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KUV-Magazin EINS (pdf 3 MB) - Klinikverbund der gesetzlichen ...

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<strong>EINS</strong>Der <strong>Klinikverbund</strong> <strong>der</strong> <strong>gesetzlichen</strong>Unfallversicherung


2 <strong>EINS</strong> | InhaltsverzeichnisInhaltDer <strong>KUV</strong>GemeinsamNeues wagen04 KURS AUF DIE ZUKUNFTVorwort <strong>der</strong> Vorsitzenden des Vorstandes und <strong>der</strong>Mitglie<strong>der</strong>versammlung06 BLICK ZURÜCK NACH VORN13 Standorte, über 11.000 Beschäftigte, mehr als 500.000Patientinnen und Patienten pro Jahr – <strong>KUV</strong>-GeschäftsführerReinhard Nieper über die Aufgaben und Ziele eines <strong>der</strong>jüngsten und größten <strong>Klinikverbund</strong>e DeutschlandsZusammenin die Zukunft08 FIT FÜR DIE GENERATION YPippi Langstrumpf im OP? Die kommende Ärztegenerationhat ganz eigene Vorstellungen von Berufund Familie. Damit sie sich am Arbeitsplatz Krankenhauswohl fühlt, lässt sich <strong>der</strong> <strong>KUV</strong> einiges einfallen.18 VERSORGUNG UND FORSCHUNGIM VERBUNDDeutschland hat eine vielfältige medizinische Forschungslandschaft.Doch in einem ist sich die Fachwelt einig:An Versorgungsforschung mangelt es massiv. Diese Datenbraucht die Gesundheitspolitik, um Reformen in dierichtige Richtung weiterzutreiben. Der <strong>KUV</strong> liefert.22 EHRGEIZIG, INNOVATIV, PATIENTEN-ORIENTIERTHochleistungsfähige Medizintechnik richtig anwenden,natürliche Mechanismen zur Heilung nutzen und Krankeund Verletzte mit schonenden Methoden behandeln:Berlin, Bochum, Murnau – drei Beispiele aus demForschungsalltag im <strong>Klinikverbund</strong> <strong>der</strong> <strong>gesetzlichen</strong>Unfallversicherung e. V. (<strong>KUV</strong>)24 DIE DIGITALE KLINIK IST DATelemedizin wird zunehmend von <strong>der</strong> Ausnahme zurRegel. Das gilt zumindest für die Teleradiologie im <strong>KUV</strong>.Auch die innerklinische Organisation verlagert <strong>der</strong>Verbund schrittweise von Papier auf Computertechnik.26 NEUE VERSORGUNGSSTANDARDSSETZENIm Notfall muss es schnell gehen. Dafür sorgen optimaleAbläufe in Rettungsstellen und Notaufnahmen.Neueste Standards haben die Verbundkliniken Berlinund Frankfurt entwickelt.14 DIE PFLEGE BRAUCHT PFLEGEDem Gesundheitswesen droht ein gigantischer Fachkräftemangel.Krankenhäuser werben daher zunehmendum Nachwuchs, vor allem bei Pflegekräften, aber auchbei Physiotherapeuten. Drei dicke Pluspunkte machenden <strong>KUV</strong> zum attraktiven Arbeitgeber.32 MELDUNGEN


4 <strong>EINS</strong> | Der <strong>KUV</strong>VorwortKURS AUF DIEZUKUNFTDas deutsche Gesundheitswesen zählt zu den besten <strong>der</strong> Welt.Damit das so bleibt, muss es sich ständig fortentwickeln. Dernach dem Prinzip <strong>der</strong> Selbstverwaltung organisierte <strong>Klinikverbund</strong><strong>der</strong> <strong>gesetzlichen</strong> Unfallversicherung (<strong>KUV</strong>) ist Garantfür Fortschritt in medizinischer Forschung und Ver sorgung.Seine Träger und Stützen sind die gewerblichen Berufsgenossenschaftenund Unfallkassen mit dem Spitzenverband DGUV.Ihren Patientinnen und Patienten bieten alle neun Unfallkliniken,zwei Unfallbehandlungsstellen und zwei Kliniken fürBerufserkrankungen absolute Spitzenleistungen.Bei <strong>der</strong> Versorgung von schwer und mehrfach Verletztenübernimmt <strong>der</strong> <strong>Klinikverbund</strong> eine führende Rolle im Rahmen<strong>der</strong> Traumanetzwerke. Seine Expertise auf dem Gebiet <strong>der</strong> Hand-,Brand- und Rückenmarkverletzungen ist unbestritten. Sie auszubauenist ein Ziel <strong>der</strong> vielen Forschungsarbeiten in den Kliniken.Einige stellen wir Ihnen hier vor, in unserem <strong>Magazin</strong><strong>EINS</strong>. <strong>EINS</strong> steht für unseren Anspruch, gemeinsam erstklassigemedizinische Versorgung in Deutschland sicherzustellen.Dabei zählt nicht nur medizinischer Fortschritt. Vielfachsind es die Kleinigkeiten, die dem Patienten im Alltag Problemebereiten. Schnittstellen zwischen den Versorgungsbereichenwerden dann zu großen Hürden. Der Heilungsprozess stockt.Der <strong>KUV</strong> baut diese Hürden ab. Denn es ist unser erklärtesZiel, allen Patientinnen und Patienten eine Rundumversorgungaus einer Hand und auf höchstem Niveau zu bieten, die sieschnell zurück in den Beruf bringt. Wie das auch mit einer Querschnittlähmungo<strong>der</strong> einer an<strong>der</strong>en Behin<strong>der</strong>ung gelingt, zeigenIhnen Menschen, die es selbst erlebt haben. Am Beispiel<strong>der</strong> Notfallversorgung sehen Sie zudem, wie die UnfallklinikenVersorgungsketten gestalten und Abläufe optimieren.Im Bereich <strong>der</strong> Unfallversicherung nach dem SiebtenBuch Sozialgesetzbuch sind die Übergänge zwischen den Sektorenoffen. Davon profitieren auch alle Patientinnen undPatienten: unsere Kooperationen mit dem ambulanten Bereichbauen wir systematisch aus. In Gesundheitszentren stellenwir nie<strong>der</strong>gelassenen Ärztinnen und Ärzten Räume zur Verfügungo<strong>der</strong> bieten ambulante Reha unter einem Dach.Vernetzung braucht Technik. Telemedizin ist das Mittel<strong>der</strong> Wahl. Sie ist im <strong>Klinikverbund</strong> sehr weit entwickelt. Dochauch innerhalb <strong>der</strong> Kliniken spielt die technische Vernetzungeine immer größere Rolle. Automatische Datenübertragungkann viele Abläufe erleichtern. Der Verbund investiert daherlaufend in technische Neuerungen. Wo es nötig ist, entstehenauch neue räumliche Strukturen, um die Versorgung aufhöchstem Niveau weiterzuentwickeln.All diese Spitzenleistungen wären nicht möglich ohneunsere engagierte Belegschaft. Sie lebt unser Motto „Spitzenmedizinmenschlich“ tagtäglich vor Ort. Egal ob medizinischeso<strong>der</strong> pflegerisches Personal, Angestellte in <strong>der</strong> Reha o<strong>der</strong>Verwaltung – sie sind es, die die Höchstleistungen im <strong>Klinikverbund</strong>hervor- und zu den Patientinnen und Patienten bringen.Den wachsenden Fachkräftemangel beobachtet daherauch <strong>der</strong> <strong>Klinikverbund</strong> mit Sorge. Doch wir sehen nicht tatenloszu. Damit wir auch in Zukunft als Arbeitgeber attraktivbleiben und unsere Patientinnen und Patienten weiterhin vonkompetentem und freundlichem Personal umsorgt werden,tun wir einiges. Unseren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern bietenwir Arbeitsbedingungen, die auf ihre persönliche SituationRücksicht nehmen, seien es Kin<strong>der</strong>erziehung, nachlassendeKräfte o<strong>der</strong> eine Querschnittlähmung.Mit den Beiträgen in diesem <strong>Magazin</strong> wollen wir Ihnenzeigen, welche Antworten <strong>der</strong> <strong>Klinikverbund</strong> auf die drängendenFragen im Gesundheitswesen gefunden hat. Wir wünschenIhnen eine spannende Lektüre!Dr. Hans-Joachim WolffVorsitzen<strong>der</strong> des VorstandesManfred WirschVorsitzen<strong>der</strong> <strong>der</strong>Mitglie<strong>der</strong>versammlungJürgen WaßmannVorsitzen<strong>der</strong> des VorstandesDr. Fritz BessellVorsitzen<strong>der</strong> <strong>der</strong>Mitglie<strong>der</strong>versammlung


BG Unfallkrankenhaus HamburgBG Unfallambulanzund Rehazentrum BremenUnfallkrankenhaus BerlinBG UnfallbehandlungsstelleBerlinBG UniversitätsklinikumBergmannsheil BochumBG Unfallklinik DuisburgBG KlinikenBergmannstrost HalleBG Klinik für BerufskrankheitenFalkensteinBG UnfallklinikFrankfurt am MainBG Klinik LudwigshafenBG Klinik TübingenBG Klinik für BerufskrankheitenBad ReichenhallBG UnfallklinikMurnau


6 <strong>EINS</strong> | Der <strong>KUV</strong>InterviewBLICKZURÜCKNACHVORN13 Standorte, über 11.000 Beschäftigte, mehr als500.000 Patientinnen und Patienten pro Jahr –<strong>KUV</strong>-Geschäftsführer Reinhard Nieper über die Auf -gaben und Ziele eines <strong>der</strong> jüngsten und größten<strong>Klinikverbund</strong>e DeutschlandsNach Gründung des <strong>Klinikverbund</strong>es und Aufbauvon Strukturen in den Jahren 2010 und 2011 war 2012sozusagen das erste „Betriebsjahr“ – wie fällt IhreBilanz aus?Unser erstes „Betriebsjahr“ war eine Herausfor<strong>der</strong>ung – diewir gemeistert haben. Sowohl strategisch als auch operativkonnten wichtige Weichen gestellt werden. Vor allem ist esden Kliniken gelungen, über die bisherige Organisationsformeine stabile Verbundstruktur zu legen, in <strong>der</strong> alle relevantenThemen und Aufgaben abgebildet werden.Dadurch wurde es möglich, bedeutende strategischeGrundsatzentscheidungen zu treffen und die Voraussetzungenfür <strong>der</strong>en Umsetzung zu schaffen, das sogenannte Klinikgesamtkonzept.Operativ können wir schon jetzt auf einenbunten Strauß erfolgreich implementierter Einzel- und Gemeinschaftsprojektezurückblicken, von denen unsere Häusernachhaltig profitieren. Insbeson<strong>der</strong>e die gemeinsame Wirtschaftsprüfungund Planung von Bauprojekten, <strong>der</strong> koordi-nierte Einkauf von Großgeräten und an<strong>der</strong>er Medizintechniksowie das zentrale Controlling und weitere IT-Projekte bringenuns vielfältige Synergien und schaffen ein solides Fundamentfür die Zukunft.Wie hat sich die interne Organisationsstruktur des <strong>Klinikverbund</strong>esentwickelt? Funktioniert die angestrebteBalance zwischen zentraler und dezentraler Steuerung?Die Kliniken und ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sindnicht primär Adressaten, son<strong>der</strong>n gestaltende Protagonistendes Verbundes. Die Kombination von zentraler und dezentralerSteuerung sichert dabei die notwendige Entscheidungsfähigkeitinnerhalb einer sich permanent weiterentwickelndenOrganisationsstruktur. Zentrale und dezentrale Verantwortungsbereicheschließen sich aber nicht aus, son<strong>der</strong>n ermöglichenuns durch ihre Verschränkung echten Mehrwert, zumBeispiel indem einzelne übergreifende Aufgaben dezentralenVerantwortungsträgern zugeordnet werden.


<strong>EINS</strong> | Der <strong>KUV</strong> 7Welche konkreten Vorteile haben die Kliniken,wenn sie sich als Verbund organisieren?Erlauben Sie mir, dass ich die Frage umdrehe – die Kliniken sindkein Selbstzweck. Entscheidend ist, welche Vorteile das System<strong>der</strong> <strong>gesetzlichen</strong> Unfallversicherung hat. Nur eine Verbundlösungkann sicherstellen, dass die angestrebte hohe Qualität an allenStandorten gleichermaßen erbracht wer-den kann. Es wäre unverantwortlich,wenn das Wissen und Können einzelner Häusernicht allen zur Verfügung gestellt würde und nicht die jeweilsbeste Lösung für alle verbindlich wäre. Dies organisieren zukönnen, verlangt einen handlungs fähigen Verbund und davon„profitiert“ auch jede Klinik. Um in Deutschland die Führungsrolleim Bereich <strong>der</strong> Versorgung unfallverletzter Menschen sicherzustellen,muss nicht nur die interne Struktur einzelner Kliniken,son<strong>der</strong>n auch ihr Zusammenwirken hoch professionellsein und immer einem Ziel untergeordnet werden: die Versichertenmit allen geeigneten Mitteln zu versorgen.Was unterscheidet den <strong>KUV</strong> von an<strong>der</strong>en Klinikgruppen?Der <strong>KUV</strong> verfügt über drei wesentliche Strukturmerkmale,die in dieser Kombination keine an<strong>der</strong>e Klinikgruppe für sichin Anspruch nehmen kann:Im Rahmen <strong>der</strong> sektorübergreifenden Versorgung endetdie Betreuungsarbeit <strong>der</strong> Kliniken nicht mit <strong>der</strong> Entlassung<strong>der</strong> Patientin o<strong>der</strong> des Patienten, son<strong>der</strong>n folgt einem übergeordnetenZiel: ihrer o<strong>der</strong> seiner Wie<strong>der</strong>einglie<strong>der</strong>ung in dasberufliche und private Umfeld.Weiterhin ist mit <strong>der</strong> durch Selbstverwaltung bis in dieVorstandsebenen abgebildeten Einbeziehung von Versichertenund Arbeitgebern die Ausrichtung unseres Handelns auf dasGrundziel <strong>der</strong> Unfallversicherung je<strong>der</strong>zeit gewährleistet.Und schlussendlich gilt unsere Arbeit nicht dem Erwirtschaftenvon Gewinnen, son<strong>der</strong>n <strong>der</strong> erfolgreichen Versorgungvon Menschen in Not. Dafür sorgen unsere Mitarbeiterinnenund Mitarbeiter – jeden Tag, rund um die Uhr, inhöchster Qualität und auf internationalem Spitzenniveau.Welche Großprojekte stehen 2013 und 2014 auf <strong>der</strong> Agenda?Neben einer kontinuierlichen Weiterentwicklung des Verbundesund seiner Organisationsstrukturen stehen <strong>der</strong>zeitvor allem <strong>der</strong> Abschluss und erste Schritte zur Umsetzungdes Klinikgesamtkonzeptes sowie eine klinikübergreifendeUmstellung auf das neue fallpauschalenorientierte Vergütungssystemim Fokus.1.099.625.461Euro Umsatz hat <strong>der</strong> <strong>Klinikverbund</strong><strong>der</strong> <strong>gesetzlichen</strong> Unfallversicherung2012 erzielt.11.387Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter waren2012 im <strong>Klinikverbund</strong> beschäftigt.8.219Einsätze sind die Rettungshubschrauber <strong>der</strong>Kliniken 2012 geflogen – 16.977 Mal rücktenihre Notarztwagen aus.507.348Patientinnen und Patienten haben dieBG-Kliniken 2012 behandelt.Wie wird sich das System <strong>der</strong> <strong>gesetzlichen</strong> Unfallver -si cherung weiter entwickeln und vor welchen Herausfor<strong>der</strong>ungensteht dabei <strong>der</strong> <strong>KUV</strong>?Ich bin überzeugt: das einzigartige System sektorübergreifen<strong>der</strong>Versorgung wird in Zukunft noch stärker als Modell für dieallgemeine Gesundheitsfürsorge in Deutschland herangezogenwerden. Diese Ausnahmestellung auch inhaltlich zu füllen,ist uns Herausfor<strong>der</strong>ung und Pflicht zugleich.Was sind die langfristigen Unternehmensziele des <strong>KUV</strong>?Alles zu tun, was notwendig und hilfreich ist, um mit denzur Verfügung stehenden Mitteln eine bestmögliche Versorgungfür unfallverletzte o<strong>der</strong> berufserkrankte Menschensicherzustellen.


<strong>EINS</strong> | Zusammen in die Zukunft 9FeatureFITFÜR DIEGENE­RATIONYPippi Langstrumpf imOP? Die kommende Ärztegenerationhat ganz eigeneVorstellungen von Berufund Familie. Damit sie sicham Arbeitsplatz Krankenhauswohl fühlt, lässt sich <strong>der</strong><strong>KUV</strong> einiges einfallen.


Sicht, dass Kliniken Betriebskin<strong>der</strong>gärtenbereithalten, <strong>der</strong>en Öffnungszeitenan die Dienste <strong>der</strong> Eltern angepasstsind. Eine <strong>der</strong> ältesten Krankenhaus-Kitas in Deutschlandüberhaupt ist die bereits 1977 eröffnete Kita <strong>der</strong> BG UnfallklinikMurnau. Die Öffnungszeiten von 5.30 Uhr bis 21.30 Uhran sieben Tagen in <strong>der</strong> Woche orientieren sich an den Dienstplänen<strong>der</strong> Angestellten. Kin<strong>der</strong> werden ab einem Alter vonacht Wochen bis zum zehnten Lebensjahr in vier altersgestuftenGruppen betreut. Das ist nicht nur für die Eltern vonVorteil. Es rechnet sich auch für den Arbeitgeber: „Wir sparendurch die Kita rund 80.000 Euro pro Jahr, denn sie bindetPersonal, sodass wir deutlich weniger in Fachkräfteakquiseund Einarbeitungszeiten investieren müssen“, sagt <strong>der</strong> ÄrztlicheDirektor Prof. Dr. Volker Bühren.Arzttarif auf Vor<strong>der</strong>mannZugleich ist dem <strong>Klinikverbund</strong> seine Ärzteschaft bares Geld wert.Daher hat <strong>der</strong> <strong>KUV</strong> 2012 einen neuen Ärztetarifvertrag mit dem<strong>MB</strong> vereinbart. Er bringt den rund 1.000 Ärztinnen und Ärztenan elf Verbundkliniken und zwei Behandlungsstellen 3,4 Prozentmehr Gehalt. „Mit diesem Tarifabschluss für die Ärztinnen undÄrzte an den BG-Kliniken wurde die tarifliche Führungsposition<strong>der</strong> BG-Kliniken bestätigt“, so <strong>der</strong> <strong>MB</strong>-Vorsitzende Rudolf Henke.„Im Wettbewerb um die besten Ärztinnen und Ärzte auf demArbeitsmarkt haben die BG-Kliniken nun sehr gute Chancen.“Michael Kähler wusste schon in <strong>der</strong> Schule, dass er Arztwerden will. Für ihn war auch klar, dass er nach dem Medizinstudiuman <strong>der</strong> Berliner Humboldt-Universität in die Patientenversorgunggeht. „Aber ich kann nachvollziehen, dass vieledas scheuen, wenn man sieht, was da alles dranhängt.“ Direktnach dem Studium kam er 2004 ans ukb. Die Klinik hat er sichunter mehreren ausgesucht, die ihn gern schnell eingestellthätten. „Die Möglichkeiten, die das ukb mir im Bewerbungsgesprächaufgezeigt hat, haben mich überzeugt“, sagt Kählerneun Jahre später. Das breite Spektrum <strong>der</strong> Ausbildung, dieDichte und Vielfalt an Aufgaben und Gelegenheiten zumOperieren in dem großen Krankenhaus haben von Anfang angelockt. Mit <strong>der</strong> Zeit hat er noch etwas an<strong>der</strong>es zu schätzengelernt: „Die Hierarchien sind recht flach, das Haus ist kompaktgebaut, man hat viel Kontakt zu Kollegen und Vorgesetzten.“Ausbildung vom FeinstenAuch <strong>MB</strong>-Geschäftsführer Ehl bestätigt, dass <strong>der</strong> <strong>Klinikverbund</strong>beim medizinischen Personal ein hohes Ansehen als Arbeitgebergenießt. Die Dichte <strong>der</strong> Aufgaben in <strong>der</strong> Unfallchirurgie, Chirurgieund Anästhesie erlaubt es Assistenzärztinnen und -ärztenin diesen Bereichen, eine strukturierte Weiterbildung innerhalb<strong>der</strong> Mindest-Weiterbildungszeit abzuschließen. „Damit könnendie Unfallkliniken bei <strong>der</strong> jungen Ärzteschaft punkten“, sagt Ehl.Doch nicht nur für den Einstieg, son<strong>der</strong>n auch für einelangfristige Arzttätigkeit bietet <strong>der</strong> <strong>Klinikverbund</strong> gute Rahmenbedingungen.Ehl: „Die Unfallkliniken sind technisch aufdem neuesten Stand und haben in <strong>der</strong> Regel eine bessere Personaldeckeals an<strong>der</strong>e Krankenhäuser. Das macht sie fürÄrztinnen und Ärzte attraktiv.“Vom Ärztemangel spüren viele Kliniken im Verbund mithinnoch nichts, auch nicht die BG Kliniken Bergmannstrost Halle imärztlich unterversorgten Sachsen-Anhalt. Sie punkten mit Familienfreundlichkeit,die im Audit „Beruf und Familie“ dokumentiertist, und erstklassiger Ausbildung. „Die Ausbildung ist einganz zentraler Faktor. Den muss man ernst nehmen“, sagt Dr. JoachimZaage, stellvertreten<strong>der</strong> Ärztlicher Direktor. Das „Bergmannstrost“bietet jede Woche eine zweistündige Weiterbildungsveranstaltungfür seine Medizinstudierenden im Prak tischenJahr (PJ) und seine Assistenzärztinnen und -ärzte. Auch praktischerUnterricht, zum Beispiel ein Knüpf- und Nahtkurs in <strong>der</strong>Chirurgie, findet statt. „So etwas kommt immens gut an“, sagtDr. Zaage. Zusätzlich gibt es zweimal im Jahr jeweils kurz vor denAbschlussprüfungen einen Wochenendkompaktkurs. Diese Angebotemachen das Haus beim Nachwuchs bekannt. „Dadurchhaben wir eher mehr Bewerbungen als zu wenig“, sagt Dr. Zaage.


