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interview mit bundesrätin Eveline Widmer-schlumpf «Wichtig ist, im Finanz- und Steuersektor gute Lösungen mit der EU zu erreichen» Bundesrätin Eveline Widmer-Schlumpf ist eine erfahrene Finanzpolitikerin. Die Vorsteherin des Eidgenössischen Finanzdepartements nimmt anlässlich des VSV-Jubiläums Stellung zu aktuellen Fragen, welche die unabhängigen Vermögensverwalter beschäftigen. 6 Internationale Foren wie die G20, die OECD oder die EU wer den die Regulierung im Finanzdienstleistungsgeschäft verschärfen. Wird die Schweiz die schärferen Bestimmungen der EU übernehmen? Eveline Widmer-Schlumpf: Wir verfolgen die internationalen Entwicklungen in der Regulierung sehr aufmerksam. Ob und welche Regelungen wir über- nehmen, wo wir in der Schweiz weiter- oder vorangehen wollen und wo wir weniger weit gehen, wird in jedem Fall genau abgeklärt. Es ist noch zu früh, sich in dieser Frage definitiv festzulegen. Wichtig bleibt, dass wir bestmögliche Rahmenbedingungen für einen sicheren, wettbewerbsfähigen und international respektierten Schweizer Finanzplatz haben. Werden auch die unabhängigen Vermögensverwalter stärker reguliert, obwohl sie – im Gegensatz zu Grossbanken – kein Systemrisiko darstellen? Wir pflegen den Dialog mit allen Teilnehmern des Finanzmarktes und tauschen uns auch mit Kritikern aus. Inwieweit die unabhängigen Vermögensverwalter einer stärkeren Regulierung zu unterstellen sind, ist noch nicht entschieden. Diesen Frühling hat der Bundesrat mein Departement beauftragt, einen Ent- wurf für die Anpassung des Kollektivanlagengesetzes auszuarbeiten. Der Bundesrat erwartet bis im Sommer eine Vernehmlassungsvorlage. Das neue Gesetz soll auf Sommer 2012 in Kraft treten – dann hat die FINMA genügend Zeit zur Umsetzung. Mit der Strukturreform in der beruflichen Vorsorge sollen Finanzintermediäre, die nicht der FINMA unterstellt sind, von der Verwaltung von Pensionskassengeldern ausgeschlossen werden. Unterstützt der Bundesrat diese Stossrichtung? Der Bundesrat hat die Verordnung zur Umsetzung der Strukturreform in der beruflichen Vorsorge in eine dreimonatige Vernehmlassung geschickt – die Frist endete am 28. Februar. Mit diesem Vorgehen haben wir dafür gesorgt, dass die Anliegen aller Betroffenen in der Strukturreform angemessen berücksichtigt werden. Der Bundesrat wird sich um eine wett- bewerbsneutrale Regelung bemühen, welche die qualifizierten Vermögensverwalter bei der Verwaltung der Pensionskassengelder nicht diskriminiert und der zweiten Säule nicht unnötige Kosten aufbürdet. EU-Mitgliedsstaaten haben sich mit GATS zur passiven Dienstleistungsfreiheit verpflichtet – die meisten EU-Staaten kommen dieser Verpflichtung aber noch nicht nach. Ist es da nicht problematisch, wenn die Schweiz dann neue Verträge über Steuerfragen und den Informationsaustausch abschliesst? Wenn Sie nun einen Zusammenhang zwischen dem GATS-/WTO-Konzept und den aktuellen Steuerfragen herstellen, ist das zu weit hergeholt. Wichtig ist doch, dass wir im Steuerbereich gute und international akzeptierte Lösungen aushandeln können – so er rei chen wir dauerhaft Rechtssicherheit und einen besseren Marktzutritt. Dies kommt dem Finanz- und Unternehmensstandort Schweiz zugute. Bei der Abgeltungssteuer werden gegenwärtig in Verhandlungen mit Deutschland und Grossbritannien Detailfragen geklärt – am Ende der Traktandenliste steht auch das Thema Marktzutritt. Dürfen sich die unabhängigen Vermögensverwalter hier Hoffnungen machen? Die Verbesserung des Marktzutritts ist nicht der letzte Punkt auf der Agenda. Es ist vielmehr ein wichtiger, integraler Bestandteil der Verhandlungen. Wir streben einen verbesserten Marktzugang für die Banken an. Ich könnte mir aber durchaus vorstellen, dass sich dadurch auch Verbesserungen für den Marktzutritt der unabhängigen Vermögensverwalter ergeben.
Die Bilateralen III stehen vor der Tür, die EU hat eine Lösung der institutionellen Frage in den Vordergrund gerückt. Könnte ein möglicher Trade-off im Bereich der Finanzdienstleistungen die Situation deblockieren? Wichtig ist, dass wir im Finanz- und Steuersektor gute Lösungen mit der EU erreichen. Wir wollen weiterhin steuerlich attraktiv sein, aber ohne diskriminierende Behandlung. Wenn sich dadurch unsere Beziehungen zur EU insgesamt verbessern, so ist das umso er- freulicher. Dies gilt aber unabhängig davon, ob und wie eng die verschiedenen bilateralen Dossiers miteinander verknüpft werden. Eveline Widmer-Schlumpf wurde 2007 von der Vereinig- ten Bundesversammlung in den Bundesrat gewählt. Zunächst stand sie dem Eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartement EJPD vor, seit 2010 leitet sie das Eidgenössische Finanzdepartement. Vor ihrer Wahl in den Bundesrat war die promovierte Juristin als Rechtsanwältin tätig und gehörte der Bündner Regierung als Vorsteherin des Departements für Finanzen und Gemeinden an. Von 2001 bis 2007 war sie Präsidentin der Konferenz der kantonalen Finanzdirektoren und zwischen 2004 und 2007 Mitglied des Bankrates der Schweizerischen Nationalbank. 7
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