZIMMERMANN (Hrsg.), Der Federsee. Die Natur- und<br />
55
56<br />
Landschaftsgebiete Baden-Württembergs 2 (Stuttgart 1961) 228<strong>–</strong>315.<br />
WALL 1998: E. WALL, Archäologische Federseestudien. Untersuchungen<br />
zu Topographie, Stratigraphie, Hydrologie und Chronologie<br />
der vorgeschichtlichen Siedlungen am Federsee. In: Siedlungsarchäologie<br />
im Alpenvorland V. Forsch. u. Ber. Vor- u.<br />
Frühgesch. Baden-Württemberg 68 (Stuttgart 1998) 11<strong>–</strong>76.<br />
WINIGER im Druck: A. WINIGER, Les chemins d’accès des villages<br />
1. Einführung<br />
Die Textilien von Seekirch-Achwiesen<br />
Die Sondagen in der endneolithischen Siedlung Seekirch-<br />
Achwiesen am Federsee erbrachten sehr gut erhaltene Textilfunde.<br />
Die Geflecht-und Gewebereste waren in die Siedlungsschichten<br />
eingebettet und sind über die Beifunde<br />
Abb. 1 Seekirch-<br />
Achwiesen, Übersichtsplan.<br />
Eingetragen ist die<br />
Herkunft der Textilfunde<br />
aus Schnitt 2. Die<br />
Bezifferung der Fundstücke<br />
entspricht den<br />
Katalognummern<br />
(Kapitel 6) (Grafik<br />
A. Kalkowski / Landesdenkmalamt<br />
Baden-<br />
Württemberg [LDA]).<br />
ANNEMARIE FELDTKELLER<br />
néolithiques et Bronze ancien de Concise (Lac de Neuchâtel, Vaud,<br />
Suisse). In: P. PÉTREQUIN/R.-M. ARBOGAST/A.-M PÉTREQUIN/S. VAN<br />
WILLIGEN/M. BAILLY (Hrsg.), Premiers Chariots, premiers araires.<br />
La traction animale en Europe au IVè millénaire av. J.-C. im Druck.<br />
ZÜRN 1965: H. ZÜRN, Das jungsteinzeitliche Dorf Ehrenstein (Kreis<br />
Ulm), Ausgrabung 1960. Teil I: Die Baugeschichte. Veröff. Staatl.<br />
Amt für Denkmalpfl. Stuttgart, Reihe A, H. 10/1 (Stuttgart 1965).<br />
eindeutig der Goldberg III-Gruppe (ca. 2800<strong>–</strong>2400 v.<br />
Chr.) zuzuweisen (SCHLICHTHERLE 1999). Sie können keinem<br />
klaren Gebäudegrundriß zugeordnet werden, doch<br />
wird aus den Grabungsbefunden deutlich, dass sie mitsamt<br />
dem Hausrat von ein bis zwei Gebäudestandorten zur Ablagerung<br />
kamen (Abb. 1).