Leitlinien in der Psychotherapietionsstrategien reichen. Dabei werden sowohlallgemeine therapeutische Strategienals auch Vorgehensweisen bei einzelnenPersönlichkeitsstörungen dargestellt.Auf der Grundlage der Evidenzklassenwerden empirische Befunde zu Therapiestudiensowohl für psychotherapeutischeals auch psychopharmakolgische Behandlungenvorgestellt. Zusammenfassend wirdfestgestellt, dass „psychotherapeutischeVerfahren derzeit als Methode der Wahlzur Behandlung von Persönlichkeitsstörungengelten, dass die Behandlungsplanungbei Patienten mit Persönlichkeitsstörungenjenseits der spezifischen psychotherapeutischenMethode eine Hierarchisierung derBehandlungsziele sowie eine detaillierteProblemanalyse unter Berücksichtigung derErhebung externer Bedingungen, akzentuierterWahrnehmungen und Interpretationen,akzentuierter Denk‐, Erlebens‐ undBeziehungsmuster, akzentuierter Handlungstendenzen,manifester VerhaltensundInteraktionsmuster und schließlich dieAnalyse spezifischer Reaktionen des sozialenUmfeldes“ berücksichtigen sollte. Dabeiist ersichtlich, dass empirisch abgesicherteTherapieempfehlungen nur für drei Störungen– die Borderline‐, die antisoziale und dieängstliche (vermeidende) Störung – vorliegen.„Die Empfehlungen zur Behandlungder anderen Störungen basieren wegenweitgehend fehlender Wirksamkeitsstudienüberwiegend auf der klinischen Erfahrungder beteiligten Experten oder anderer veröffentlichterExpertenmeinungen“ (www.uni-duesseldorf.de/awmf/ll/).Weitere zusammenfassende Hinweise:•Es wird empfohlen, die Diagnose,eingebettet in ein psychoedukativesVorgehen und ein sinnstiftendes Erklärungsmodell,unter Bezugnahme aufdie biographische Entwicklung mit demPatienten zu kommunizieren.•Zu Behandlungsbeginn ist die therapeutischeBeziehung komplementär zugestalten, d. h. der Therapeut passt sichan biographisch geprägte Beziehungserwartungendes Patienten an. Im weiterenVerlauf sind dysfunktionale Erwartungennach und nach zu irritieren undzu neuen Erfahrungen anzuregen. Ineiner dialektischen Dynamik zwischenakzeptierender Wertschätzung und Irritationenvon Selbstbild und erwartetenInteraktionsmustern liegt ein wesentlicherSchlüssel zu einer erfolgreichenBehandlung.•Alle pharmakologischen Behandlungsversuche,die auf die Coupierung einerkrisenhaften Zuspitzung, auf die Behandlungkomorbider Störungen oderdie Behandlung von besonders dysfunktionalenPersönlichkeitsmerkmalenabzielen können, erfolgen „off-label“(d. h. ohne Zulassung für diese Indikation).Sie sind stets mit Psychotherapiezu kombinieren. „Off-label“ erfolgen Behandlungennur dann nicht, wenn diekomorbide Störung die Hauptindikationdarstellt.•Für die Früherkennung und kompetenteDiagnostizierung von maladaptivenVerhaltensweisen und dysfunktionalenFormen der Erlebnisverarbeitung ist esnotwendig, Entwicklungsstörungen derPersönlichkeit bereits im Kindes‐ undJugendalter festzustellen, um gezieltetherapeutische Interventionen rechtzeitigzu ermöglichen.5.2 Leitlinie „Therapie derAdipositas im Kindes‐ undJugendalter“Die Leitlinien zur Therapie der Adipositasim Kindes‐ und Jugendalter wurde vonVertretern von zehn Fach‐ sowie drei Berufsverbändenerarbeitet und wurden imJanuar 2009 als S3-Leitlinie publiziert.Ziel der Leitlinie ist es nach Angabe derExpertengruppe, (a) das Bewusstsein fürdas Gesundheitsproblem Adipositas imKindes‐ und Jugendalter zu stärken, (b)Therapeuten und Patienten eine orientierendeHilfe zu geben und (c) krankheitsspezifischeInformationen und Empfehlungenzur Therapie der Adipositas für alle imGesundheitswesen sowie