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Große Häuser – kleine Häuser

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Abb. 47 Seekirch-Achwiesen. Hirschgeweih-Zwischenfutter. Hacke<br />

links), Zapfenfassungen (mitte) und Klemmschäftungen (unten).<br />

(Sa-RC 1 u. 2) und unverkohlte Detrituspartikel (Sa-RC<br />

3) zur Radiokarbondatierung entnommen worden. Die<br />

Daten liegen kalibriert (1σ) nach Stuiver und Kraeds recht<br />

einheitlich zwischen 2860 und 2490 v. Chr. (Abb. 45).<br />

Die Kulturschichten erwiesen sich als äußerst fundreich.<br />

Ganze Nester weitgehend anpassender Keramikbruchstücke<br />

lassen sich wieder zu vollständigen Gefäßen ergänzen.<br />

Dies ist, gemessen an den Erfahrungen z. B. mit den<br />

Brandschichten von Hornstaad, Wangen-Hinterhorn und<br />

Arbon-Bleiche 3 ein weiterer Hinweis auf einen Siedlungsbrand.<br />

Das Formenspektrum ist einheitlich der Goldberg<br />

III-Gruppe zuweisbar (Abb. 46). Unter der Grobkeramik<br />

fallen zahlreiche Stücke mit Textilabrollung (sog. Mattenrauhung)<br />

ins Auge. Zudem gibt es Lochränder und Leistenapplikationen.<br />

Die Feinkeramik hat Ritz- und Stichverzierungen,<br />

Knickschüsseln tragen Knubben und Leistensegmente<br />

am Umbruch. Dies ist zusammen mit der<br />

häufigen Textilabrollzier ein typologischer Hinweis auf<br />

eine jüngere Datierung innerhalb der Laufzeit von Goldberg<br />

III. Bei den Schüsseln von Alleshausen-Grundwiesen<br />

und Alleshausen-Täschenwiesen sitzen die Applikationen<br />

über dem Umbruch, wie auch die Knickschüssel aus der<br />

dendrochronologisch auf 2917<strong>–</strong>2856 v. Chr. datierten<br />

Schicht 15 von Sipplingen am Bodensee eine deutlich über<br />

dem Knick angebrachte Knubbe aufweist (KOLB 1999, 17<br />

Abb. 4,1).<br />

Die Fundschicht enthält eine reiche Hirschgeweihgeräteindustrie<br />

mit Abfall-, Halb- und Fertigprodukten, dabei<br />

Geweih-Zapfenfassungen (Abb. 47), Geweihhacken und<br />

eine Harpune (SCHLICHTHERLE 1999, 44 Abb. 11,3.12).<br />

Auch Knochengeräte und zahlreiche Holzgeräte sind optimal<br />

erhalten (SCHLICHTHERLE 1999, 45 Abb. 12,3<strong>–</strong>16). Es<br />

liegen mehrere Knie- und Stangenholme, Holzgefäße und<br />

Spaltkeile vor. Drei Teile von Wagenrädern mit Einschubleisten<br />

sind an anderer Stelle bereits ausführlich vorgelegt<br />

worden (SCHLICHTHERLE 2002). Die Steingeräte umfassen<br />

neben gestielten Silexpfeilspitzen auch Beilklingen aus<br />

Grüngestein und Edelserpentin sowie Mahlplatten und<br />

Mahlsteine. Die herausragenden Textilfunde stellt A.<br />

Feldtkeller (in diesem Band) in einem eigenen Beitrag vor.<br />

8. <strong>Häuser</strong> und Siedlungsstrukturen im Wandel<br />

8.1 <strong>Häuser</strong><br />

Die Gebäude der Aichbühler- und Schussenrieder Kultur<br />

in Aichbühl, Riedschachen, Taubried und Ehrenstein sind<br />

seit langem bekannt und konnten als die „klassischen“<br />

<strong>Häuser</strong> der jungsteinzeitlichen Feuchtbodensiedlungen in<br />

Oberschwaben gelten. Es sind ein- und zweiräumige, in<br />

seltenen Fällen auch dreiräumige Rechteckhäuser, die in<br />

Pfostenbauweise, partiell auch in Ständerbauweise errichtet<br />

waren. Feuerstellen und Backöfen gehören regelhaft zur<br />

Ausstattung und sind vor allem enlang der Wände positioniert.<br />

Während in Aichbühl zweischiffige Gebäude vorherrschen,<br />

fehlen in der Schussenrieder Kultur vermehrt<br />

die Mittelpfosten. Vor allem die <strong>kleine</strong>ren einzelligen Gebäude<br />

