spezial: Antriebstechnik E-Motorrad-WM 2012Emotionen statt EmissionenIn dem fast 150.000 Zuschauer fassenden Oval des Daytona International Raceway stelltedie e-mobile Antriebstechnik der Wittenstein AG ihre Leistungsfähigkeit unter Beweis.Matthias Himmelmann vom Münch Racing Team gewann mit seinem rein elektrischangetriebenen Motorrad die Vize-Weltmeisterschaft – und fuhr auf der Strecke manchklassischer Rennmaschine auf und davon. Von Dirk S. HeydenRennfeeling pur: Rund 150 elektrische PS,Rundenrekorde und Höchstgeschwindigkeitenjenseits der 250 km/h-Marke erzeugtenauch bei diesem WM-Endlauf beim Fahrer,beim Münch Racing Team und beim TechnologiepartnerWittenstein jede Menge „Emotionenohne Emissionen“. Nach zwei Weltmeistertitelnin den beiden Vorjahrenmusste er sich nur dem Fahrer eines mitfavorisiertenUS-amerikanischen Rennstallsgeschlagen geben.Vom elektrischen Rennsport lernen„Rennfahrer Matthias Himmelmann ist mitseiner elektrischen Rennmaschine in denTrainingsrunden und im Qualifying den mehrals 20 Verbrenner-Jungs nur so um die Ohrengefahren“, berichtete Thomas Petsch,Ma nager des Münch Racing Teams. Da<strong>für</strong>waren vor allem zwei Faktoren verantwortlich:Zum einen sein fahrerisches Können,zum anderen der Elektroantrieb von Wittenstein.Der Mechatronikkonzern mit Sitz imbaden-württembergischen Igersheim ist seitvielen Jahren und in vielen Projekten <strong>für</strong>Automobil- und Fahrzeughersteller wie auch<strong>für</strong> universitäre Forschungseinrichtungen einkompetenter Technologie- und Entwicklungspartner<strong>für</strong> e-mobile Antriebssysteme.Die Erfahrung des Unternehmens in derAntriebstechnik fließt sowohl in Projekte <strong>für</strong>einen breiten Absatzmarkt ein, als auch inNischenanwendungen, die eine besondereLeistungsfähigkeit erfordern – wie zum Beispielder Rennsport. „Und um herauszufinden,was elektrische Antriebstechnik <strong>für</strong> dieE-Mobilität zu leisten vermag, ist der Motorrad-Rennsportund besonders auch dieZusammenarbeit mit dem Münch RacingTeam ein ideales Erfahrungsfeld“, sagt ChristianLutz von Wittenstein. Als Systemingenieurist er auf das Engste in die rennsportorientierteAntriebsentwicklung zusammen mitdem Münch Racing Team involviert. „Er warauch in Daytona dabei, als die Rundenzeitender E-Bikes bei den Verbrenner-Rennställen<strong>für</strong> Furore sorgten und er konnte sich danachin unseren Boxen vor Fragen zum Antriebkaum retten “, blickt Thomas Petsch auf denAnsturm nach dem Rennen zurück.Runter mit den RundenzeitenDie Wittenstein AG ist <strong>für</strong> ihre hohe antriebstechnischeund mechatronische Innovationskraftweit über Deutschland und weit überdie klassischen industriellen Absatzmärktehinaus bekannt. So wurde der Vorstandsvorsitzendeund Technologie-Visionär Dr. ManfredWittenstein nicht ohne Grund zuDeutschlands Entrepreneur des Jahres 2011gewählt. Entsprechend engagiert bringt sichdas Unternehmen in die Weiterentwicklungder High-End-Elektropower ein. „Im E-Motorrennsporttrifft unser eigener Anspruch,Höchstleistungsantriebe <strong>für</strong> die Zukunft zuentwickeln, auf ein Umfeld, in dem sich allesum höchstes Leistungsgewicht, höchstesDrehmoment und kleinsten Bauraum dreht“,sagt