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DGM-Handbuch Mit der Krankheit leben lernen - Deutsche ...

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<strong>DGM</strong>-<strong>Handbuch</strong><br />

ALS<br />

<strong>Mit</strong> <strong>der</strong> <strong>Krankheit</strong> <strong>leben</strong> <strong>lernen</strong><br />

Herausgegeben von <strong>der</strong> <strong>DGM</strong> · <strong>Deutsche</strong> Gesellschaft für Muskelkranke e.V.<br />

8. Auflage · August 2010


<strong>DGM</strong> – <strong>Handbuch</strong> ALS<br />

- <strong>Mit</strong> <strong>der</strong> <strong>Krankheit</strong> <strong>leben</strong> <strong>lernen</strong><br />

Impressum<br />

Bundesgeschäftsstelle<br />

Im Moos 4<br />

79112 Freiburg<br />

Telefon: 07665 / 9447-0<br />

Telefax: 07665 / 9447-20<br />

E-Mail: info@dgm.org<br />

Internet: http://www.dgm.org<br />

<strong>Mit</strong> freundlicher Unterstützung <strong>der</strong><br />

Sanofi Aventis Deutschland GmbH<br />

Potsdamer Str. 8<br />

10785 Berlin


INHALT<br />

VORWORT ............................................... 4<br />

1 NEUE DIAGNOSE ALS - WAS KOMMT JETZT<br />

AUF MICH ZU, WAS IST ZU TUN? ................ 5<br />

Der Herausfor<strong>der</strong>ung begegnen – ALS<br />

und Familie<br />

Hilfen bei <strong>der</strong> Auseinan<strong>der</strong>setzung mit<br />

<strong>der</strong> Erkrankung<br />

Materielle Hilfen<br />

2 MEDIZINISCHE VERSORGUNG –<br />

THERAPEUTISCHE MÖGLICHKEITEN ........... 18<br />

Das Behandlungsteam<br />

Aktueller Stand <strong>der</strong> Therapie <strong>der</strong><br />

Amyotrophen Lateralsklerose<br />

Physiotherapie, Ergotherapie<br />

und Logopädie<br />

Stationäre Rehabilitation<br />

Alternative Therapiemethoden<br />

3 SELBSTSTÄNDIGKEIT UND MOBILITÄT<br />

ERHALTEN – HILFSMITTEL UND<br />

UMBAUMASSNAHMEN ............................ 32<br />

4 PFLEGE ............................................ 40<br />

Pflegende Angehörige: Unterstützung<br />

ist nötig<br />

Was hilft Pflegenden?<br />

Pflegen bis <strong>der</strong> Rücken schmerzt... Tipps<br />

für rückenschonendes Heben und Tragen<br />

Tipps für die Pflege zu Hause – <strong>Mit</strong> Pfle<br />

gehilfsmitteln die Pflege erleichtern<br />

Pflege im Hospiz - Aufatmen nach kräf<br />

tezehren<strong>der</strong> Überfor<strong>der</strong>ung<br />

5 KOMMUNIKATION ................................ 54<br />

Beeinträchtigung beim Sprechen – Wie<br />

ALS die Sprache beeinflusst<br />

Kommunikation ist eine Partnerschaft –<br />

Regeln zur Erleichterung <strong>der</strong> Kommunikation<br />

Technische Hilfen zur Kommunikation<br />

6 SCHLUCKSTÖRUNGEN UND ERNÄHRUNG ..... 65<br />

Gut und richtig ernährt – wenn<br />

Schlucken zum Problem wird<br />

Ernährung bei ALS-Betroffenen<br />

Wenn <strong>der</strong> Bissen im Hals stecken bleibt<br />

und das Essen nicht mehr schmeckt...<br />

Ernährung über eine PEG-Sonde<br />

3<br />

7 ATMUNG UND BEATMUNG ...................... 80<br />

Atemtherapie, Management des Sekrets,<br />

Bronchialtoilette<br />

Heimbeatmung: Behandlung <strong>der</strong> Atem -<br />

muskelschwäche bei <strong>der</strong> Amyotrophen<br />

Lateralsklerose<br />

Notfallsituationen – Beatmung<br />

über Tracheostoma<br />

8 VORSORGE DURCH VOLLMACHT,<br />

BETREUUNGSVERFÜGUNG,<br />

PATIENTENVERFÜGUNG ......................... 90<br />

