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Anwaltsblatt 2011/01 - Österreichischer Rechtsanwaltskammertag

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Europa aktuellrung“ des europäischen Rechts führe. 12) Der Verzichtauf eine Staffelung der Entschädigungssumme unddie Einigung auf eine eher moderate Pauschale dürftendiese Bedenken wohl weitgehend zerstreuen. Zusätzlichzu dem genannten Pauschalbetrag kann der Gläubigeralle durch das Verschulden des in Verzug geratenenGeschäftspartners entstandenen (angemessenen)Betreibungskosten einfordern. Begrüßenswert ist indiesem Zusammenhang die Klarstellung, dass zu diesenKosten insbesondere die Ausgaben für die Beauftragungeines Rechtsanwalts zählen. 13) Diese Textpassagewar im ursprünglichen Entwurf noch nicht enthaltenund wurde erst nach einem Änderungsantrag im Parlamentaufgenommen. 14) Auch der gesetzliche Zinssatzwurde in der ersten Lesung im Parlament von siebenauf acht Prozentpunkte über dem Basiszinssatz erhöht.Der Anspruch auf Verzugszinsen entsteht bei fehlendervertraglicher Vereinbarung grundsätzlich 30 Kalendertagenach Rechnungseingang beim Schuldner; lässt sichdieser Zeitpunkt nicht eindeutig ermitteln, so ist aufden Erhalt der Güter oder Dienstleistungen abzustellen.Für eine etwaige Überprüfung der gelieferten Warenoder Dienstleistungen stehen dem Empfängerhöchstens 30 Tage zur Verfügung. Die Forderung wirddann entsprechend 30 Kalendertage nach abgeschlossenerÜberprüfung fällig; gleiches war bereits in der Vorgängerrichtlinieverankert.Neu ist hingegen die Möglichkeit, gem Art 3 Abs 4des im Parlament angenommenen Textes die vertraglichfestgelegte Zahlungsfrist bei Geschäften zwischen Unternehmernauf höchstens 60 Kalendertage zu erstrecken.15) Fristen von mehr als 60 Tagen sind nur zulässig,wenn diese ausdrücklich ausgehandelt wurden und siekeine grobe Benachteiligung für den Gläubiger darstellen(Nachteiligkeitsprüfung). Bei der Auslegung desunbestimmten Gesetzesbegriffs „(grob) nachteilig“ sollArtikel 6 der neuen Richtlinie Klarheit schaffen. 16)Auch die öffentliche Hand ist angehalten, ihre Rechnungenfortan grundsätzlich innerhalb von 30 Kalendertagenzu begleichen. Lediglich für bestimmte Einrichtungen17) können die Mitgliedstaaten eine Verlängerungder Frist auf bis zu 60 Kalendertage vorsehen.Vertraglich kann die Frist nur ausdrücklich und nuraufgrund sachlich gerechtfertigter Gründe auf maximal60 Tage erstreckt werden. In Bezug auf die Pauschalentschädigungund die Fristen für Abnahme- undÜberprüfungsverfahren gelten die gleichen Bestimmungenwie für Geschäfte zwischen Unternehmern.Obgleich die Geschäftsbeziehungen zwischen demöffentlichen Sektor und den Unternehmen nach derNeufassung in einem eigenen Artikel 18) geregelt werden,blieb von den ambitionierten Sonderbestimmungenim Kommissionsentwurf nicht allzu viel übrig. InAnbetracht der Tatsache, dass gerade die Zahlungsmoralder öffentlichen Hand zu wünschen übrig lässt,gleichzeitig aber verhältnismäßig große Summen involviertsind und das Machtverhältnis unausgeglichen ist,wären hier strengere rechtliche Rahmenbedingungenwünschenswert gewesen. Zwar wird in den Erwägungsgründen19) des akkordierten Textes auf die besondereVerantwortung der öffentlichen Stellen in Bezug aufmehr Zahlungsdisziplin im Geschäftsleben