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Anwaltsblatt 2011/01 - Österreichischer Rechtsanwaltskammertag

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ChronikPräsentation Wahrnehmungsbericht 2009/10Bereits zum 37. Mal präsentierte der Österreichische<strong>Rechtsanwaltskammertag</strong> (ÖRAK) imvergangenen Dezember seinen jährlichen Wahrnehmungsbericht,in dem Mängel und Fehlentwicklungenin Rechtspflege und Verwaltung aufgezeigtwerden. Ziel dieses schon traditionellen Berichtesist es, Strukturen wie auch Ausformungendes Rechtsstaates zu beobachten, zu beurteilenund, wenn nötig, deren Verbesserung einzufordern.Alle zusammengefassten Wahrnehmungenberuhen auf Beobachtungen und Berichten einzelnerRechtsanwälte.Wie schon in den letzten Jahren zeigen die Wahrnehmungendes aktuellen Berichtes Mängel und Fehlentwicklungenin der österreichischen Rechtspflegeund Verwaltung auf. Die von den ÖRAK-VizepräsidentenDr. Rupert Wolff und Dr. Josef Weixelbaum gegenüberMedienvertretern geschilderten Beobachtungenergeben ein Bild von Überforderung in vielen Bereichender Justiz. Dieser Umstand manifestiert sich inzahlreichen Fällen unnotwendig langer Verfahrensdauer(siehe WNB S. 19), Ausfällen Einzelner, die inmanchen Bereichen zu einem regelrechten Stillstandder Rechtspflege führen (S. 45/46), unzumutbarenWartezeiten durch häufige Richterwechsel und monatelangeNichtnachbesetzung dringend erforderlicherRichterstellen (S. 36 – 38), unbesetzten und damit faktischaufgelösten Gerichtsabteilungen (S. 38), Gesprächsverweigerungdurch Staatsanwälte (S. 34) undGerichte, die trotz ausgeschriebener Verhandlungstermineversperrt sind und damit im wahren Wortsinneden Zugang des Bürgers zu seinem Recht verriegeln(S. 38/39).Foto: ÖRAKPressekonferenz im ÖRAK; vlnr: Weixelbaum, Benn-Ibler,Wolff, Prunbauer-GlaserPolitik hinzuweisen“, so ÖRAK-Präsident Dr. GerhardBenn-Ibler. Der im aktuellen Budgetbegleitgesetz eingeschlageneWeg der Justiz, das Missverhältnis von Arbeitund Kapazität durch ein Einschränken der Arbeit unddamit des Leistungsangebotes für den Bürger zu beheben,ist dem Rechtsstaat und seinen Bürgern nicht zumutbar.Zudem sind die Gerichtsgebühren in Österreichim europaweiten Vergleich am höchsten. Dieösterreichische Justiz hebt laut einer aktuellen Studiedes Europarates bereits deutlich über 100 Prozent(111%) ihres Finanzbedarfs selbst über Gebühren ein. 1)Der europäische Durchschnitt dieser Gebühren/Kosten-Relationliegt jedoch bei 26 Prozent, der Medianbei 20 Prozent. „Österreich benutzt die Justiz zum Befüllenleerer Staatskassen – ein europäisches Unikat“,machte Benn-Ibler im Rahmen einer Pressekonferenzdeutlich. Dies erschwere den Zugang zum Recht undbedeute ein Minus in der Rechtsstaatlichkeit.Kritik gibt es auch an der gängigen Gesetzgebungspraxis,nur noch kurze oder gar keine Begutachtungsfristenmehr vorzusehen. Dass sich die Bundesregierungbei der Erstellung des Budgets nicht an die inder Verfassung vorgesehenen Frist gehalten hat, istaus Sicht des ÖRAK-Präsidenten bedenklich. Benn-Iblerappellierte in diesem Zusammenhang an die Vorbildfunktionder Politik, Verfassungsrecht auch danneinzuhalten, wenn für einen Verstoß keine Sanktionvorgesehen sei.Positives gibt es hingegen von europäischer Ebene zuberichten. ÖRAK-Vizepräsidentin Dr. Marcella Prunbauer-Glaserbegrüßte in diesem Zusammenhang vor allemdie Schaffung einer eigenen Generaldirektion Justiz,womit die Kommission einer langjährigen Forderungvon ÖRAK und CCBE nachgekommen sei. Auchder verstärkte Grundrechtsschutz sowie die Stärkungder Beschuldigtenrechte wie etwa durch die Richtlinieüber das Recht auf Dolmetschleistungen und Übersetzungenim Strafverfahren sind erfreuliche Entwicklungen,auch wenn diese Bestrebungen in Österreich zumTeil konterkariert werden, wie man am Beispiel derQualitätsreduktion von Übersetzungsleistungen imRahmen des Budgetbegleitgesetzes erkennen kann.In seinen Schlussbemerkungen des aktuellen Wahrnehmungsberichtes(S. 58 ff) verweist Benn-Ibler darauf,dass die staatliche Einnahmenbeschaffung über die Justizdurch das Budgetbegleitgesetz weiter ausgebautwird und in Kombination mit einer Reihe von leistungsreduzierendenund nur angeblich effizienzsteigerndenMaßnahmen mittlerweile eine Gefahr fürden Rechtsstaat zu werden droht.„Aus diesem Grund ist es unsere Verpflichtung, auf diemangelnde Aussteuerung dieser Probleme durch die1) European Commission for the Efficiency of Justice, European justicesystems, Edition 2<strong>01</strong>0, Efficiency and quality of justice.24Österreichisches <strong>Anwaltsblatt</strong> <strong>2<strong>01</strong>1</strong>/<strong>01</strong>

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