Auch das BG Universitätsklinikum BergmannsheilBochum setzt auf Praxis in <strong>der</strong>Medizinerausbildung. Im „Skills Lab“ desBG-Uni-Klinikums erwartet Medizinstudierendeein sehr vielfältiges Programm. Unter an<strong>der</strong>emgibt es Sonografie-, Blutentnahme- und Anästhe siekurse.Der Geschäftsführer des „Bergmannsheils“ Johannes Schmitzmisst <strong>der</strong> Einrichtung einen hohen Stellenwert bei: „SkillsLabs sind ein wichtiger Baustein, um die prak tische Ausbildungvon Medizinstudierenden zu optimieren. Hier lernensie abseits des oft hektischen Stationsalltags unter realenBedingungen und mit fachlicher Anleitung, Untersuchungendurchzuführen, zu interpretieren sowie Befunde und Diagnosenrichtig zu stellen. Sie können sich somit auf praxisnaheWeise und in einer sehr konzen trierten Arbeitsumgebung aufdie Arbeit mit dem Patienten vor bereiten“, sagt Schmitz.Arbeitszeit nach MaßNeben Familienfreundlichkeit, angemessener Bezahlungund guter Ausbildung steht bei <strong>der</strong> Generation Y nicht zuletztdie Freizeit hoch im Kurs. „Bei <strong>der</strong> Generation Y ist <strong>der</strong>Wunsch nach einer ausgewogenen Work-Life-Balance sehrausgeprägt. Für die ältere Ärztegeneration hieß das nichtsan<strong>der</strong>es, als dass man gelegentlich auch mal freihat. Heutehat das einen an<strong>der</strong>en Stellenwert. Darauf müssen sich Klinikeneinstellen“, sagt ukb-Chef Ekkernkamp. Das ukb ist imMärz 2013 mit einem Son<strong>der</strong>preis als einer <strong>der</strong> besten ArbeitgeberBerlins ausgezeichnet worden. Elektronische Arbeitszeiterfassungmit Zeitkonten, individuelle Formen von Teilzeitarbeitund 30 Tage Urlaub für alle Beschäftigten im Jahr2013 sind einige Pluspunkte des ukb für die neue Ärztegeneration.Im <strong>Klinikverbund</strong> ist das ukb bei Weitem nicht das einzigeKrankenhaus, das die langjährige For<strong>der</strong>ung des MarburgerBundes nach einer objektiven Zeiterfassung an Klinikenbereits umgesetzt hat.Michael Kähler gefällt das. „Grundsätzlich ist es schonso, dass man für den Arztberuf lebt. Da schaut man nicht,wann Feierabend ist“, sagt er. Doch seit Kähler Vater ist, hater einen großen Wunsch: mehr Zeit mit seinen Kin<strong>der</strong>n zuverbringen. Das will <strong>der</strong> <strong>Klinikverbund</strong> allen Mitarbeiterinnenund Mitarbeitern ermöglichen.„DIE UNFALLKLINIKENSIND TECHNISCHAUF DEM NEUESTENSTAND UND HABENIN DER REGEL EINEBESSERE PERSONAL-DECKE ALS ANDEREKRANKENHÄUSER.DAS MACHT SIE FÜRÄRZTINNEN UNDÄRZTE ATTRAKTIV.“Armin Ehl,Hauptgeschäftsführer des MarburgerBundes Deutschland


14 <strong>EINS</strong> | Zusammen in die ZukunftBerichtDIE PFLEGEBRAUCHT PFLEGE


<strong>EINS</strong> | Zusammen in die Zukunft 15Dem Gesundheitswesen droht ein gigantischer Fachkräftemangel.Krankenhäuser werben daher zunehmendum Nachwuchs, vor allem bei Pflegekräften, aber auchbei Physiotherapeuten. Drei dicke Pluspunkte machenden <strong>KUV</strong> zum attraktiven Arbeitgeber.Rund 8.000 Pflegestellen in Krankenhäusern sind schon heuteunbesetzt. Der Deutsche Pflegerat (DPR) geht davon aus, dassim Jahr 2025 mehr als 100.000 Pflegefachpersonen in Deutschlandfehlen werden. Denn <strong>der</strong> Altersdurchschnitt <strong>der</strong> Pflegekräftesteigt und damit die Zahl <strong>der</strong> Abgänge in den Ruhestand.Gleichzeitig rücken immer weniger Auszubildende nach.Die Politik hat den Handlungsbedarf erkannt. Dochmit För<strong>der</strong>programmen allein ist nach Ansicht des Pflegeratesnicht viel auszurichten. Nötig seien vielmehr neue Rahmenbedingungen.Konkret for<strong>der</strong>te <strong>der</strong> DPR in einem offenen Briefan Bundeskanzlerin Angela Merkel unter an<strong>der</strong>em eine systematischeAus- und Weiterbildung, attraktive Weiterentwicklungs-und Karriereperspektiven, flexiblere Arbeitszeitmodelleund nicht zuletzt eine realistische und angemessene Personalausstattung.All das und mehr finden Pflegekräfte beim <strong>KUV</strong>schon heute.Erstes Plus:Aufstiegschancen eröffnenAkademische Bildung für Gesundheitsberufe gewinnt im<strong>Klinikverbund</strong> wachsende Bedeutung. Damit trägt <strong>der</strong> <strong>KUV</strong>auch den For<strong>der</strong>ungen des Wissenschaftsrates und <strong>der</strong> GesundheitssachverständigenRechnung. „Vor dem Hintergrund<strong>der</strong> demografischen Entwicklung und des Fachkräftemangelskommt es darauf an, differenzierte Ausbildungsangebote zumachen, um möglichst viele junge Menschen für die Pflegeo<strong>der</strong> für therapeutische Berufe zu begeistern“, sagt JohannesSchmitz, Geschäftsführer des BG Universitätsklinikums BergmannsheilBochum. Das „Bergmannsheil“ bietet Pflegeschülernin Kooperation mit <strong>der</strong> Hochschule für Gesundheit einegrundständige akademische Pflegeausbildung. Auch für PhysioundErgotherapeuten gilt dieses Angebot. „Wir unterstützendieses bislang einzigartige Modellprojekt, weil wir dazu beitragenwollen, diesen Berufsgruppen neue berufliche Perspektivenzu ermöglichen. Der beson<strong>der</strong>e Charme dieses Konzeptesbesteht darin, dass die Studierenden einen Berufsabschlussund einen akademischen Bachelorabschluss erhalten und damitvielfältige Möglichkeiten für ihre berufliche Laufbahn haben“,sagt Schmitz. Dass es ein solches Hochschulmodell gibt, zeigtnach seiner Auffassung auch, wie hoch heutzutage die inhaltlichenAnfor<strong>der</strong>ungen an Pflege- und therapeutische Berufesind. Damit diese Berufe die Wertschätzung erhalten, die sieverdienen, müssten viele weitere Stellschrauben bedient werden,so Schmitz. Unter an<strong>der</strong>em bietet das „Bergmannsheil“in seinem klinikeigenen Bildungszentrum Kurse im Bereich <strong>der</strong>Fachpflege o<strong>der</strong> für leitende Aufgaben und Funktionen.Auch an<strong>der</strong>e Verbundkliniken unterstützen den Trendzur Akademisierung <strong>der</strong> Gesundheitsberufe. So ist das UnfallkrankenhausBerlin 2012 zum ersten Klinischen Zentrum <strong>der</strong>staatlichen Alice-Salomon-Hochschule (ASH) ernannt worden.„Die Hochschule braucht Plätze, wo Therapierende etwas in<strong>der</strong> Praxis lernen, und wir brauchen studierte Gesundheitsberufe“,sagt ukb-Geschäftsführer Prof. Dr. Ernst Hai<strong>der</strong>. DieZusammenarbeit hat bereits Tradition. Unter an<strong>der</strong>em betreuenAngestellte des ukb Studierende bei <strong>der</strong> Erstellung ihrerBachelor- o<strong>der</strong> Masterarbeit. „Das ist für die Ehrgeizigeren inden Gesundheitsfachberufen eine sehr gute Möglichkeit,Studium und Beruf zu kombinieren“, sagt Hai<strong>der</strong>.Ebenso eng sind die Schulen für Physiotherapie an denBG-Unfallkliniken Tübingen und Ludwigshafen mit <strong>der</strong> akademischenWelt verzahnt. Gemeinsam mit <strong>der</strong> Hochschule Reut-


16 <strong>EINS</strong> | Zusammen in die Zukunftlingen und <strong>der</strong> Universität Tübingen bieten sie eine vierjährigeduale Physiotherapeuten-Ausbildung mit Bachelorabschlussan. Im Dezember 2012 erhielten die ersten 19 Absolventinnenund Absolventen in Tübingen ihr akademisches Abschlusszeugnis.Wer will, kann den akademischen Weg weitergehen.Die BG Klinik Tübingen beschäftigt als erste Klinik bundesweiteinen Physiotherapeuten mit Doktortitel. Aufgrund seinesTitels wird Dr. Joachim Merk von an<strong>der</strong>en schon mal füreinen Arzt gehalten.Zweites Plus:Ausbildung organisierenMit <strong>der</strong> Eröffnung einer eigenen Krankenpflegeschule hat dieBG Unfallklinik Murnau 2012 auf den Nachwuchsmangel in <strong>der</strong>Pflege reagiert. „Der Markt ist so eng, dass wir selbst ausbildenmüssen. Eine eigene Krankenpflegeschule eröffnet unszudem die Auswahl <strong>der</strong> Personen, die zu unserem Haus passen“,sagt Prof. Dr. Volker Bühren. In diesem Zuge ist auch dieBGU Murnau dabei, weitere Aufstiegschancen für ihre Pflegekräftezu schaffen: In Kooperation mit <strong>der</strong> Universität Salzburgwird eine akademische Pflegeweiterbildung angeboten. Nachdem Abschluss <strong>der</strong> Grundpflegeausbildung können Pflegekräfte<strong>der</strong> BGU Murnau an <strong>der</strong> Uni Salzburg ein Bachelorstudiummit <strong>der</strong> Möglichkeit, um Master o<strong>der</strong> Dissertation zu ergänzen,absolvieren. Dafür werden sie von <strong>der</strong> Klinik freigestellt undfinanziell unterstützt. Zwei Schwestern haben sich schon dafürangemeldet. „Die Pflege differenziert sich immer mehr. Wirwollen zeigen, dass wir eine Berufsausbildung bieten, die nachoben offen ist“, sagt Professor Bühren.Die BG Kliniken Bergmannstrost Halle werben um denPflegenachwuchs schon an Gymnasien und Realschulen. Schülerinnenund Schüler werden zu Projekttagen in das Haus eingeladen,können sich dort beim Rollstuhltraining ausprobierenund lernen anschließend das Haus kennen. Damit hat das„Bergmannstrost“ vor mehr als zwei Jahren begonnen. „Dasträgt dazu bei, dass wir heute keine Probleme mit dem Pflegenachwuchshaben“, sagt Pflegedirektor Henry Rafler. Zusätzlichwerden die Ausbildungsplätze inzwischen bekannt gemacht.„Das mussten wir früher nie machen, weil wir genug Bewerbungenhatten“, sagt Rafler. So ist es in Halle bisher gelungen,selbst in den ausbildungsintensiven Bereichen <strong>der</strong> Intensiv-,OP- und Anästhesiepflege immer alle Stellen zu besetzen.„Das ‚Bergmannstrost‘ ist in <strong>der</strong> Pflegewelt als guter Arbeitgeberbekannt“, sagt Rafler, <strong>der</strong> auch Vorsitzen<strong>der</strong> des LandespflegeratesSachsen-Anhalt ist.Auf gute Ausbildungsbedingungen für den Nachwuchssetzt auch die Pflegedienstleiterin <strong>der</strong> BG Unfallklinik Frankfurtam Main Beatrix Falkenstein. Die BGU Frankfurt stelltihrem Pflegenachwuchs unter an<strong>der</strong>em Praxisanleiter zur Seite.„Sie nehmen die Schülerinnen und Schüler an <strong>der</strong> Hand undzeigen ihnen in <strong>der</strong> Praxis, was sie bislang nur aus <strong>der</strong> Theoriekennen“, sagt Falkenstein.weiche Faktoren wie Personalentwicklung und Gesundheitsför<strong>der</strong>ung.So können die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter<strong>der</strong> BGU Frankfurt bei <strong>der</strong> MAIN.BGMED vergünstigte Sportangebotenutzen.Auch die Weiterbeschäftigung älterer Pflegekräfte mitgesundheitlichen Einschränkungen liegt <strong>der</strong> BGU Frankfurtam Herzen. „Wenn wir Stellen besetzen, bei denen wenigkörperlicher Einsatz gefor<strong>der</strong>t ist, halten wir gezielt nach solchenKräften Ausschau“, sagt Falkenstein.Gesundheitsmanagement für ältere Angestellte hatauch an an<strong>der</strong>en Verbundkliniken wachsende Bedeutung. In<strong>der</strong> BG Unfallklinik Murnau ist ein Mitarbeiter des Sozialdienstes<strong>der</strong> Klinik inzwischen damit beschäftigt, sich um Klinikbeschäftigtezu kümmern, die länger o<strong>der</strong> wie<strong>der</strong>holt kranksind. Er sucht unter an<strong>der</strong>em nach neuen Einsatzbereichen,die <strong>der</strong> Leistungskraft <strong>der</strong> erkrankten Person entsprechen.Die BG Kliniken Bergmannstrost Halle haben 2012 mitden Vorarbeiten für ein systematisches betriebliches Gesundheitsmanagementbegonnen. In einer Mitarbeiterbefragungwurden die Probleme analysiert. In <strong>der</strong> Folge bietet das Hausseinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern nun unter an<strong>der</strong>emRaucherentwöhnung, kinästhetisches Arbeiten und ein Rückenkollegan – damit sie möglichst lange im Beruf bleiben.„VOR DEMHINTERGRUND DERDEMOGRAFISCHENENTWICKLUNGUND DES FACHKRÄFTE-MANGELS KOMMTES DARAUF AN,DIFFERENZIERTEAUS BILDUNGSANGEBOTEZU MACHEN.“Johannes Schmitz,Geschäftsführer des BG Universitäts klinikumsBergmannsheil BochumDrittes Plus:Pflege wertschätzenUm Personal zu binden, setzt die Frankfurter Pflegedienstleiterinauf unbefristete Verträge, die nicht viele Kliniken bieten,eine vergleichsweise gute tarifliche Bezahlung, aber auch auf


„DIE PFLEGEDIFFERENZIERT SICHIMMER MEHR.WIR WOLLEN ZEIGEN,DASS WIR EINEBERUFSAUSBILDUNGBIETEN, DIE NACH OBENOFFEN IST.“Prof. Dr. Volker Bühren,Ärztlicher Direktor<strong>der</strong> BG Unfallklinik Murnau


18 <strong>EINS</strong> | Gemeinsam neues wagenBerichtVERSORGUNGUND FORSCHUNGIM VERBUND


<strong>EINS</strong> | Gemeinsam neues wagen 19Deutschland hat eine vielfältige medizinische Forschungslandschaft.Doch in einem ist sich die Fachwelt einig: An Versorgungsforschungmangelt es massiv. Diese Daten brauchtdie Gesundheitspolitik, um Reformen in die richtige Richtungweiterzutreiben. Der <strong>KUV</strong> liefert.„Versorgungsforschung ist heute so wichtig, weil wir großeProbleme im Gesundheitswesen und in <strong>der</strong> Versorgung <strong>der</strong>Kranken haben“, sagt Prof. Dr. Holger Pfaff von <strong>der</strong> UniklinikKöln. Seine For<strong>der</strong>ung: Die gesetzliche Krankenversicherung(GKV) sollte ein Prozent ihres Gesamtbudgets für Versorgungsforschungzur Verfügung stellen.Die Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung (DGUV)geht hier mit gutem Beispiel voran. Sie för<strong>der</strong>t zahlreiche Forschungsvorhabenin den Bereichen Prävention und Arbeitsmedizin.Auch <strong>der</strong> <strong>Klinikverbund</strong> ist aktiv. Er beobachtet immerwie<strong>der</strong> den Einsatz neuer Methoden o<strong>der</strong> Technikenin <strong>der</strong> Praxis.FORSCHUNG VERBESSERTVERSORGUNGOb innovative Implantate, eine effizientere Behandlung o<strong>der</strong>neuartige Wundversorgung – nur was in <strong>der</strong> Praxis Verbesserungbringt o<strong>der</strong> ohne Qualitätsverluste Kosten senkt, interessiertdas Wissenschaftlerteam im <strong>Klinikverbund</strong>. Denn ein Zieleint alle Forschungsprojekte im <strong>KUV</strong>: Sie sollen die Lebensqualitätdes Patienten erhöhen und die Versorgungs- und Behandlungsqualitätweiter verbessern.Dabei sind die Forschungsthemen im <strong>Klinikverbund</strong> soweitgefächert wie das Versorgungsspektrum: In Hun<strong>der</strong>ten vonProjekten stellen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftleretablierte Diagnose- und Behandlungsmethoden auch unter ökonomischenAspekten auf den Prüfstand. Sie entwickeln neuemedizinische Verfahren und Materialien und testen Innovationenauf ihre Wirksamkeit. Um ihre hohen medizinischenStandards zu sichern, kooperieren viele Verbundkliniken engmit Partnerinstituten und Universitäten.Das BG Universitätsklinikum Bergmannsheil Bochum istim Lauf <strong>der</strong> Jahre selbst zum Uni-Klinikum geworden. Es wirktan rund 300 Forschungsprojekten mit. Unter an<strong>der</strong>em laufendort die bundesweit ersten Erprobungen des japanischen Exoskelett-SystemsHAL zum Bewegungstraining bei Querschnittlähmungen.Seit Herbst 2012 steht das Training mit dem Roboteranzugim ersten „Zentrum für Neurorobotales Bewegungstraining“außerhalb Japans am „Bergmannsheil Bochum“ fürdie Versorgung von bewegungsbehin<strong>der</strong>ten BG-Versichertenzur Verfügung. Die Anwendung <strong>der</strong> nervengesteuerten Bewegungstherapiewird begleitend erforscht. Dabei wurden einedeutlich gesteigerte Mobilität <strong>der</strong> gelähmten Personen, einintensivierter Muskelaufbau, mehr Muskelleistung und einhöheres Aktivitätsniveau beobachtet. Die ersten Studienergebnisselassen neue Reha-Angebote erwarten.Viele Forschungsprojekte <strong>der</strong> Bochumer BG-Unikliniksind preisgekrönt. So gab es zum Beispiel für die Erforschung<strong>der</strong> Zusammenhänge zwischen Querschnittlähmungen undkrankhaften Knochenbildungen 2012 den Evidence-based-Medicine-Preis <strong>der</strong> Deutschen Gesellschaft für Orthopädie undUnfallchirurgie. Ein Forschungsprojekt zum Einfluss vonHormonen auf die Schmerzwahrnehmung wurde mit dem„NachwuchsFör<strong>der</strong>Preis Schmerz“ ausgezeichnet.Auch auf dem Gebiet <strong>der</strong> Krebsforschung hat sich das„Bergmannsheil Bochum“ einen Namen gemacht, vor allemmit Arbeiten über Weichgewebstumore (Sarkome). Ein Projektzur Erforschung des Einsatzes körpereigener Eiweiße gegenKrebs wird seit 2012 von <strong>der</strong> Deutschen Forschungsgemeinschaft(DFG) geför<strong>der</strong>t.ÜBER GRENZEN HINWEGBei allen Forschungsprojekten im Verbund gilt das Prinzip,über Institute und Disziplinen hinweg zu kooperieren. Ein gutesBeispiel dafür ist das Projekt „ICF Core Set Hand“, in dessenRahmen klinikübergreifend ein Leitfaden zur Behandlung vonHandverletzungen erstellt wird. Genaue Cluster sollen die Funktionsfähigkeitund Behin<strong>der</strong>ung von Menschen mit Verletzungeno<strong>der</strong> einer Erkrankung <strong>der</strong> Hand konkret definieren. Das kanneine standardisierte Behandlung erheblich vereinfachen.