9 SELBSTHILFE UND UNTERSTÜTZUNG<br />

DURCH DIE <strong>DGM</strong> ............................... 93<br />

Die <strong>Deutsche</strong> Gesellschaft für<br />

Muskelkranke <strong>DGM</strong> e.V.<br />

Die Schweizerische Gesellschaft<br />

Muskelkranker SGMK<br />

ANHANG .............................................. 95<br />

Weiterführende Materialien, Literatur und<br />

Adressen<br />

Autorenverzeichnis<br />

Literaturverzeichnis<br />

Verzeichnis <strong>der</strong> Abbildungen<br />

<strong>DGM</strong>-Stellungnahme: Festsetzung des Behin<strong>der</strong>tengrades<br />

bei ALS<br />

<strong>DGM</strong>-Stellungnahme: Stationäre<br />

Medizinische Rehabilitation bei ALS<br />

Bestellschein <strong>der</strong> <strong>DGM</strong>-Informationen<br />

für ALS-Betroffene<br />

Beitrittserklärung


Vorwort<br />

Die Amyotrophe Lateralsklerose ist eine voranschreitende<br />

Erkrankung und geht mit ständigen<br />

Verän<strong>der</strong>ungen einher. Wie viele chronische Erkrankungen,<br />

betrifft ALS neben <strong>der</strong> erkrankten<br />

Person auch die Menschen in ihrer unmittelbaren<br />

Umgebung. Alle Beteiligten brauchen Unterstützung<br />

und Angebote, die ihnen helfen, die Erkrankung<br />

anzunehmen und mit den Verän<strong>der</strong>ungen<br />

ihres Lebens fertig zu werden. Praktische Tipps<br />

und Hilfen können und werden deshalb immer<br />

wie<strong>der</strong> für Ihr Leben mit dieser Erkrankung nützlich<br />

sein.<br />

Die wichtigsten Themen haben wir für Sie in diesem<br />

<strong>Handbuch</strong> zusammengetragen. Sie finden hier<br />

umfassende Informationen zur symptomatischen<br />

Behandlung, zu Ernährung, Kommunikation, Beatmung,<br />

Pflege, Vorsorge und vielem mehr, aber<br />

auch zur Bewältigung <strong>der</strong> Erkrankung und zum Erhalt<br />

von Selbstständigkeit und Mobilität. Unser<br />

Ziel ist, Ihnen alles gebündelt „an die Hand zu<br />

geben“, was Sie für das Leben mit <strong>der</strong> Erkrankung<br />

an Wissen o<strong>der</strong> Informationen benötigen. Im Anhang<br />

haben wir außerdem Hinweise auf weiterführende<br />

Broschüren, Bücher, Filme und Internetadressen<br />

für Sie zusammengestellt. Dort finden Sie<br />

auch eine Bestellmöglichkeit für die Materialien,<br />

die Sie direkt bei <strong>der</strong> <strong>DGM</strong> beziehen können. So<br />

haben Sie je<strong>der</strong>zeit die Möglichkeit, sich mit<br />

einem bestimmten Thema auseinan<strong>der</strong>zusetzen und<br />

müssen sich nicht erst mühsam die Informationen<br />

beschaffen.<br />

Aber bitte erschrecken Sie nicht, Sie müssen keinesfalls<br />

dieses <strong>Handbuch</strong> als Ganzes durcharbeiten.<br />

Die einzelnen Kapitel können Sie unabhängig<br />

voneinan<strong>der</strong> lesen und sich jeweils mit dem Abschnitt<br />

beschäftigen, <strong>der</strong> gerade für Sie von Bedeutung<br />

ist.<br />

Wir hoffen sehr, dass wir mit dem <strong>Handbuch</strong> eine<br />

Hilfestellung für Sie geschaffen haben, die Ihnen<br />

das Leben und den Alltag mit <strong>der</strong> Erkrankung erleichtert.<br />

Unser herzlicher Dank geht an alle, die uns mit<br />

Ihrem Fachwissen und Ihren Textbeiträgen bei <strong>der</strong><br />

grundlegenden Überarbeitung dieses <strong>Handbuch</strong>es<br />

unterstützt haben.<br />

Ihr „ALS-<strong>Handbuch</strong>-Team“ <strong>der</strong> <strong>DGM</strong><br />

