Auf dem Weg zu einer Kartographie der Literaturübersetzung ... - Petra

32PETRA _ Auf dem Weg zu einer Kartographie der Literaturübersetzung in Europa„Stabiler“ heißt hier, dass die Spannbreite zwischen den niedrigsten und höchsten Einkommenkleiner ist, während in Ländern ganz ohne Regelung oder Vereinbarung mit den Verlagendie Einkommensunterschiede und insbesondere die Abweichungen beim Seitenhonorardeutlich größer sind.Vor allem in Ländern ohne ein starkes Urheberrecht (etwa in Griechenland, Italien, Litauen,Tschechien, der Slowakei) ist die Spannbreite zwischen den niedrigsten und den höchsten Einkommenbeträchtlich.Einfluss von Stipendien und gemeinsamer Verwertung von Urheberrechten:Die Lebensbedingungen der Literaturübersetzer sind hingegen deutlich besser in Ländern, dieüber Stipendiensysteme verfügen. Diese können aus einem staatlich finanzierten Fonds bestehenwie in den Niederlanden (Kulturministerium)oder aus Fonds, die aus den Erlösen der Verwertungsgesellschaftengespeist werden wie in Dänemark, oder auch aus einer Kombinationbeider Finanzierungsmodelle wie in Norwegen.Beteiligungen am VerkaufserfolgDa es sich bei der Arbeit des Literaturübersetzers einerseits um eine pauschal bezahlte Auftragsarbeitdes Verlags handelt, und andererseits um ein Kunstwerk, hat der Übersetzer zusätzlichzum Grundhonorar Anrecht auf eine Erfolgsbeteiligung, üblicherweise auf einen bestimmtenProzentsatz an den Erlösen aus der Verwertung seines Werks.In den „großen“ Ländern mit ihren durchschnittlich höheren Auflagen, können Übersetzerihre Einkommen durch eine angemessene Beteiligung an der Verwertung ihrer Werke tatsächlichverbessern, insbesondere wenn die Beteiligung auf das pauschale Grundhonorar aufgeschlagenwird (wie in den Niederlanden).Wird die Beteiligung allerdings mit dem Grundhonorar verrechnet, erhalten die Übersetzerzusätzliche Einkommen nur bei „Bestsellern“, wodurch sich die Durchschnittseinkommen derÜbersetzer nicht verbessern.In den „kleinen“ Ländern mit ihren durchschnittlich kleineren Auflagen, kann eine Beteiligungam Verkaufserfolg die Einkommen nicht erhöhen.In Ländern mit großen Taschenbuch- und Hörbuchmärkten können Nebenrechtsbeteiligungendie Einkommen der Literaturübersetzer beachtlich erhöhen.1 Martin de Haan, Rokus Hofstede,A pamphlet for preservinga flourishing translation culture,Amsterdam 2008.2 Libro Blanco de la traduccióneditorial en España, hg. vonACE Traductores, Madrid 2010.3 Pierre Assouline, La Conditiondu traducteur, Centre Nationaldu Livre, Paris 2011.Schlussfolgerungen und …Die Studie des CEATL aus dem Jahr 2008 sowie zahlreiche Umfragen der nationalen Übersetzerverbändezeigen, dass die durchschnittlichen Nettoeinkommen der Literaturübersetzermaximal 60 % des KKS erreichen, während sie in zwei Drittel der Länder unter 50 %liegen. Anders gesagt: Die große Mehrheit der europäischen Literaturübersetzer lebt an oderunter der Armutsgrenze.Die besten Lebensbedingungen für Übersetzer herrschen in Ländern mit direkt vom Staat finanziertenStipendiensystemen (über Fonds) oder mit Unterstützungssystemen, die indirekt überBibliothekstantiemen bzw. durch Abnahmegarantien der Bibliotheken finanziert werden wie inden Niederlanden und in Skandinavien, und in Ländern mit Vergütungsregeln oder Abkommenzwischen Übersetzern und Verlagen (beispielsweise in Frankreich). Doch muss man hinzufügen,dass sich die Situation der Literaturübersetzer in den meisten Ländern trotz eines großenAufschwungs des Buchmarkts seit 1990 nicht verbessert hat, wie es 2008 in den Niederlandenim Rahmen eines großen Manifests 1 oder 2010 in Spanien in einem „Weißbuch 2 “ angeprangertwurde, oder dass er für die Literaturübersetzer sogar bergab ging, wie es der „Assouline-Bericht 3 “ kürzlich für Frankreich gezeigt hat.