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Editorial - Psychotherapeutenkammer NRW

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Leitlinien in der PsychotherapieZusammenstellung und Kombination dereinzelnen Module und Inhalte ist das vorliegendeProgramm jedoch als einzigartiganzusehen, da es das erste spezifischeKonzept für Menschen mit Brandverletzungenist. Es geht auf Themen ein, dieauf die Bedürfnisse und Interessen dieserspeziellen Patientengruppe abgestimmtsind, z. B. werden Informationen zumUmgang mit Narben gegeben. Wir gehendavon aus, dass das Grundkonzept auchfür den Einsatz bei Menschen mit äußerenEntstellungen ganz allgemein oder bei Patientennach anderen schweren äußerlichversehrenden Unfällen geeignet ist. DieAnwendbarkeit des geschilderten Gruppenkonzeptsbei Patienten, bei denenwesentliches therapeutisches Ziel eine Anpassungan krankheits‐ oder unfallbedingteäußerliche Veränderungen ist, sollte inZukunft überprüft werden.Inhaltliche Bausteine des Gruppenbehandlungsprogramms:Tabelle 1 listetüberblickartig neben thematischen Einheitender einzelnen Sitzungstermine,wesentliche hiermit einhergehende Vorgehensweisenund Therapieziele auf.Ausgestaltung der einzelnen Sitzungen:Alle acht Sitzungen haben einen ähnlichenstrukturellen Aufbau. Im Anschluss an eineEinleitung und die Besprechung derHausaufgaben der letzten Stunde wird dasThema der Stunde bearbeitet, entweder inForm von Informationsgabe, einer Gruppendiskussionmit Auswertung oder über Rollenspieleund Verhaltensexperimente. AmEnde jeder Stunde werden Hausaufgabenzum aktuellen Sitzungsthema aufgegebenund eine PMR-Entspannungsübung durchgeführt.Ein Abschlussblitzlicht und eineFeedbackrunde runden jede Stunde ab.Bezüglich des genauen Vorgehens in deneinzelnen Sitzungen sei auf das in Kürze publizierteGruppenmanual verwiesen (Holtfrerichet al., in Druck). Zur Verdeutlichung desKonzepts soll an dieser Stelle exemplarischauf zwei Themenblöcke des Programms, die„Herzstücke“ des Behandlungskonzepts, eingegangenund das konkrete therapeutischeVorgehen skizziert werden.Die Bearbeitung des Körperkonzepts (Sitzung4) zieht sich indirekt durch alle Sitzungen,denn stets ist es übergeordnetesZiel, die Selbstfürsorge der Patienten zuverbessern und sie zu einem achtsamenUmgang mit dem eigenen Körper zu ermutigen.Im Rahmen der vierten Sitzungwird das Körperkonzept explizit bearbeitet.Zunächst berichten die Patienten anhandgeleiteter Fragen, was sich für sieim Umgang mit ihrem Körper durch denBrandunfall verändert hat. Hierbei solltenauch mögliche positive Auswirkungen zurSprache kommen, Entwicklungen undVeränderungen im Langzeitverlauf sowieder Umgang mit den Narben in derÖffentlichkeit. In einem anschließendenpsychoedukativen Teil zur kognitiven Umstrukturierungwerden Zusammenhängezwischen Denken, Fühlen und Verhaltenin Form eines negativen Kreislaufs (z. B.Gedanke: „Die Narben sind eklig!“; Gefühl:Angst, Scham; Verhalten: Rückzug) undeines positiven Kreislaufs (z. B. Gedanke:„Narben sind ein Zeichen der Heilung.“,„Sie sind nur ein Teil von mir.“; Gefühl:Ausgeglichenheit; Verhalten: soziale Aktivität)dargestellt und auf die Entstehung undAuswirkungen von Vermeidungsverhalteneingegangen. Angeregt durch das Modellwerden die Patienten dazu befragt, welchehilfreichen Gedanken zu ihren Narben undihrem Äußeren sie von sich selbst kennen.Es wird zusätzlich eine Liste potenziell hilfreicherGedanken und Bewertungen vorgestellt,aus welcher die Teilnehmer die fürsie subjektiv stimmigen Alternativen auswählensollen und die Aufgabe erhalten,diese im Verlauf der kommenden Wochebis zur nächsten Sitzung einzusetzen undzu erproben.Im Rahmen des Moduls zu spezifischen sozialenKompetenzen im Umgang mit Reaktionenauf Brandnarben (Sitzung 6 und 7)soll den Patienten Sicherheit in der Bewältigungschwieriger sozialer Situationen vermitteltwerden. Hierzu erfolgt zunächst Psychoedukationzur Bedeutung von Blicken,Kommunikation, Neugierreaktionen beiUngewöhnlichem etc. Hierauf aufbauendwerden Zusammenhänge zwischen der Interpretationeiner Situation (z. B. Deutungvon Blicken anderer), Gefühlen und demhierdurch hervorgerufenen Verhalten thematisiert.Dann wird die Gruppe zur Durchführungvon verschiedenen Rollenspielenangeregt, innerhalb derer es darum geht,starrenden Leuten oder schwierigen KommentarenAußenstehender zu begegnen.Es soll mit unterschiedlichen Interpretationsmöglichkeitenund damit einhergehendenverschiedenen Verhaltensweisen experimentiertwerden (z. B. „Sie finden michabstoßend und ekelhaft.“ vs. „Wahrscheinlichhaben sie noch nie einen Brandverletztengesehen. Sie brauchen eine Weile,um sich an meinen Anblick zu gewöhnen.Das ist eine normale Neugierreaktion beiUngewohntem.“). Eine weitere Rollenspielvariantebesteht aus dem Nachstellen vonSituationen, innerhalb derer der Verletztedirekt auf sein Äußeres angesprochen wird(„Was ist denn mit Dir passiert?“). Hierbeihaben die Teilnehmer die Möglichkeit, sichein Repertoire unterschiedlichster Antwortalternativenzurechtzulegen und diese inihren Auswirkungen auf das Gegenüberund den Kontakt auszuprobieren, z. B. Varianten,die das Thema sofort beenden,solche, die überleitend Gesprächsangebotefür andere Themenbereiche offerieren,oder solche, welche Bereitschaft zu weitererpersönlicher Auskunft signalisieren usw.Die Auswertung aller gemachten Rollenspieleerfolgt stets unter Ressourcenperspektive.4. Evaluation des BehandlungsprogrammsAktuell wird in einem weiterhin vomDGUV finanzierten Folgeforschungsvorhabendas skizzierte Gruppenbehandlungsprogramman verschiedenenStandpunkten in Deutschland in Formeines Kontrollgruppendesigns evaluiert.Insgesamt fünf Zentren, an denen Rehabilitationfür Schwerbrandverletztestattfindet, nehmen an dieser Studie teil.Neben dem Schwerbrandverletztenzentrumder BG Unfallklinik Ludwigshafen,des Unfallkrankenhauses Berlin und desBG-Unfallkrankenhauses Hamburg sinddies die Moritz Klinik in Bad Klosterlausnitzund das Rehabilitationszentrum derKliniken Passauer Wolf in Bad Griesbach-Therme. In regelmäßigen Zeitabständenfinden dort Gruppen für Schwerbrandverletztenach dem skizzierten Konzept statt.Auch die ambulante Teilnahme durchPatienten, bei denen die Brandverletzung148 Psychotherapeutenjournal 2/2009

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