20 <strong>EINS</strong> | Gemeinsam neues wagenIm Labor für Biomechanik des BG Unfallkrankenhauses Hamburguntersuchen Fachleute aus Medizin, Ingenieurwesen undTechnik die Osteosynthese, also die Versorgung von Knochenbrüchenmit Implantaten. Das Team arbeitet unter an<strong>der</strong>em an<strong>der</strong> Entwicklung sogenannter intelligenter Implantate. Sie enthalteneinen mikroelektronischen Sensor, <strong>der</strong> die Belastung übermittelt.Dadurch kann <strong>der</strong> Arzt den Heilungsprozess besser beurteilenund den Patienten rechtzeitig vor Überbelastung warnen.An den BG Kliniken Bergmannstrost Halle liegt ein Fokusauf <strong>der</strong> Wirbelsäulenchirurgie. Forscherteams entwickeln undtesten neue Techniken und Implantate, wie eine neuartigeBandscheibenprothese an <strong>der</strong> Halswirbelsäule.Schwerbrandverletzte sind Forschungsthema an <strong>der</strong>BG Klinik Ludwigshafen. Dort wird unter an<strong>der</strong>em Knochengewebegezüchtet, das Knochen ersetzen kann, die durcheine Verletzung o<strong>der</strong> Entzündung verloren gegangen sind.Auch in <strong>der</strong> Versorgungsforschung leistet <strong>der</strong> <strong>Klinikverbund</strong>einen wichtigen Beitrag. So werden die Versorgungskonzeptefür Versicherte mit Berufskrankheiten laufend überprüftund optimiert. Davon profitieren die Patientinnen undPatienten <strong>der</strong> BG-Kliniken für Berufskrankheiten in Bad Reichenhallund in Falkenstein unmittelbar. Ihnen kommt auchdie wissenschaftliche Expertise des <strong>Klinikverbund</strong>es überberufsbedingte Hautkrankheiten, Atemwegs- und Lungenerkrankungenund Psychotraumatologie zugute.DIE UNFALLVERSICHERUNGALS WEGBEREITER„Im Bereich <strong>der</strong> Unfallversicherung passiert dankenswerterweiseschon sehr viel“, sagt <strong>der</strong> Versorgungsforscher Pfaff.Er hält aber auch hier noch mehr Systematik für nötig.Dieser For<strong>der</strong>ung kommt <strong>der</strong> <strong>KUV</strong> nun damit entgegen, dassdie Forschungsaktivitäten <strong>der</strong> einzelnen Kliniken gebündeltwerden sollen.Der <strong>KUV</strong> koordiniert die Beantragung von För<strong>der</strong>gel<strong>der</strong>nunter an<strong>der</strong>em bei <strong>der</strong> DGUV. Durch die Zusammenarbeitim Verbund wird die höchstmögliche Qualität <strong>der</strong> Forschungsanträgegesichert. 2012 haben die Kliniken Forschungsschwerpunkteund Ziele für die kommenden zehn Jahre festgelegt.Sie glie<strong>der</strong>n sich in die Bereiche Traumaversorgung, Berufskrankheiten,Versorgungsforschung und Rehabilitation.für diesen Bereich nötig. Wenn dort valide Ergebnisse vorliegen,kann das gesamte Gesundheitssystem von <strong>der</strong> Unfallversicherunglernen, wie man Versorgung optimiert. DazuPfaff: „Die Unfallversicherung zeigt am lebendigen Beispiel,wie man die Versorgungskette besser organisieren kann.“FORSCHUNGSBEDARFZUR NACHHALTIGKEIT VON REHASpeziellen Forschungsbedarf im Bereich <strong>der</strong> Rehabilitationmacht Pfaff auf dem Feld <strong>der</strong> Nachhaltigkeit von Reha-Maßnahmenaus: „Viele Patienten kommen fit aus dem Systemheraus und lassen dann nach, bis sie wie<strong>der</strong> versorgt werdenmüssen. Das ist beson<strong>der</strong>s bei chronisch Kranken ein Problem.“Um die Probleme <strong>der</strong> Nachhaltigkeit und <strong>der</strong> langenKrankschreibungsdauern zu lösen, hält <strong>der</strong> Versorgungsforschungsexpertedringend weitere Studien für nötig. Für denBereich <strong>der</strong> Unfallversicherung sieht er hier eine einmaligeChance. Sie kann untersuchen, welche Effekte die enge Verzahnungmit Personen und Gegebenheiten am Arbeitsplatzauf Maßnahmen <strong>der</strong> Wie<strong>der</strong>einglie<strong>der</strong>ung hat.Diese Chance nutzt <strong>der</strong> <strong>Klinikverbund</strong> ausgiebig. Fürdie Wie<strong>der</strong>einglie<strong>der</strong>ung des Patienten in den Berufsalltag istdie ambulante Rehabilitation nach einem stationären Aufenthalto<strong>der</strong> einer Verletzung von entscheiden<strong>der</strong> Bedeutung. Siezu optimieren ist unter an<strong>der</strong>em das Ziel <strong>der</strong> Forschung an<strong>der</strong> BG Unfallambulanz und Rehazentrum Bremen. Dort erprobenund evaluieren Reha-Fachleute Nachhaltigkeitskonzeptein <strong>der</strong> ambulanten Rehabilitation und entwickeln verbindlicheStandards. Auch die sogenannte „Erweiterte AmbulantePhysiotherapie (EAP)“, eine von den <strong>gesetzlichen</strong> Unfallversicherungenentwickelte ambulante Therapieform, wird inBremen evaluiert.Die Bedeutung <strong>der</strong> Forschung in den Kliniken wächstweiter. 2012 sorgte die BG Klinik Tübingen mit <strong>der</strong> Gründung des„Siegfried Weller Instituts für Unfallmedizinische Forschung“für eine deutliche Aufwertung <strong>der</strong> klinikeigenen Forschung. Siesetzte damit zugleich ein wichtiges Signal für die Zukunft.VORBILDLICHEVERSORGUNGSKETTENDie Versorgung in <strong>der</strong> Unfallversicherung betrachtet <strong>der</strong> ExpertePfaff insgesamt als vorbildlich. Sie zeige an einem Son<strong>der</strong>modell,wie das Gesundheitssystem organisiert werden könne.„Das ist <strong>der</strong> Idealfall, dass Arbeitgeber und Unfallversicherungan einem Strang ziehen“, sagt er. Dem System <strong>der</strong> <strong>gesetzlichen</strong>Krankenversicherung attestiert er dagegen schlechte Anreizstrukturen.„Dort ist keiner für das Gesamtsystem unddas Gesamtergebnis verantwortlich“, so Pfaff.Wegen <strong>der</strong> Beson<strong>der</strong>heiten <strong>der</strong> Versorgung in <strong>der</strong> Unfallversicherungsei aber auch eine eigene Versorgungsforschung


<strong>EINS</strong> | Gemeinsam neues wagen 21„Die Unfallversicherungzeigt am lebendigenBeispiel, wie man dieVersorgungskette besserorganisieren kann.“Prof. Dr. Holger Pfaff,Direktor des Instituts für Medizinsoziologie,Versorgungs forschung und Rehabilitationswissenschaft<strong>der</strong> Universität Köln


<strong>EINS</strong> | Gemeinsam neues wagen 23Die Forschungen <strong>der</strong> Medizinerinnen und Mediziner im <strong>KUV</strong>finden weltweit Beachtung. Auch im Jahr 2012 haben sie hervorragendeErgebnisse auf ganz verschiedenen Gebieten vorgelegt.KNOCHEN AUS EIGENENSTAMMZELLENKnochen sind wahre Wun<strong>der</strong> <strong>der</strong> Natur. Sie sind das einzigeGewebe des Menschen, das von selbst ohne Narbe verheilt.Lei<strong>der</strong> aber gibt es auch hier die Ausnahme – sogenanntekritische Frakturen, bei denen die Knochen nicht mehr zusammenwachsen.Prof. Dr. Thomas A. Schildhauer, Direktor <strong>der</strong>Chirurgischen Klinik, und Prof. Dr. Manfred Köller, Forschungskoordinator,am BG Universitätsklinikum BergmannsheilBochum sind dafür die Spezialisten. Ihr interdisziplinäres Teamerforscht, wie körpereigene Stammzellen und Wachstumsfaktorenaus körpereigenen Thrombozyten helfen können,große und bislang irreparable Knochendefekte wie<strong>der</strong> miteigenem Knochenmaterial aufzufüllen.Adulte Stammzellen, die alle Menschen in sich tragen,spielen dabei die zentrale Rolle. Als undifferenzierte Zellen entwickelnsie sich erst im Austausch mit ihrer Umgebung zujenen Zellen, die vor Ort gebraucht werden – zum Beispiel Gelenk-,Knorpel- o<strong>der</strong> auch Knochenzellen. „Im Vergleich zuFremdtransplantationen ist unser Verfahren eine höchst individuelleBehandlung. Der entscheidende Vorteil ist: DerPatient bekommt seine eigenen Zellen zurück. Der Körper versuchtdaher nicht, die implantierten Zellen wie<strong>der</strong> abzustoßen“,sagt Prof. Dr. Manfred Köller.In einem ersten Schritt werden die adulten Stammzellendurch eine Punktion des Beckenkammknochens gewonnen.Da nur etwa eine von 10.000 Blutzellen des Knochenmarkseine Stammzelle ist, werden sie im Labor vermehrt. Zusätzlichwird patienteneigenes Blutplasma als Träger für diese Zellenverwendet. Damit entsteht ein gelartiges Stammzell-Wachstumsfaktor-Komposit,das in <strong>der</strong> folgenden Operation direkt inden Knochendefekt eingesetzt wird. Das Verfahren hat offenbareine Erfolg versprechende Zukunft. „Die BG Klinik BergmannsheilBochum investiert <strong>der</strong>zeit in ein Reinraumlabor, dasfür die zukünftige klinische Anwendung notwendig ist, umzellbasierte Verfahren zur Standardreife weiterzuentwickeln“,erklärt Forschungskoordinator Köller.EIN SCANZUR RECHTEN ZEITGute Diagnostik ist eine Frage leistungsfähiger Technik unddes richtigen Gespürs. Davon ist Privatdozent Dr. Dirk Stengel,Leiter des Zentrums für Klinische Forschung am UnfallkrankenhausBerlin (ukb), überzeugt. Er weiß, wie schwer es ist, imNotfall lebensrettende Entscheidungen zu treffen. Die Computertomografie(CT) kann als ideales Diagnostikinstrument wertvolleHilfe leisten. Stengels Forschungen dürften dessen Einsatznoch sicherer machen.Beim Ganzkörperscan werden Schwerverletzte von Kopfbis Becken mittels CT durchleuchtet. Rechtfertigt die diagnostischeAussagekraft <strong>der</strong> Methode die zusätzliche Strahlenbelastungfür den Patienten? Gemeinsam mit seinem Team hatStengel die Befunde und Krankenakten von 1.000 Patientinnenund Patienten des ukb ausgewertet. Das Ergebnis: Die CT-Diagnostik liefert verlässliche Bil<strong>der</strong> aus dem Körperinneren,aber sie zeigt längst nicht alle Krankheitsherde und Verletzungen.„Das CT ist spezifisch und sicher, aber nicht sensitivgenug“, sagt Stengel. Verletzungen, die in <strong>der</strong> CT-Bildgebungnachgewiesen werden, sind definitiv vorhanden und könnensofort behandelt werden.Bestimmte Gewebeschäden in <strong>der</strong> Lunge, <strong>der</strong> Lebero<strong>der</strong> <strong>der</strong> Milz zeigen sich jedoch erst im weiteren Krankheitsverlauf.Gefäßverletzungen zum Beispiel sind erst im CT zuerkennen, wenn <strong>der</strong> Kreislauf des Patienten wie<strong>der</strong> stabil ist.Unauffällige CT-Befunde bedürfen also <strong>der</strong> weiteren stationärenBeobachtung. Die Resultate <strong>der</strong> sogenannten PATRES-Studie (Pan-Scan for Trauma Resuscitation Evaluation Study)haben in Forschungskreisen für Aufsehen gesorgt. Sie wurdenim renommierten „Canadian Medical Association Journal“veröffentlicht und Privatdozent Dr. Stengel war 2012 Key NoteSpeaker bei <strong>der</strong> Jahrestagung <strong>der</strong> „British Trauma Society“in Leeds, Großbritannien. Jetzt wollen Stengel und seine radiologischensowie unfallchirurgischen Kolleginnen und Kollegenanhand von Routinedaten klären, wann genau die CT-Diagnostik einzusetzen ist. In einer randomisierten Studiemit 500 Patientinnen und Patienten soll dabei die Strahlendosisauf das geringstmögliche Maß reduziert werden.GUT VERPACKTIST HALB GEHEILTZu den Spezialdisziplinen im <strong>KUV</strong> zählt die Versorgung vonSchwerbrandverletzten. Dass die BG-Ärztinnen und -Ärzte undihre Behandlungskonzepte auf diesem Feld international an<strong>der</strong> Spitze stehen, hat viel mit Dr. Markus Öhlbauer zu tun, demleitenden Arzt für Plastische Chirurgie an <strong>der</strong> BG UnfallklinikMurnau. In seinen klinischen Forschungen hat er gängige Behandlungskonzepteso weiterentwickelt, dass heute auch Verunfalltemit mehr als 70 Prozent brandverletzter Körperoberflächegute Heilungschancen haben. Mehr als 150 schwerstverletztePatientinnen und Patienten haben er und sein Team bereits mit<strong>der</strong> Wundunterdrucktherapie behandelt – ein exzellentesTherapiekonzept ist dabei entstanden.Das Ärzteteam bringt in einem ersten Schritt offenporigePolyurethan- o<strong>der</strong> Polyvinylalkoholschwämme auf den Brandwundenauf und dichtet die Körperteile mit einer Verbandfolieluftdicht ab. Mit einem Drainagesystem wird das Wundsekretkontinuierlich abgesaugt. Das schont den Organismus undmin<strong>der</strong>t Risiken, die bei den konventionellen Verfahren oftschwere Komplikationen nach sich ziehen, zum Beispiel, dasssich Ödeme bilden, die die Durchblutung erschweren und dasAbsterben von Zellen begünstigen.Die Rundumverpackung des Patienten hat viele Vorteile: EinVerbandswechsel ist nur ein Mal pro Woche nötig. Das min<strong>der</strong>tdas Infektionsrisiko. Der Schmerzmittelbedarf sinkt, denn <strong>der</strong>Schwamm bleibt an <strong>der</strong> Wundoberfläche festgesaugt. Nicht zuletztreduziert das Verfahren die Zahl <strong>der</strong> Hauttransplantationen:„Dies war früher bei etwa zwei Drittel unserer Verletzten notwendig,heute sind es nur ein Drittel“, sagt Öhlbauer.Egal ob Brandwunden, Diagnostik o<strong>der</strong> personalisierte Knochenheilung– die Beispiele zeigen die Forschungsexpertise im<strong>Klinikverbund</strong>. Die Ärztinnen und Ärzte im Verbund machenSpitzenforschung, von <strong>der</strong> <strong>der</strong> Patient unmittelbar profitiert.


24 <strong>EINS</strong> | Gemeinsam neues wagenBerichtDIE DIGITALEKLINIK IST DATelemedizin wird zunehmend von <strong>der</strong> Ausnahme zur Regel.Das gilt zumindest für die Teleradiologie und -neurologie im<strong>KUV</strong>. Auch die innerklinische Organisation verlagert <strong>der</strong>Verbund schrittweise von Papier auf Computertechnik.