Dr. Bernd Schimpf, BereichsvorstandMechatronik bei Wittenstein.Umgesetzt werden die Anforderungen mitgroßem Erfolg: Die Elektro-Motorräder desMünch Racing Teams fahren mit Antrieben,bestehend aus Motoren und Leistungselektronikvon Wittenstein – und brechen Rekorde.So geschehen unter anderem bei denRennen zur Europameisterschaft der TTXGP-Rennserie im niederländischen Assen. „Dortkam unsere Maschine mit Matthias Himmelmannals erste ins Ziel – mit mehr als 20Sekunden Vorsprung, einer neuen Höchstgeschwindigkeitvon 223 km/h sowie mit einemdeutlich verbesserten Rundenrekord“, berichtetThomas Petsch. Im Finalrennen der Serieholte Matthias Himmelmann den Europameistertitel– aber nicht nur diesen. Auch dieWeltmeisterschafts-Rennserie des Weltmo-Bild 1: Siegerehrung mit Münch-E-Motorrad: Christian Lutz und Matthias Himmelmann.Bild 2: Matthias Himmelmann erhält vor dem Rennen noch letzte Anweisungen.62<strong>AUTOCAD</strong> & Inventor <strong>Magazin</strong> 6/13
Spezial: antriebstechnikBild 3: Das Herz der MünchTTE2: der Wittenstein-Motor.Bild 4: Thomas Petsch und Matthias Himmelmann vor der Rennstrecke in Daytona.torradverbandes FIM konnte er <strong>für</strong> sich entscheiden.Auf Platz 2 kam Katja Poensgen –ebenfalls vom Münch Racing Team, das sichso unangefochten den Konstruktionstitelsichern konnte.Favorisiert ins Saison-FinaleVom 17. bis 21. Oktober 2012 fand dann inDaytona, Florida, USA, der WM-Endlauf derTTXGP (Time Trials Extreme Grand Prix) WM-Rennserie statt. Premiere <strong>für</strong> diese Rennseriewar im Jahr 2009 auf der Isle of Man. In derZwischenzeit hat sich daraus eine internationaleRennserie entwickelt, die zunächst indrei Kontinentalmeisterschaften – in Europa,Asien/Australien und Nordamerika – ihre Siegerermittelt und dann im Saisonfinale ineinem einzigen Rennen den Weltmeistertitelausfährt. Der Weltmeister der Jahre 2010 und2011 und Europameister 2012, Matthias Himmelmannvom Münch Racing Team, rechnetesich auch dieses Jahr gute Chancen aufden Titel aus – auch wenn die Konkurrenz,insbesondere das US-amerikanische Brammo-Team,so stark war wie nie zuvor.Mit 2,5 g AnpressdruckDie Rennstrecke <strong>für</strong> 2012 – der etwa sechsKilometer lange Daytona InternationalSpeedway – hatte es allerdings in sich, dennes ist ein Ovalkurs, auf dem sonst Rennautosder Nascar-Serie über die Geraden und durchdie 33-Grad-Steilkurven rasen. Für die E-Bike-WM und andere Motorradrennen, die andiesem Wochenende begleitet von der sogenannten „biketoberfest week“ ebenfallsstattfanden, wurde das „Infield“ mit insgesamtvier Kurven in die Rennstrecke integriert.Bereits in den freien Trainings amDonnerstag und Freitag stellte die Hochgeschwindigkeitsrennstreckehöchste Herausforderungenan Mensch und Material. DerWittenstein-Elektromotor des Münch E-Bikeswurde speziell auf den Rennsport ausgelegt.Im Verlauf der Trainingsrunden wurde derAntrieb weiter entsprechend der besonderenAnforderungen des Rennens optimiert. DasMünch E-Bike erreichte dadurch eine elektrischeLeistung von umgerechnet 150 PS undeinen Top-Speed auf den Geraden von 256km/h. Beim Durchfahren mussten MatthiasHimmelmann und seine Maschine dabei Zentrifugalkräftebis zu 2,5 g aushalten. „Unterstütztvon Christian Lutz von Wittensteinhaben wir das Optimale aus dem Antrieb undder Rennmaschine herausgeholt“, sagt ThomasPetsch. „Den dritten Platz im Qualifyinghinter den beiden Brammo-Piloten haben wirmit unserer bis dahin besten Rundenzeit herausgefahrenund dabei viele andere Fahrerhinter uns gelassen.