von Taubried I und Riedschachen II kommen auch<br />

ohne Mittelpfosten aus. Firstpfosten sind jedoch die Regel,<br />

so dass in den meisten Fällen von Satteldächern bzw.<br />

Rofendächern ausgegangen werden kann. Die <strong>Häuser</strong> sind<br />

durchweg in Holz-Lehmbauweise errichtet. Lehmestriche<br />

kleiden die auf Schwellholzlagen errichteten Holzfußböden<br />

aus, in Riedschachen sind sogar Estrichlagen ohne<br />

Holzunterbau nachgewiesen (STROBEL 2000, 204 ff.).<br />

Konstruktive Details, noch mit Lehmfüllung bei der Ausgrabung<br />

angetroffene Wandstummel und in Schadfeuern<br />

verziegelte Hüttenlehmfragmente machen deutlich, dass<br />

auch die Wände einen Lehmverputz hatten. Zumindest<br />

alle Flecht- und Stangenwände dürften so mit Lehm isoliert<br />

gewesen sein. Für gut gefügte Bohlen- und Palisadenwände<br />

sind auch einfache Abstopfungen mit Moos oder<br />

Gras denkbar. Da unterschiedliche Wandkonstruktionen<br />

nicht selten an ein und demselben Gebäude nachweisbar<br />

sind, können die <strong>Häuser</strong> auch kombiniert mit Lehmwänden<br />

und abgestopften Holzwänden gebaut gewesen sein.<br />

Die vielfach erneuerten Lehmestriche und weitere, als<br />

Wandversturz deutbare Lehmpackungen in den Siedlungsablagerungen<br />

machen jedenfalls deutlich, dass Lehm als<br />

Baumaterial in diesen Gebäuden des frühern Jungneolithikums<br />

eine wichtige Rolle spielte.<br />

Ähnliche Verhältnisse sind auch für das späte Jungneolithikum<br />

anzunehmen. Die ebenerdigen <strong>Häuser</strong> der Pfyn-<br />

Altheimer Gruppe Oberschwabens sind in Pfostenbauweise,<br />

meist zweischiffig mit mehrfacher Jochstellung der Pfosten<br />

errichtet. In Reute-Schorrenried liegen Estriche über<br />

Holzfußböden (MAINBERGER 1998, 28 ff.). In Ruhestetten-Egelsee<br />

blieben in den <strong>Häuser</strong>n 1 und 3 die hinteren<br />

Gebäudeteile estrichfrei (PARET 1955, 17 Abb. 6). Dies<br />

deutet wiederum eine Zweiteilung der <strong>Häuser</strong> an, wie<br />

auch in Reute Haus 1 durch einen Wechsel der Fußbodenlage<br />

eine zweikammerige Gliederung anzunehmen ist<br />

(MAINBERGER 1998, 33 Abb. 28). Leider sind die <strong>Häuser</strong><br />

von Ödenahlen nicht in der Fläche erkundet, doch lassen<br />

die Profilschnitte durch die <strong>Häuser</strong> 1<strong>–</strong>4 dicke Lehmlagen,<br />

in einer Bauphase des Hauses 2 auch eine Stangenwand<br />

erkennen (SCHLICHTHERLE 1995b, 26 ff.; Beilage 2<strong>–</strong>4). Die<br />

<strong>Häuser</strong> der Siedlungen der Pfyn-Altheimer Gruppe im<br />

Schreckensee und Steeger See waren in Pfostenbauweise<br />

errrichtet, sind der Befundlage nach zu urteilen aber ver-<br />

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