<strong>EINS</strong> | Gemeinsam neues wagen 25Die Digitalisierung von klinischen Prozessen birgt enormesPotenzial. Diese Auffassung vertritt Ernst-Ulrich Hafa, <strong>KUV</strong>-Bereichsleiter Technische Infrastruktur. „Ziel ist es, ein klinikweitesDatennetz zu schaffen“, sagt <strong>der</strong> IT-Koordinator des<strong>KUV</strong>. Die digitale Arztvisite ist dabei nur ein Bestandteil. Anden Standorten Berlin und Frankfurt ist sie schon umgesetzt,auch Murnau und Halle ziehen mit, Ludwigshafen und Tübingenfolgen als Nächstes.Der <strong>Klinikverbund</strong> setzt nun in <strong>der</strong> Pflege verstärkt aufmobile Arbeitsplätze. Für 2013 ist geplant, in mehreren Klinikenmobile IT-Arbeitsplätze auf kabellos vernetzten Pflegewageneinzurichten. Dabei zielt <strong>der</strong> <strong>KUV</strong> auf ein einheitliches Vorgehenbei neuen IT-Projekten. „Wir werden künftig neue Systeme nurnoch gemeinsam einführen“, sagt Hafa. Dadurch könnten Kostengespart, Qualität und Effizienz jedoch gesteigert werden.AUTOMATISIERTEDATENÜBERTRAGUNGEin aktuelles Projekt ist das PatientendatenmanagementsystemPDMS. Es soll als gemeinsames System in praktisch allenKliniken des Verbundes eingeführt werden. In das PDMS fließendie Daten <strong>der</strong> Überwachungsgeräte auf <strong>der</strong> Intensivstationein. Dazu werden die Stand-alone-Geräte mit dem Klinikinformationssystemverbunden. In Halle, Murnau und Berlin wirdPDMS bereits eingesetzt. „Überall dort, wo wir dafür sorgen,dass Daten automatisch übertragen werden und nicht mehr dieMenschen die Datenträger sind, erreichen wir Qualitäts- undEffizienzverbesserungen“, sagt Hafa. Angestrebt ist auch, dass<strong>der</strong> Datenaustausch mit dem Reha-Management <strong>der</strong> Berufsgenossenschaftzunehmend elektronisch erfolgt.Nicht zuletzt soll die neue Technik die Patientensicherheiterhöhen. Das betont Hermann Breitinger, <strong>KUV</strong>-BereichsleiterKaufmännische Infrastruktur. Fehlerquellen werden reduziert,wenn Daten nicht mehrfach abgeschrieben werden müssen,son<strong>der</strong>n einmal eingetragen überall zur Verfügung stehen. Einweiterer Vorteil: „PDMS kann auch die Entwicklung von Behandlungspfadenunterstützen“, sagt Breitinger. Zudem könne dieMedikamentenverabreichung elektronisch gestützt werden. DieMedikation von <strong>der</strong> Anordnung über die Verabreichung biszur Nebenwirkungserfassung digital zu unterstützen ist nachHafas Auffassung sogar recht kurzfristig möglich. Dabei betonter die Koordinierungsrolle des Verbundes. „Wir wollen auchorganisatorisch und nicht nur medizinisch Spitze sein“, sagt<strong>der</strong> IT-Experte.ZUKUNFTSTRÄCHTIGENETZWERKEDiese Kombination aus organisatorischen und medizinischenSpitzenleistungen hat die Verbundkliniken auf dem Gebiet <strong>der</strong>Telemedizin ganz weit nach vorn gebracht. Praktisch parallelzum Aufbau <strong>der</strong> Traumanetzwerke haben viele Kliniken im Verbundteleradiologische Netze aufgebaut. Der Standort Berlinbetreut das größte teleradiologische Netz Deutschlands. Bochumund Halle sind in <strong>der</strong> Teleradiologie ebenfalls vorne dabei.Das teleradiologische Netz <strong>der</strong> BG Kliniken BergmannstrostHalle ist praktisch identisch mit dem nun zertifiziertenTraumanetzwerk. 13 Krankenhäuser betreut die Radiologie inHalle aus <strong>der</strong> Ferne mit. Der Ärztliche Direktor <strong>der</strong> BG-KlinikenBergmannstrost Prof. Dr. Gunther O. Hofmann misst <strong>der</strong>elek tronischen Vernetzung einen hohen Stellenwert bei:„Diese Netzwerke sind die Zukunft. Das gilt für alle Bereiche<strong>der</strong> Medizin. In <strong>der</strong> Traumaversorgung gehen wir hier lediglichvoran.“ Was zunächst folgt ist die Teleneurologie. Auchauf diesem Gebiet sind die BG Kliniken Bergmannstrost Halleals überregionales Stroke-Zentrum bereits aktiv.VERTRAUENSVOLLEZUSAMMENARBEITDer Ärztliche Direktor des Unfallkrankenhauses Berlin (ukb)Prof. Dr. Axel Ekkernkamp beobachtet hier im Berliner Telemedizinnetzwerkseit 2012 eine neue Entwicklung: „Bisherwar es so, dass die Teleneurologie <strong>der</strong> Teleradiologie folgte:Jetzt gibt es eine Verzweigung. Das ist eine wichtige Weichenstellung“,sagt er. Erste teleneurologische Kooperationen entstehenmit Kliniken, die nicht teleradiologisch vernetzt sind,so zum Beispiel mit zwei Kliniken im brandenburgischenLandkreis Märkisch-O<strong>der</strong>land.Dem teleradiologischen Netz des ukb misst ProfessorEkkernkamp aber eine beson<strong>der</strong>e Bedeutung bei. Das ukb sendetregelmäßig eine ärztliche und eine medizinisch-technischeFachkraft zu den Netzwerkkliniken. „Es hat sich gezeigt,dass es gegenseitigen Vertrauens bedarf“, sagt ProfessorEkkernkamp. Keine Klinikerin und kein Kliniker zeige eineranonymen Instanz mittelschlechte Ergebnisse, aber ebensoproduziere auch keiner nur perfekte Ergebnisse. Die vertrauensvolleZusammenarbeit hat inzwischen dazu geführt, dass dietelemedizinische Kooperation über die Radiologie hinausgehtund beispielsweise auch mal chirurgische Kräfte zur Beurteilung<strong>der</strong> Arbeit ihrer Kolleginnen und Kollegen an einem an<strong>der</strong>enKlinikum hinzugezogen werden. Zudem finden sich dieKliniken auch zu gemeinsamen Studien zusammen. „Hier entstehenganz viele Synergieeffekte“, sagt Professor Ekkernkamp.Seine Diagnose für die Entwicklungen <strong>der</strong> Telemedizin im Jahr2012: „Mit Freude kann konstatiert werden, dass die Dekadedes Zweifelns, ob Telemedizin <strong>der</strong> richtige Weg auch für die BundesrepublikDeutschland und seine Flächenlän<strong>der</strong> darstellt,jetzt – endlich – abgelöst wird von <strong>der</strong> kontinuierlichen Verbesserungdes telemedizinischen Einsatzes in <strong>der</strong> Routine.“„Wir wollen auchorganisatorisch undnicht nur medizinischSpitze sein.“Ernst-Ulrich Hafa,<strong>KUV</strong>-BereichsleiterTechnische Infrastruktur


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<strong>EINS</strong> | Gemeinsam neues wagen 27FeatureNEUEVERSORGUNGS­STANDARDSSETZENIm Notfall muss es schnell gehen. Dafür sorgen opti -male Abläufe in Rettungsstellen und Notaufnahmen.Neueste Standards haben die Verbundkliniken Berlinund Frankfurt entwickelt.Dr. Uwe Schweigkofler liebt seinen Arbeitsplatz. Aber erwechselt ihn auch gerne mal. Genauso gern wie er im OP, in<strong>der</strong> Notfallambulanz o<strong>der</strong> auf <strong>der</strong> Intensivstation arbeitet,ist er im Notarzteinsatzfahrzeug o<strong>der</strong> mit dem Rettungshubschrauber„Christoph 2“ unterwegs. „Ich freue mich auchheute noch über jeden Tag, an dem ich Hubschrauber fliege“,sagt <strong>der</strong> begeisterte Unfallchirurg. Sehr viel Gelegenheitdazu hat er aber nicht mehr, seit er Leiter des Notfall- undRettungszentrums <strong>der</strong> BG Unfallklinik Frankfurt am Main ist.Das Zentrum fasst den präklinischen Rettungsdienstmit Notarzteinsatzfahrzeug und Rettungshubschrauber mit<strong>der</strong> innerklinischen Notfallversorgung in Notfallambulanz,Schockraum und chirurgischer Versorgung <strong>der</strong> interdisziplinärenIntensivstation organisatorisch zusammen. Geplantist, dass auch <strong>der</strong> Notfall-OP und eine Aufnahmestation eingeglie<strong>der</strong>twerden.Diese Organisationsform hängt eng mit <strong>der</strong> Person<strong>der</strong> Zentrumsleitung zusammen. Schweigkofler macht damitpraktisch einen Schritt zurück nach vorn. „Ich gehöre zuden alten Allroun<strong>der</strong>n hier im Haus“, sagt <strong>der</strong> 49-Jährigeleicht schmunzelnd. Entsprechend hat er die Behandlungspfadefür die Notfälle aufgestellt. Doch das entstandeneKonzept ist keineswegs altbacken. „Wenn es komplett umgesetztist, haben wir wirklich einen neuen Standard gesetzt“,sagt Schweigkofler.Weniger SchnittstellenDie Abläufe folgen dem Prinzip „One Face to the Customer“:Wenn es möglich ist, dann begleitet ein Arzt den Verletztenvom Unfallort durch die Rettungsstelle bis in den OP. DasZiel: „Wir wollen mit dieser neuen Ablauforganisation die innerklinischenSchnittstellen verringern und mehr Kontinuitätbei <strong>der</strong> Informationsweitergabe erreichen“, so Schweigkofler.Jede Übergabe berge die Gefahr, dass Informationen verlorengehen. „Das neue System ist für beide Seiten vorteilhaft.Der Arzt kennt den Patienten von Anfang an. Und Patientinnenund Patienten wissen es zu schätzen, wenn <strong>der</strong> Arzt auf<strong>der</strong> Intensivstation weiß, was draußen los war.“ Wer denUnfallort gesehen habe, wisse auch bei <strong>der</strong> weiterführendenDiagnostik und Behandlung genauer, worauf er eventuellnoch achten sollte.Das Modell hat <strong>der</strong> leitende Arzt aus eigener Erfahrungent wickelt. „Ich rette gern, aber wenn ich weiß, dass ich auch


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<strong>EINS</strong> | Gemeinsam neues wagen 29die Verantwortung für die initiale Notfallversorgung und-operation in <strong>der</strong> Klinik trage, habe ich noch mal eine ganzan<strong>der</strong>e Motivation im Umgang mit dem Patienten, als wennich ihn an <strong>der</strong> Krankenhaustür abgebe“, sagt Dr. Schweigkofler.Mit dem neuen Konzept will er daher auch die Assistenzärztinnenund -ärzte motivieren, die im Rahmen ihrer Weiterbildungmeist für sechs Monate ins Notfall- und Rettungszentrum rotierensollen. Allerdings sei dafür auch ein großer Pool an Notarztkräftennötig. Für den Dienstbetrieb müssen rechnerisch 13Arztstellen besetzt werden. Sie betreuen an <strong>der</strong> BG UnfallklinikFrankfurt am Main rund 5.000 Notarzteinsätze pro Jahr.Sehr feine ArbeitsbedingungenZur Motivation trägt auch die neue Ausstattung des Rettungszentrumsbei. „Wenn die Bauarbeiten abgeschlossen sind, habenwir sehr feine Arbeitsbedingungen“, sagt Schweigkofler. DieWege sind wesentlich kürzer geworden. Der Hubschrauber landetpraktisch auf dem Schockraum. „Das ist mit Blick auf Wegeund Prozesse ein wesentlicher Vorteil“, sagt <strong>der</strong> ÄrztlicheDirektor <strong>der</strong> BGU Frankfurt Prof. Dr. Reinhard Hoffmann. Auchden neuen Schockraum selbst mit Platz für zwei Schwerverletzteund quasi integriertem CT schätzt Hoffmann sehr. Verkürzthaben sich zudem die Wege vom Schockraum in den OP.Die Zusammenfassung von Rettungshubschrauber, fahrendemRettungsdienst, Notaufnahme und Schockraum zumNotfall- und Rettungszentrum bewirkt nach den Worten vonProfessor Hoffmann einen „integrativen Ansatz, <strong>der</strong> auch dieProzesse viel schlanker macht, sodass eine Maßnahme direktin die an<strong>der</strong>e greifen kann“. Dazu trägt auch bei, dass die gesamteFührungsverantwortung für diese Prozesskette beiSchweigkofler in einer Hand liegt. „Die Neuorganisation hatdamit auch standardisierte Abläufe bis in den OP hinein gebracht“,sagt Hoffmann.Mehr PatientensicherheitAuch in Berlin wird die zentrale Notaufnahme neu strukturiertund bei laufendem Betrieb erheblich erweitert, um denmittlerweile über 60.000 Patientinnen und Patienten proJahr gerecht zu werden. Ein Teil <strong>der</strong> neuen Räume wurde 2012eröffnet. Der Neubau ermöglicht ein völlig neuartiges Notaufnahmekonzept.Die gesamte Rettungsstelle ist nach einemoffenen Konzept gestaltet, sodass ein Arzt alle Patienten imBlick haben kann. Auch die Behandlungsplätze sind offen angelegt,wahren aber die Intimsphäre des Patienten.Das hat mehrere Vorteile. Zunächst ist es leichter, dieKranken und Verletzten zu überwachen. Das ist in einer Notaufnahmeessenziell. „Es steigert die Patientensicherheit“,sagt Privatdozent Dr. Gerrit Matthes, Chirurg und leiten<strong>der</strong>Oberarzt <strong>der</strong> Notaufnahme des Unfallkrankenhauses Berlin(ukb). Gerade angesichts <strong>der</strong> Arbeitsverdichtung in <strong>der</strong> Krankenhausversorgungsei es gut, wenn ein Arzt alle Patienten,die er akut versorgt, auch im Blick habe. Doch auch ansprechbareärztliche und Pflegekräfte sind einfacher zu finden. Dashat sich bereits ein halbes Jahr nach <strong>der</strong> Teileröffnung als Vorteilerwiesen, auch für den Austausch unter Kollegen. „Wennalle verdichtet in einem Areal arbeiten und einen gemeinsamen


30 <strong>EINS</strong> | Gemeinsam neues wagenArbeitsplatz haben, ist auch die Kommunikation schnellerund reibungsloser“, sagt Matthes.„Das Konzept beinhaltet auch, dass alle Behandlungsplätzevon je<strong>der</strong> Disziplin besetzt werden können“, sagt Matthes.Dazu wurden mobile Monitore angeschafft, die an jedem Platzeingehakt werden können. Diese Abkehr von fachspezifischenBehandlungsplätzen ermöglicht eine effektive Raumnutzungund schafft mehr Flexibilität. Ein spezieller Monitor steht imneuen Schockraum mit vier Plätzen auf 185 Quadratmetern.Dort können Ankündigungen in einen digitalen Kalen<strong>der</strong> eingetragenwerden.Kürzere Wege„DAS NEUE SYSTEM ISTFÜR BEIDE SEITENVORTEILHAFT.DER ARZT KENNTDEN PATIENTEN VONANFANG AN.“Dr. Uwe Schweigkofler,Leiten<strong>der</strong> Arzt des Notfall- und Rettungszentrums<strong>der</strong> BG Unfallklinik Frankfurt am MainDoch nicht nur baulich än<strong>der</strong>t sich in Berlin <strong>der</strong>zeit alles. Auchdie Abläufe werden neu organisiert. So sind die Schränke mitVerbrauchsmaterial künftig nicht mehr alphabetisch sortiert,son<strong>der</strong>n nach dem ATLS-Prinzip (Advanced Trauma Life Support).Alles, was für ein spezielles Patientenproblem gebrauchtwird, findet sich dann in einer Schublade. Das soll Arzt- undPflegekräften Wege ersparen. Zudem wurden vor <strong>der</strong> Eröffnungim Mai 2013 Ablaufpläne für typische Gesundheitsproblemein <strong>der</strong> Rettungsstelle erstellt. Sie legen fest, wo undwie Patienten in den neuen Räumlichkeiten versorgt werden.Noch eine Neuerung: Um den Versichertenstatus <strong>der</strong> Patientinnenund Patienten zu erfassen, arbeiten jetzt auch Angestellteaus <strong>der</strong> Administration direkt auf <strong>der</strong> Notaufnahme mit.Die wesentliche organisatorische Än<strong>der</strong>ung ist abersicher die Einführung <strong>der</strong> sogenannten Manchester-Triage, einemSystem zur Klassifizierung von Notfallpatienten nachBehandlungsdringlichkeit. Einen positiven Effekt hat Matthesschon bei <strong>der</strong> Einführung des Systems beobachtet. Rettungsdienste,die Patienten bringen, haben sofort einen Ansprechpartnerin <strong>der</strong> Klinik: die speziell geschulte Pflegekraft amzentralen Triage-Punkt. In <strong>der</strong> Innenorganisation <strong>der</strong> Notaufnahmeführt die Triage unter an<strong>der</strong>em dazu, dass sich Ärztinnenund Ärzte an digitale Arbeitslisten gewöhnen müssen. Dortist farblich gekennzeichnet, welcher Triage-Stufe eine Patientino<strong>der</strong> ein Patient zugeordnet wurde. Die Manchester-Triage istim ukb im Krankenhausinformationssystem (KIS) elektronischhinterlegt und wird wie die gesamte Dokumentation papierlosvorgenommen. Matthes’ Zwischenfazit nach einem halben Jahr:„Es gibt eine Lernkurve bei <strong>der</strong> Manchester-Triage, aber dieersten Erfahrungen sind gut.“


32 <strong>EINS</strong> | Gemeinsam neues wagenMeldungenGemeinsameGroßgerätebeschaffungKlinikneubautenkünftig nacheinheitlichem KonzeptDer <strong>KUV</strong> koordiniert die Anschaffung vonmedizintechnischen Großgeräten undan<strong>der</strong>en Investitionsgütern. Die Klinikenmelden ihre geplanten Anschaffungen füreinen Zeitraum von fünf Jahren im Voraus.Der <strong>KUV</strong> wertet die Meldungen aus, bündeltden Bedarf und führt gemein sameAusschreibungen durch.„Auf diese Weise wollen wir Einsparpotenzialefür die einzelnen Klinikenrealisieren“, sagt Hermann Breitinger,<strong>KUV</strong>-Bereichsleiter Kaufmännische Infrastruktur.Vorangegangen war die Einführungvon Standards in <strong>der</strong> Bezeichnung<strong>der</strong> Investitionsgüter. Gebäudetechnikwird nach <strong>der</strong> Systematik <strong>der</strong> DIN 276erfasst. Für Medizintechnik wurde das„Informationssystem Medizintechnik(IMT)“ eingeführt. Es liefert nicht nurtechnische und sicherheitsrelevante Informationenzu jedem Gerät, son<strong>der</strong>nauch Hinweise, welche Geräte mit gleichartigemZweck und Leistungsspektrumam Markt angeboten werden.„Wir können und wollen Innovationeneher eine Chance geben als an<strong>der</strong>eKliniken. Auch das verstehen wir als Teil des<strong>gesetzlichen</strong> Auftrags <strong>der</strong> Unfallversicherung,den zu erfüllen wir mithelfen“, sagtBreitinger. Das setze aber auch voraus,dass Technik so wirtschaftlich wie nurmöglich beschafft und betrieben werde.Steht ein Neubau in einer Unfallklinik,Klinik für Berufskrankheiten o<strong>der</strong> Unfallbehandlungsstellean, dann soll künftigdas Klinikgesamtbaukonzept des <strong>Klinikverbund</strong>eszum Tragen kommen. Die Initiativedazu wurde 2012 angestoßen. Geplantist, dass eine Musterklinik entworfen wird,bei <strong>der</strong> Patientenzimmer und sonstigeFlächen standardisiert sind. Sie dientdann als Modell für alle Neubauten im<strong>Klinikverbund</strong>.Aktuell entsteht in Frankfurt fürrund 140 Millionen Euro ein kompletterKlinikneubau. Die neuen OP-Säle, Radiologieund Funktionsräume sind schon amNetz, die neuen Bettenhäuser und die Intensivstationnoch im Werden.Große Bauarbeiten laufen zudemin Murnau. Weil die BG Unfallklinik Murnaubald aus allen Nähten platzt, bautsie für insgesamt rund 75 Millionen Euroein sechsstöckiges Bettenhaus und einzweistöckiges Parkhaus. Der Bereich fürRückenmarkverletzte wird erweitert undein Hörsaal für Fortbildungen und Symposienwird neu geschaffen.Auch am BG UniversitätsklinikumBergmannsheil Bochum wird in großemStil gebaut. Bereits Mitte 2013 werdenTeile des neuen Funktionstraktes und desBettenhauses genutzt werden können.Dazu gehören die neue Notfallaufnahme,ein OP-Zentrum, Intensiv- und Normalpflegestationensowie Funktionsabteilungenwie Radiologie, Labor und Zentralsterilisation.In einem zweiten Bauabschnittwerden <strong>der</strong> neue Funktionstrakt und dasneue Bettenhaus noch einmal erweitert.Die Gesamtbaumaßnahmen mit einer Investitionvon mehr als 100 Millionen Eurosollen 2016 abgeschlossen sein.