“Vize-Weltmeister-TitelHöchstspannung pur dann im WM-Endlauf– zum einen, weil die Münch-Maschine beziehungsweiseder Antrieb motorseitig miteinem Stromstärke von 500 Ampere und einerSpannung von 370 Volt unterwegs war, zumanderen, weil sich ein packender Rennverlaufentwickelte. Beim Start konnte Matthias Himmelmannseine gute Ausgangspositionbehaupten und profitierte wenige Rundenspäter von einem Elektronik-Problem desBrammo-Piloten Erik Bostrom. Jetzt auf Platz2 fahrend, arbeitete sich Himmelmann an denin Führung liegenden Steve Atlas heran, ohneden Sieger der nordamerikanischen TTXGP-Serie jedoch im weiteren Rennverlauf nochüberholen zu können.Rennsport als VorreiterMatthias Himmelmann ging somit als Vize-Weltmeister über die Ziellinie, was die Verantwortlichendes Münch Racing Teams als vollenErfolg werten – „angesichts der Möglichkeiten,über die die finanziell bestens ausgestattenTeams aus den USA und China verfügen“,wie Thomas Petsch bilanziert.Die internationalen Elektromotorrad-Rennserien sehen sich nicht nur als attraktiveSportveranstaltung <strong>für</strong> ein breitesPublikum, sondern auch als Wegbereiter <strong>für</strong>die Entwicklung e-mobiler Antriebs- undFahrzeugkonzepte. Alles dreht sich dabeium höchstes Leistungsgewicht, höchstesDrehmoment und kleinsten Bauraum.„Neue Technologien werden auf demWege des packenden, sportlichen Wettbewerbsauf ihre Alltagstauglichkeit, auf ihreMöglichkeiten und Grenzen getestet undverbessert“, beschreibt Christian Lutz diepermanente technologische Herausforderung.Wittenstein gilt im E-Motorrennsport alsPionier im Bereich der Antriebstechnik undist mit da<strong>für</strong> verantwortlich, dass rein elektrischangetriebene Motorräder zu den konventionellenSuper-Sport-Maschinen mitVerbrennungsmotoren aufgeschlossen haben– und sie in vielen Fällen sogar überholen. Ausdem Einsatz seiner Antriebsaggregate in denE-Bikes gewinnt die Wittenstein AG als Sponsorund Technologiepartner von MünchRacing sowohl an Erfahrung als auch anKnow-how hinzu.Ein Beispiel ist die Temperaturfestigkeit derAntriebe. „Im Qualifying zum WM-Endlauferreichte die Stator-Temperatur am Wickelkopfdes E-Bike-Antriebs fast 200 Grad“, warThomas Petsch bei den Trainings zunächstetwas beunruhigt. Doch Christian Lutz gabsogleich Entwarnung: „Wir haben <strong>für</strong> dieseAnforderung daher im Vorfeld eine spezielleWärme-Isolierung verwendet, die selbst 220Grad aushält“. Dieses Know-how fließt zeitnahin die Entwicklung seriennaher Antriebslösungen<strong>für</strong> Elektrofahrzeuge ein. So liefertWittenstein als Entwicklungs- und Projektpartneran einen namhaften Hersteller einkomplettes Antriebssystem <strong>für</strong> hochleistungsstarkeElektro-Motorroller.Die Entwicklung der Elektromobilität istvon technologischen Herausforderungengekennzeichnet. Die Wittenstein AG stellt sichdiesen Herausforderungen. (anm) 6/13 <strong>AUTOCAD</strong> & Inventor <strong>Magazin</strong> 63