Große Häuser – kleine Häuser
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Abb. 50 Der Dorfausschnitt von<br />
Ruhestetten-Egelsee, eine Siedlung der<br />
Pfyn-Altheimer Gruppe Oberschwabens<br />
wohl um 3700 v. Chr. Die Eingangsseiten<br />
der <strong>Häuser</strong> (markiert) liegen<br />
entsprechend des „Siedlungsschemas<br />
Aichbühl“ in einer Richtung (nach PARET<br />
1955, ergänzt).<br />
ßendörfern können wir vom „Siedlungsschema Seekirch“<br />
sprechen (Abb. 49,3). Ähnlichkeiten bestehen zu den<br />
ebenfalls auf eine befestigte Dorfstraße orientierten Siedlungen<br />
von Pestenacker (Abb. 51) und Unfriedshausen,<br />
doch fehlt am Federsee und auch in ähnlichen Straßendörfern<br />
am Bielersee (Sutz-Lattrigen, Kleine Station) (Abb.<br />
52) und im ostfranzösischen Lac Chalain (Chalain 2, Chalain<br />
3: PÉTREQUIN/PÉTREQUIN 1988, 132 f.; PÉTREQUIN<br />
1997, 234) (Abb. 53) das für Pestenacker charakteristische<br />
Geviert des Dorfzaunes, das die bayerischen Siedlungen<br />
eng umschließt. Es ist deshalb angebracht, das „Siedlungschema<br />
Pestenacker“ von den Straßendörfern des süddeutsch-<br />
bis ostfranzösischen Endneolithikums auch begrifflich<br />
abzusetzen.<br />
Bohlenwege, die in Siedlungen hineinführen, finden sich<br />
bereits in Moorsiedlungen der Pfyner Kultur (Thayngen-<br />
Weier II u. III) und der Cortaillod Kultur (Egolzwil 4,<br />
Dorf 5). Sie werden dort mit der Aufstallung von Vieh im<br />
Siedlungsinneren in Zusammenhang gebracht (HEUMÜL-<br />
LER 1998; dies. 2002; SCHLICHTHERLE im Druck). Auch in<br />
Niederwil bleibt zwischen den <strong>Häuser</strong>reihen eine Schneise,<br />
die als Zuwegung aufzufassen ist. In ähnlicher Weise<br />
sind die <strong>Häuser</strong>reihen in Arbon-Bleiche 3 unterbrochen,<br />
so dass auch hier von einer, vielleicht auch von zwei landseewärtigen<br />
Verkehrsachsen ausgegangen werden kann<br />
(LEUZINGER 2000, 51 ff.). Von hier ist es zu den Straßendörfern<br />
nicht mehr weit, doch fehlt allen diesen Dörfern<br />
noch die strikte, Planung verratende Aufreihung an einer<br />
geradlinigen Straßenachse, wie auch der Nachweis einer<br />
spiegelbildlichen Ausrichtung der Hauseingänge auf die<br />
Straße. Die Ufersiedlungen von Concise am Neuenburger<br />
See zeigen exemplarisch, wie die Zuwegung der Siedlungen<br />
vom Jung- zum Endneolithikum zunehmend an Bedeutung<br />
gewinnt und erst im Verlauf der Entwicklung auf<br />
die bauliche Organisation der Dörfer Einfluß nimmt (WI-<br />
NIGER im Druck). Es gibt also im südwestdeutsch-schweizerischen<br />
Alpenvorland eine Entwicklung hin zur siedlungserschließenden<br />
Straßenachse, doch bleibt der Ur-<br />
sprung des konsequenten „Siedlungsschemas vom Typ<br />
Seekirch“ noch zu eruieren. Am ähnlichsten sind ihm die<br />
Siedlungen vom „Typ Pestenacker“ in Pestenacker und<br />
Unfriedshausen. Sie gehen den Straßendörfern am Federsee<br />
um 200<strong>–</strong>250 Jahre voran und könnten ihren Einfluss<br />
geltend gemacht haben. Dies ist durchaus im Bereich des<br />
Denkbaren, denn die Zusammenhänge Oberschwabens<br />
mit Oberbayern sind bereits im Jungneolithischen Fundspektrum<br />
evident und finden insbesondere auch in der<br />
Goldberg III-Gruppe mit großer Affinität zur Chamer<br />
Kultur ihre Fortsetzung. Auch die Tassen und Spinnwirtel<br />
im Keramikspektrum von Torwiesen sind als östliche Elemente<br />
aufzufassen. Die Keramikfragmente von Gefäßen<br />
der Badener Kultur sprechen zudem für weit in den Donauraum<br />
reichende Kulturverbindungen (KÖNINGER/<br />
KOLB/SCHLICHTHERLE 2001). Eine Ausbreitung des neuen<br />
Siedlungstyps „Straßendorf“ aus dieser Richtung hätte somit<br />
einiges für sich.<br />
Das älteste Straßendorf am Lac Chalain (Chalain 3, VIII)<br />
(Abb. 53 unten) datiert 3189<strong>–</strong>3170 v. Chr. (PÉTREQUIN<br />
1997, 55 f.; PÉTREQUIN et al. 2002). Sein der Horgener<br />
Kultur anzuschließendes Keramikspektrum zeigt innengetupfte<br />
Böden, wie sie für das zeitgleiche ältere Horgen im<br />
Raum Bodensee-Oberschwaben, insbesondere für das<br />
„Horgen vom Typ Dullenried-Nußdorf“ geradezu typisch<br />
sind (KÖNINGER 1999). Innengedellte Böden fehlen indessen<br />
dem zentralschweizerischen und westschweizerischen<br />
Horgen, so dass hier eine Verbindung über die burgundische<br />
Pforte unter Umgehung des Schweizer Mittellandes<br />
anzunehmen ist, die das neue Siedlungsschema bis weit in<br />
den Südosten brachte. Am Bielersee stoßen wir in Sutz-<br />
Lattrigen, Kleine Station um 2750 v. Chr. auf ein Straßendorf<br />
der Saône-Rhône Kultur (Lüscherz im Übergang zu<br />
Auvernier) (HAFNER/SUTER 2004, 22) (Abb. 52). Am Bodensee<br />
fehlen ausreichend große Siedlungsgrabungen für<br />
die ältere und mittlere Horgener Kultur, so dass das Auftauchen<br />
des „Straßendorfes“ hier noch im Dunkel liegt.<br />
Im Späten Horgen der Schicht 15 von Sipplingen ist dann