Aktuelles aus der Forschungbeiden Behandlungsbedingungenausgemacht werden, wohlaber mittels der Angst-Unterskalader Symptom ChecklistSCL-90. Diese Unterskala weistauf eine größere Reduktion derAngst in der Körperpsychotherapie-Behandlungsgruppehin.Die Autoren machen auf eineReihe von Begrenzungen derAussagekraft der Untersuchungaufmerksam, die vor allem damitzusammenhängen, dass sieim Versorgungskontext durchgeführtwurde. So muss etwaeine fehlende „Reinheit“ derPatientengruppe (z. B. teilweisevorhandene schwere Komorbitäten,unterschiedlicherChronizität) konstatiert werden.Zudem wurden in der Untersuchungsgruppemit üblicher psychiatrischerBehandlung konkretrecht unterschiedliche Behandlungendurchgeführt, teilweise,wie die Autoren betonen, sogarhochwertige Psychotherapie.Die Studie kann als Kompromissversuchbetrachtet werden,einerseits künstlichen Laborbedingungenzu entkommen(und somit die externe Validitätzu erhöhen) und anderseitsgleichzeitig trotzdem bestimmteStandards experimentellerPsychotherapieforschung, wieRandomisierung und Manualisierungder Körperpsychotherapiebedingung,zu erfüllen. Trotzdieser Limitierungen folgern dieAutoren, dass Körperpsychotherapieeine wirksame Behandlungbei Angststörungen darstellt,vergleichbar etwa mit kognitivbehavioralenStrategien.Kommentar: Die Autoren betrachtendie Einbeziehung körperpsychotherapeutischerElementein die Behandlung vonPatienten mit generalisierterAngststörung deshalb als indiziert,da diese Patienten häufigwegen Muskelverspannungenund Schmerzen somatischeMediziner und Physiotherapeutenaufsuchen – jedoch durchderen Zugang zu den körperlichenSymptomen oft frustriertwerden. Ein körperpsychotherapeutischerZugang hingegensetzt ebenfalls an den körperlichenSymptomen an, versuchtjedoch über diesen zugrundeliegendeGefühle, vor allemÄngste, anzusteuern.Erwähnt werden sollte, dassdie „Dosis“ der Therapie – Sitzungenüber ein ganzes Jahrhinweg – in der vorliegendenStudie größer ist als in anderenpublizierten Studien zur generalisiertenAngststörung unddie Effekte geringer als beispielsweisein neueren verhaltenstherapeutischenStudien,mit etwa um eine Akzeptanzkomponenteerweiterte psychotherapeutischeMethode.Es haben sich mittlerweileviele interessante Ansätze zurArbeit mit dem Körper in derPsychotherapie entwickelt (wieetwa auch der in der Studieapplizierte Ansatz), jedoch habensolche Verfahren „bisherwenig Verbindung zur Spracheund Praxis der Richtlinienpsychotherapiegefunden“, soder KörperpsychotherapeutThomas von Stuckrad. Dieshängt vor allem auch damitzusammen, dass in den Psychotherapie-Richtlinienexplizitfestgestellt wird, dass „körperbezogeneTherapieverfahren“keine Leistung der gesetzlichenKrankenversicherung sind undnicht zur vertragsärztlichenVersorgung gehören. Für diePraxis der psychotherapeutischenVersorgung stellt sichalso die Herausforderung, wiePatienten innerhalb der Richtlinienvorgabendazu ermutigtwerden können, auf Körperprozessezu achten und diesetherapeutisch genutzt werdenkönnen.Psychotherapie geht häufig mit positiven Veränderungenin der Lebensqualität einherCrits-Christoph, P., ConnollyGibbons, M.B., Ring-Kurtz, S.,Gallop, R., Stirman, S., Present,J., Temes, C. & Goldstein, L.