Große Häuser – kleine Häuser
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sen II, die nur aus den Traditionen der Pfyn-Altheimer<br />
Gruppe erklärbar sind, sprechen indessen dafür, dass es in<br />
Oberschwaben keine abrupte Zäsur, sondern vielmehr einen<br />
allmählichen Wandel gegeben haben dürfte. Am Bodensee<br />
rücken die Siedlungsbelege im fraglichen Zeitraum<br />
dichter auf. Hier scheint es um 3500<strong>–</strong>3380 v. Chr. eine<br />
nur 120 jährige Siedlungslücke zu geben, nach der in Arbon-Bleiche<br />
3 dann ein Übergangshorizont mit alten Pfyner<br />
und neuen Horgener Kulturelementen zu fassen ist (DE<br />
CAPITANI 2002). In Sipplingen Schicht 11 sind um 3317<strong>–</strong><br />
3306 v. Chr. noch Reminiszenzen an die Pfyner Kultur im<br />
Keramikbestand sichtbar. Auch am Bodensee verraten somit<br />
die Keramikspektren, dass es einen Wandel und keinen<br />
Bruch der Kulturerscheinungen gab.<br />
In der um 3490 v. Chr. datierten Talbodensiedlung von<br />
Pestenacker in Oberbayern stoßen wir in Altheimer Kulturmilieu<br />
auf Pfosten- und Ständerbauten, die einer eigenen<br />
Bautradition verpflichtet sind (SCHÖNFELD 2001).<br />
Mehrfach sind zweigeteilte <strong>Häuser</strong> erkennbar, die im Vorderen<br />
Teil einen zentral stehenden Backofen, im hinteren<br />
Teil eine zentrale Feuerstelle aufweisen. Für den hinteren<br />
Teil der <strong>Häuser</strong> ist zudem durch Mistlagen eine Aufstallung<br />
von Großvieh nachweisbar, so dass dort von Wohnstallhäusern<br />
gesprochen werden kann. Ein Gebäude mit<br />
gut erhaltenen Innenbefunden (Haus 1c) lässt eine Innengliederung<br />
durch Quer- und Längswände erkennen<br />
(SCHÖNFELD 1991) (Abb. 48,6). Vor allem die Abtrennung<br />
eines Flures im Eingangsbereich des Hauses ist merkwürdig<br />
und im Hinblick auf die Eingangssituation des Hauses<br />
1 von Seekirch-Stockwiesen von Interesse. In Stockwiesen<br />
bestand zwar kein vergleichbar schmaler Flur, aber die<br />
Längsteilung des vorderen Hausbereiches ergab einen Eingangsraum,<br />
der wie ein Flur in die Tiefe des Hauses führt.<br />
Zudem ergab sich in Pestenacker durch den Flureinbau ein<br />
L-förmiger Grundriß des Hauptraumes, der dem ähnlich<br />
merkwürdig geschnittenen Mittelraum von Stockwiesen<br />
vergleichbar ist. Es ist nicht auszuschließen, dass es beziehungsreiche<br />
Verbindungen zwischen beiden Phänomenen<br />
gibt und die Gliederung der Großhäuser des Endneolithikums<br />
am Federsee auf Vorbilder der späten Altheimer Kultur<br />
in Oberbayern zurückgeführt werden kann.<br />
8.2 Siedlungsstrukturen<br />
8.2.1 „Siedlungsschema Aichbühl“<br />
In den jungneolithischen Siedlungsanlagen der Aichbühler<br />
und Schussenrieder Kultur orientieren sich die <strong>Häuser</strong><br />
in der Regel in die gleiche Richtung, d. h. jede <strong>Häuser</strong>zeile<br />
war einer eigenen Kommunikationsachse zugewandt, eine<br />
zweite <strong>Häuser</strong>zeile kehrte der ersten ihre Rückfronten zu<br />
(Abb. 49,1). Dieses „Siedlungsschema vom Typ Aichbühl“<br />
treffen wir auch noch in der Siedlung Ruhestetten-Egelsee<br />
an, die der Pfyn-Altheimer Gruppe Oberschwabens zuzurechnen<br />
ist (Abb. 50). Dort verraten u. a. lehmestrichfreie<br />
Hinterräume die gleichsinnige Orientierung beider <strong>Häuser</strong>zeilen.<br />
Auch in Reute-Schorrenried scheint ein Dorfplan<br />
mit mehreren gleichgerichteten <strong>Häuser</strong>zeilen vorzu-<br />
liegen, wenn wir von zwei quer gestellten Gebäuden einmal<br />
absehen, denen eventuell eine Sonderfunktion zuzubilligen<br />
ist (MAINBERGER 1998, 120 ff.). Auf der <strong>kleine</strong>n<br />
Insel im Steeger See bei Aulendorf ist eine <strong>Häuser</strong>zeile der<br />
Pfyn-Altheimer Gruppe nachgewiesen (KÖNINGER 1998).<br />
Leider wissen wir über die Struktur der etwa zeitgleichen<br />
Siedlungen am Schreckensee und in Ödenahlen so gut wie<br />
nichts.<br />
8.2.2 „Siedlungsschema Niederwil“<br />
Die Pfyn-Altheimer Siedlungen Oberschwabens dürften<br />
aber, soweit sich dies im Augenblick erkennen lässt, den<br />
Siedlungswandel nicht mitgemacht haben, der am Bodensee<br />
mit der älteren Pfyner Kultur eintrat. Dort kam es<br />
schon um 3870 v. Chr. mit Hornstaad-Hörnle IB zu uferparallelen<br />
<strong>Häuser</strong>reihen, die dem gängigen Schema der Pfyner<br />
Kultur entsprechen und die man mit dem Begriff „Siedlungsschema<br />
vom Typ Niederwil“ fassen kann (Abb. 49,2).<br />
8.2.3 „Straßendörfer vom Typ Seekirch“ und<br />
„Typ Pestenacker“<br />
Mit Torwiesen II und Stockwiesen finden wir in Oberschwaben<br />
indessen erstmals eine weitere Ortsform. In diesen<br />
Siedungen orientieren sich zwei <strong>Häuser</strong>zeilen mit ihren<br />
Eingängen auf eine befestigte Straße. Bei diesen Stra-<br />
Abb. 49 Siedlungsschema vom Typ Aichbühl (1), vom Typ<br />
Niederwil (2) und Straßendorf vom Typ Seekirch (3).<br />
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