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Große Häuser – kleine Häuser

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46<br />

Abb. 48 Gliederung<br />

verschiedener <strong>Häuser</strong> des<br />

Süddeutschen Alpenvorlandes.<br />

1 Aichbühl Haus 2,<br />

2 Taubried Haus 1,<br />

3 Taubried Haus 11,<br />

4 Taubried Haus 9,<br />

5 Stockwiesen Haus 1,<br />

6 Pestenacker Haus 1c,<br />

Feuerstellen und Backöfen<br />

sind gepunktet, Vorplätze<br />

schraffiert.<br />

mutlich mit abgehobenen Böden als Pfahlbauten über den<br />

offenen Seesedimenten gebaut worden (SCHLICHTHERLE<br />

1981; KÖNINGER 1998). Eine detaillierte Vorlage der Befunde<br />

steht noch aus.<br />

An diese Tradition von Pfostenbauten in Holz-Lehmbauweise<br />

sind auch die endneolithischen <strong>Häuser</strong> von Dullenried<br />

anzuschließen. Zumindest die besser erhaltenen Befunde<br />

zeigten dort Lehmestrichlagen über den Holzfußböden<br />

(BOLLACHER 2001a). Im Feuerstellenbereich des<br />

Hauskomplexes 7 kam es, wie die neuen Nachuntersuchungen<br />

zeigten, zu einem mächtigen, mehrfach erneuerten<br />

Lehmpaket. Die meisten <strong>Häuser</strong> haben keine Mittelpfosten.<br />

Nur wenn wir die fragmentarische Pfostenstruktur<br />

A spiegelbildlich zu einem Grundriß ergänzen<br />

(BOLLACHER 2001a, 175 f.; Abb. 24) und dem Haus 6 in<br />

kühner Weise einige weitere Pfähle in Überschneidung mit<br />

Haus 5 zurechnen (BOLLACHER 2001a, 162 f.; Abb. 16),<br />

ergeben sich zwei- und dreischiffige Gebäude mit mehreren<br />

Jochen. Diese dubiosen Befunde müssen fraglich bleiben.<br />

Auffällig ist das Ausbleiben selbst von Firstpfosten in<br />

einigen der anderen <strong>Häuser</strong>, so dass sich hier Gebäude ergeben,<br />

deren Dächer nur auf Wand- und Eckpfosten ruhen<br />

konnten. Diese Befunde sind den Kleinhäusern von<br />

Torwiesen II, Stockwiesen und Grundwiesen ähnlich.<br />

Die einzelligen Kleinhäuser von Torwiesen haben dicke<br />

Lehmestriche auf den Holzfußböden, jedoch deutlich<br />

dünnere Pföstchen als die <strong>Häuser</strong> des Dullenriedes. Die<br />

zeitlich jünger anzusetzenden Kleinhäuser von Stockwiesen<br />

und Grundwiesen haben bei ähnlich schwachen<br />

Wandpföstchen keine Anzeichen für eine Lehmbauweise<br />

mehr aufzuweisen. Die Holzfußböden sind nur noch im<br />

Bereich der zentralen Feuerstelle kleinflächig mit Lehm<br />

überdeckt, entlang der Wände fehlen zudem jegliche Spuren<br />

eines Lehmverputzes. Hier hat sich eine leichtere Bauweise<br />

durchgesetzt, wie sie auch an den endneolithischen<br />

Großhäusern zu beobachten ist.<br />

Die neuen Enteckungen in den Torwiesen und im nördlichen<br />

Federseeried erlauben es heute, den „klassischen“<br />

<strong>Häuser</strong>n des Jungneolithikums (Abb. 48,1<strong>–</strong>4) einen anderen<br />

Typ von großen <strong>Häuser</strong>n des Endneolithikums gegenüberzustellen<br />

(Abb. 48,5). In Torwiesen II und Stockwiesen<br />

treten uns schmalstirnige, bis zu 15 m lange Pfosten-<br />

bauten entgegen, die sorgfältig unterbaute Prügelböden<br />

aufweisen, aber auf Lehmestrichbeläge weitgehend verzichten.<br />

In Torwiesen waren einige Wandscheiben noch<br />

lehmverputzt, wie sich an zerflossenen Lehmresten entlang<br />

der Wandfluchten erkennen lässt. In der etwa 300 Jahre<br />

jüngeren Siedlung Stockwiesen fehlt bereits jeglicher Hinweis<br />

auf Estriche und Lehmverputz. Zur Innengliederung<br />

der ein- und zweischiffigen <strong>Häuser</strong> von Torwiesen liegen<br />

zum gegenwärtigen Stand der Auswertungsarbeiten noch<br />

keine Erkenntnisse vor. Regelhaft ist jedoch die zentrale<br />

Position der Feuerstelle, die sich in Stockwiesen wiederholt.<br />

Vorläufig gestattet lediglich Haus 1 von Stockwiesen<br />

eine Rekonstruktion der Raumteilung <strong>–</strong> wie im Vorausgehenden<br />

dargestellt (Abb. 18; 21) <strong>–</strong>, die sich grundlegend<br />

von den jungneolithischen <strong>Häuser</strong>n unterscheidet. Es<br />

kommt durch Längs- und Querwände zu einer vierräumigen<br />

Kammerung. Die große Feuerstelle liegt entlang der<br />

Mittelpfosten im Zentrum des Hauses, in einem L-förmigen<br />

Raum. Kuppelbacköfen sind in den Torwiesen nur<br />

durch angeziegelte Lehmfragmente wahrscheinlich zu machen,<br />

vielleicht gehören die gefundenen Lehmfragmente<br />

auch nicht zu Ofenkuppeln sondern zu komplexeren<br />

Lehmaufbauten der Herdstellen. In Stockwiesen fehlen<br />

Hinweise auf Backöfen.<br />

Die einfache Organisation des Hauses um eine zentrale<br />

Feuerstelle findet sich in gleicher Weise in den einzelligen<br />

<strong>Häuser</strong>n von Dullenried und Grundwiesen. Auch hier besteht<br />

ein deutlicher Gegensatz zu den <strong>kleine</strong>n, einzelligen<br />

<strong>Häuser</strong>n der Schussenrieder Kultur im Taubried, in denen<br />

die Feuerplätze meist exzentrisch an den Wänden liegen.<br />

An die Wand gerückte Öfen und Herde sind auch in Aichbühl<br />

und Ehrenstein die Regel.<br />

Der Wandel der <strong>Häuser</strong> vom Jung- zum Endneolithikum<br />

in Oberschwaben erschließt sich vorläufig aus mehreren,<br />

jeweils durch Siedlungslücken getrennten Etappen (Abb.<br />

55). Zwischen den um 3650 v. Chr. abbrechenden Siedlungen<br />

der Pfyn-Altheimer Gruppe und der ersten um<br />

3283 v. Chr. nachweisbaren Siedlung der Horgener Kultur<br />

(Torwiesen II) liegen 370 dunkle Jahre. In dieser Zeit muss<br />

es zu einer neuen Konzeption der <strong>Häuser</strong> und der in ihnen<br />

angesiedelten Haushalte gekommen sein. Relikte der<br />

Holz-Lehmbauarchitektur und typologische Relikte im<br />

Keramikbestand der älteren Horgener Kultur von Torwie-

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