10PETRA _ <strong>Auf</strong> <strong>dem</strong> <strong>Weg</strong> <strong>zu</strong> <strong>einer</strong> <strong>Kartographie</strong> <strong>der</strong> Literaturüberset<strong>zu</strong>ng in EuropaCopyright und e-Rechteam Beispiel<strong>der</strong> Literaturüberset<strong>zu</strong>ngZiel: Bewusstsein schaffen, Regeln än<strong>der</strong>nund Umset<strong>zu</strong>ngsmöglichkeiten findenDie Situation: drei bedeutende internationale und überset<strong>zu</strong>ngsnahe Institutionen, FIT, PEN undCEATL, erkennen die Urheberschaft von Übersetzern und ihr damit verbundenes Urheberrecht an.FIT:14. Eine Überset<strong>zu</strong>ng stellt geistiges Eigentum dar und muss daher gesetzlich entsprechendgeschützt werden.15. Der Übersetzer/die Übersetzerin hat daher das Urheberrecht an s<strong>einer</strong>/ihrer Überset<strong>zu</strong>ngund damit dieselben Rechte wie <strong>der</strong> Autor/die Autorin des Originalwerks.(Translator’s Charter, Abschnitt II, Rechte des Übersetzers)PEN:Artikel 3. Der Übersetzer muss wie ein Autor behandelt werden und als Autor muss er entsprechendeVertragsrechte erhalten, einschließlich Urheberrecht. (Declaration of the Rights andResponsibilities of Translators)CEATL:Das Urheberrecht basiert auf <strong>dem</strong> Gedanken <strong>der</strong> Originalität: jede neue Formulierung, die sichvon bestehenden Formulierungen unterscheidet, wird als das unveräußerliche geistige Eigentumihres Autors betrachtet und ist als solches automatisch geschützt. (…) Darum genießt <strong>der</strong>Übersetzer genau dieselben Rechte wie <strong>der</strong> Autor. Dies bedeutet auch, dass eine literarischeÜberset<strong>zu</strong>ng nicht einfach eine Dienstleistung ist: wenn ein Verlag einen Vertrag mit einem Übersetzerabschließt, gibt er ein Originalwerk in <strong>Auf</strong>trag, das den Stempel seines Urhebers trägt.(www.ceatl.eu/translators-rights/legal-status)Obwohl FIT für alle Übersetzer spricht (nicht nur für Literaturübersetzer), PEN eher die Autorenals die Übersetzer vertritt und CEATL im Unterschied <strong>zu</strong> den an<strong>der</strong>en keine weltweite, son<strong>der</strong>neine europäische Organisation ist, gibt es in <strong>der</strong> Formulierung <strong>der</strong> Dokumente keine grundlegendenUnterschiede. Aber wie kann bei so viel Übereinstimmung so viel schief gehen?Zunächst schweben alle diese Definitionen und Erklärungen (einschließlich <strong>der</strong> BernerKonvention und <strong>der</strong> Nairobi Recommendation von 1976) wie eine Wolke über den nationalenGesetzgebungen. Nicht viele dieser Definitionen haben es bis in die nationale Gesetzgebunggeschafft (nicht einmal in Län<strong>der</strong>n, die diese Dokumente unterzeichnet haben). Und wennsie aufgenommen wurden, dann nur in sehr ungenauen Formulierungen. Das bedeutet, dasseine Klage <strong>zu</strong> einem langen, komplizierten und dadurch teuren Verfahren führt, in <strong>dem</strong> dieKosten über <strong>dem</strong> Nutzen stehen. Staaten verfolgen Urheberrechtsverlet<strong>zu</strong>ngen sehr ungern,insbeson<strong>der</strong>e, wenn es sich um Überset<strong>zu</strong>ngsfälle handelt. Die Klägerin wird <strong>zu</strong>meist ans
Andy Jelčić _ Copyright und E-Rechte am Beispiel <strong>der</strong> Literaturüberset<strong>zu</strong>ng11Zivilgericht verwiesen. Dadurch entsteht automatisch ein Kampf David gegen Goliath, freischaffen<strong>der</strong>Übersetzer gegen ein Unternehmen (ein Verlag, Internetprovi<strong>der</strong> usw.), in <strong>der</strong>Regel mit eigener Rechtsabteilung. Der Übersetzer muss dann die Rolle des Michael Kohlhaasaus Heinrich Kleists gleichnamiger Novelle übernehmen, <strong>der</strong> sich auf eine nahe<strong>zu</strong> fanatischeSuche nach Gerechtigkeit begibt – eine sehr undankbare Rolle.Es wäre jedoch falsch, an<strong>der</strong>en Akteuren auf <strong>dem</strong> Literaturmarkt böse Absichten <strong>zu</strong> unterstellen.Oft handelt es sich einfach um fehlendes Bewusstsein in unterschiedlichen Bereichen:––dass <strong>der</strong> Übersetzer ein Urheber ist und nicht nur ausführen<strong>der</strong> Dienstleister––wie viel Schöpferkraft in <strong>einer</strong> Überset<strong>zu</strong>ng steckt––dass die Geschäftsbeziehung <strong>zu</strong>m Übersetzer nicht mit <strong>dem</strong> Druck des Buches endet––dass die Übersetzerrechte nicht dieselben sind wie die des Autors. Das bedeutet, dassAutorenrechte abgelaufen sein können, die Übersetzerrechte dagegen nicht.