2008 November K 10339 2,65 - Dachverband für Budotechniken ...
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Karateverband<br />
Nordrhein-Westfalen e.V.<br />
www.KarateNW.de<br />
KARATE<br />
Tiefer stehen, Rücken gerade,<br />
fokussieren - und lächeln<br />
Gasshuku <strong>2008</strong><br />
in Hannover<br />
36. Gasshuku, weltweit<br />
größtes Karate-Treffen,<br />
zwölf internationale<br />
Karate-Meister, 1.500<br />
Karatekas aus ganz<br />
Europa. Ausrichter war<br />
das traditionelle Karate-<br />
Dojo Hannover von 1976.<br />
Das Wetter ist prächtig.<br />
Die Voraussetzungen sind<br />
ideal. Und ich bin das erste<br />
Mal dabei. Ein Neuling<br />
- und dementsprechend<br />
gespannt bin ich. Um es<br />
vorweg zu nehmen: Ich<br />
war total begeistert und es<br />
war sicherlich nicht mein<br />
letztes Gasshuku.<br />
Oss<br />
Schon als ich an einem sengendheißen<br />
Sonntagnachmittag<br />
nach dem Weg zum Stadionbad<br />
und dem Festzelt der Karatekas<br />
frage, werde ich direkt mit<br />
„Oss“ begrüßt. Verdutzt blicke<br />
ich auf. Allein meine Nachfrage<br />
qualifiziert mich offensichtlich<br />
als Zugehörige. Irgendwie gibt<br />
das ein gutes Gefühl.<br />
Insider-Infos<br />
Das Festzelt - drum herum<br />
steht bereits eine kleine Zeltstadt<br />
- finde ich schnell, die<br />
Anmeldung geht flott. Schon<br />
habe ich meinen Pass und<br />
einen Stadtplan von Hannover.<br />
Gerade lasse ich mich mit<br />
meinem Rucksack auf einer<br />
der zahlreichen Bänke nieder,<br />
als mir jemand auf die Schulter<br />
tippt. Angelika, eine von drei<br />
Mitkämpferinnen aus meinem<br />
heimatlichen Dojo, begrüßt<br />
mich und lädt mich zu ihrem<br />
Tisch ein. Ach, wie schön, ich<br />
fühle mich immer wohler. Als<br />
Schwarzgurte und alte „Gasshuku-Hasen“<br />
haben sie mir schon<br />
vorab Tipps zur Wundblasenprävention<br />
gegeben. Jetzt erklären<br />
sie mir, wie das Training<br />
ablaufen wird. Wir gehen die<br />
Qualitäten jedes Trainers durch<br />
- inklusive so mancher Anekdote:<br />
Man kennt ja seine Pappen-<br />
heimer - und sie ergänzen mit<br />
einem Augenzwinkern, dass<br />
so mancher Teilnehmer dieses<br />
Treffen auch gerne als Partnerbörse<br />
nutzt.<br />
Das Training: Unverkrampft<br />
fokussieren und stehen<br />
Am Montag um 7.30 Uhr<br />
schwinge ich mich auf‘s Fahrrad<br />
und absolviere schon mal 20<br />
Minuten Aufwärmtraining. Die<br />
Internationale Schule finde ich<br />
gut, aber der verflixte Zugang<br />
lässt sich nicht finden. Ich bin<br />
bereits das erste Mal durchgeschwitzt<br />
und es hat noch gar<br />
nicht angefangen. Na, prima.<br />
Endlich, ein kleines Tor irgendwo<br />
hinten ist geöffnet und ich<br />
bin froh, dass die Grüngurte, die<br />
bereits um 7.00 Uhr dran waren,<br />
länger trainieren. So kann ich<br />
gemeinsam mit den anderen<br />
zum ersten Training starten. Der<br />
jüngste Karateka ist fünf, der<br />
älteste über 60. Insgesamt sind<br />
wir etwa 170 Weiß-, Gelb- und<br />
Orangegurte.<br />
Wir drängeln uns in zwei<br />
schiefen Reihen in der Halle.<br />
Wie alle Karate-Meister in den<br />
darauf folgenden Trainingseinheiten<br />
ordnet uns auch Sensei<br />
Shinji Akita erst mal, bevor die<br />
Begrüßung und das Training<br />
beginnen. Sehr humorvoll vermittelt<br />
er uns in dieser Stunde<br />
fünf Basics: Zu jeder Zeit ein<br />
guter Stand, verbunden mit der<br />
Erde; die Knie- und Fußgelenke<br />
elastisch halten; den Rücken<br />
gerade bei allen Übungen; das<br />
Fokussieren; der Wechsel von<br />
Anspannung und Entspannung.<br />
Das Ganze bitte unverkrampft<br />
und den Körper öffnen. Wir<br />
stöhnen. Er lächelt und sagt uns,<br />
dass es völlig genügt, wenn wir<br />
einen Punkt pro Jahr verinnerlichen<br />
würden. Ich habe das<br />
Gefühl, ich kann gar nichts. In<br />
der zweiten Stunde bei Shihan<br />
Koichi Sugimura wurde mir das<br />
wörtlich bestätigt: „Eigentlich<br />
macht ihr noch kein Karate. Das<br />
fängt erst mit dem Grüngurt<br />
an.“, war sein Kommentar.<br />
Na, bitte, da haben wir‘s. Das<br />
motiviert doch.<br />
Die dritte Trainingseinheit<br />
am Montag unterrichtet der<br />
Australier Shihan Keith Geyer.<br />
Ihn begleiten unter anderem<br />
zwei Teilnehmer der australischen<br />
Nationalmannschaft, die<br />
uns die Übungen vorführen<br />
und korrigierend durch die<br />
Reihen laufen. Am Abend ächzt<br />
mein Körper bis in den letzten<br />
Knochen. Ich habe das Gefühl,<br />
es ist unmöglich, dass ich am<br />
nächsten Morgen meine Beine<br />
bewegen kann. Aber es geht.<br />
Interessanterweise wird es im<br />
Laufe der Woche immer besser.<br />
60 11/<strong>2008</strong> der budoka