<strong>EINS</strong> | Gemeinsam neues wagen 33„Wir können und wollenInnovationen eher eine Chancegeben als an<strong>der</strong>e Kliniken.“Hermann Breitinger, <strong>KUV</strong>-BereichsleiterKaufmännische Infrastruktur<strong>der</strong> Brustwirbelsäule und bei kompliziertenGelenkfrakturen bewährt. Der O-Armmache sichtbar, ob ein Gelenk korrekt reponiertist und ob alle Schrauben richtigliegen. „Durch die direkte CT-Kontrolle imOP spart man in vielen Fällen eine zweiteOperation“, sagt Professor Bühren. Der<strong>KUV</strong> hat nun nach seinen Angaben einenRahmenvertrag zur Anschaffung dieserTechnik für den gesamten <strong>Klinikverbund</strong>abgeschlossen.Die Bagger rollten auch in Ludwigshafenim Sommer 2012 an. Dort entsteht fürrund 20 Millionen Euro bis Anfang 2014ein neues Rehazentrum, das auch gesetzlichKrankenversicherten offenstehensoll. Auf über 10.000 QuadratmeternNutzfläche werden 150 stationäre Bettenund 80 ambulante Plätze geschaffen.Abgeschlossen wurden dagegen dieBauarbeiten für das neue Reha-Wohnhaus<strong>der</strong> BG Kliniken BergmannstrostHalle. Nach rund einjähriger Bauzeit wurdedas Gebäude mit 46 mo<strong>der</strong>nen Einzelzimmern,davon 22 barrierefrei, und einerGesamtinvestition von 3,5 Millionen Euroim Mai 2012 eröffnet.Hamburg erforschtRettungswege ausWindparks auf SeeWie können Unfallverletzte aus Offshore-Windkraftanlagen schnell und sicher geborgenwerden? Das erforscht seit April2012 das BG Unfallkrankenhaus Hamburg(BUKH). „Bisher sind Notfallpläne fürkomplexe Rettungssituationen vorhanden,die keine einheitliche Rettungskettevorgeben“, erklärt <strong>der</strong> Ärztliche Direktordes BUKH Prof. Dr. Christian Jürgens. Auswissenschaftlichen Erkenntnissen zurRettungslogistik, -technik und -medizinsoll in einem dreijährigen Projekt mit För<strong>der</strong>ung<strong>der</strong> Berufsgenossenschaft Handelund Warendistribution (BGHW) ein innovativesRettungskettenkonzept erarbeitetwerden. Finanzierbarkeit, Wirtschaftlichkeit,Realisierbarkeit und die Sicherheitdes Systems werden dabei berücksichtigt.Die BGHW erhofft sich davon auch Verbesserungenfür den Arbeitsschutz an diesennoch recht neuen Arbeitsplätzen. Dabeigeht es nicht nur um die Arbeiterinnenund Arbeiter auf den Windrä<strong>der</strong>n, son<strong>der</strong>nauch um die, die unter Wasser imTaucheinsatz sind. Dem Projektteam gehörenneben Fachleuten <strong>der</strong> Notfall-, Rettungs-und Unfallmedizin auch solche ausden Disziplinen Biomechanik, Meereswissenschaft,Physik, Ingenieurwesen undJura sowie <strong>der</strong> Berufsgenossenschaftenan. Sie arbeiten in Kooperation mit an<strong>der</strong>enauch an einer maritimen Sicherheitspartnerschaftfür Offshore-Windparks.O-Arm für alleKliniken im <strong>KUV</strong>Die BG Unfallklinik Murnau setzt im OPzunehmend auf den O-Arm statt auf denbisher üblichen C-Bogen. „Im Bereich <strong>der</strong>Operationssaal-Technik sind wir die Klinikmit <strong>der</strong> meisten Erfahrung beim Einsatzvon sogenannten O-Armen“, sagtProf. Dr. Volker Bühren, Ärztlicher Leiter<strong>der</strong> BGU Murnau. Der O-Arm ermöglichtSchnittbil<strong>der</strong> von Körperregionen, die mitdem herkömmlichen C-Bogen mitunterschwer erreichbar sind. Im OP hat er sichlaut Professor Bühren beson<strong>der</strong>s bei Eingriffenan <strong>der</strong> oberen Halswirbelsäule o<strong>der</strong>Forschungspreis fürBrandwundenbehandlungin BochumWie gezielte Stoßwellenbehandlung dieWundheilung bei großflächigen Verbrennungenverbessern kann, hat Dr. Ole Goertzvom BG Universitätsklinikum BergmannsheilBochum untersucht. Für seine Forschungsarbeitwurde <strong>der</strong> Oberarzt <strong>der</strong>Klinik für Plastische Chirurgie und Schwerbrandverletztejetzt mit dem „Cicatrix Studienpreis2012“ ausgezeichnet. Der Preiszählt mit einem Preisgeld von 10.000 Eurozu den höchstdotierten Auszeichnungenin <strong>der</strong> Plastischen Chirurgie.Großflächige Wunden bei Verbrennungensind kritisch, weil sie zu Wundinfektionenund schlimmstenfalls zu einerBlutvergiftung führen können. Die Stoßwellenbehandlungscheint ein neuer Wegzu sein, den Heilungsprozess solcherWunden zu beschleunigen. Darauf deutenerste experimentelle Studien des„Bergmannsheils“ hin. Die Forschergruppebeobachtete Verbesserungen bei einigenParametern, die für die Wundheilungentscheidend sind. „Mittelfristig wäre zuprüfen, ob unsere Annahmen auch imRahmen klinischer Patientenstudienstandhalten“, so Goertz. Die Stoßwellentherapieist in <strong>der</strong> Medizin bereits etabliert.Sie wird zum Beispiel zum Zertrümmernvon Nierensteinen und bei schlechtheilenden Knochenbrüchen eingesetzt.


34 <strong>EINS</strong> | Miteinan<strong>der</strong> mehr erreichenBerichtDIE DGU-TRAUMANETZWERKE –EINE ERFOLGSSTORYDer <strong>KUV</strong> wirkt maßgeblich an <strong>der</strong>Entwicklung und Weiterentwicklung<strong>der</strong> Traumanetzwerke <strong>der</strong> DeutschenGesellschaft für Unfallchirurgie mit.Auch die Deutsche Gesetzliche Unfallversicherungtreibt die Netzwerkbildungvoran.Als „Erfolgsstory“ bezeichnet Prof. Dr. Reinhard Hoffmann,Präsident <strong>der</strong> Deutschen Gesellschaft für Unfallchirurgie(DGU) und Ärztlicher Direktor <strong>der</strong> BG Unfallklinik Frankfurtam Main die DGU-Traumanetzwerke. 38 zertifizierte Traumanetzwerkemit 521 zertifizierten Kliniken zählte die medizinischeFachgesellschaft im Februar 2013. Eines <strong>der</strong> jüngstenist das Traumanetzwerk „Sachsen-Anhalt Süd“. Es wurdeim Dezember 2012 zertifiziert. Insgesamt 13 Kliniken sinddort organisiert.Mit <strong>der</strong> Zertifizierung dieses Traumanetzwerkes sindjetzt alle Kliniken im <strong>KUV</strong> als überregionale Versorgungszentrenin ein Traumnetzwerk eingebunden. Maßgeblichen Anteilan <strong>der</strong> Zertifizierung des Netzwerks in Sachsen-Anhalt hattendie BG Kliniken Bergmannstrost Halle. Sie haben dienotwendigen Kurse für die Fortbildung <strong>der</strong> Mitarbeiterinnenund Mitarbeiter aus an<strong>der</strong>en Kliniken angeboten.VERSORGUNGFUNKTIONIERT BESSER„Die Verbundkliniken spielen in ihren jeweiligen Traumanetzenin <strong>der</strong> Regel eine wichtige Rolle, auch in <strong>der</strong> Mo<strong>der</strong>ation,Weiterbildung und Vernetzung mit an<strong>der</strong>en Kliniken“, sagtHoffmann. Die DGU hat inzwischen nachgewiesen, dass dieNetzwerke die Versorgung Schwerverletzter verbessern. Sie gewährleistenunter an<strong>der</strong>em, dass Schwerverletzte innerhalbvon 30 Minuten in eine passende Klinik gebracht und sofortweiterbehandelt werden, wie die DGU anlässlich <strong>der</strong> Vorlagedes neuen Weißbuches mitteilte.Das Weißbuch bildet praktisch die wissenschaftliche Basisdes dreigliedrigen Systems <strong>der</strong> Traumanetzwerke mit ihren lokalen,regionalen und überregionalen Zentren. In <strong>der</strong> 2012 erschienenenzweiten Auflage liegt <strong>der</strong> Fokus darauf, dass die Rehabilitationfrühzeitig einsetzen muss. Ziel ist es laut DGU „dienoch deutlich vorhandenen Defizite in <strong>der</strong> funktionellen undpsychischen Wie<strong>der</strong>herstellung <strong>der</strong> Verunfallten“ zu verbessern.


<strong>EINS</strong> | Miteinan<strong>der</strong> mehr erreichen 35NETZWERKSTRUKTURENMACHEN SCHULEDie dreigliedrige Struktur <strong>der</strong> Traumanetzwerke spiegelt sichseit 2012 auch in <strong>der</strong> Struktur des neuen stationären Heilverfahrens<strong>der</strong> DGUV. Wie für die Zentren <strong>der</strong> Traumanetzwerkewerden auch für die verschiedenen Versorgungsstufen in <strong>der</strong>Unfallversicherung unterschiedliche personelle, apparativeund strukturelle Voraussetzungen gefor<strong>der</strong>t. „Hier gibt eseinen engen logischen Zusammenhang“, sagt Prof. Dr. VolkerBühren, Ärztlicher Direktor <strong>der</strong> BG Unfallklinik Murnau undMo<strong>der</strong>ator <strong>der</strong> DGU-Traumanetzwerke in Bayern.Gab es in <strong>der</strong> Unfallversicherung bislang nur das D-Arzt-Verfahren (DAV) und das Verletzungsartenverfahren (VAV), soist nun das Schwerverletzungsartenverfahren (SAV) neu hinzugekommen,das quasi den überregionalen Zentren <strong>der</strong> Traumanetzwerkeentspricht. Es stellt deutlich höhere Anfor<strong>der</strong>ungenan die Präsenz und Verfügbarkeit von Fächern außerhalb <strong>der</strong>Unfallchirurgie, aber auch an die apparative Ausstattung. So istfür das SAV unter an<strong>der</strong>em eine neurochirurgische Vollabteilungam Standort des Krankenhauses gefor<strong>der</strong>t, während für dieVersorgungsstufe VAV ein neurochirurgischer Kooperationspartnergenügt. Zudem müssen Krankenhäuser, die am SAVteilnehmen wollen, zwei betriebsbereite OP-Säle vorhalten.REHA RÜCKT INS BLICKFELD„Ganz wesentlich neu ist, dass die Rehabilitation und dieOrganisation <strong>der</strong> Reha mit eingeschlossen sind“, sagt ProfessorBühren. Das SAV for<strong>der</strong>t ausdrücklich, dass ein Reha-Management für die Unfallversicherten eingeleitet wird. Esmuss immer eine Oberärztin o<strong>der</strong> ein Oberarzt mit Weisungskompetenzfür Reha-Maßnahmen verfügbar sein und eineKooperation mit <strong>der</strong> Reha-Medizin bestehen. Professor Bührenspricht in diesem Zusammenhang von einem Paradigmenwechsel:„Bis zum Jahr 2000 zählte das Überleben, seitdemrückt die Lebensqualität immer mehr in den Vor<strong>der</strong>grund.“Von dieser Neuordnung des Heilverfahrens könne auchdie Struktur <strong>der</strong> Traumanetzwerke profitieren, meint ProfessorBühren. „Ich denke, dass die Neuordnung <strong>der</strong> Heilverfahrendiese Netzwerkstruktur sehr stärkt. Die DGU beleuchtet das von<strong>der</strong> wissenschaftlichen Seite und das neue Verletzungsartenverfahren<strong>der</strong> DGUV trägt nun auf Basis des Siebten BuchesSozialgesetzbuch die gesetzliche Grundlage dazu bei“, sagt er.TELEMEDIZIN SCHAFFTFORTSCHRITTProfessor Hoffmann hält es für beson<strong>der</strong>s zukunftsweisend, dassin den Traumanetzen zunehmend die Teleradiologie etabliertwird. So sind ortsübergreifende Fallkonferenzen und <strong>der</strong> Austauschvon Bil<strong>der</strong>n problemlos möglich. Der Ärztliche Direktor<strong>der</strong> BG Unfallklinik Frankfurt würde es begrüßen, wenn dieDGUV diesen Standard auch für den Datenaustausch zwischenHäusern <strong>der</strong> Versorgungsstufen SAV und VAV för<strong>der</strong>t. „Es wäregünstig, wenn die DGUV die teleradiologische Vernetzung zwischenSAV- und VAV-Kliniken im Sinne einer Qualitätssicherungunterstützt. Ich bin überzeugt, dass <strong>der</strong> elektronische Datenaustauschim <strong>Klinikverbund</strong> immer wichtiger wird“, sagt er.Zudem plädiert Hoffmann für einen Schulterschlusszwischen DGUV und DGU im Bereich <strong>der</strong> Versorgungsdaten.„Das würde im Bereich <strong>der</strong> Schwerverletztenversorgung eineeinzigartige Möglichkeit für Versorgungsforschung öffnen“,sagt Hoffmann. Das DGU-Traumaregister einerseits und dieStatistiken <strong>der</strong> DGUV an<strong>der</strong>erseits ergäben zusammen eineDatenquelle von großem Wert für die Versorgungswissenschaftenund die Versorgungspolitik.


36 <strong>EINS</strong> | Miteinan<strong>der</strong> mehr erreichen


<strong>EINS</strong> | Miteinan<strong>der</strong> mehr erreichen 37BerichtRUNDUM-VERSORGUNG AUSEINER HANDDeutschland hat ein hervorragendes Gesundheitssystem.Doch es knirscht an den Schnittstellen.Das beklagen Fachleute seit Jahren. Dabei ist klar:Patientinnen und Patienten profitieren von vernetzterVersorgung. Die Kliniken <strong>der</strong> Unfallversicherungzeigen, wie es geht.


38 <strong>EINS</strong> | Miteinan<strong>der</strong> mehr erreichenAn den Schnittstellen <strong>der</strong> Gesundheitsversorgung knirschtes laut und deutlich. Das Paradebeispiel: Eine Patientin o<strong>der</strong>ein Patient wird ohne Medikamente am Freitagnachmittagaus dem Krankenhaus nach Hause geschickt. We<strong>der</strong> Hausarztnoch Pflegedienst sind erreichbar o<strong>der</strong> vorher informiert.Der Patient muss zwei Tage lang sehen, wie er zurechtkommt.Im schlimmsten Fall ruft er wegen seinerSchmerzen den Notdienst.Das ist nicht nur für den betroffenen Patienten allesan<strong>der</strong>e als gut. Es schadet auch dem Gesamtsystem. Der Heilungsprozessverzögert sich. Zusätzliche Kosten entstehen,im Gesundheitssystem und darüber hinaus. Denn bis <strong>der</strong>Patient wie<strong>der</strong> arbeiten kann, vergeht mehr Zeit als nötig.Sachverständige for<strong>der</strong>nSchnittstellenmanagement„IN DER BERUFSGENOS-SENSCHAFTLICHENVERSORGUNG KÖNNENPATIENTEN ZEITLICHNAHEZU UNBEGRENZTUND ÜBER SEKTORENHINWEG BETREUTWERDEN.“Prof. Dr. Ernst Hai<strong>der</strong>, Geschäftsführerdes Unfallkrankenhauses BerlinLei<strong>der</strong> sind solche und ähnliche Fälle nicht die Ausnahme,son<strong>der</strong>n eher die Regel in <strong>der</strong> Versorgung im Rahmen <strong>der</strong> <strong>gesetzlichen</strong>Krankenversicherung. Und das Knirschen wirdimmer lauter. Das stellt auch <strong>der</strong> Sachverständigenrat für dasGesundheitswesen in seinem Son<strong>der</strong>gutachten 2012 fest. SeineDiagnose: „Durch die strukturellen Verän<strong>der</strong>ungen in <strong>der</strong> Krankenhausversorgungebenso wie durch die demografische Entwicklungund den damit einhergehenden Wandel <strong>der</strong> Patientenstruktursind an dieser Schnittstelle neue Probleme undHerausfor<strong>der</strong>ungen entstanden.“ Patienten haben beim Verlassendes Krankenhauses einen höheren Weiterversorgungsbedarfals früher. Das Durchschnittsalter steigt. „Die Vorbereitung<strong>der</strong> Anschlussversorgung ist daher oftmals aufwändigund anspruchsvoll. Zugleich haben sich die dafür zur Verfügungstehenden zeitlichen Spielräume verringert“, so die Ge-


<strong>EINS</strong> | Miteinan<strong>der</strong> mehr erreichen 39sundheitssachverständigen. Als Therapie verordnen sie umfassendesSchnittstellenmanagement, in dem Arzt, Pflegeund Sozialarbeit zusammenwirken. Dabei konzentrieren sichdie Fachleute auf die Schnittstelle zwischen Krankenhäusernund ambulanter Versorgung durch Arztpraxen und medizinischeVersorgungszentren. Von Physiotherapie, Rehabilitationund psychosozialer Betreuung ist hier noch keine Rede.Fallmanagement koordiniertdie VersorgungGlück im Unglück hat, wer aufgrund eines Arbeitsunfalls o<strong>der</strong>einer Berufskrankheit im <strong>Klinikverbund</strong> behandelt wird. Denner erfährt meist eine vorbildliche Versorgung aus einer Hand.Von <strong>der</strong> Akutversorgung bis zur Wie<strong>der</strong>einglie<strong>der</strong>ung in denBeruf wird die gesamte Versorgungskette koordiniert. Weil<strong>der</strong> <strong>Klinikverbund</strong> alles aus einer Hand anbietet, können vieleBehandlungsschritte miteinan<strong>der</strong> verknüpft werden, die in<strong>der</strong> <strong>gesetzlichen</strong> Krankenversicherung in getrennter Verantwortungnacheinan<strong>der</strong> kommen. So können Unfallversicherteauch lange nach ihrer Entlassung zu Sprechstunden in dieKliniken des Verbundes kommen, um Spätfolgen mit den vertrautenPersonen zu besprechen. Zudem beginnt die Rehameist direkt mit <strong>der</strong> Akutversorgung. PhysiotherapeutischesPersonal ist oft schon am Tag nach einer Operation beimPatienten. Das beschleunigt den Heilungsverlauf enorm. Auchfür frühzeitige psychosoziale Betreuung ist gesorgt. Das istvor allem dann wichtig, wenn ein Berufsunfall das Leben einschneidendverän<strong>der</strong>t.In solchen Fällen und bei beson<strong>der</strong>em Hilfebedarfunterstützt zusätzlich <strong>der</strong> persönliche Reha-Manager <strong>der</strong> Berufsgenossenschaftden Patienten dabei, zurück in seinenAlltag zu finden. Er nimmt meist schon im Krankenhaus Kontaktzu dem Patienten auf und bespricht mit ihm die Schrittevon <strong>der</strong> Krankenhausentlassung bis zum beruflichen Wie<strong>der</strong>einstieg.Das geht weit über Medizin und Reha hinaus. Wennnötig, veranlasst er zum Beispiel, dass ein Auto so umgebautwird, dass ein Querschnittgelähmter damit zum Büro fahrenkann, und kümmert sich auch um die entsprechende Gestaltungdes Arbeitsplatzes.Dieses umfassende Fallmanagement hat die gesetzlicheKrankenversicherung (GKV) inzwischen im Rahmen von sogenanntenintegrierten Versorgungsangeboten stellenweiseübernommen. In <strong>der</strong> Regelversorgung <strong>der</strong> GKV ist eine solchekoordinierte Behandlung jedoch noch Wunschtraum. DieKliniken <strong>der</strong> Unfallversicherung arbeiten dagegen schon weiteran <strong>der</strong> Optimierung ihrer vernetzten Strukturen. Sie wollenGKV-Versicherten die gleiche umfassende Versorgung bietenwie ihren BG-Versicherten. Dazu rücken sie vielerortsenger mit Arztpraxen Nie<strong>der</strong>gelassener zusammen, wie es <strong>der</strong>Sachverständigenrat for<strong>der</strong>t.<strong>Klinikverbund</strong> rückt mitNie<strong>der</strong>gelassenen zusammenAls „Brücke in den ambulanten Sektor“ betrachtet Prof. Dr.Ernst Hai<strong>der</strong>, Geschäftsführer des Unfallkrankenhauses Berlin(ukb), das Gesundheitszentrum, das seit 2012 am ukb entsteht.„In <strong>der</strong> berufsgenossenschaftlichen Versorgung könnenPatienten zeitlich nahezu unbegrenzt und über Sektorenhinweg betreut werden. Diese Möglichkeit gibt es in <strong>der</strong> <strong>gesetzlichen</strong>Krankenversicherung nicht. Das ist aus Patientensichtteilweise problematisch. Sie verstehen das nicht und fühlensich alleingelassen“, sagt Hai<strong>der</strong>. Er hofft daher, dass dieZusammenarbeit mit den nie<strong>der</strong>gelassenen Ärztinnen undÄrzten im Gesundheitszentrum Hürden auf den Behandlungspfaden<strong>der</strong> GKV-Versicherten abbaut.Der symbolische erste Spatenstich zu dem 30-Millionen-Euro-Projekt mit zwei Gebäudeteilen auf 10.000 QuadratmeternGrundfläche erfolgte am 7. September 2012. Die Eröffnung<strong>der</strong> Gebäude ist für das Jahr 2014 geplant. In dem L-förmigenGebäude für das Gesundheitszentrum sollen 40 Arztpraxen auf


