Hyperplasien
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334 16 Erkrankungen des Pharynx<br />
�<br />
Falls Sie 4 Wochen nach der Operation feststellen, dass<br />
Ihr Kind noch „durch die Nase spricht“, stellen Sie es bitte<br />
erneut vor. Es ist sehr wichtig, dass dann bestimmte<br />
Sprachübungen durchgeführt werden; andernfalls kann<br />
das sogenannte „Näseln“ bestehen bleiben.<br />
Außerdem ist darauf hinzuweisen, dass eine Impfung gegen<br />
Kinderlähmung (Polio-Schluckimpfung) nicht 2 Wochen<br />
vor und nach der Operation stattfinden sollte; bei<br />
sogenannten Lebendimpfungen (z.B. Masern, Mumps,<br />
Tuberkulose, Röteln) erhöht sich der genannte Zeitraum<br />
auf 4 Wochen vor und nach der Operation. Diese Angaben<br />
gelten nur für Impfungen, die bei vorausgegangenen<br />
Impfterminen außerhalb der genannten Zeiträume bereits<br />
einmal komplikationslos verlaufen sind.<br />
Meth. 16-1 Nachbehandlung bei Adenotomie<br />
Arbeitsunfähigkeit/Sport: Nach 1 Woche ist der Besuch<br />
des Kindergartens bzw. der Schule wieder möglich.<br />
Schulsport muss für 2 Wochen unterbleiben.<br />
Nachblutung: Beim Auftreten einer Blutung aus Nase<br />
und/oder Mund erfolgt die sofortige Überweisung in die<br />
HNO-Abteilung.<br />
Nachsorge: Eine routinemäßige Nachkontrolle findet<br />
am 8. postoperativen Tag statt, bei noch persistierender<br />
nasaler Schleimsekretion können Nasentropfen ordiniert<br />
werden (Rp. 16-1).<br />
Bei weiter bestehender Mundatmung werden die Kinder<br />
zum Mundschließen angehalten.<br />
Rp.16-1 Nasentropfen<br />
Silbereiweißacetyltannat 0,10<br />
Otriven® 0,1 % 10,00<br />
Aqua dest. ad 20,00<br />
D. S. Nasentropfen mit Pipette<br />
Tonsillenhyperplasie,<br />
Gaumenmandelhyperplasie<br />
Große Tonsillen sind nur im Kleinkindesalter physiologisch.<br />
Sie tragen bis etwa zum 3., 4. Lebensjahr immunbiologisch<br />
vermutlich zur B-Zell-Reifung sowie zur Ausbildung<br />
des für die Schleimhaut zuständigen MALT („mucosa<br />
associated lymphoid tissue“) bei. Dieses ist zuständig für<br />
die Formation und Auswanderung von Gedächtniszellen<br />
(„memory cells“) in benachbartes adenoides Gewebe (lymphatischer<br />
Rachenring), aus welchen später IgA-J + -produzierende<br />
Immunzellen entstehen. IgA-J + -Antikörper können<br />
in der Nasenschleimhaut an eine Sc-Kette (Sc = „secretory<br />
chain“) gekoppelt und als funktionsfähige sekretorische<br />
IgA-Antikörper in das Nasenlumen zur Immunabwehr<br />
eindringender Antigene (z.B. nasale Zellprotektion gegen<br />
Influenza-Viren) abgegeben werden. Nach Ausreifung des<br />
B-Zell-Systems sowie nach Auswanderung der MALT-Ge-<br />
dächtniszellen haben die Gaumenmandeln keine Schlüsselfunktion<br />
mehr. Mit fortschreitendem Lebensalter (Einzelheiten<br />
s. Meth. 16-2, S. 335) kommt es zur Involution, klinisch<br />
an der massiven Verkleinerung zu erkennen.<br />
Eine pathologische Hyperplasie, deren ausgeprägteste Form<br />
bei Berührung der Tonsillen in der Medianlinie vorliegt<br />
(„kissing tonsils“), hat ein Atem- und Schluckhindernis zur<br />
Folge. Folgen können Gedeihstörung, obstruktive Dysphagie,<br />
obstruktive respiratorische Störungen, Schnarchen oder<br />
ein OSAS sein. Folge eines OSAS kann eine Pseudodemenz<br />
mit schlechten Schulleistungen durch Schlafhypoxie und<br />
Hyperkapnie sowie häufige Schlafunterbrechungen mit Müdigkeit<br />
und Apathie tagsüber in der Schule sein. Eine andere<br />
schulische Reaktionsform ist das sogenannte „verhaltensgestörte<br />
Schulkind“, das tagsüber durch eine motorische Hyperaktivität<br />
zur Kompensation der nächtlichen Schlaf- und<br />
Atemstörung gekennzeichnet ist. Eine pathologische Hyperplasie<br />
der Gaumenmandel ist fast immer mit einer pathologischen<br />
Hyperplasie der Rachenmandel (Adenoide) verbunden.<br />
Therapie<br />
Tonsillektomie, eventuell Tonsillotomie: Bei Kindern<br />
kann man bis zum 6. bzw. 8. Lebensjahr unter bestimmten<br />
Bedingungen (entzündungsfreie Hyperplasie plus Zusatzindikation)<br />
statt einer Tonsillektomie auch eine Tonsillotomie<br />
durchführen. Die eingeschränkte Indikation zur Tonsillotomie<br />
einschließlich der zugrunde liegenden Immun- und<br />
Abszesshypothesen werden in Meth. 16-2 (S. 335) und Tabelle<br />
16-1 dargestellt. Bei der Tonsillektomie wird die Tonsille<br />
vollständig, bei der Tonsillotomie partiell entfernt. Bei<br />
der Tonsillotomie erfolgt deshalb die Schnittführung durch<br />
die Tonsille unter Schonung des vorderen und hinteren<br />
Gaumenbogens. Die medialen hyperplastischen Tonsillenanteile<br />
werden entfernt, der lateral zwischen den Gaumenbögen<br />
liegende Tonsillenanteil bleibt erhalten (s. Abb. 16-1).<br />
Grundsätzlich werden die Tonsillotomie und die Tonsillektomie<br />
beidseits durchgeführt. Bei (extrem seltenem) Malignomverdacht<br />
kann ausnahmsweise eine einseitige Tonsillektomie<br />
in Betracht gezogen werden.<br />
Bei älteren Kindern und Erwachsenen ist nur eine Tonsillektomie<br />
indiziert.<br />
Epipharyngoskopie: Tonsillektomie und Tonsillotomie<br />
werden mit einer Nasopharyngoskopie kombiniert, sodass<br />
bei Adenoiden auch diese entfernt werden (Elterninformation,<br />
s. Meth. 16-2, S. 335, und Patienteninformation Tonsillektomie,<br />
S. 336).<br />
Bei gleichzeitig bestehendem Paukenerguss s. Kap. 8, Abschn.<br />
Tubenventilationsstörungen, S.88, und Kap.10, S. 166.<br />
Bei Gaumenspalten (korrigiert, nicht korrigiert oder submukös)<br />
und/oder Uvula bifida: Hier wird das operative<br />
Vorgehen in Zusammenarbeit mit dem Phoniater geplant.<br />
Nach Operationen bei OSAS erfolgt die stationäre Nachsorge<br />
in einem Überwachungsraum.<br />
Bei Gerinnungsstörungen: Vorrangig ist eine Ursachenabklärung<br />
der Gerinnungsstörung und gegebenenfalls eine