in der Gesundheitspolitiktätigen Personen bereitzustellen(Leitlinientext, S. 8, www.a-g-a.de). Aufder Basis einer systematischen Literaturrecherchewurde ein erster Entwurf der Leitlinienverfasst, der in mehreren Rundenvon den Mitgliedern der Expertenkommissionhinsichtlich der Konsensusstärkeabgestimmt wurde. Vor der endgültigenVeröffentlichung wurde der Leitlinientextin einem öffentlich zugängigen Diskussionsforumfür Kommentierungen zur Verfügunggestellt.Einige zentrale Aussagen der Leitliniesind:•Der Zugang zu einem kombiniertenmultidisziplinären Therapieprogrammsollte jedem adipösen bzw. übergewichtigenKind oder Jugendlichen mitKomorbidität (6 bis 17 Jahre) ermöglichtwerden (starker Konsens).•Kombinierte multidisziplinäre Therapieprogrammesollten Therapien, die nureinzelne Aspekte berücksichtigen, vorgezogenwerden (Konsens).•Die Familie soll motivierend und unterstützendim Rahmen der Adipositasbehandlungmitwirken (starker Konsens).Bei Adipositas im Kindes‐ und Jugendalterkann in Einzelfällen eine medikamentöseTherapie zur Übergewichtsreduktion erwogenwerden insbesondere bei Patientenmit erheblicher Komorbidität und einemextrem hohen Gesundheitsrisiko sowieVersagen einer herkömmlichen verhaltensorientiertenTherapie über mindestens9 bis 12 Monate (starker Konsens).Die Module einer multidisziplinären Therapieumfassen dabei in der Regel (a) Ernährungstherapie,(b) Steigerung der körperlichenAktivität und (c) Verhaltenstherapie.Dabei wird vorgeschlagen, die Steigerungkörperlicher Aktivität aus motivationalenGründen in Gruppen ohne Leistungsanspruchbei gleichzeitiger Wissensvermittlunganzubieten. Die körperliche Aktivitätsollte dem Grad der Adipositas und demGeschlecht der Teilnehmer angepasst seinund möglichst durch das soziale Umfeldunterstützt werden. Weiterhin sollte durchein verhaltenstherapeutisches Programmein flexibel kontrolliertes statt rigides Essverhaltenerlernt werden.5.3 Leitlinie für den KonsiliarundLiaisondienst in derPsychosomatischen undPsychotherapeutischenMedizin in Krankenhäusernder AkutversorgungEin Beispiel für Leitlinien im institutionellenKontext ist die Leitlinie der AWMF zum136 Psychotherapeutenjournal 2/2009
Ausschuss Wissenschaft, Forschung und Qualitätssicherung der <strong>Psychotherapeutenkammer</strong> BerlinKonsiliar‐ und Liaisondienst in der Psychosomatischenund PsychotherapeutischenMedizin in Krankenhäusern der Akutversorgung(Entwicklungsstufe 2). Unterdem Begriff Konsiliar‐ und Liaisondienstewerden hier Interventionen zusammengefasst,die nicht im engeren Sinne zur ärztlichenBehandlung gehören, sondern eherpsychosoziale und psychotherapeutischeElemente enthalten. Diese Maßnahmenkönnen sowohl im Bedarfsfalle bei externenBehandlern nachgefragt als auch routinemäßigim Krankenhaus von angestelltenKolleginnen und Kollegen durchgeführtwerden. Adressaten sind neben dem Patientendessen Angehörige sowie die behandelndenÄrzte und das Pflegepersonal.Dementsprechend vielfältig ist die Art desAngebots, das von patientenbezogenerBeratung der Ärzte bei Diagnose‐ und Indikationsstellungsowie im Einzelfall derDurchführung von Psychotherapie, überInformation und Betreuung von Angehörigenbis hin zu Weiterbildungsangebotenfür das Krankenhauspersonal reicht.In der Leitlinie wird zunächst der Bedarf andieser Art von Leistungen an Krankenhäusernder Akutversorgung eingeschätzt. Danachweisen mindestens 30% aller Patientenpsychische bzw. psychosomatischeStörungen auf. Bei 10% wird eine psychotherapeutischeInterventionsnotwendigkeitfestgestellt. Ein Bedarf für