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Journal für Ärztinnen und Ärzte

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DEMENZ<br />

Fortbildung<br />

sen. Zudem ist bei Berücksichtigung des<br />

individuellen „Atrophie-Musters“ eine<br />

(begrenzte) Typisierung degenerativer<br />

zerebraler Erkrankungen möglich.<br />

Patienten im fortgeschrittenen Stadium<br />

einer AD-Erkrankung weisen eine<br />

Erweiterung der inneren <strong>und</strong> äußeren<br />

Liquorräume auf, die ausgeprägter ist<br />

als bei Ges<strong>und</strong>en vergleichbaren Alters.<br />

Ein unauffälliger CCT- oder MRT-Bef<strong>und</strong><br />

schließt eine AD-Erkrankung allerdings<br />

nicht aus. Der Bef<strong>und</strong> „Atrophie“<br />

(über die Norm erweiterte Ventrikel<br />

<strong>und</strong>/oder verbreiterte Sulci über der<br />

Konvexität) muss keineswegs mit einer<br />

klinisch fassbaren Hirnleistungs-Beeinträchtigung<br />

einhergehen. Mittels frontaler<br />

MRT-Schichtung kann bei AD-Patienten<br />

im Verlauf eine zunehmende des<br />

Hippokampusatrophie nachgewiesen<br />

werden.<br />

SPECT- <strong>und</strong> PET-Untersuchungen:<br />

Funktionelle Imagingverfahren können<br />

vor allem in Frühstadien differentialdiagnostisch<br />

hilfreich sein.Während die Darstellung<br />

einer Minderperfusion im temporo-parietalen<br />

Bereich mittels SPECT<br />

erst im spätern Stadien beobachtet wird,<br />

ist der regionale Hypometabolismus im<br />

temporo-parietalen Bereich mittels PET<br />

oft schon im AD-Frühstadium zu erkennen.<br />

Die Dopamintransporter-SPECT<br />

kann vor allem bei der Abgrenzung einer<br />

AD zur Demenz mit Lewykörpern (DLB)<br />

wichtige Informationen liefern.<br />

Biologische Marker der AD-Erkrankung<br />

Die Diagnose AD ist derzeit immer<br />

noch eine Ausschlussdiagnose. Apparative<br />

<strong>und</strong> laborchemische Zusatzuntersuchungen<br />

liefern vor allem im Frühstadium<br />

negative oder nur unspezifische Bef<strong>und</strong>e.<br />

Ergebnissen der MRT- <strong>und</strong><br />

PET-Untersuchungen kommt zwar ein<br />

unterstützender, aber kein beweisender<br />

Stellenwert zu. Es sind einige „AD-Marker“<br />

bekannt, deren Vorhandensein die<br />

Wahrscheinlichkeit des Vorliegens einer<br />

AD erhöhen, sodass in Zusammenschau<br />

mit dem klinischen Bild die diagnostische<br />

Treffsicherheit zunimmt.<br />

Biochemische Marker im Liquor: Im<br />

Liquor kommen den biochemischen Markern<br />

hyperphosphorisiertes tau-Protein<br />

<strong>und</strong> Aβ-Peptid diagnostische Bedeutung<br />

zu. Die kombinierte Auswertung von<br />

Tau, Phospho-Tau-Protein <strong>und</strong> Amyloidβ-42-Peptid<br />

im Liquor ermöglicht die<br />

Abgrenzung des M. Alzheimer von<br />

anderen Erkrankungen mit hoher Sensitivität<br />

<strong>und</strong> Spezifität.<br />

Das Aβ-Peptid ist der molekulare<br />

Baustein der extrazellulären Amyloidablagerungen<br />

im Gehirn (senile oder<br />

Alzheimer-Plaques) <strong>und</strong> entsteht durch<br />

aberrante proteolytische Spaltung aus<br />

dem Amyloid-Vorläuferprotein (APP).<br />

Im Liquor von Patienten mit AD ist<br />

eine Abnahme der Aß-Immunreaktivität<br />

festzustellen. Ein hoher Anteil des<br />

Gesamt-Aβ-Peptids des Gehirns wird in<br />

den Plaques geb<strong>und</strong>en, die Konzentrationen<br />

im Liquor sind daher vermindert.<br />

Die Kombination einer erhöhten tau-Protein-Konzentration<br />

<strong>und</strong> einer erniedrigten<br />

Aβ-Peptid-Konzentration im Liquor ist<br />

als wertvoller Marker <strong>für</strong> das Vorliegen<br />

einer sporadischen AD-Erkrankung<br />

anzusehen.<br />

Genetische Marker familiärer Formen:<br />

Nur < 10% der AD-Erkrankungen<br />

sind durch familiäre Formen bedingt,<br />

bei denen die klinische Manifestation<br />

zum Teil bereits in jüngeren Jahren<br />

(40–60 a) erfolgt. Bei diesen autosomaldominant<br />

vererbten familiären Formen<br />

können mittels molekulargenetischer<br />

Untersuchungen Punktmutationen nachgewiesen<br />