4


1 Neue Diagnose ALS – Was kommt jetzt<br />

auf mich zu, was ist zu tun?<br />

DER HERAUSFORDERUNG BEGEGNEN –<br />

ALS UND FAMILIE<br />

Antje Faatz, Dipl. Sozialpädagogin (FH),<br />

Fachkraft für Palliative Care,<br />

<strong>DGM</strong>-Sozialberatung<br />

(Quelle: Manual for People living with ALS,<br />

ALS Society of Canada)<br />

Viele Menschen mit einer schwerwiegenden Erkrankung<br />

versuchen eine Zeit lang, die Bedrohung<br />

durch die <strong>Krankheit</strong> mit Hilfe einer positiven Lebenshaltung<br />

von sich fern zu halten und wissen zugleich,<br />

dass sie eines Tages akzeptieren müssen,<br />

dass sie wirklich ernsthaft krank sind. Manche<br />

Menschen entscheiden sich, gegen die <strong>Krankheit</strong><br />

anzukämpfen. An<strong>der</strong>e gehen ihren Weg, indem sie<br />

versuchen, Tag für Tag mit den Dingen umzugehen,<br />

die auf sie zukommen.<br />

Die ALS-Erkrankung kann gesunde familiäre Beziehungen<br />

stärken o<strong>der</strong> bereits geschwächte erschüttern.<br />

Niemand weiß genau, wie er o<strong>der</strong> sie<br />

reagieren wird. In manchen Menschen weckt die<br />

<strong>Krankheit</strong> ungeahnte Kräfte, bei an<strong>der</strong>en ruft sie<br />

Gefühle hervor, mit denen sie nicht umgehen können.<br />

Die <strong>DGM</strong> will Ihnen und Ihrer Familie dabei<br />

helfen, Mut zu fassen und mit <strong>der</strong> ALS-Erkrankung<br />

zu <strong>leben</strong>. Mehr über unsere Hilfs- und Unterstützungsangebote<br />

finden Sie im letzten Kapitel<br />

dieses <strong>Handbuch</strong>s. Im vorliegenden Abschnitt wollen<br />

wir Ihnen und den Menschen in Ihrer Umgebung<br />

einige Möglichkeiten zeigen, wie Sie einen<br />

persönlichen Weg mit dieser schicksalhaften Erkrankung<br />

finden können.<br />

Verän<strong>der</strong>ungen – was kommt<br />

auf mich zu?<br />

Im Leben jedes Menschen gibt es Verän<strong>der</strong>ungen.<br />

In Beziehungen zu Familie und Freunden,<br />

Kin<strong>der</strong>n und Kollegen gibt es immer wie<strong>der</strong><br />