(2008). Changes in positivequality of life over the courseof psychotherapy. Psychotherapy:Theory, Research,Practice, Training, Vol 45 (4),419-430.Die vorliegende Untersuchungstellt eine Zusammenfassungvon fünf Studien dar, in denendie Veränderungen derLebensqualität über den Verlaufvon Psychotherapie (vierMesszeitpunkte: prä, post, 6-und 12-Monate-Katamnese)bei Patienten (n=139) mitunterschiedlichen psychischenStörungen (generalisierteAngststörung, Panikstörung,Depression, Borderline-Persönlichkeitsstörung,Adipositas)erfasst wurde. Eingesetztwurden verschiedene psychotherapeutischeAnsätze, u. a.interpersonelle Psychotherapienach Luborsky und kognitiveTherapie nach Beck. AlsMessinstrumente kamen eineReihe symptombezogenerFragebögen, ein Fragebogenzur Erfassung interpersonellerProbleme sowie das „Qualityof Life Inventory“ (QOLI) zurAnwendung. Die Fragen desQOLI beziehen sich auf Bereiche,wie beispielsweise Beruf,Beziehung, Freunde, Finanzen,Gesundheit, Nachbarschaft,Kreativität, Lernen, Ziele undWerte, Verwandte, Erholung.Als ein interessanter Befund erscheintzunächst einmal, dasssich zu Therapiebeginn dieLebensqualität zwischen denfünf Patientengruppen bedeutsamunterschied: Patientenmit Adipositas und Panikstörungenwiesen vergleichsweisedeutlich positivere Lebensqualitätsmaßeauf, während Patientenmit Depressionen undBorderline-Persönlichkeitsstörungendeutlich negativere Lebensqualitätswerteangaben.Patienten mit generalisierterAngststörung gaben leicht negativeLebensqualitätswertean.Es zeigte sich, dass sich dieLebensqualität insgesamtbetrachtet im Durchschnittmoderat bis stark vom Beginnder Behandlung bis zurNachbefragung nach 6 Monaten(prä-post-Effektstärked = 0.61; prä-6-Monate-Katamense-Effektstärked = 0.75)positiv veränderte. Bei der Ein-Jahres-Katamnese zeigte sichallerdings wieder eine leichteAbschwächung dieses Effektes(prä-1-Jahres-Katamnese-Effektstärke d = 0.41). Wieaufgrund der Lebensqualitätswertezu Therapiebeginn zuerwarten ist, zeigen Patientenmit Depressionen und Borderlinestörungendie höchstenVeränderungswerte. Des Weiterenwurden moderate negativeKorrelationswerte (–0.40bis –0.52) zwischen den Symptommaßensowie den Maßen158 Psychotherapeutenjournal 2/2009
M. Ochsfür interpersonelle Problemeund der Lebensqualität ermittelt.Allerdings haben sich keineUrsache-Wirkungs-Zusammenhängeermitteln lassen– auch keine Hinweise darauf,wie zunächst einmal klinischplausibel erscheinend, dassSymptomverbesserung zu Verbesserungder Lebensqualitätführt. Eine Ausnahme bildetenAngstsymptome: Hier konntegezeigt werden, dass der Verbesserungder Angstsymptomatikeine Verbesserung derLebensqualität vorausging.Kommentar: Zunächst einmalwiderlegt die Untersuchungein manchmal geäußertesVorurteil gegenüber Psychotherapie– nämlich dass diese„nur“ Störungen repariere, umPatienten wieder „funktionsfähig“zu machen. Es scheint aufGrundlage der Ergebnisse dervorliegenden Studie vielmehrso, dass Psychotherapie oftmalspositive Nebenwirkungenauf weitere Lebensbereichedes Patienten, über Symptomverbesserunghinausgehend,nicht verhindern kann. Psychotherapiekann also niemalsnur eng gefasste Symptomreduktionund ‐behebung sein;nolens volens wirkt sie sich oftauch auf andere Bereiche derLebensqualität salutogenetischaus. Allerdings scheint individuellePsychotherapie, wiehier appliziert, den größten Effekteben auch auf individuelleAspekte der Lebensqualität(z. B. Selbstwert, eigene Lebensziele,individuelle Gefühle)zu haben, weniger auf sozialeAspekte der Lebensqualität(z. B. Beziehungen zur Nachbarschaft).Dies kann als Hinweisdafür verstanden werden,so die Autoren, dass bei einergewünschten Ansteuerung sozialerLebensqualitätsaspekte,diese auch explizit in der Behandlungangesprochen werdenmüssen.Zudem bleibt bei bestimmtenPatienten