Fort‐ undWeiterbildungsmaßnahmen wird vor allemfür Ärzte und Pflegepersonal in psychischbelastenden Arbeitsbereichen gesehen,wozu beispielsweise die Intensivmedizinund die Onkologie gehören.Ausgehend von dieser Bedarfsanalyse gibtdie Leitlinie im weiteren Verlauf Empfehlungenzur Planung, Implementierung undEvaluation der Versorgung. Behandlungsmaßnahmenund institutionelle Bedingungenwerden anhand von Experteninterviewsund Auswertung wissenschaftlicherDaten dahingehend bewertet, inwieweitsie den folgenden Zielen entsprechen:•qualifizierte Versorgung der Patientenund deren Angehörigen,•Verbesserung der Kompetenz der Behandler(Weiterbildung, Supervision),•Wahrnehmung einer Schnittstellenfunktionzwischen der Klinik und anderenAgenten der psychosozialen Versorgung.In diesem Zusammenhang wird auch derZeitaufwand für entsprechende Behandlungenbzw. Dienste abgeschätzt, aus demsich dann auch der Umfang des notwendigenStellenpools ergibt. Bei einer durchschnittlichenBehandlungsdauer von dreibis acht Stunden pro Patient veranschlagendie Verfasser der Leitlinie für jede Vollzeitkraftdie Versorgung von 160 bis 300Patienten im Jahr. Die große Spannbreiteerklärt sich durch unterschiedliche institutionelleAufträge an die Behandler. Nebendiesen Behandlungsstunden werden weitereZeiten für Supervision, Weiterbildung,kollegialen Austausch und die Anfertigungvon Berichten veranschlagt (Rudolf & Eich,2003).In der Berücksichtigung der Vielschichtigkeitdieses Aufgabenbereiches, der Einbeziehunginstitutioneller Bedingungensowie der Vernetzung mit anderen Berufsgruppenund Institutionen greift diese Leitliniein großen Anteilen den Berufsalltagangestellter Psychotherapeuten auf.Da diese Leitlinie derzeit aktualisiert wird,ist sie zurzeit nicht auf der oben angeführtenInterseite der AWMF einzusehen.6. Kritische Aspekte 2Die Entwicklung der Psychotherapie seitden 60er Jahren erscheint unter dem Aspektder Professionalisierung als Erfolgsgeschichte.Die Etablierung des Berufsstandesder Psychologischen Psychotherapeutenund Kinder‐ und Jugendlichenpsychotherapeutenund die Integration von Psychotherapiein die kassenärztliche Versorgungtragen wesentlich zum heutigen Ansehender Psychotherapie bei. Gleichzeitig zeigtesich im Zuge dieser Professionalisierungund der Integration in die Gesetzlicheund Privaten Krankenversicherungen, dassdie Psychotherapie zwar einen überauswichtigen Anteil in der Versorgung übernehmenkonnte, aber auch, dass diesenotwendige Versorgungsorientierung dieVernachlässigung gesellschafts‐ und kulturkritischerPotentiale, die die Theorienvon Verfahren und Behandlungstechnikenbeinhalten, mit sich bringen kann. Psychotherapiewird jedoch immer mit erkranktenMenschen durchgeführt, die im Kontextzu bestimmender gesellschaftlicher, historischerund kultureller Bedingungen vordem Hintergrund ihrer persönlichen Geschichtedekompensieren, die also nichtisolierbare (psychische) Störungen zeigen.Die Störungsorientierung im Kontextder Versorgung zeigt sich jedoch an vielen2 Nach umfassenden Diskussionen war derAusschuss nicht in der Lage, zu diesemAbschnitt in allen Teilen konsentierbare Einschätzungenzu formulieren. Diese Tatsachespiegelt wahrscheinlich auch die umstritteneund facettenreiche Diskussion zur Bewertungvon Leitlinien in der Profession wider.Von daher haben wir entschieden, neben derkonsentierten Fassung der Diskussion im Anschlusszusätzlich zwei weitere, stärker pointierteDiskussionsbeiträge aufzunehmen.Psychotherapeutenjournal 2/2009137
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