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Journal Netzwerk Frauen- und Geschlechterforschung NRW Nr. 32

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BeiträgeUniversität Bielefeld gilt damit als älteste Einrichtungdes heute als Gender Studies firmierendenForschungsfeldes in <strong>NRW</strong>. Die damalige Leiterinder Geschäftsstelle <strong>Frauen</strong>forschung – MonikaOubaid – gehörte zum aktiven Energiefeld des AKWissenschaftlerinnen.Ein Dokument, das heutige Vorstellungen voneiner Stufenentwicklung ins Wanken zu bringenvermag sowie die Einschätzung vom „Veraltender <strong>Frauen</strong>forschung“ (Irene Dölling) inhaltlich<strong>und</strong> als Diskursstrategie fragwürdig werden lässt,stellt das 1980 vom AK Wissenschaftlerinnenpublizierte Memorandum I dar. Die weitsichtigenAutorinnen hatten darin auf Gr<strong>und</strong>lage ihrereigenen Analysen zu geschlechtlicher Arbeitsteilungzum großen Wurf ausgeholt – zwei ihrerPositionen enthielten geradezu visionäre Dimensionen:So sollten die Forderungen zur Abschaffungder familienfeindlichen Arbeits- <strong>und</strong> Qualifizierungsbedingungenan Universitäten auchfür Männer in vergleichbarer Situation gelten.Sie zielten somit auf konkrete Veränderungen imZusammenleben von <strong>Frauen</strong> <strong>und</strong> Männern. Sieverstanden sich radikal politisch, weil sie auchMännern Zuständigkeit für Kinder, Familie <strong>und</strong>Reproduktionsarbeit zuschrieben. Die Forderungnach einer 50-Prozent-Quote für <strong>Frauen</strong> beinhalteteim Jahre 1980 ebenfalls Zündstoff. Zudiesem Zeitpunkt wurde Quotierung in den Parteien– außer bei den Grünen –, in den Gewerkschaften<strong>und</strong> öffentlich-rechtlichen Anstalten alsgesetzeswidrig, vor allem als mit der Verfassungnicht vereinbar interpretiert, da sie vermeintlich<strong>Frauen</strong> privilegierte <strong>und</strong> Männer diskriminierte. 39Für die Akteurinnen hingegen rüttelte sie an derMachtfrage in der Wissenschaft <strong>und</strong> fungierte alsGegenargument zu einer sich quasi naturwüchsigals Automatismus verwirklichenden Gleichberechtigungspolitik.Die Quotierungsforderung wurde in der altenB<strong>und</strong>esrepublik zuerst 1977 mit Blick auf Lohndiskriminierungerhoben, 40 dann von Claudia Pinlin einem Aufsatz von 1979 konkretisiert <strong>und</strong> vorallem von der Juristin Heide Pfarr in die breitereÖffentlichkeit hineingetragen. 41 Nun entwickeltensie die Wissenschaftlerinnen als Instrumentzur <strong>Frauen</strong>förderung an der Hochschule weiter.„<strong>Frauen</strong>förderung“ galt gerade dort als besondersheißes Eisen, weil sie speziell als nicht vereinbarmit der Sicherung der Hochschulautonomieangesehen wurde, welche die Hochschulenauf rechtlichem Gebiet, bei Finanzen, Personal<strong>und</strong> Organisation vor staatlichen Einflussnahmenschützen sollte – nach dem Nationalsozialismusein durchaus starkes Rechtsgut für Wissenschaftspolitik.Die Autorinnen des Memorandums reagierten1980 auf die immer wieder variantenreich vorgetrageneAbwehr, <strong>Frauen</strong>förderung sei eine„tödliche Bewährungsprobe“ 42 für die Hochschulautonomie,mit einer bewussten Trennungihrer Forderungen: einmal nach der Förderungvon <strong>Frauen</strong> –, die moderiert <strong>und</strong> kontrolliert werdensollte