40 <strong>EINS</strong> | Miteinan<strong>der</strong> mehr erreichenfünf Etagen unterkommen. Eine große Fläche ist für ambulantePhysiotherapie vorgesehen. Das ukb will in dem Gesundheitszentrumein eigenes medizinisches Versorgungszentrumbetreiben. Doch auch Arztpraxen sollen sich einmieten. Esgibt bereits zahlreiche Mieter und Interessenten.„Wir versuchen das komplette Facharztspektrum inseiner ganzen Breite abzubilden. Dabei können manche Fachrichtungenauch doppelt vorhanden sein, ohne dass sie sichKonkurrenz machen. Der Bedarf ist hier vor Ort gegeben“, sagtCornelia Iken, Leiterin Strategie und Organisation des ukb.Der Fokus liege auf dem berufsgenossenschaftlichen Auftrag,doch auch <strong>der</strong> Versorgungsauftrag für den Berliner BezirkMarzahn spiele eine Rolle. „Wir wollen hier am Standort <strong>der</strong>Gesundheitsanbieter schlechthin sein und komplett von ambulantüber stationär bis Reha alles anbieten“, so Iken.Angestrebt ist ein reger Austausch zwischen den Ärztinnenund Ärzten aus Praxis, Medizinischem Versorgungszentrum(MVZ) und Klinik bei <strong>der</strong> gemeinsamen Patientenbehandlung,sodass die Nie<strong>der</strong>gelassenen genau wissen, welcheUnterlagen ihre Patientinnen und Patienten für den Klinikaufenthaltbrauchen. Mehrfachuntersuchungen können dannvermieden werden. Auch bei <strong>der</strong> Entlassung aus dem Krankenhaussoll eine enge Abstimmung mit den nachbehandelndenKolleginnen und Kollegen erfolgen, damit es nicht zueinem Bruch in <strong>der</strong> Behandlung kommt. Synergien will dasukb zudem erschließen, indem es den Nie<strong>der</strong>gelassenenzum Beispiel die Nutzung <strong>der</strong> Krankenhaus-Sterilisation o<strong>der</strong>Laborleistungen anbietet.Verbundkliniken bauen dieVersorgungskette ausAuch die BG Unfallklinik Frankfurt am Main sucht die sektorübergreifendeZusammenarbeit – und zwar nicht nur in <strong>der</strong>Akutmedizin, son<strong>der</strong>n auch in <strong>der</strong> Reha. Dazu hat sie dieMAIN.BGMED ins Leben gerufen. Unter dieser Dachmarke sindalle ambulanten Angebote <strong>der</strong> BGU Frankfurt zusammengefasst.Das sind bislang das Medizinische Versorgungszen trummit fünf Kassenärztinnen und -ärzten als 100-prozentige Tochter<strong>der</strong> BGU und das ambulante Rehazentrum, bei dem dieBGU einen Managementpartner mit 49 Prozent beteiligt hat.Die Rehaklinik und das MVZ sollen im Sommer 2014 indas neue Gesundheitszentrum umziehen, das die BGU Frankfurtseit Herbst 2012 für 13 Millionen Euro baut. Zusammenwerden sie rund 2.000 Quadratmeter in <strong>der</strong> ersten und zweitenEtage des dreigeschossigen Baus belegen. Im Erdgeschosswerden weitere 1.000 Quadratmeter an Arztpraxen und Gesundheitsdienstleistervermietet. Der Vermietungsstand ist ausgezeichnet.Ein Neurologe, ein Psychologe, ein Unfallchirurg mitD-Arzt-Zulassung und ein Kardiologe haben bereits Praxisräumereserviert. Bewusst setzt die BGU Frankfurt auf die Zusammenarbeitmit diesen Fachgruppen, weil sie einen wichtigenBaustein für die Rundumversorgung <strong>der</strong> Patienten bilden.Das Rehazentrum ist erst im Juli 2012 gestartet undjetzt schon voll ausgelastet. „Wir mussten bisher einige Patientinnenund Patienten nach <strong>der</strong> stationären Reha wegschicken.Dem wollten wir mit dem Ausbau des letzten Elements in <strong>der</strong>Versorgungs- und Wertschöpfungskette entgegenwirken undvor allem den Unfallversicherungsträgern ein umfassendes Leistungsangebotbieten“, sagt Dr. Uwe Kage, KaufmännischerGeschäftsführer <strong>der</strong> BGU Frankfurt. Mit 20 Mitarbeiterinnenund Mitarbeitern und einer Million Euro Umsatz 2012 ist dasambulante Rehazentrum auf klarem Expansionskurs. Die Strategiehinter dem neuen Geschäftszweig: „Es war unser Ziel,eine integrierte Versorgungskette anzubieten, damit <strong>der</strong> Patientdie gesamte Behandlung aus einer Hand hat“, so Dr. Kage.Der Vorteil aus Patientensicht ist, dass bei <strong>der</strong> integrierten ambulantenReha die medizinische Vorgeschichte deutlich besserberücksichtigt werden kann als bei einem externen Anbieter.


<strong>EINS</strong> | Miteinan<strong>der</strong> mehr erreichen 41„Die Rückkopplung zwischen ambulantem Therapeuten undbehandelnden Klinikärzten ist eng, was den Unfallversicherungsträgernbeson<strong>der</strong>s wichtig ist“, sagt Kage. Der Patientlernt seinen ambulanten Therapeuten schon beim Klinikaufenthaltkennen und wird bis in den Arbeitsalltag hinein von ihmbegleitet. Denn geplant ist, dass die ambulante Reha, wie bei<strong>der</strong> arbeitsplatzbezogenen Reha üblich, auch Arbeitsplatzanalysendurchführt. Auf dieser Basis werden individuelle Trainingsangeboteentwickelt – übrigens zukünftig auch für dieMitarbeiterinnen und Mitarbeiter <strong>der</strong> BGU Frankfurt selbst.Bedeutung <strong>der</strong> Reha wächstDas Vorzeigemodell <strong>der</strong> berufsorientierten Reha in Deutschlandist und bleibt aber das B.O.R-Reha-Zentrum <strong>der</strong> BG UnfallklinikDuisburg. Nirgends sonst werden so viele realitätsgetreueTrainingsmöglichkeiten für den Wie<strong>der</strong>einstieg in den Jobgeboten. Brummifahrer und Logistiker finden dort zum Beispieleinen halben LKW mit Ladefläche, an dem sie alle Bewegungsabläufeüben können. Die Kassiererin setzt sich zumTraining an die Supermarktkasse mit Laufband. Dachdeckerund Zimmermänner probieren sich am Übungsdach aus. Sowird die funktionelle Leistungsfähigkeit des Patienten gleichzeitiggesteigert und geprüft. Auch lässt sich so ermitteln,welche Therapiemaßnahmen noch nötig sind, damit <strong>der</strong> Patientseinen alten Beruf wie<strong>der</strong> ausüben kann. „Die berufsorientierteReha ist ungeheuer wichtig, denn sie bringt eine hohe Quotean Berufsrückkehrern“,sagt Friedhelm Bohla, Geschäftsführerdes B.O.R-Reha-Zentrums.Auch im Rahmen <strong>der</strong> berufsgenossenschaftlichen Heilverfahrenwächst <strong>der</strong> Stellenwert <strong>der</strong> berufsorientierten Reha und<strong>der</strong> Reha im Allgemeinen zusehends. Dabei überwindet <strong>der</strong><strong>Klinikverbund</strong> die Trennung in ambulant und stationär indiesem Bereich schon durch die baulichen Voraussetzungen.Unter an<strong>der</strong>em ist an <strong>der</strong> BG Klinik Ludwigshafen ein großesRehazentrum geplant. Ab 2014 sollen auf vier Ebenen mit10.000 Quadratmetern Nutzfläche insgesamt 150 Betten fürBG- und GKV-Patientinnen und -Patienten und ein ambulantesTherapiezentrum entstehen. „Die Vorteile liegen auf<strong>der</strong> Hand“, sagt Prof. Dr. Paul A. Grützner, Ärztlicher Direktor<strong>der</strong> BGU Ludwigshafen. Der akutstationäre Bereich werdeso mit qualifizierter Reha eng verknüpft. Zusätzliche Synergieeffekteergäben sich durch die unmittelbare Nähe zum GesundheitszentrumRhein-Neckar.Das Gesundheitszentrum hat die BGU Ludwigshafen bereits2010 eröffnet. Betrieben wird das OP-Zentrum von vier nie<strong>der</strong>gelassenenÄrztinnen und Ärzten als Praxisklinik. Es kannvon <strong>der</strong> BGU selbst genauso wie von Mietern des Gesundheitszentrumso<strong>der</strong> extern Nie<strong>der</strong>gelassenen genutzt werden.Dieses ambulante Angebot sichert wie an<strong>der</strong>e Versorgungskooperationendes <strong>Klinikverbund</strong>es den Patienten eineRundumversorgung, bei <strong>der</strong> es nicht knirscht. Ohne Reibungsverlusteversorgen <strong>der</strong> <strong>Klinikverbund</strong> und seine Partner ihreBG-Patientinnen und -Patienten. Auch gesetzlich Krankenversicherteprofitieren von den Angeboten aus einer Hand.


<strong>EINS</strong> | Voneinan<strong>der</strong> lernen 43BerichtSAUBERE HÄNDE,KLARER KOPFImmer wie<strong>der</strong> sorgen Fälle von Infektionen und resistentenErregern in Krankenhäusern für Aufsehen in den Medien.Dabei steigen die Zahlen seit Jahren nicht mehr. Was an den<strong>KUV</strong>-Kliniken für eine perfekte Hygiene getan wird, zeigt<strong>der</strong> folgende Bericht.Wenn es in einem Krankenhaus zu einerschweren Infektion kommt, ist Aufregungvorprogrammiert. Beson<strong>der</strong>s besorgtreagiert die Öffentlichkeit, wenn Antibiotikanicht mehr anschlagen. Dann gehtschnell das hässliche Wort von den resistenten„Krankenhauskeimen“ um – unddas sogar dann, wenn <strong>der</strong> Grund <strong>der</strong> Infektionweit außerhalb des Krankenhausesliegt. Doch 20 bis 30 Prozent dieserInfektionen könnten laut Expertenmeinungvermieden werden.Grund genug, sich dieses wichtigenThemas anzunehmen. Auch die Politikhat mit <strong>der</strong> jüngst in Kraft getretenenNovelle des Infektionsschutzgesetzes reagiert.Wie erfolgreich <strong>der</strong> Kampf gegendie Krankenhausinfektionen ausgeht,hängt aber letzten Endes von den Krankenhäusernselbst ab. Der <strong>KUV</strong> kann hierauf ein breites Engagement verweisen.PRAKTISCHEUMSETZUNGVielfach beklagen Krankenhäuser Personalmangelals Hürde bei <strong>der</strong> Umsetzung<strong>der</strong> neuen <strong>gesetzlichen</strong> Vorgaben.Die Krankenhaushygiene des BG UniversitätsklinikumsBergmannsheil Bochumhat gehandelt und 2012 ein neues Schulungskonzepteingeführt, um Pflegefachkräftezu sogenannten Hygienebeauftragtenentsprechend den <strong>gesetzlichen</strong>Anfor<strong>der</strong>ungen weiterzubilden. DasThemenspektrum <strong>der</strong> 40-stündigen Basisschulungreicht von normativenHygieneregeln über Maßnahmen zurInfektionsprophylaxe bis zu organisatorischen,baulichen und technischenAnfor<strong>der</strong>ungen an die Krankenhaushygiene.Die ersten elf Teilnehmer habendie Fortbildung Ende 2012 erfolgreichabgeschlossen. Sie unterstützennun die hauptamtlichen Hygienefachkräfte<strong>der</strong> Klinik bei <strong>der</strong> Überwachungund Durchführung <strong>der</strong> nötigen Hygienestandards,sind in ihren Teams Ansprechpartnerin Hygienefragen, wirkenaber auch in übergreifenden Qualitätszirkelnund Arbeitsgruppen mit, umdie betrieblichen Hygienestandards weiterzuentwickeln.Noch 2013 soll es inBochum auf je<strong>der</strong> Station und in jedemFunktionsbereich eine pflegerischeHygienebeauftragte bzw. einen pflegerischenHygienebeauftragten geben, dieo<strong>der</strong> <strong>der</strong> nach dem neuen Curriculumgeschult wurde. „Wir freuen uns, dasswir damit sehr zeitnah die neuen Anfor<strong>der</strong>ungenerfüllen“, so PflegedirektorPeter Fels.SYSTEMATISCHEERFASSUNGEin Qualitätssiegel für den Umgang mitMRSA und an<strong>der</strong>en antibiotikaresistentenErregern hat das UnfallkrankenhausBerlin erhalten. Aber was kann ein Krankenhausgegen diese tückischen Erregertun, gegen die nur wenige wirksame Mittelexistieren? „Das Erste ist, sich Klarheitzu verschaffen“, sagt Therese Köln,leitende Hygienefachkraft am ukb. „Risikopatientenwerden bei <strong>der</strong> Aufnahmesystematisch auf MRSA untersucht.“Ein Schnelltest verschafft in an<strong>der</strong>thalbStunden Gewissheit. Zu Risikopatientenzählen etwa solche, die in den vergangenenzwölf Monaten schon einmal in einemKrankenhaus zur Behandlung waren.Fällt <strong>der</strong> Test positiv aus, wird <strong>der</strong>Patient isoliert und einer Behandlung miteiner Nasensalbe und speziellen antiseptischenWaschungen unterzogen.Dabei ist das ukb nicht auf sich al -lein gestellt. Die Erfassung von Infek tionenwird im sogenannten Krankenhaus-Infektions-Surveillance-System (KISS)


44 <strong>EINS</strong> | Voneinan<strong>der</strong> lernenkoordiniert, das vom Nationalen Referenzzentrum(NRZ) des Robert-Koch-Institutsbetreut wird. Das System wurde bereitsEnde <strong>der</strong> 90er-Jahre entwickelt. Inzwischenhat sich gezeigt, dass seit 17 Jahrendie Häufigkeit nosokomialer Infektionennicht weiter gestiegen ist, trotz zunehmen<strong>der</strong>invasiver Fortschritte und einersteigenden Zahl von Risikopatienten.GEFAHR DURCH GRAM-NEGATIVE ERREGERAuch die BG Unfallklinik Duisburg nimmtseit 2004 an mehreren KISS-Modulen teil.Die sogenannte Surveillance, also die Erfassung<strong>der</strong> Infektionen, ist die Basis füreinen Vergleich, zum Beispiel mit an<strong>der</strong>enKliniken o<strong>der</strong> im Zeitverlauf. „Benchmarkingist ein in <strong>der</strong> Wirtschaft etabliertesVerfahren. Der große Vorteil am KISSist, dass es ein validiertes Verfahren ist“,so Hygienefachkraft und GesundheitsmanagerinUte Storm von <strong>der</strong> BGU Duisburg.Doch während die Technik Fortschrittemacht und das Klinikpersonalimmer weiter dazulernt, entwickelnsich auch die Gefahren weiter. Inzwischengilt den MRSA gar nicht mehrunbedingt die größte Sorge. „Schlimmerist, dass die sogenannten gramnegativenErreger in letzter Zeit zunehmen“,sagt Storm. „Gegen diese gibtes so gut wie gar keine wirksamen Antibiotikamehr.“ Kliniken können gegendiese heimtückischen Erreger kaum etwastun. „Lei<strong>der</strong> treten diese Resistenzenimmer wie<strong>der</strong> bei Überführungen ausKrankenhäusern aus dem Ausland auf –vor allem aus Südeuropa o<strong>der</strong> <strong>der</strong> Türkei“,so Storm. Hier stehen die Krankenhäuseram Ende einer Kette, auf diesie nur wenig Einfluss haben. „DasGrundproblem ist <strong>der</strong> Antibiotika-Missbrauchin vielen Län<strong>der</strong>n, wo sie oftschon wegen Kleinigkeiten verschriebenwerden o<strong>der</strong> sogar ganz frei in <strong>der</strong> Drogerieerhältlich sind“, so Storm.BRANDWUNDENIM FOKUSSehr viel mehr Handlungsmöglichkeitenhaben Kliniken bei <strong>der</strong> Vermeidungvon Infektionen in den Krankenhäusernselbst. Die BGU Duisburg hat sich hiervor allem dem Thema Brandwunden gewidmet.Brandverletzte sind beson<strong>der</strong>sanfällig für Infektionen. Ein Fokus liegtauf Infektionen <strong>der</strong> Atemwege. An denStandorten Duisburg und Hamburg des<strong>Klinikverbund</strong>es werden inzwischenversuchsweise Mundhygiene-Sets ohneWasser mit dem Wirkstoff Chlorhexidingenutzt. So sollen Infektionsrisiken durchWasser reduziert werden.Seit 2010 koordiniert Ute Stormein spezielles Projekt zum Benchmarking„Händehygieneist das A und O.“Therese Köln, leitende Hygienefachkraftam Unfallkrankenhaus Berlin<strong>der</strong> Infektionen bei Schwerbrandverletztenim <strong>Klinikverbund</strong>. Daraus sollenHandlungsempfehlungen abgeleitetwerden. Denn an<strong>der</strong>s als bei an<strong>der</strong>enInfektionen gibt es bei Brandwundenbislang noch keine internationalen Behandlungsstandards.Um Fortschrittezu erzielen, muss auch hier erst einmalKlarheit geschaffen werden, denn beiBrandwunden lässt sich beson<strong>der</strong>s schwersagen, ob eine Infektion die direkte Folge<strong>der</strong> Verletzung ist.ZENTRALEHÄNDEHYGIENEDie größte Wirkung gegen vermeidbareInfektionen hat, da sind sich Fachleuteeinig, jedoch eine ganz einfache, scheinbarbanale Sache: die Händehygiene.Wohl mit nichts an<strong>der</strong>em lassen sich inKliniken Menschenleben so einfach undmit so wenig Kosten retten, wie mit sauberenHänden. „Händehygiene ist dasA und O“, sagt daher Therese Köln, leitendeHygienefachkraft am ukb. Das Personalwurde geschult und gezielt daraufangesprochen. „In diesem Jahr liegt <strong>der</strong>Schwerpunkt auch bei den Besuchern“,sagt Köln. Diese seien oft viel zu wenigsensibilisiert. „Hier kann man mit rechtwenig Aufwand viel erreichen.“In Krankenhäusern kommt eszu vielen Kontakten. Einen beson<strong>der</strong>sstark ausgeprägten Bedarf an Hilfestellungendurch das Personal habenquerschnittgelähmte Patienten. AmZentrum für Rückenmarkverletzte imukb wird das Thema Hygiene darumbeson<strong>der</strong>s hoch gehängt.Auch dem Reinigungspersonalkommt dabei eine wichtige Rolle zu. SeineGründlichkeit ist letztlich die Voraussetzungfür die Sauberkeit in <strong>der</strong> Klinik.Von <strong>der</strong> Perfektion, mit <strong>der</strong> medizinischeGeräte nach einem ausgeklügeltenVerfahren sterilisiert werden, ist garnicht zu reden. Perfekte Sterilisation istohnehin Standard.