Verän<strong>der</strong>ungen, Phasen des Übergangs. Enge<br />

Freunde und Verwandte - auch Kin<strong>der</strong> – sollten<br />

von Ihrer ALS-Erkrankung erfahren. Nicht<br />

zu wissen, was passiert, ist für die meisten<br />

Menschen schwerer zu ertragen als die Wahrheit.<br />

Beson<strong>der</strong>s Kin<strong>der</strong> entwickeln Ängste und<br />

beunruhigende Phantasien, wenn jemand<br />

krank ist und in ihrer Anwesenheit nicht darüber<br />

gesprochen wird. Offenheit und Wissen<br />

machen es den Menschen in Ihrer Umgebung<br />

außerdem leichter, Ihnen zu helfen und<br />

Unterstützung anzubieten. Scheuen Sie sich<br />

5<br />

nicht, um Hilfe zu bitten, auch wenn sie Ihnen<br />

nicht von selbst angeboten wird. Oft wissen<br />

Menschen nicht, was sie sagen o<strong>der</strong> wie sie<br />

helfen können. Die meisten Menschen, beson<strong>der</strong>s<br />

die direkten Angehörigen, sind sehr froh,<br />

wenn sie hilfreich sein können.<br />

Wenn Sie An<strong>der</strong>en von Ihrer Situation erzählen<br />

werden Sie häufig auch herausfinden, wer<br />

Ihre wahren Freunde sind. Manchen Menschen<br />

fällt <strong>der</strong> Umgang mit <strong>Krankheit</strong> generell<br />

schwer. An<strong>der</strong>e sind einfach nicht bereit, in<br />

einer so schwierigen Situation verbindlich und<br />

verlässlich zu helfen. Stellen Sie sich darauf<br />

ein, dass manche Menschen die Beziehung zu<br />

Ihnen abbrechen. Auch wenn dies sehr<br />

schmerzlich ist, sollten Sie dies nicht persönlich<br />

nehmen. Die meisten Menschen werden<br />

versuchen, Ihnen zu helfen und Sie zu unterstützen.<br />

(Quelle: ALS: Strategies for Living,<br />

ALS-Society of British Columbia, 1993)<br />

Der Herausfor<strong>der</strong>ung begegnen -<br />

Strategien <strong>der</strong> <strong>Krankheit</strong>sbewältigung<br />

für die Person, die an ALS<br />

erkrankt ist<br />

Sie können das Leben mit ALS als eine Folge von<br />

Funktionsverlusten betrachten. ALS kann daneben<br />

aber auch eine intensive Erfahrung sein, die Ihr<br />

Leben nicht nur beeinträchtigt, son<strong>der</strong>n in mancher<br />

Hinsicht auch bereichert. Sie haben die Wahl.<br />

Viele individuell verschiedene und sehr persönliche<br />

Wege sind möglich, wenn Sie sich entschließen,<br />

ALS als Herausfor<strong>der</strong>ung und Lebensaufgabe<br />

zu begreifen und Ihr Leben weiterhin aktiv zu gestalten.<br />

Vielleicht entscheiden Sie sich, die Beziehungen<br />

innerhalb Ihrer Partnerschaft und Familie o<strong>der</strong> zu<br />

Freunden zu vertiefen. Vielleicht schließen Sie<br />

neue Freundschaften mit Menschen, mit denen Sie<br />

Ihre Erfahrungen teilen können, und mit an<strong>der</strong>en<br />

ALS-Betroffenen. Vielleicht <strong>lernen</strong> Sie Neues über<br />

Computer und wie man sich im Internet mit an<strong>der</strong>en<br />

verständigen kann. Wahrscheinlich werden Sie<br />

in Ihrer Umgebung manches neu entdecken, beachten<br />

und schätzen, das Sie bisher für selbstverständlich<br />

hielten. Vielleicht nehmen Sie sich Zeit<br />

zu lesen, Musik zu hören, sich mit spirituellen Fragen<br />

auseinan<strong>der</strong> zu setzen...


