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Hyperplasien

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<strong>Hyperplasien</strong><br />

Tab. 16-1 Differenzialindikationen Tonsillektomie/Tonsillotomie.<br />

Indikation Tonsillektomie Tonsillotomie<br />

� chronische bzw. rezidivierende Tonsillitis + –<br />

� Fokus (Chorea minor, Endokarditis, rheumatisches Fieber, Gelenkrheuma) + –<br />

� akute, nekrotisierende bzw. obstruktive Tonsillitis (z.B. bei M. Pfeiffer) + –<br />

� Peri- bzw. Paratonsillarabszess + –<br />

� Tumor(-verdacht) + –<br />

� Tonsillenhyperplasie mit obstruktiven Beschwerden (s.o.) bei Patienten älter als 6−8 Jahre + –<br />

� Tonsillenhyperplasie mit obstruktiven Beschwerden (s.o.) bis zum 6.−8. Lebensjahr;<br />

Entscheidung zwischen beiden Methoden unter Berücksichtigung der Elternaufklärung<br />

(s. Meth. 16-2)<br />

+ +<br />

entsprechende Therapie. Bei entsprechender Indikation ist<br />

gegebenenfalls die Tonsillotomie einer Tonsillektomie vorzuziehen.<br />

Nachblutungen: Die postoperative Blutungsrate bei Tonsillotomie<br />

ist geringer als nach Tonsillektomie. Zur Reduktion<br />

des Nachblutungsrisikos sind alternative Tonsillektomiemethoden<br />

in der Diskussion (s. Meth. 16-3, S. 342). Bei<br />

kleineren Blutungen: Eiskrawatte, Mundspülung mit Eiswasser<br />

(evtl. mit Privin®-Zusatz), Einsprühen mit Privin®<br />

1:1000. Im Falle einer stärkeren Nachblutung erfolgt die<br />

Blutstillung mit der bipolaren Kaustik (vorher einsprühen<br />

mit 1:1-Gemisch aus Privin® 1:1000/Pantocain 2 %) oder<br />

es wird zunächst ein konservativer Versuch mit Umspritzen<br />

des Blutungsherdes mit Epinephrin (z.B. Xylocain®<br />

1 %/-2 % mit Adrenalin 1:200 000 Injektionslösung) unternommen.<br />

Bei starker Nachblutung ist eine Revisionsoperation<br />

mit intraoperativer Koagulation oder Umstechung der<br />

blutenden Gefäße (Cave: atypischerVerlaufvonA.carotis<br />

interna, A. maxillaris und A. lingualis) indiziert. Bei Persistenz<br />

einer diffusen Blutung wird zu deren Stillung ein Hämostyptikum<br />

(z.B. TABOTAMP) verwendet, über dem die<br />

Gaumenbögen verschlossen werden. Im Extremfall muss<br />

die A. carotis externa unterbunden werden. Postoperativ<br />

können Blutungen auftreten, insbesondere wenn das Tonsillengewebe<br />

nicht vollständig entfernt wurde.<br />

Prognose<br />

Ohne Operation einer pathologischen Gaumenmandelhyperplasie<br />

oder bei verlangsamter Rückbildung ist mit<br />

einer verzögerten Spontaninvolution im Verlauf eines Jahrzehntes<br />

zu rechnen. Die Folge ist ein mechanisches Atemund<br />

Schluckhindernis mit Gedeihstörung.<br />

Bei einer Tonsillotomie/Tonsillektomie bzw. zumeist<br />

Adenotonsillotomie/Adenotonsillektomie ist in der Regel<br />

eine auffällige Sofortbesserung des Allgemeinzustandes des<br />

Kindes mit einer Normalisierung des Appetits und nachfolgender<br />

Normalisierung der Körperentwicklung zu beobachten.<br />

Die Manifestationshäufigkeit von Infekten der oberen<br />

Luftwege wird gesenkt und entspricht der Infekthäufigkeit<br />

in einem Normalkollektiv.<br />

335<br />

Eine gelegentliche Rhinolalie kann durch eine ursprünglich<br />

durch den postoperativen Wundschmerz ausgelöste<br />

Schonhaltung des Gaumensegels ausgelöst werden. Sie ist<br />

fast immer vorübergehend. Bei mehrwöchigem Anhalten<br />

sollte ein Phoniater zur Frage der Übungstherapie hinzugezogen<br />

werden.<br />

Meth.16-2 Tonsillotomie<br />

Neben der Tonsillektomie gehört heute auch die Tonsillotomie<br />

zum operativen Arsenal zahlreicher, aber nicht<br />

aller HNO-Chirurgen.<br />

Immunhypothese: Vertreter der Tonsillotomie lassen<br />

sich von dem Gedanken der Tonsillen als immunkompetentes<br />

Organ des MALT („mucosa associated lymphoid<br />

tissue“) leiten, die für die Ausbildung der humoralen<br />

(antikörperabhängigen) Immunantwort in den ersten<br />

Lebensjahren von Bedeutung sind. Die natürliche Involutionsatrophie<br />

der Tonsillen ist ein klinisches Zeichen,<br />

dass die Bedeutung für die Generation der humoralen<br />

Immunantwort allerdings zeitlich befristet ist. Vermutungen<br />

gehen daher davon aus, dass deren Einfluss nach<br />

dem 3. Lebensjahr zurückgeht, andererseits lassen sich<br />

jedoch Anstiege der Antikörperproduktion bis zum<br />

10. Lebensjahr finden. Darauf beruhen Empfehlungen,<br />

vordem3.LebensjahrkeineTonsillektomiedurchzuführen,<br />

aber auch Überlegungen, Tonsillengewebe möglichst<br />

lange zu erhalten.<br />

Abszesshypothese: Auf letzterer Überlegung beruht die<br />

Tonsillotomie, die es im Gegensatz zur Tonsillektomie<br />

erlaubt, die Tonsillen unter Erhalt von Tonsillengewebe<br />

zu verkleinern. Ablehnende Haltungen gegenüber der<br />

TonsillotomiegehenvorallemvonderBefürchtungaus,<br />

dass mit einer Tonsillotomie das Risiko eines späteren<br />

Peri- bzw. Paratonsillarabszesses erhöht würde.<br />

Weder für die die Tonsillotomie stützende Immunhypothese<br />

noch für die die Tonsillotomie ablehnende Abszesshypothese<br />

gibt es prospektive klinische Langzeitstudien,<br />

die die jeweilige Auffassung klinisch stützen würden.<br />

Indikationen: Nach Scherer ist eine Tonsillotomie beschränkt<br />

auf Kinder bis zum Alter von 6 bis 8 Jahren<br />

�<br />

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