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„Solange die Politik Geld vorQualität setzt, ist Qualitätssicherungein Ru<strong>der</strong>n gegen den Strom.Es lohnt sich trotzdem.“Dr. Günther Jonitz, Vorsitzen<strong>der</strong> <strong>der</strong> Qualitätssicherungsgremien<strong>der</strong> Bundesärztekammerund Ärztekammerpräsident in Berlin


48 <strong>EINS</strong> | Voneinan<strong>der</strong> lernenMeldungen<strong>KUV</strong> erarbeitet spezifischeQualitätskennzahlenMurnau entwickelteigenes Reha-ZertifikatBad Reichenhallkomplett neu zertifiziertDer <strong>KUV</strong> arbeitet auf eine spezifischeWeiterentwicklung von Qualitätskennzahlenhin. Denn allgemeine QM-Systemesind selten in <strong>der</strong> Lage die spezielle Fachexpertisedes <strong>Klinikverbund</strong>es bei <strong>der</strong>Schwerverletztenversorgung bis in dieTiefe darzustellen. „Damit wir unsereQualitätsführerschaft besser darstellenkönnen, streben wir an, spezielle für denVerbund und die berufsgenossenschaftlicheVersorgung relevante Qualitätskennzahlenzu entwickeln“, sagt Dr. BeateSchmucker, <strong>KUV</strong>-Bereichsleiterin Qualitätund Prozesse. Langfristig ist zudem geplant,dass alle Kliniken des Verbundesein einheitliches Risikomanagement einführen.Das sieht schon die Satzung des<strong>KUV</strong> vor.Die BG Unfallklinik Murnau hat ein eigenesQualitätsmanagementsystem für dieRehabilitation entwickelt. Anlass dazugab die gesetzliche For<strong>der</strong>ung nach einerZertifizierung für Rehakliniken gemäß denVorgaben <strong>der</strong> Bundesarbeitsgemeinschaftfür Rehabilitation (BAR).Viele Rehakliniken setzen dabei auf dasQualitätsmanagementsystem <strong>der</strong> „Kooperationfür Transparenz und Qualität imGesundheitswesen (KTQ)“. „Das hat unsnicht gereicht“, sagt Prof. Dr. Volker Bühren.Die BGU Murnau hat sich in <strong>der</strong> Folgedaran gemacht, die Qualitätsnormen<strong>der</strong> DIN ISO 9001:2008 auf den Reha-Bereichanzuwenden. Herausgekommen istein QM-System mit dem Titel „BGU MurnauQM Reha Version 1.1“. „Das ist deutlichprozessorientierter“, so Professor Bühren.„Alles ist maximal praxisorientiert“, ergänzt<strong>der</strong> stellvertretende GeschäftsführerKarl-Heinz Kaufmann. Reha beginneschließlich schon am Unfallort.Die Eigenkreation <strong>der</strong> BG UnfallklinikMurnau erfüllt die <strong>gesetzlichen</strong> Anfor<strong>der</strong>ungenund ist von <strong>der</strong> BAR anerkannt.Sämtliche Prozesse wurden gründlichbeschrieben. Am Ende <strong>der</strong> Entwicklungstand das Zertifikat. Es wurde im März2012 verliehen. Das Verfahren steht nunallen interessierten Rehakliniken und Klinikenmit Reha-Abteilung in Deutschlandzur Verfügung.Die BG Klinik für Berufskrankheiten BadReichenhall kann ihre Qualität seit September2012 mit einem doppelten Zertifikatbelegen. Sie wurde für ihr Qualitätsmanagementnach DIN EN ISO 9001:2008und nach den Qualitätsgrundsätzen <strong>der</strong>DEGEMED (Deutsche Gesellschaft für MedizinischeRehabilitation) ausgezeichnet.Im Vormonat war bereits das BergmannsheilBochum erstmals nach dem internationalanerkannten DIN-Standard zertifiziertworden.„Wir sind stolz, unseren hohen Anspruchan Qualität mit dem Zertifikatsichtbar machen zu können. Das Vertrauenunserer Patienten und <strong>der</strong> Kostenträgerist grundlegend für unsere Arbeit. DieZertifizierung gibt ihnen nun ein klaresZeichen“, so Dr. Wolfgang Raab, ÄrztlicherDirektor in Bad Reichenhall.Er verwies auch auf die Bedeutungdes Qualitätsmanagements für die Mitarbeiterinnenund Mitarbeiter und die interneStrukturentwicklung in <strong>der</strong> Klinik:„Das Qualitätsmanagementsystem zeigtuns alle Möglichkeiten auf, wie wir diefachliche Vernetzung unseres Teams unddamit den Erfolg <strong>der</strong> Klinik auch zukünftigvorantreiben können“, so Dr. Raab.


<strong>EINS</strong> | Voneinan<strong>der</strong> lernen 49Frankfurt fürAlterstraumatologieaus gezeichnetAls dritte Klinik bundesweit ist die BGUnfallklinik Frankfurt am Main im Juni2012 in Kooperation mit <strong>der</strong> Geriatrie desAgaplesion-Diakonissen-KrankenhausesFrankfurt nach dem neuen Auditverfahren„Kompetenz zur Steigerung von Qualitätund Sicherheit in <strong>der</strong> Alterstraumatologie“zertifiziert worden. Das Audit hat die ArbeitsgruppeAlterstrauma <strong>der</strong> DeutschenGesellschaft für Unfallchirurgie erarbeitetund in insgesamt 16 Pilotkliniken erprobt.Die BGU Frankfurt hat für die wachsendeZahl älterer Patienten eine unfallchirurgisch-orthopädischeund medizinisch-geriatrischeMit- und Weiterbehandlungunter Einbeziehung aller erfor<strong>der</strong>lichenpflegerischen, ärztlichen und therapeutischenKompetenzen implementiert,um älteren Patientinnen und Patientendie bestmögliche Versorgung zu bieten.Für das Zertifikat nahmen die Auditorinnenund Auditoren unter an<strong>der</strong>em dieinterdisziplinäre Zusammenarbeit <strong>der</strong> Fachabteilungen,den Sozialdienst, die Versorgungmit Hilfsmitteln und die Einbeziehung<strong>der</strong> Angehörigen unter die Lupe.Beson<strong>der</strong>s positiv bewerteten sie die fachlichhoch qualifizierte interdisziplinäreBehandlung und Therapie <strong>der</strong> alterstraumatologischenPatienten. Zudem wurde dieKooperation mit <strong>der</strong> Geriatrie als optimal bewertet.So finden auch nach <strong>der</strong> Verlegungin das Agaplesion regelmäßig Rücksprachenmit <strong>der</strong> Unfallchirurgie <strong>der</strong> BGU statt.„Durch bestens ausgebildete und motivierteMitarbeiterinnen und Mitarbeitersowie die konstruktive Zusammenarbeitmit <strong>der</strong> Geriatrie ist die BGU Frankfurt amMain für den demografischen Wandelbestens aufgestellt“, so Prof. Dr. ReinhardHoffmann, Ärztlicher Direktor und Geschäftsführer<strong>der</strong> BGU Frankfurt am Main.ukb erhält neuesQualitätssiegel fürvorbildlichesInfektionsmanagementMit einem neuen Qualitätssiegel desMRSA-Netzwerks Berlin für die Vorbeugungvon Infektionen durch Krankenhauskeimeist das UnfallkrankenhausBerlin (ukb) am 7. November 2012 ausgezeichnetworden. „Der Kampf gegen Krankenhauskeimegehört zu den größten medizinischenHerausfor<strong>der</strong>ungen unsererZeit. Die Entwicklung unseres Pilotprojektsvon unverbindlicher Zertifizierungbis zur Vergabe eines standardisiertenQualitätssiegels ist dabei ein wichtiger Erfolg“,so Prof. Dr. Julia Seifert, Unfallchirurginund leitende Oberärztin am ukb.Gemäß einer Empfehlung <strong>der</strong> Gesundheitsministerkonferenz<strong>der</strong> Län<strong>der</strong>wurden seit 2010 zahlreiche MRSA-Netzwerkeauf Län<strong>der</strong>ebene und darunter eingerichtet.Das lokale MRSA-Netzwerk Marzahn-Hellersdorfvon Berlin hat das Siegelals Pilotprojekt <strong>der</strong> Qualitätssicherung in<strong>der</strong> Klinikhygiene entwickelt. Das ukb wurdein diesem Rahmen bereits 2011 als „AktivesKrankenhaus im Netzwerk zur Präventionnosokomialer Infektionen und Anti -biotikaresistenzen in Berlin“ ausgezeichnet.Das darauf basierende neue Qualitätssiegeldokumentiert die strikte Einhaltunghoher Hygienestandards. Dazuzählen unter an<strong>der</strong>em die frühzeitige Untersuchungvon Risikopatienten auf MRSA-Keime, das Patientenmanagement beiMRSA und das Antibiotika-Management.Auch regelmäßige Schulungs- und Präventionsmaßnahmendes Krankenhauspersonalsund eine ausreichende Zahlvon speziell ausgebildeten Hygienefachkräftensind gefor<strong>der</strong>t. Eine kontinuierlicheDatenanalyse und eine aktive Teilnahmeam Austausch des MRSA-Netzwerksdürfen ebenfalls nicht fehlen.Dreifaches KTQ-Siegelin HalleDie BG Kliniken Bergmannstrost Halle habenim März 2012 bereits zum dritten Maldas Krankenhauszertifizierungsverfahren<strong>der</strong> „Kooperation für Transparenz und Qualitätim Gesundheitswesen (KTQ)“ abgeschlossen,erstmals aber unter Einbeziehungdes Rehabilitationsbereiches. DieseKombination <strong>der</strong> Zertifikate können nurzehn Kliniken in Deutschland vorweisen.„Das ‚Bergmannstrost‘ hat hier einen Standardetabliert, von dem auch wir als Gesellschaftlernen können“, so die stellvertretendeVorsitzende des KTQ-GesellschafterausschussesMarie-Luise Müller.Für die Zertifizierung hat das „Bergmannstrost“die Bereiche Patientenorientierung,Mitarbeiterorientierung, Sicherheit,Informationswesen, Führung und Qualitätsmanagementsystematisch geprüft.Beson<strong>der</strong>es Augenmerk legt <strong>der</strong> ÄrztlicheDirektor Prof. Dr. Gunther Hofmann aufdie interdisziplinäre, fach- und hierarchieübergreifendeZusammenarbeit.Aber auch das „papierlose Krankenhaus“mit einer nahezu vollständig di gitalenPatientenakte und das gesellschaftlicheEngagement bei <strong>der</strong> För<strong>der</strong>ung desRehabilitations- und Behin<strong>der</strong>tensportsstellten weitere wesentliche Aspekte dar.Das KTQ-Verfahren ist mit einerAusnahme seit 2005 in allen Verbundklinikeneingeführt worden. Halle wurde bereits2006 erstmals nach KTQ zertifiziert.„Der Kampf gegen Krankenhauskeimegehört zu den größten medizinischenHerausfor<strong>der</strong>ungen unserer Zeit.“Prof. Dr. Julia Seifert, Unfallchirurgin und leitendeOberärztin am Unfallkrankenhaus Berlin


50 <strong>EINS</strong> | Füreinan<strong>der</strong> da seinBJÖRN BOGDANSKI, 30, HAFENARBEITERVERLETZUNG: MEHRFACHVERLETZUNGEN ANUNTERSCHENKEL, UNTERARM UND BECKENBG-KLINIK: BG UNFALLKRANKENHAUS HA<strong>MB</strong>URG


<strong>EINS</strong> | Füreinan<strong>der</strong> da sein 51BildstreckeALLESAUFANFANGNach einem schweren Unfall gilt: Das Leben gehtweiter, aber nicht immer so wie bisher. DieseMenschen haben die Rückkehr in den Job gemeistert.Der <strong>KUV</strong> half ihnen dabei – mit Spitzenmedizinund menschlich.


52 <strong>EINS</strong> | Füreinan<strong>der</strong> da seinDANIELA HALBFAS, 43, REITTHERAPEUTINVERLETZUNG: DISTALE RADIUSFRAKTURBG-KLINIK: BG UNFALLA<strong>MB</strong>ULANZ UNDREHAZENTRUM BREMEN


<strong>EINS</strong> | Füreinan<strong>der</strong> da sein 53


SVENJA BONNEBERG, 36, ALTENPFLEGERINVERLETZUNG: BÄNDERRISS AM HANDGELENKBG-KLINIK: UNFALLBEHANDLUNGSSTELLE BERLIN


CHRISTIAN GERG, 42, BAGGERFAHRERVERLETZUNG: OPERATIVER FINGER ERSATZNACH MITTELHANDAMPUTATIONBG-KLINIK: BG UNFALLKLINIK MURNAU


DR. SIEGHARD BELOW, 57,SPORTWISSENSCHAFTLERVERLETZUNG: TIBIAKOPFFRAKTURBG-KLINIK: UNFALLKRANKEN-HAUS BERLIN


HEIKE FRIEDRICH, 36, SELBST-STÄNDIGE PHYSIOTHERAPEUTINVERLETZUNG: UNTERSCHENKEL-TEILLÄHMUNG NACH KNIEVERLETZUNGBG-KLINIK: BG UNFALLKLINIKFRANKFURT AM MAIN


JÖRG MOZER, 44, AUSSENDIENST-MITARBEITER MIT MASCHINENMONTAGEVERLETZUNG: MEHRFACHFRAK-TUREN UND NERVENVERLETZUNGENAN HAND, ARM UND BEINBG-KLINIK: BG KLINIK TÜBINGEN


FeatureZURÜCK INEINEN NEUENALLTAG


<strong>EINS</strong> | Füreinan<strong>der</strong> da sein 6140 Prozent aller Betten für Querschnittverletzte inDeutschland stehen in berufsgenossenschaftlichenKliniken. In <strong>der</strong>en Kompetenzzentren arbeiten ExpertenteamsHand in Hand, um den Patienten zurück ineinen lebenswerten Alltag zu führen. Bereits auf <strong>der</strong>Intensivstation beginnt die Rehabilitation.An einem sonnigen Wintertag auf Teneriffa im Februar 2010verän<strong>der</strong>te sich das Leben von Klaus Greif schlagartig. Derdurchtrainierte Fahrradhändler aus Tübingen war auf einerberuflichen Testfahrt mit einem Mountainbike in den Bergen<strong>der</strong> Insel unterwegs. Als er an einem Hang absteigen wollte,blieb er mit dem Fuß hängen und stürzte kopfüber in eineSchlucht. „Ich hörte einen Knacks in meiner Wirbelsäule undfühlte einen elektrischen Schlag, als würde ich in eine Steckdosefassen“, erinnert sich <strong>der</strong> heute 59-Jährige. Als er seineBeine nicht mehr spürte, wusste Klaus Greif sofort, dass erquerschnittgelähmt war.Drei endlos lange Stunden dauerte seine Bergung indem steilen Gelände. Helfer zogen den Schwerverletztenschließlich mit einer Seilwinde den Hang hinauf und brachtenihn in ein Krankenhaus auf <strong>der</strong> Insel. Einen Tag späterwurde Klaus Greif auf Drängen seiner Lebensgefährtin in dieBG Klinik Tübingen geflogen.Hier begann, was er sein zweites Leben nennt, eines, fürdas er „unglaublich dankbar“ ist – dankbar für das, was ermenschlich nach seinem Unfall erlebte, dankbar vor allemaber auch für die exzellente Versorgung und Therapie inTübingen. Sie hat ihn Schritt für Schritt in den Alltag undseinen Beruf zurückgeführt. Selbstmitleid ist nicht seineArt. „Ich habe Glück gehabt“, sagt er stattdessen: „Ich kannmeine Arme noch bewegen.“Mo<strong>der</strong>nste BehandlungsmethodenKlaus Greif ist einer von rund 2.000 Menschen, die jährlichin Deutschland eine Querschnittlähmung erleiden. 40 Prozent<strong>der</strong> 1.263 Betten, die es hierzulande für die Behandlung vonQuerschnittverletzten gibt, stehen im <strong>Klinikverbund</strong>. Die Häuserdes Verbundes sind damit Spitzenreiter bei <strong>der</strong> medizinischenVersorgung und Reintegration von Unfallverletzten.


62 <strong>EINS</strong> | Füreinan<strong>der</strong> da seinIn spezialisierten Behandlungszentren versorgen interdisziplinäreExpertenteams Patienten, die durch Unfälle, aber auchTumore, angeborene Fehlbildungen o<strong>der</strong> Entzündungen eineQuerschnittlähmung erlitten haben. Viele <strong>der</strong> dort eingesetztenTechniken, Geräte und Materialien sind Innovationen, diein den Häusern selbst erforscht und entwickelt wurden.Allein das Querschnittgelähmten-Zentrum am BG UnfallkrankenhausHamburg (BUKH) behandelt jährlich rund200 neue Patientinnen und Patienten und damit etwa zehnProzent <strong>der</strong> in Deutschland jedes Jahr eintretenden Querschnittlähmungen.Das Hamburger Zentrum ist eine Modelleinrichtung<strong>der</strong> Berufsgenossenschaften und mit seinen121 Betten nicht nur im <strong>Klinikverbund</strong>, son<strong>der</strong>n unter allendeutschen Kliniken das größte. Der <strong>Klinikverbund</strong> hat denBereich <strong>der</strong> Wirbelsäulenchirurgie in den vergangenenJahren ständig ausgebaut. Dabei wurde das Spektrum <strong>der</strong>konservativen und chirurgischen Behandlungsverfahrenkontinuierlich erweitert, zum Beispiel in <strong>der</strong> Stabilisierungvon Wirbelbrüchen.Von Kunden und Bekannten wusste Klaus Greif, dassdie BG Klinik Tübingen eine exzellente Adresse für die Versorgungund Betreuung Querschnittgelähmter ist. Er empfanddaher eine „unglaubliche Erleichterung“, als er 30 Stundennach seinem Unfall dort ankam, und wusste sich in den bestenHänden. „Ab dem Moment habe ich mich entspannt.“ Zunächstwurde seine Wirbelsäule chirurgisch stabilisiert.Dann begann gleich nach <strong>der</strong> Operation die Rehabilitation –ein Ansatz, <strong>der</strong> den <strong>Klinikverbund</strong> auszeichnet.


