Komplett - Das Sauerlandmagazin Juni 2015
In diesem Heft u.a.: Idylle pur auf der Lenne + So wird man Schützenkönig + Ultimative Tipps für den Urlaub zu Hause
In diesem Heft u.a.: Idylle pur auf der Lenne + So wird man Schützenkönig + Ultimative Tipps für den Urlaub zu Hause
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<strong>Das</strong> Wasser war kälter, als erwartet. Nach der ersten<br />
Bahn wurde Hubbi allerdings schnell wärmer. War sie<br />
wirklich so aus dem Training, dass sie jetzt schon einen<br />
roten Kopf bekam?<br />
Zwei weitere Frühschwimmerinnen traten aus dem Gebäude<br />
und schlenderten zur Liegewiese. Der Marathon-<br />
Mann war nirgends zu sehen. Hubbi gelangte zum Beckenrand,<br />
stieß sich kraftvoll ab und schielte zur Uhr<br />
über dem Eingang. 6.13 Uhr. In genau einer Stunde<br />
wollte sie aus dem Wasser steigen. <strong>Das</strong>, fand sie, reichte<br />
für den ersten Tag.<br />
Hubbi tauchte unter und beobachtete, wie das Sonnenlicht<br />
auf den blauen Bodenfliesen tanzte. Morgenstund<br />
hat Gold im Mund, dachte sie noch, als sie auftauchte<br />
und den Schrei hörte. Es waren die beiden Damen:<br />
„Oh Gott! Edeltraud, was ist mit dir?!“ Hubbi konnte<br />
die bunten Badekappen der Frauen gerade noch über<br />
der Hecke ausmachen, die die Liegewiese vom Becken<br />
trennte. So schnell sie konnte schwamm sie zum Rand,<br />
zog sich hinaus, was erst beim dritten Anlauf klappte,<br />
und rannte zu den Frauen.<br />
Die Bademeisterin war auch schon eingetroffen. Auf<br />
dem Boden lag die rosa Frau aus der Dusche auf dem<br />
Bauch, die hellgrauen Locken umspielten das blau angelaufene<br />
Gesicht mit der blutigen Nase.<br />
„Oh Gott, was ist denn mit ihr? Ist sie tot?“, rief eine der<br />
beiden Frauen. Die Bademeisterin drehte die rosa Dame<br />
auf den Rücken und fühlte ihren Puls. Hubbi konnte<br />
auch so sehen, dass sie nicht mehr zu retten war. „Ein<br />
Herzinfarkt vielleicht oder ein Schlaganfall“, sagte die<br />
Bademeisterin, „Sieht so aus, als wäre sie aufs Gesicht<br />
gefallen.“<br />
Hubbi trat einen Schritt zurück, schloss die Augen einen<br />
Moment und versuchte dann, die Szene unvoreingenommen<br />
zu betrachten, so wie sie es im Grundkurs Tatortbegehung<br />
gelernt hatte. Die Tote lag jetzt auf dem<br />
Rücken, die Hände dreckverkrustet, das Gesicht blutig.<br />
Um sie herum war der Rasen aufgewühlt, ihr Handtuch<br />
lag ausgebreitet im Dreck, daneben die Brille und ihre<br />
Duschgelflasche. Hubbi stutzte. Etwas fehlte.<br />
Nein, sie war wirklich nicht mehr in Form, das war Hubbi<br />
nach dem kurzen Sprint zu dem entfernten Mülleimer<br />
nun klar. Doch es hatte sich gelohnt: Da, zwischen Pommesschälchen<br />
und Caprisonne-Tüten lag sie, die rosagerüschte<br />
Badekappe. Mit spitzen Fingern hob Hubbi<br />
sie hoch: Tatsächlich! Auf der Innenseite der Kappe war<br />
Blut. Die rosa Dame war nicht an einem Herzinfarkt gestorben.<br />
Jemand hatte ihr ihre Badekappe über das Gesicht<br />
gestülpt und sie so erstickt.<br />
Hubbi seufzte. Sie war noch immer außer Atem, aber<br />
es half ja nichts. Wenn sie den Täter jetzt nicht zu fassen<br />
bekam, war er weg. Also nahm sie die Beine in die<br />
Hand und rannte so schnell sie konnte zu den Umkleidekabinen.<br />
Als sie am Tatort vorbei kam warf sie der<br />
Bademeistern die Kappe zu und rief: „Der Marathon-<br />
Mann hat sie ermordet! Rufen Sie die Polizei!“<br />
Sie hatte Glück: Der Mörder wollte sich gerade durch<br />
das Drehkreuz am Ausgang zwängen, doch seine vollgestopfte<br />
Umhängetasche behinderte ihn dabei. Als er<br />
Hubbi angerannt kommen sah, beeilte er sich. Dabei fiel<br />
ihm die Tasche aus der Hand und ihr Inhalt ergoss sich<br />
über den Boden. Plötzlich gab das Drehkreuz nach und<br />
der Mann stand draußen, getrennt von seinen Sachen.<br />
Hubbi blieb stehen, bückte sich nach dem Portemonnaie,<br />
das ihr vor die Füße gepurzelt war, und grinste:<br />
„Blöd gelaufen, was Herr Jörg Behrendt, Ziegeleistraße<br />
17a?“<br />
„Lassen Sie die Finger von meinen Sachen“, schrie der<br />
Mann und versuchte über die Absperrung zu klettern.<br />
Ganz schön ungelenkig für einen Marathonläufer, dachte<br />
Hubbi und fischte aus dem Chaos die Shampooflasche<br />
aus der Frauendusche. Man konnte die Kameralinse nur<br />
erkennen, wenn man ganz genau hinsah.<br />
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