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Sind denn alle Ladies/Gaga - Karlsruhe

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Ein Alptraum<br />

Heute ist sie wieder deine Spielfigur, deine<br />

Marionette. Geschmückt, geschminkt und ge­<br />

spielt. Sie ist bloß deine Silhouette, die ver­<br />

sucht ans Rampenlicht zu kommen. Eine zier­<br />

liche, hilflose Frau, die keinen Ausweg mehr<br />

sieht und sich auf falsche Wege begibt. Sie<br />

lacht sich über deine sinnlosen, demütigenden<br />

Witze kaputt nur damit du einsiehst, dass sie<br />

dir zuhört. Sie erduldet deinen widerlichen<br />

Mundgeruch und traut sich nicht, sich über<br />

deine schlechte Hygiene zu beklagen. Sie<br />

merkt von Tag zu Tag, dass sie einen Heuchler<br />

geheiratet hat, der sich einen Dreck um seine<br />

Kinder kümmert. Neben Freunden lächelt sie,<br />

weil sie befürchtet, dass diese inszenierte Lie­<br />

be zwischen dir und ihr auff<strong>alle</strong>n könnte. Sie<br />

bügelt deine Hemden, wäscht deine drecki­<br />

gen Anzüge und kocht das Feinste für dich.<br />

Alles, was du ihr bieten kannst, ist „nichts".<br />

Sie vergisst sich dabei selbst. Sie ist älter ge­<br />

worden. Graue, ungekämmte, fettige Haare.<br />

Viele Falten. Total eingeengt und geängstigt.<br />

Und trotz <strong>alle</strong>m willst du sie berühren nur<br />

weil du damit deinen Trieb befriedigst. Deine<br />

Kinder schauen nicht mehr zu dir auf. Jedes<br />

Mal wenn du zu spät nach Hause kommst,<br />

weiß sie eigentlich ganz genau, wo du warst.<br />

Bei ihr. Du bevorzugst eine billige Imitation,<br />

die dich für dein Geld liebt. Manchmal macht<br />

sie sich hübsch und deckt herzlich den Tisch,<br />

weil sie niemals die Hoffnung aufgibt. Nie­<br />

mals! Jeden Morgen vor dem Spiegel sagt sie:<br />

„Für meine Kinder!" Doch du marschierst hin­<br />

ein und blickst nicht zu ihr; schmeißt dich auf<br />

die Couch und schaltest den Fernseher an. Sie<br />

erbleicht neben dir und wirkt unsichtbar. Ales,<br />

was ihr teilt, ist das Bett. Gefällt es dir, sie zu<br />

schlagend Ihr Gesicht so sehr zu verunstalten,<br />

bis sie nicht mehr wieder zu erkennen ist. Ist<br />

das ein schönes Gefühl, sie zitternd auf dem<br />

24<br />

Boden zu sehen, während deine Kinder in einer<br />

Ecke um ihre Mutter weinen und dich bitten,<br />

aufzuhören. Auf sie emprügeln kannst du am<br />

besten, <strong>denn</strong> etwas anderes besitzt du nicht.<br />

Weder Barmherzigkeit, noch Gefühle. Wie<br />

schaffst du dasi Du musst wirklich ein guter<br />

Schauspieler sein. Neben Anderen verwandelst<br />

du dich plötzlich in den liebevollen, verständ­<br />

nisvollen Ehegatten. Und sie läuft immer ne­<br />

ben dir, wie ein Hund neben seinem Besitzer.<br />

Eines Tages wird sie <strong>alle</strong>s hinter sich lassen, das<br />

hat sie sich geschworen. Ihre Kinder an den Ar­<br />

men packen und zu ihrer Mutter flüchten. Sie<br />

sollte doch nicht so enden. Als kleines Mädchen<br />

träumte sie davon Lehrerin zu werden. Sie lieb­<br />

te es schon immer, sich um Kinder zu sorgen.<br />

Ihr Vater versprach, sie immer zu beschützen,<br />

egal was auch kommen mochte, aber wo war<br />

er dann. Alles, was sie besaß, waren ihre zwei<br />

Kinder, die unter <strong>alle</strong>m litten. Sie wollte doch<br />

nur, dass sie eines Tages erfolgreich werden. Sie<br />

sollten studieren, was sie nicht tat, obwohl sie<br />

doch die Möglichkeit hatte. Und jeden Abend<br />

wischt sie sich eine weitere Träne weg und malt<br />

sich ein Lächeln auf. Sie weiß, länger kann sie<br />

das nicht mehr ertragen. Seine Zigarette, die er<br />

immer wieder im Wohnzimmer anzündet, ge­<br />

nießt er in vollen Zügen, während er sich noch<br />

die eine Flasche Bier runterkippt. Sie bekommt<br />

nicht einmal das nötige Geld, um Nahrung für<br />

ihre Kinder zu besorgen. Schon seit Jahren hat<br />

sie dieselben Kleider an, die schon ziemlich ab­<br />

genutzt aussehen. In ihren Träumen sieht sie<br />

sich mit Tom und Tina. Alle drei sind beieinan­<br />

der. Sie halten sich Hand in Hand und drehen<br />

sich dabei im Kreis herum. Sie erwacht und<br />

wünscht, es wäre kein Traum gewesen. Der<br />

Wecker klingelt, wie immer um fünf. Ein wei­<br />

terer, schrecklicher Tag erwartet sie. Ja, manch­<br />

mal da denkt sie an den Tod, aber sie will nie­<br />

manden zurücklassen müssen. Wann wird sie<br />

aus diesem Alptraum erwachend

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