<strong>EINS</strong> | Füreinan<strong>der</strong> da sein 63Bereits auf <strong>der</strong> Intensivstation arbeiten Physiotherapeutenmit dem frisch verletzten Patienten. Dabei richtet sich dieBehandlung an den Verletzungen und dem Alter <strong>der</strong> Betroffenenaus. „Unser oberstes Ziel ist es, jede Patientin undjeden Patienten so selbstständig wie möglich zu machen“,sagt Privatdozent Dr. Andreas Badke, <strong>der</strong> in <strong>der</strong> TübingerKlinik den Bereich Wirbelsäulenchirurgie leitet. Wenn möglichsollen die Rückenmarkverletzten zurück in ihre gewohnteUmgebung und in den Arbeitsalltag.Angehörige einbeziehenAnfangs stehen die Betroffenen vor <strong>der</strong> großen Herausfor<strong>der</strong>ung,die mit <strong>der</strong> Verletzung einhergehenden enormen Einschränkungenzu akzeptieren. „Für viele Patienten ist esallerdings schwieriger, damit klarzukommen, dass sie Blaseund Darm nicht kontrollieren können, als dass sie nichtmehr laufen können“, sagt Patrick Mayer, psychologischerPsychotherapeut am Unfallkrankenhaus Berlin (ukb). Indiesen Zeiten sind Psychologen und Seelsorger Ansprechpartner.Ihre Arbeit ist in den berufsgenossenschaftlichen Klinikenfest in das stationäre Behandlungskonzept integriert.In einer ersten Phase kurz nach <strong>der</strong> Diagnose schützthäufig eine Art emotionaler Airbag vor einem psychischenZusammenbruch. „Viele Patienten setzen plötzlich unglaublicheKräfte frei“, hat Patrick Mayer beobachtet. Es sind eherdie Angehörigen, die in dieser Phase überfor<strong>der</strong>t sind undStresssymptome zeigen. Daher werden Angehörige von Beginnan in die Therapie einbezogen. „Vor ihnen liegt einMarathonlauf und wir müssen dafür sorgen, dass sie nichtihre gesamte Kraft in die ersten Kilometer investieren“, erläutert<strong>der</strong> Psychotherapeut. Das Berliner Behandlungszentrumfür Rückenmarkverletzte veranstaltet regelmäßigSeminare für Patienten und Angehörige, in denen sie Informationenund Unterstützung im Umgang mit <strong>der</strong> neuenSituation erhalten. Ziel ist es körperliche, seelische undsoziale Komplikationen, die ihre Krankheit o<strong>der</strong> Verletzungmit sich bringt, zu vermeiden o<strong>der</strong> zu minimieren.Mobiler als je zuvorEine Heilung ihrer Krankheit ist jedoch <strong>der</strong>zeit nicht inSicht. Zahlreiche Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlerarbeiten an dem Ziel, einen Rückenmarkdefekt zu überbrückenund dem Patienten die Lähmung zu ersparen. „Hierzugibt es interessante Ansätze, <strong>der</strong> große Durchbruch imSinne einer Reparatur des Rückenmarkschadens ist jedochnoch nicht geglückt“, sagt Prof. Dr. Christian Jürgens, ÄrztlicherDirektor des BG Unfallkrankenhauses Hamburg.Zumindest hat sich die Lebensqualität Querschnittgelähmterin den letzten Jahrzehnten erheblich verbessert:„In <strong>der</strong> Rehabilitation und den Möglichkeiten <strong>der</strong> Wie<strong>der</strong>einglie<strong>der</strong>unghaben wir große Fortschritte erzielt“, betont<strong>der</strong> Tübinger Arzt Badke. Das Training motorischer Funktionenmacht den Patienten heute erheblich mobiler als früher,zudem sind elektronische Hilfen und Assistenzsystemeweiterentwickelt worden und im Alltag unentbehrlich.Hand in Hand arbeiten Ärzte, Physio- und Ergotherapeuten,Logopäden, Sozialarbeiter, Psychotherapeuten, Seelsorger,Sporttherapeuten sowie Krankenschwestern und-pfleger an dem jeweiligen Therapieziel. Sie alle sind speziellfür die Behandlung und Betreuung Querschnittgelähmterausgebildet. In <strong>der</strong> Physiotherapie werden Muskelkräftigungen,Körperkontrolle und Bewegungsübergänge erarbeitet.In <strong>der</strong> Ergotherapie steht das Alltagstraining im Vor<strong>der</strong>grund:Fähigkeiten, die verloren gegangen sind, werden durchneue ersetzt.Im Rahmen eines Rollstuhltrainings wird <strong>der</strong> Patientbeispielsweise auf die Hürden des Alltags vorbereitet. Außerhalb<strong>der</strong> Klinik sind Straßen und Wege nicht so glatt und barrierefreiwie die Krankenhausflure. Klaus Greif erinnert sich:„Die ersten Wochen in <strong>der</strong> realen Welt waren wirklich hart.“„Man muss Geduld haben.“Doch Schritt für Schritt arbeitete sich <strong>der</strong> Fahrradhändlerin den Alltag zurück. Am Anfang konnte er nicht aufrecht imRollstuhl sitzen und hatte ständig Angst nach vorn zu fallen.Mit intensiver und dauerhafter Physio- und Ergotherapie schaffteer es schließlich, seinen Rollstuhl zu beherrschen. „Man mussGeduld haben“, sagt Klaus Greif. Auch sein Optimismus undsein Wille halfen bei den sichtbaren Fortschritten. Den Tübingerspornte es an, zu sehen, dass an<strong>der</strong>e Patienten mit ähnlichenVerletzungen nach einigen Monaten Dinge tun konnten,von denen er kurz nach seinem Unfall noch weit entfernt war.Das kann ich bald auch – war sein Motto. Und tatsächlichfuhr er in seinem Rollstuhl schon bald durch den Klinikpark.Klaus Greif half es in dieser Zeit, dass er offen war und aufdie Kom petenzen des Teams vertraute. „Ich wusste, das sindExperten, die ihr Bestes für mich tun.“In allen Kliniken ist das Sportprogramm ein wichtigerBaustein <strong>der</strong> Therapie (siehe Beitrag Seite 66). Auch die Vorbereitungauf den neuen Alltag nach <strong>der</strong> Klinik nimmt vielRaum ein. Wer will, kann noch während <strong>der</strong> Reha-Phase dasAutofahren in speziell umgebauten Fahrzeugen lernen. DerSozialdienst berät den Patienten hinsichtlich <strong>der</strong> häuslichenVersorgung und meist notwendiger Umbaumaßnahmen,beispielsweise in Küche und Bad.Fünf Monate nach seinem Unfall, im Sommer 2010,konnte Klaus Greif die Klinik verlassen. Er kehrte nicht nurin seine Wohnung, son<strong>der</strong>n auch in seine berufliche Selbstständigkeitzurück: in sein Fahrradfachgeschäft „Rad & Tat“,mit dem er sich vor dem Unfall einen guten Namen in <strong>der</strong> Radszeneund ein gutes Einkommen gesichert hatte. Dort arbeiteter an drei Tagen pro Woche im Verkauf und gelegentlich auchin <strong>der</strong> Werkstatt.


64 <strong>EINS</strong> | Füreinan<strong>der</strong> da seinNeues Leben im alten JobHeute ist Klaus Greif mit seinem „neuen Leben“ sehr zufriedenund steht damit repräsentativ für die Mehrheit: Rund 70Prozent <strong>der</strong> Menschen mit einer Querschnittlähmung stufenihre Lebensqualität als gut bis sehr gut ein. Klaus Greif genießtden Kontakt zu seinen „tollen Kunden“ und <strong>der</strong>en positiveRückmeldung. Im Geschäft und in <strong>der</strong> Werkstatt hilftihm ein hydraulischer Rollstuhl, Material und Ware aus Regalenzu erreichen und mit Kunden quasi auf Augenhöhe zu kommunizieren.Statt früher 60 Stunden arbeitet er nun 35 Stundenin <strong>der</strong> Woche. Genau richtig, findet Klaus Greif, seine Arbeitsei seine beste Ablenkung und Therapie.Nicht nur die Versorgung in den berufsgenossenschaftlichenKliniken ist anerkannt exzellent, auch die weitere Rehabilitationsetzt alles daran, den Patienten möglichst vollständigin einen Arbeitsalltag zurückzuführen – durch umfassendeTherapien, aber auch durch finanzielle Hilfe beim Umbau vonArbeitsplatz und Wohnung. 300 Meter von seinem Geschäftentfernt hat sich Klaus Greif vor zwei Jahren gemeinsam mitseiner Partnerin eine behin<strong>der</strong>tengerechte Wohnung gekauftund sie seinen Bedürfnissen entsprechend ausgestattet.„ICH WUSSTE,DAS SINDEXPERTEN,DIE IHRBESTES FÜRMICH TUN.“Klaus Greif,Patient <strong>der</strong> BG Klinik TübingenKlinik bleibt AnsprechpartnerinNach wie vor kommt <strong>der</strong> Tübinger zweimal in <strong>der</strong> Woche zurPhysiotherapie in seine Klinik. Die Ärztinnen und Ärzte dortbleiben für ihn Ansprechpartner in allen medizinischen Fragen.Querschnittgelähmte Patienten benötigen eine lebenslangeNachsorge. Regelmäßige Kontrolluntersuchungen sichernihre Lebensqualität und helfen, Komplikationen frühzeitig zubegegnen. Zum Beispiel leiden viele durch das ununterbrocheneSitzen unter Druckstellen (Dekubitus), die je nach Ausprägungplastisch-chirurgisch behandelt werden müssen.Hinzu kommen Blasenfunktionsstörungen und ein erhöhtesRisiko einer Gallenblasenentzündung o<strong>der</strong> einer Versteifungvon Gelenken. Chirurgische Eingriffe lin<strong>der</strong>n etliche Symptome,verhin<strong>der</strong>n können sie sie bislang nicht. „Es existieren heutebessere Möglichkeiten zur Vermeidung o<strong>der</strong> Beherrschung typischerKomplikationen als früher. Die Lebenserwartung <strong>der</strong>Betroffenen steigt und trotz zweifellos vorhandener Mängel verbessernsich die Chancen auf Teilhabe am gesellschaftlichenLeben“, sagt Dr. Roland Thietje, Chefarzt des Querschnittgelähmten-Zentrumsam Hamburger Unfallkrankenhaus.Klaus Greif ist zurück im Leben, wenn auch in einem an<strong>der</strong>enals zuvor. Der anpackende Tübinger empfindet den neuenAbschnitt als ein großes Geschenk, eine Art Zugabe nach 56gesunden Jahren. Früher lief er Marathonstrecken, heute begleitetKlaus Greif manchmal seine Lebensgefährtin, wenn sieRennrad fährt, auf seinem umgebauten Rollstuhl mit Handantriebund 27 Gängen. Ein elektrischer Zusatzantrieb kann dieLeistung seiner Handkurbel um das bis zu Vierfache verstärken.Damit schafft er bis zu 90 Kilometer am Tag. Klaus Greif hatsich von seinem Unfall nicht aus <strong>der</strong> Bahn werfen lassen. Erist überzeugt:„Dass es mir heute so gut geht, habe ich zueinem guten Teil <strong>der</strong> Tübinger Klinik zu verdanken.“


66 <strong>EINS</strong> | Füreinan<strong>der</strong> da seinBerichtERSTE LIGAOb Fußballprofi o<strong>der</strong> Patient in <strong>der</strong> Rehabilitation: Wer Fachkräftefür Sportmedizin und -therapie aus <strong>der</strong> ersten Ligasucht, ist in den berufsgenossenschaftlichen Kliniken richtig.Ein wichtiger Wettkampf naht. Plötzlich meldet sich stechen<strong>der</strong>Schmerz im Knie. In Momenten wie diesen schrillen bei Profisportlernund ihren Trainern die Alarmglocken. Jetzt kann eineexzellente medizinische Betreuung karriereentscheidend sein.Die sportmedizinischen Zentren <strong>der</strong> berufsgenossenschaftlichenKliniken genießen das Vertrauen vieler bekannter Leistungssportlerinnenund -sportler im In- und Ausland und sind <strong>der</strong>enfeste medizinische Partner.Dabei ist die Expertise <strong>der</strong> Mediziner und Therapeuten nichtnur im Verletzungsfall und bei Komplikationen gefragt, son<strong>der</strong>nauch im sportlichen Alltag <strong>der</strong> Athletinnen und Athleten. DieTeams in den Kliniken unterstützen und begleiten Profisportlerhäufig über viele Jahre. Auch mit professioneller Leistungsdiagnostikhelfen sie, sportliche Spitzenleistungen zu erbringen.SPITZENMEDIZIN FÜRSPITZENSPORTLERIn <strong>der</strong> Hauptstadt ist das Unfallkrankenhaus Berlin offiziellerPartner des Olympiastützpunktes Berlin und zahlreicher prominenterProfisportlerinnen und -sportler. Die Mannschaft desFußball-Erstligisten Hannover 96 wird von Ärztinnen und Ärztendes BG Unfallkrankenhauses Hamburg betreut. In Duisburgsteht das „Zentrum für Sportmedizin und Sporttraumatologie“<strong>der</strong> dortigen BG-Unfallklinik den Fußballern des MSV Duisburgzur Seite. Und die BG Unfallklinik Frankfurt am Main unterstütztwährend <strong>der</strong> Rollstuhlbasketball-EM 2013 in ihrer Stadtdie teilnehmenden Sportlerinnen und Sportler mit Rat und Tat.Auch auf wissenschaftlicher Ebene spielen die Klinikenganz oben mit. Bereits zum neunten Mal veranstaltete das UnfallkrankenhausBerlin 2012 gemeinsam mit <strong>der</strong>Verwaltungs-Berufsgenossenschaft das SymposiumHochleistungssport. Die BG Unfallklinik


<strong>EINS</strong> | Füreinan<strong>der</strong> da sein 67Frankfurt am Main wie<strong>der</strong>um richtet regelmäßig das „SportmedizinischeForum“ aus. Die Veranstaltungen haben sich zumMuss für Sportmediziner und zum renommierten Treffpunkt fürVereinsverantwortliche und Mediziner entwickelt.SPORTTHERAPIE HILFTBEI DER REHADie positive Kraft <strong>der</strong> Bewegung nutzen die berufsgenossenschaftlichenKliniken im Rahmen <strong>der</strong> Sporttherapie seit vielenJahren. In angeglie<strong>der</strong>ten Sporthallen und Einrichtungen könnenPatientinnen und Patienten im Rahmen <strong>der</strong> Rehabilitation gemeinsammit an<strong>der</strong>en wie<strong>der</strong>erlernte Fähigkeiten spielerisch testen.„Sport unterstützt den Rehabilitationsprozess entscheidend.Er motiviert die Betroffenen nicht nur im Sport selbst, son<strong>der</strong>nauch im Leben allgemein”, unterstreicht <strong>der</strong> Ärztliche Direktor <strong>der</strong>BG Unfallklinik Frankfurt am Main, Prof. Dr. Reinhard Hoffmann.Die Verfahren und Methoden <strong>der</strong> Sporttherapie im <strong>Klinikverbund</strong>genießen weltweit hohe Anerkennung. Viele Häuser habenenge Verbindungen zu Interessenverbänden und Sportvereinen.So hat beispielsweise <strong>der</strong> Deutsche Rollstuhl-Sportverband(DRS) seinen Sitz im BG Unfallkrankenhaus Hamburg. Gemeinsamführen beide Einrichtungen das Projekt „Rollstuhlsportmacht Schule“ durch, bei dem Schüler und Lehrer für Rollstuhlsportund Inklusion im Sportunterricht sensibilisiert werden.BEHINDERTE SPORTLERSIND VORBILDERWelche große Bedeutung Sport für Menschen mit Behin<strong>der</strong>ungengewinnen kann, belegen auf eindrucksvolle Weise drei Goldmedaillengewinnerinnen,die zugleich im <strong>Klinikverbund</strong> tätigsind: Kirsten Bruhn, Edina Müller und Ilke Wyludda.Die Hallenserin Ilke Wyludda hatte bereits 1996 bei den OlympischenSpielen von Atlanta Gold im Diskuswerfen gewonnenund ihre Profikarriere seit zehn Jahren beendet, als ihr 2010 dasrechte Bein über dem Knie amputiert werden musste. Sie erhielt2011 ihre Approbation als Ärztin und arbeitet seitdem in den BerufsgenossenschaftlichenKliniken Bergmannstrost Halle. Danebenkämpfte sie sich mit Ausdauer und Willenskraft in denSpitzensport zurück. Der Lohn: ein fünfter Platz im Kugelstoßenbei den Paralympischen Spielen 2012 in London.Für die querschnittgelähmte Schwimmerin Kirsten Bruhneröffnete <strong>der</strong> professionelle Behin<strong>der</strong>tensport nach einem Motorradunfalleine neue Lebensperspektive. Sie krönte in London ihreerfolgreiche Karriere mit einer Goldmedaille. Seit 2013 unterstütztsie die Pressestelle des Unfallkrankenhauses Berlin. „Ichhabe gelernt, mich nicht über meine Behin<strong>der</strong>ung zu definieren,son<strong>der</strong>n über das, was ich zu leisten imstande bin“, resümiert dieSpitzensportlerin. Das Kinopublikum kennt die Schwimmerindurch den Film „Gold – du kannst mehr, als du denkst“, <strong>der</strong> KirstenBruhns Weg zum Olympiasieg einfühlsam nachzeichnet.In Hamburg inspiriert die Rollstuhlbasketballerin undGoldmedaillengewinnerin Edina Müller die Stadt und die Patientinnenund Patienten des BG Unfallkrankenhauses Hamburggleichermaßen. Edina Müller arbeitet in <strong>der</strong> Klinik als Trainerinin <strong>der</strong> Sporttherapie und ist dort ein wichtiges Vorbild, wieDr. Roland Thietje, Chefarzt des Querschnittgelähmten-Zentrumsbetont: „Sie zeigt unseren Patienten, dass es nach einem schwerenSchicksalsschlag weitergehen kann, dass es lohnt zu kämpfen.“Zugleich zeigen Bruhn, Müller und Wyludda, dass sie sichim <strong>Klinikverbund</strong> gut aufgehoben fühlen – als Mitarbeiterinnenebenso wie zuvor als Patientinnen.


68 <strong>EINS</strong> | Zahlen und Fakten/ImpressumZahlen und FaktenDie Nachfrage nach dem Versorgungsangebot <strong>der</strong> BG-Klinikennimmt stetig zu. Weitere Leistungszahlen des <strong>Klinikverbund</strong>esauf einen Blick:101.177.978Euro wurden 2012 in Bauprojekte,Forschung, Medizintechnik undAusstattung investiert.91.920stationäre und 16.012 ambulanteOpe rationen wurden 2012 in denKliniken des <strong>KUV</strong> durchgeführt.4.507Planbetten wurden im Jahr 2012 inden BG-Kliniken vorgehalten.87%von 2.200 befragten Patienten würdenihre BG-Klinik weiterempfehlen.ImpressumHERAUSGEBER<strong>Klinikverbund</strong> <strong>der</strong> <strong>gesetzlichen</strong> Unfallversicherung e. V. (<strong>KUV</strong>)Friedrichstraße 15210117 BerlinKOORDINATION UND REDAKTIONELLEVERANTWORTUNGEike JeskeKONZEPTION UND GESTALTUNGBÜRO WEISSREDAKTIONHubert Beyerle, Dr. Petra Krimphove, Angela Mißlbeck,Susanne WernerFOTOGRAFIEAlle Fotos Jan Pauls,außer Seite 66 und 67: Andreas Joneck, Peter Lindoerferund Ralf KuckuckDRUCKKönigsdruck


<strong>Klinikverbund</strong> <strong>der</strong> <strong>gesetzlichen</strong>Unfallversicherung e. V. (<strong>KUV</strong>)Friedrichstraße 15210117 BerlinTelefon: 030 330960-200Telefax: 030 330960-222info@k-uv.dewww.k-uv.de

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