die Lebensqualitättrotz Verbesserung derselbenim Verlauf der Psychotherapiebedeutsam unter dem Normdurchschnitt.Dieser Befundveranlasst die Autoren, Psychotherapeutenzu empfehlen,nicht nur auf die Lebensqualitätverbessernde Kraftvon Psychotherapie zu vertrauen,sondern Lebensqualitätsansätzeoder verwandteKonzept, wie jenes der positivenPsychotherapie von Seligman,aktiv in die Behandlungmit einzubeziehen.Komorbide sexuelle Probleme verbessern sich oft unter Psychotherapie– auch wenn diese nicht explizit behandelt werdenHoyer, J., Uhmann, S., Rambow,J. & Jacobi, F. (2009).Reduction of sexual dysfunction:by-product of cognitivebehavioraltherapy for psychologicalproblems? Sexualand Relationship Therapy, 24(1), 64-73.In dieser Studie wurden451 Patienten (83,7% miteiner Angst oder Depressionsstörung,13,7% mit einermoderaten bis schweren depressivenEpisode) vor undnach psychotherapeutischerBehandlung (kognitive Verhaltenstherapie)per Fragebogen(deutsche Fassung des „MassachusettsGeneral HospitalSexual Functioning Questionaire“,MGH) zu sexuellenDysfunktionen befragt. DerMGH beinhaltet folgende Dimensionen:Sexuelles Interesse;die Fähigkeit, sexuell erregtzu sein; die Fähigkeit, einenOrgasmus zu erleben; die Fähigkeit,eine Erektion/Lubrikationzu haben; allgemeinesexuelle Zufriedenheit. Ziel derStudie war, die klinisch plausibleVermutung empirisch zuüberprüfen, dass eine Verbesserung/Heilungder Angst oderDepression auch mit einer Verbesserungsexueller Dysfunktioneneinhergeht – und zwarohne dass diese spezifisch inder Psychotherapie behandeltwerden. Rund 2/3 der Patientengaben zu Behandlungsbeginnan, unter sexuellen Dysfunktionenzu leiden – wasauch im Einklang mit anderenStudien und Überlegungen zurgemeinsamen Psychopathogenesebestimmter psychischerStörungen steht. Nacheiner erfolgreichen psychotherapeutischenBehandlung derAngst/Depression verbessertensich bei einem Großteil derPatienten auch die sexuellenFunktionen bedeutsam. BeiPatienten, die auf die psychotherapeutischeBehandlungbezüglich der Primärstörungnicht ansprachen, verändertensich auch sexuelle Dysfunktionennicht positiv. Dieser Befundbestätigt die Vermutung,dass Psychotherapie sich aufsexuelle Dysfunktionen positivauswirkt, auch wenn diesenicht explizit behandelt werden.Eine statistische Analyseder Kovarianzen ergab zu dem,dass erwartungsgemäß sexuelleDysfunktionen mit Alter undGeschlecht (Frauen leidenvermehrt unter sexuellen Dysfunktionen)kovariieren.Zudem scheinen spezifische Aspekteder sexuellen Funktionensich leichter, schneller zu verändernals andere. So verändertesich innerhalb des Behandlungszeitraumsdie Orgasmusfähigkeitbei Frauen unabhängigdavon, ob eine Verbesserungder Primärstörung eintrat.Kommentar: Bedeutet diesesErgebnis nun, dass Psychotherapeutenauf die positiven Nebenwirkungenvon Psychotherapiebezüglich sexueller Dysfunktionenvertrauen können und solcheProbleme nicht mehr aktivthematisieren müssen? Mitnichten,argumentieren die Autorender Studie: Denn ein bedeutsamerAnteil von Patienten, dievon der Psychotherapie hinsichtlichihrer Angst/Depressionprofitierten, zeigte keine Verbesserungenhinsichtlich sexuellerDysfunktionen. Die Autoren betonendie Notwendigkeit, dassPsychotherapeuten über diagnostischeKompetenzen verfügen,sexuelle Dysfunktionen zudiagnostizieren und entscheidenzu können, ob gegebenenfallseine spezifische Sexualtherapieindiziert erscheint.Psychotherapeutenjournal 2/2009159
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