werden, die das Vorliegen einer<br />

AD-Erkrankung beweisen.<br />

In etwa 20 Familien weltweit wird eine<br />

hereditäre Form der AD-Erkrankung<br />

durch Punktmutationen im APP-Gen<br />

auf Chromosom 21 verursacht. Bei dieser<br />

Variante der Erkrankung werden große<br />

Mengen Aß-Peptid <strong>und</strong> in weiterer<br />

Folge reichlich senile Plaques gebildet.<br />

Die klinische Manifestation erfolgt um<br />

das 50. Lebensjahr. Die Betroffenen<br />

haben eine geringe Aβ-Peptid-Konzentration<br />

im Liquor. Die häufigste Form<br />

der familiären AD-Erkrankung wird<br />

allerdings durch Punktmutationen im<br />

Gen des Präsenilin-1 auf Chromosom 14<br />

verursacht. Die ersten klinischen Symptome<br />

können bereits vor dem 30.<br />

Lebensjahr auftreten. Schließlich wurden<br />

auch in wenigen Familien zwei Mutationen<br />

im Gen des Präsenilin-2 auf Chromosom<br />

1 entdeckt, die eine AD-Erkrankung<br />

mit variablem Krankheitsbeginn<br />

verursachten.<br />

Genetische Apolipoprotein-E-Konstellation:<br />

Das Apolipoprotein-E-Gen<br />

(Apo E) liegt im Chromosom 19 <strong>und</strong><br />

kommt beim Menschen in drei verschiedenen<br />

Allelvarianten vor: ε2, ε3 <strong>und</strong> ε4.<br />

Das ε4-Allel ist bei Ges<strong>und</strong>en relativ<br />

selten (Prävalenz etwa 12%), findet sich<br />

jedoch bei Patienten mit einer AD <strong>und</strong><br />

spätem Krankheitsbeginn – sowohl bei<br />

familiären als auch bei sporadischen<br />

Formen – signifikant häufiger (Prävalenz<br />

etwa 38%). Das ε4-Allel des Apo-<br />

E-Gens ist daher ein genetischer Risikofaktor<br />

<strong>und</strong> „Treiber“ der AD-Erkrankung.<br />

Für heterozygote Individuen (nur<br />

ein ε4-Allel) ist das Risiko, an einer AD<br />

zu erkranken, auf das etwa 6-fache<br />

erhöht. Homozygote Personen (zwei ε4-<br />

Allele) müssen mit einer 13-fach erhöhten<br />

Wahrscheinlichkeit einer AD-<br />

Erkrankung rechnen. Eine molekulargenetische<br />

Untersuchung kann <strong>für</strong> die<br />

Differentialdiagnose hilfreich sein. Bei<br />

bestehender Demenz spricht das Vorhandensein<br />

des ε4-Allel <strong>für</strong> das Vorliegen<br />

einer AD.<br />

Die präklinische genetische Untersuchung<br />

asymptomatischer Personen wird<br />

abgelehnt, da aus dem Testergebnis keine<br />

sichere individuelle Voraussage getroffen<br />

werden kann,keine therapeutischen Konsequenzen<br />

resultieren <strong>und</strong> das Testergebnis<br />

soziale <strong>und</strong> psychologische Gefahren<br />

<strong>für</strong> die Betroffenen mit sich bringen kann.<br />

Die Apolipoptrotein E-Genotypisierung<br />

ist auch kein Instrument zur Einschätzung<br />

der Therapieresponse bei Patienten<br />

mit milder kognitiver Beeinträchtigung.<br />

Bei bereits klinisch an einer Demenz<br />

erkrankten Patienten kann die Bestimmung<br />

des ApoE-Genotyps allerdings zur<br />

diagnostischen Sicherheit beitragen, vor<br />

allem bei frühem Krankheitsbeginn <strong>und</strong><br />

positiver Familienanamnese.<br />

Die Bestimmung spezifischer Proteine<br />

aus Serum <strong>und</strong> Harn (Monoaminooxidase-B<br />

in Blutplättchen <strong>und</strong> erhöhtes<br />

Aβ-1-42-Peptid im Plasma), die Pupillometrie,<br />

Riechtests sowie Biopsien aus<br />

der Nasenschleimhaut sind derzeit nicht<br />

ausreichend validiert; ihre diagnostische<br />

Aussagekraft ist noch offen.<br />

Differentialdiagnosen<br />

Leichte kognitive Störung (mild cognitive<br />

impairment, MCI): Viele Patienten,<br />

vor allem im höheren Alter, klagen über<br />

eine Beeinträchtigung ihrer Gedächtnisleistungen,<br />

vor allem das Neugedächtnis<br />

betreffend. Dabei kann es sich um<br />

unspezifische „Gedächtnisprobleme“ oder<br />

um eine Beeinträchtigung des Gedächtnisses<br />

im Rahmen einer leichten kognitiven<br />

Störung (MCI) als Vorbote einer<br />

beginnenden AD handeln. Eine exakte<br />

seite 28 DER MEDIZINER 1-2/2008

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