von <strong>Frauen</strong>beauftragten, – <strong>und</strong> einmalnach der Förderung von <strong>Frauen</strong>forschung, diesich politisch mit einem unzulänglichen Wissensstandlegitimieren ließ. Die hochschulpolitische<strong>Frauen</strong>bewegung differenzierte sich in der Folgeaus. <strong>Frauen</strong>- <strong>und</strong> Gleichstellungsbeauftragte arbeitetenfür die Durchsetzung der Gleichstellungvon <strong>Frauen</strong> <strong>und</strong> Männern. Wissenschaftlerinnenentwickelten empirisch, methodisch <strong>und</strong> theoretischdas Feld der <strong>Frauen</strong>forschung weiter.1985 beschäftigte sich zum ersten Mal eineRegierungserklärung in <strong>NRW</strong> mit <strong>Frauen</strong> in Forschung<strong>und</strong> Lehre. Das beharrliche Intervenierenvon autonomer <strong>Frauen</strong>bewegung <strong>und</strong> <strong>Frauen</strong> inParteien, Verbänden, Gewerkschaften, Kirchenmachte sich im Regierungshandeln bemerkbar.Zudem wurde Anke Brunn als Wissenschaftsministerinberufen, die seit den 1970er Jahren mitForderungen nach „Auflösung der tradiertensozialen Geschlechtsrollen“ zur Politisierung derSPD-<strong>Frauen</strong> <strong>und</strong> zum Austausch mit der außerparlamentarischen<strong>Frauen</strong>bewegung beigetragenhatte. Sie versetzte allerdings übereilten Hoffnungender hochschulpolitischen <strong>Frauen</strong>bewegungerste Dämpfer, denn auch sie war in ihrem politischenHandeln an die Hochschulautonomie, dasGleichheits- <strong>und</strong> Qualitätsgebot sowie beamtenrechtlicheGr<strong>und</strong>sätzen geb<strong>und</strong>en. Doch war siebereit <strong>und</strong> durch die Regierungserklärung auchverpflichtet, all ihre ministerielle Macht im Hochschulbereichauszuschöpfen. Als sie in mehrerenBerufungsverfahren erfahren musste, wie trotzministerieller Erlasse <strong>und</strong> Selbstverpflichtungenvon Fakultäten immer wieder Mechanismen variiertwurden, um <strong>Frauen</strong> <strong>und</strong> <strong>Frauen</strong>forschungdie von der Qualität her gebotenen Positionen zuverwehren, griff Anke Brunn Ideen der hochschulpolitischen<strong>Frauen</strong>bewegung auf.Sie wollte sich nicht mehr mit ihrem Projekt derFörderung von <strong>Frauen</strong> <strong>und</strong> <strong>Frauen</strong>forschung inkonfliktträchtigen Einzelfallregelungen zerreibenlassen. Sie benötigte ein stimmiges Konzept, dasdem Anspruch der Landesregierung Ausdruckverlieh <strong>und</strong> sich in Fach- wie Medienöffentlichkeitenhinein vermitteln ließ. Dieses durfte die aufAutonomie bedachten Hochschulen nicht zusätzlichgegen sich aufbringen <strong>und</strong> weder den Eindruckhinterlassen, das Prinzip der Bestenausleseauszuhöhlen, noch den, in die Forschungs- <strong>und</strong>Lehrfreiheit einzugreifen. Sie startete deshalb mitdrei Berufungen das <strong>Netzwerk</strong> <strong>Frauen</strong>forschung –seit 2010 <strong>Netzwerk</strong> <strong>Frauen</strong>- <strong>und</strong> <strong>Geschlechterforschung</strong>genannt. 43 Gleichzeitig bezog sie sich auf<strong>Journal</strong> <strong>Netzwerk</strong> <strong>Frauen</strong>- <strong>und</strong> <strong>Geschlechterforschung</strong> <strong>NRW</strong> <strong>Nr</strong>. <strong>32</strong>/2013 39

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