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Journal Netzwerk Frauen- und Geschlechterforschung NRW Nr. 32

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BeiträgeHochschulintern gehört es zum Aufgabenbereichder Professur, Kolleg_innen zu genderspezifischenThematiken der jeweiligen Disziplin zuberaten <strong>und</strong> diesen beim Einarbeiten in ihre Curriculabehilflich zu sein. Letzteres lässt sich nurschwerlich realisieren, da es von Kolleg_innenunerwünscht, zur (Re-)Akkreditierung von Studiengängenjedoch notwendig ist. „Ich stelle nurfest, dass das ganze leider eine ziemliche Luftnummerist. Die kollegiale Beratung findet, dadurch,dass sie freiwillig ist, so gut wie gar nichtstatt. [...] [W]enn die in ‘ner Akkreditierungsphasesind, dann kommen die auch schon mal ganzgerne, dann berat‘ ich den ein oder anderen auchschon mal seinem Modul entsprechend. Das läuftdann immer so darauf hinaus, dass ich es für dieLeute mache oder machen soll.“ Offen bleibedann, ob die Beratung zur Aufnahme von Genderthematikenin die (Re-)Akkreditierungsanträgeführe.Die Ablehnung der Beratungsangebote lassesich, so der_die Professor_in, auf Annahmen zurückführen,die mit den Vorstellungen <strong>und</strong> Vorurteilengegenüber Genderforscher_innen einhergehen.Im Alltag gerinnt die Zusammenarbeit mitKolleg_innen deshalb häufig zum „Marketing“.„Das heißt: viel Klinkenputzen gehen am Anfang,um zu sagen: Leute ich tu euch nix, aber ich kanneuch jede Menge bringen.“ Daran ist paradox,dass mit <strong>Geschlechterforschung</strong> einerseits einekritische Wissenschaftsbetrachtung einhergeht,aber andererseits die eigene Arbeit immer wiederneu legitimiert werden muss.Gleichzeitig gibt es einen Bereich, in dem der_dieInterviewte Anerkennung <strong>und</strong> Wertschätzungerfährt: in der Lehre. Anderen Lehrenden widerstrebtdie Veränderung der eigenen Lehrinhaltejedoch, die aufgr<strong>und</strong> überarbeiteter Curriculanotwendig werden, da dies als Angriff auf die eigeneArbeit bzw. die eigenen Fähigkeiten wahrgenommenwird.Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass esnicht nur um die Umsetzung der vorgegebenenAnforderungen geht, sondern persönlicher Einsatzfür die stärkere Beachtung von Genderthematikenausschlaggebend ist. Wie im Folgendenzu sehen sein wird, kompensiert dieses persönlicheEngagement vor allem die fehlenden interdisziplinäreninstitutionellen Strukturen.Individueller Einsatz <strong>und</strong> Anforderungen andie ProfessurIn unserer Untersuchung wurde deutlich, dassfür den Erfolg interdisziplinärer Arbeit sowohlpersönliches Engagement als auch bestimmteEigenschaften maßgeblich sind. Das heißt, dassbeispielsweise auf informeller Ebene die Offenheitder eigenen Persönlichkeit gegenüber anderenPersonen <strong>und</strong>/oder Themen von zentralerBedeutung ist. Dies kann z. B. bedeuten, dass eseine Rolle spielt, wie sehr sich eine Person für dieeigenen Themen <strong>und</strong> Anliegen engagiert <strong>und</strong> wieausgeprägt die Fähigkeit ist, anderen Personendie eigenen Inhalte verständlich zu machen bzw.die Verknüpfungspunkte zu deren Thematik(en)zu erläutern, ohne die fachliche Kompetenz ebendieser in Frage zu stellen. Zudem spielt es eineRolle, wie hoch die Bereitschaft ist, einen zeitlichenMehraufwand zu leisten, da dies häufigzu Lasten der eigenen Forschung <strong>und</strong> Lehre oderder Freizeit geht. Als relevant erscheint die Fähigkeit,mit anderen Menschen in einen gelingendenAustausch zu treten sowie Meinungenauszuhalten <strong>und</strong> annehmen zu können, die dereigenen Überzeugung widersprechen, ohne dabeiablehnend zu wirken. Das kann als Chancezur Förderung interdisziplinärer Zusammenarbeitbetrachtet werden. Unseres Erachtens kann derfeministische <strong>und</strong>/oder gesellschaftskritische Anspruchder <strong>Frauen</strong>- <strong>und</strong> <strong>Geschlechterforschung</strong>bestehen, auch wenn Kritik konstruktiv geäußertwird, wobei eine feministische Kritik dort möglicherweisean Grenzen stößt.Der_die Interviewte wird häufig damit konfrontiert,Überzeugungsarbeit leisten zu müssen <strong>und</strong>Kolleg_innen sowie Lehrenden mögliche Ängste(beispielsweise Berührungs- <strong>und</strong> Versagensängsteim Umgang mit Genderthematiken im Kontextdes eigenen Forschungs- oder Arbeitsfeldes oderdie Angst vor der Auseinandersetzung mit der eigenenGeschlechtlichkeit) zu nehmen. In unseremInterview wird ersichtlich, dass es förderlich ist,Inhalte der <strong>Frauen</strong>- <strong>und</strong> <strong>Geschlechterforschung</strong>für fachfremde Wissenschaftler_innen anregend<strong>und</strong> interessant zu gestalten, um deren Interessezu wecken, aus der eigenen fachlichen Perspektivefür Geschlechterthemen sensibilisiert zu seinoder zu werden. Darüber hinaus braucht der_dieProfessor_in ein „dickes Fell“, um die Wichtigkeitder eigenen Inhalte gegenüber bestehendendisziplinären Strukturen <strong>und</strong> damit verb<strong>und</strong>enenVorbehalten zu vertreten. Hier sind ein hohesMaß an Selbstbewusstsein, Selbstwertgefühl <strong>und</strong>Frustrationstoleranz gefragt, um aufkeimende<strong>und</strong> bestehende Konfliktsituationen auszuhalten<strong>und</strong> ggf. gewinnbringend umzugestalten.Dies wurde ebenfalls im Interview deutlich.Der_die Professor_in baut so etwas wie „trojanischePferde“, um die eigenen Thematiken, diedurchaus eine kritische Perspektive einnehmenkönnen, trotzdem einbringen zu können <strong>und</strong> bestehendeStrukturen zu verändern, wie folgendesZitat verdeutlicht: „Ich hab‘ auch gemerkt, dasses den Lehrenden extrem viel gebracht hat. [Und]die auch gemerkt haben, ach, [der_die] kann ja<strong>Journal</strong> <strong>Netzwerk</strong> <strong>Frauen</strong>- <strong>und</strong> <strong>Geschlechterforschung</strong> <strong>NRW</strong> <strong>Nr</strong>. <strong>32</strong>/2013 71

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