hingewiesen,mit ihrem Vorschlag, bei Zahlungsverzug der öffentlichenVerwaltung einen Anspruch des Gläubigersauf Zahlung einer Entschädigung in Höhe von 5%des fälligen Betrags zusätzlich zu den Verzugszinsen gesetzlichzu verankern, konnte sich die Kommission jedochnicht durchsetzen.Das im April 2008 ergangene Urteil des EuropäischenGerichtshofes 20) betreffend die Rechtzeitigkeiteiner Zahlung wurde nur in die Erwägungsgründe desim Parlament beschlossenen Textes, nicht aber in diekünftige Richtlinie selbst aufgenommen. Erwägungsgrund18 stellt fest, dass eine Zahlung als verspätet betrachtetwerden sollte, wenn der Gläubiger zum Zeitpunktder Fälligkeit nicht über den geschuldeten Betragverfügt. Das bedeutet für Geldschulden, dass sie imZeitpunkt der Fälligkeit bereits am Konto des Gläubigersgutgeschrieben sein müssen, um das Anfallen vonVerzugszinsen zu vermeiden bzw diese zu beenden. 21)12) Vgl Deutscher Industrie- und Handelskammertag, Stellungnahmezum Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments unddes Rates zur Bekämpfung von Zahlungsverzug im Geschäftsverkehr(Neufassung) Umsetzung der Initiative für kleine und mittlere Unternehmenin Europa (Small Business Act), 2.13) Vgl Art 4 Abs 3 des im Parlament angenommenen konsolidiertenTextes: „… Zu diesen Kosten können insbesondere Ausgaben zählen,die durch die Beauftragungen eines Anwalts oder eines Inkassounternehmensentstehen.“14) Vgl 2009/0054 (COD) Änderungsantrag 131.15) Bislang konnten die Mitgliedstaaten gem Art 3 Abs 2 der alten Richtliniefür bestimmte Vertragsarten und unter besonderen Voraussetzungeneine Frist von maximal 60 Tagen festlegen.16) Zum Ersatz des Begriffs „Vereinbarung“ durch den Begriff „Vertragsklausel“s Neumayr, Die Neufassung der Zahlungsverzugs-RL 2000/35/EG, Zak 2009/571, 352 (353).17) Vgl Art 5 Abs 3 des im Parlament angenommenen konsolidiertenTextes: „… (a) öffentliche Stellen, die wirtschaftliche Tätigkeiten industrielleroder kommerzieller Natur betreiben … (b) öffentliche Einrichtungen,die Gesundheitsdienste anbieten und hierfür ordnungsgemäßanerkannt sind.“ Vgl auch Erwägungsgründe 24 – 26 des imParlament angenommenen konsolidierten Textes.18) Art 5 des im Parlament angenommenen konsolidierten Textes mitder Überschrift „Geschäftsverkehr zwischen Unternehmen und öffentlichenStellen“.19) Erwägungsgrund 6 des im Parlament angenommenen konsolidiertenTextes: „…Es ist darauf hinzuweisen, dass den öffentlichen Stellendiesbezüglich eine besondere Verantwortung zufällt.“20) EuGH 3. 4. 2008, C-306/06. Der EuGH wurde in einem Vorabentscheidungsersuchenmit der Auslegung von Art 3 Abs 1 lit c Z ii (alt)– Art 3 Abs 1 Buchst b (neu) sowie Art 5 Abs 1 lit b (neu) – befasst.21) Vgl weiterführend für Österreich: Hackl, Neuordnung des Zahlungsverzugsrechts.ABGB-Bestimmung im Geschäftsverkehr obsolet, ZVB2009/36, 147; Neumayr, Die Rechtzeitigkeit der Zahlung im bargeldlosenZahlungsverkehr – Ein Überblick, Zak 2<strong>01</strong>0/37, 31 sowie OGH8. 9. 2009, 4 Ob 90/09 b ecolex 2<strong>01</strong>0/50, 154 (Aspöck); OGH12. 11. 2009, 6 Ob 218/09 s immolex 2<strong>01</strong>0/88, 256 (Cerha).Österreichisches <strong>Anwaltsblatt</strong> <strong>2<strong>01</strong>1</strong>/<strong>01</strong>15

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