Sind denn alle Ladies/Gaga - Karlsruhe
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Spiegelei, während sie melancholisch über<br />
sich selbst sinniert.<br />
Ist es nicht unglaublich, wie schwer sie zu<br />
greifen ist? Gestern früh war sie die Kreati<br />
ve gewesen, die kompetente Businessfrau,<br />
die wenig arbeitet und viel verdient, mittags<br />
die liebe Tante, die der älteren Schwester die<br />
Kinder für drei Stunden abnimmt und mit ih<br />
nen eine halbe Ewigkeit im Park herumrennt,<br />
damit die gute Schwester mal zum Friseur<br />
kann. Abends war sie die Freundin gewesen,<br />
die ihre Lieben beim Shoppen berät, sich Ge<br />
schichten anhört, lacht, interessiert an ihrem<br />
Kaffee nippt. Nachts die Geliebte, sie hatte<br />
sich umwerfend schick gemacht, in sünd<br />
haftteure Stoffe gehüllt und wofüri<br />
Damit sie heute, nach dem Esseneinkaufen<br />
auf dem Markt ihre Tüten selber schleppen<br />
kann. Sie nimmt resigniert einen großen<br />
Schluck Martini, greift in den Kühlschrank<br />
und holt neben der Kaviarbüchse auch ihre<br />
Brille heraus, die mit den falschen Gläsern,<br />
die sie nur braucht, wenn sie intelligent aus<br />
sehen möchte.<br />
Bei Gelegenheit müsste sie auch jemanden<br />
finden, der ihre Winterreifen wechselt, <strong>denn</strong><br />
<strong>alle</strong>ine kann sie das nicht. Sie sagt, sie sei<br />
selbstständig, aber sie kann weder den Fern<br />
seher reparieren, noch eine Gardinenstange<br />
montieren.<br />
Ach, zum Teufel mit der Emanzipation! Sie<br />
schmollt und wischt ihren Lippenstift ver<br />
stohlen vom Glasrand.<br />
Sie würde lieber sterben, als ihre Freiheit<br />
aufzugeben und sich ewig zu binden. Lau<br />
nisch, wie sie ist, verlangt sie Rosen, Pralinen,<br />
Schmuck, die ganze Palette an Galanterie.<br />
Aber sie will auch ernst genommen werden.<br />
Eigentlich furchtbar, wenn ein Mann für sie<br />
zahlen will, schließlich verdient sie mehr als<br />
genug, um sich etwas leisten zu können.<br />
Sie denkt an ihre Eskapaden, wie oft hätte<br />
man sie dafür früher in eine falsche Schubla<br />
de stecken können!<br />
Kichernd brüht sie Kaffee auf, trinkt ihren<br />
Martini und blinzelt in das helle Sonnen<br />
licht, das durch die Fenster scheint. Auf ih<br />
rem Touchscreen blinken zwölf unbeant<br />
wortete Anrufe. Wie gefragt sie doch ist.<br />
Selbstzufrieden läuft sie zu ihrem überquel<br />
lenden Kleiderschrank, legt nachdenklich den<br />
Kopf schräg, tippt sich prüfend mit dem Zei<br />
gefinger gegen die vollen Lippen und verengt<br />
leicht ihre Augen.<br />
Nach einer halben Stunde steht sie immer<br />
noch dort, das Spiegelei in der Küche ist<br />
längst so verkohlt, dass sie sich entschlossen<br />
hat, später irgendwo frühstücken zu gehen.<br />
Sie kann nicht mal kochen, was sie als Frau<br />
eigentlich können sollte und sie gibt nur un<br />
gern zu, dass der Kerl, mit dem sie letzte Wo<br />
che zusammen gewesen ist, ein umwerfendes<br />
Menü gezaubert hat.<br />
Sie seufzt und betrachtet ihren makellosen<br />
Körper im Spiegel. Sie hat nichts anzuziehen.<br />
Natürlich nicht, <strong>denn</strong> heute ist Samstag, sie<br />
hat nichts vor und weiß auch nicht, in wel<br />
che Facette sie zu schlüpfen hat.<br />
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