––dass die Bestimmungen eines Vertrags zwischen Übersetzer und Verlag größtenteilsbereits in mehreren international anerkannten Dokumenten ausgeführt wurdenund es sich nicht um ein einmaliges, von Grund auf neu <strong>zu</strong> entwerfendesVertragsdokument handelt.In manchen Fällen kann die Situation verbessert werden – manchmal vollständig, manchmalteilweise – und zwar über verschiedene Aktionen, die das Bewusstsein schärfen. In an<strong>der</strong>enFällen reicht das nicht aus, dann fehlen klar definierte Regelungen, die die Rechte <strong>der</strong> Übersetzerspezifizieren. Eine klare Regelung ist sehr hilfreich, um Missbrauch und Gerichtsverfahren<strong>zu</strong> vermeiden, sie hat <strong>zu</strong><strong>dem</strong> einen positiven Einfluss auf Formulierungen in Verträgen. Aberwenn selbst klar definierte Gesetze leicht umgangen werden können, müssen die entsprechendenStaaten mehr Bereitschaft <strong>zu</strong> ihrer Durchset<strong>zu</strong>ng zeigen. Beson<strong>der</strong>s für den immerstärker werdenden Bereich <strong>der</strong> e-Rechte ist dies wichtig. 2009 hat CEATL eine Umfrage <strong>zu</strong>e-Rechten durchgeführt und die Ergebnisse 2010 veröffentlicht.Veröffentlichungen in elektronischen MedienDie Entwicklung elektronischer Medien hat die Verhältnisse nicht radikal verän<strong>der</strong>t, jedocheinige Schwachpunkte im System offen gelegt. Wir können die Entwicklung <strong>der</strong> Datenpirateriemit zwei unterschiedlichen Situationen vergleichen: im einen Fall sind Wertsachen in einem Safeverschlossen, <strong>der</strong> wie<strong>der</strong>um von Mauern, Wächtern und Kameras umgeben ist, im an<strong>der</strong>en Fallsind sie öffentlich verfügbar. In beiden Fällen ist es illegal die Wertsachen an sich <strong>zu</strong> nehmen.An öffentlichen Orten würde vermutlich ein Schild mit expliziter Warnung in mehreren Sprachenstehen. In beiden Fällen wäre ein Entwenden Diebstahl. Im ersten Fall verletzt <strong>der</strong> Diebstahl diegesamte Planung, Arbeit und Mühe, mit <strong>der</strong> die Wertsachen eingeschlossen wurden, im zweitenFall ist es <strong>der</strong> simple Akt des Mitnehmens und <strong>Weg</strong>rennens. Ist <strong>der</strong> Dieb im zweiten Fall wenigerschuldig und wird die Gesetzgebung in diesem Fall mil<strong>der</strong> sein?Und Piraterie ist nicht die einzige Folge des technischen Fortschritts ohne Kontrolle. ÜbersetzteWerke, die digitalisiert werden, sind lange <strong>zu</strong>gänglich und lieferbar, wodurch ein Rechterückrufdurch den Übersetzer obsolet wird.An diesem Punkt ist es wichtig zwischen dauerhaften Prinzipien und kurzlebigen Erscheinungen<strong>zu</strong> unterscheiden. Das wichtigste dauerhafte Prinzip lautet: ganz gleich, wie einfach<strong>der</strong> Zugang <strong>zu</strong> übersetztem literarischem Content auch sein mag, jede Phase und Form <strong>der</strong>Veröffentlichung eines Originalwerks durch einen Übersetzer bedarf, wenn es unter den Urheberschutzfällt, <strong>der</strong> Zustimmung des Übersetzers und <strong>einer</strong> angemessenen Vergütung.Die CEATL-Umfrage <strong>zu</strong> e-Rechten (www.ceatl.eu/wp-content/uploads/2010/10/CEATL_E-RIGHTS_2010EN.pdf), die die aktuelle Situation wi<strong>der</strong>spiegelt, unterscheidet zwischen Downloadsfür Rea<strong>der</strong>, Downloads für den PC (schreibgeschützt und ausdruckbar), Downloads für