Diese Liste kann sicher noch endlos fortgesetzt<br />

werden. Sie wird wohl nicht alles umfassen, was<br />

Sie schon immer tun wollten; aber sie kann genug<br />

enthalten, um Ihnen trotz aller Einschränkungen<br />

ein erfülltes und befriedigendes Leben zu ermöglichen.<br />

Es kommt sehr auf Ihre innere Haltung und<br />

Vorstellungskraft an.<br />

Hoffnung, Glaube, Liebe und ein starker Lebenswille<br />

verheißen keine Unsterblichkeit. Sie stehen<br />

aber für unsere Einzigartigkeit als Menschen und<br />

die Chance, unsere Möglichkeiten auch unter den<br />

schwierigsten Umständen voll zu entfalten. Eine<br />

Uhr ist nur eine sehr eingeschränkte und technische<br />

Möglichkeit, die Spanne unseres Lebens zu<br />

messen. Wichtiger als das Ticken <strong>der</strong> Uhr ist die<br />

Art und Weise, wie wir uns diese Zeit erschließen<br />

und ihr Sinn und Bedeutung geben: Wir können<br />

unserem Leben nicht mehr Tage, aber unseren<br />

Tagen mehr Leben geben.<br />

Die <strong>Krankheit</strong> ALS anzunehmen bedeutet nicht<br />

sich aufzugeben. Akzeptanz ist <strong>der</strong> erste Schritt auf<br />

dem Weg, das Beste aus Ihrem Leben mit ALS zu<br />

machen. Vieles kann Ihnen dabei helfen, ein erfülltes<br />

und befriedigendes Leben zu führen. Seien Sie<br />

zuversichtlich, aber beschönigen Sie Ihre Lage<br />

nicht. Es ist nicht hilfreich so zu tun, als ob ALS<br />

harmlos und alles in bester Ordnung sei. An<strong>der</strong>erseits<br />

ist es auch nicht notwendig, sich dauernd und<br />

ausschließlich mit den negativen Seiten <strong>der</strong> Erkrankung<br />

zu befassen. 20 % <strong>der</strong> ALS-Patienten<br />

<strong>leben</strong> länger als fünf Jahre mit <strong>der</strong> Erkrankung,<br />

fast 10% <strong>leben</strong> zehn Jahre o<strong>der</strong> länger. Vielleicht<br />

gehören Sie zu diesen Menschen. Die neurologische<br />

Forschung schreitet voran - niemand weiß<br />

heute, wann ein Durchbruch erreicht werden<br />

wird... vielleicht schon bald. Das gibt uns Hoffnung,<br />

und Hoffnung ist ein zentraler Bestandteil<br />

des Lebens. Es ist manchmal sehr schwer, die richtige<br />

Balance zwischen Hoffnung und Realismus zu<br />

finden – das müssen wir alle <strong>lernen</strong>.<br />

Sozialberatung, Psychotherapie, Beratung durch<br />

Gleichbetroffene o<strong>der</strong> Erfahrungsaustausch in<br />

einer Selbsthilfegruppe können dabei sehr hilfreich<br />

sein. Sie können Ihre Erfahrungen teilen und Verständnis<br />

finden bei den Menschen, die vor denselben<br />

Herausfor<strong>der</strong>ungen stehen wie Sie und von<br />

denen, <strong>der</strong>en <strong>Krankheit</strong> bereits weiter fortgeschritten<br />

ist, etwas über den Umgang mit zukünftigen<br />

Problemen erfahren.<br />

6<br />

Bewältigungsmöglichkeiten für<br />

Familienangehörige<br />

Es ist wichtig, sich klar zu machen, dass Ihre Erkrankung<br />

bei Ihren Familienangehörigen und Ihren<br />

Freunden starke Gefühle auslösen wird. Vielleicht<br />

fühlen sie sich schuldig, weil Sie krank sind und<br />

sie selbst gesund. Vielleicht reagieren sie unerwartet<br />

ungeduldig und gereizt, sind angespannt durch<br />

die Verantwortung und neue Aufgaben, die sie<br />

nach und nach im Haushalt übernehmen müssen –<br />

zusätzlich zur Liebe und Fürsorge, die sie Ihnen<br />

entgegen bringen. Manchmal empfinden sie diese<br />

Situation vielleicht als ungerecht und fühlen sich<br />

obendrein schuldig, weil sie so reagiert haben.<br />

Der beste Weg, sich immer wie<strong>der</strong> von diesen verwirrenden<br />

und belastenden Gefühlen zu befreien,<br />

sind offene Gespräche. Sprechen Sie offen mit<br />

Ihrer Familie über Ihre Gefühle. Ermutigen Sie<br />

Ihre Angehörigen, ihre Gefühle auch mit Ihnen zu<br />

teilen. Wenn Ihnen das schwer fällt, können Sie<br />

sich z.B. an eine Psychologische Beratungsstelle<br />

für Ehe-, Familie und Lebensfragen o<strong>der</strong> einen<br />

Psychotherapeuten wenden (Ihre Krankenkasse<br />

kann Ihnen zugelassene Therapeuten vermitteln).<br />

Er o<strong>der</strong> sie kann Ihnen und Ihrer Familie dabei helfen,<br />

die Kommunikationsprobleme zu lösen und<br />

sie eine Zeitlang auf Ihrem Weg begleiten und unterstützen.<br />

Wichtig ist, dass Sie mit jemandem<br />

sprechen können, <strong>der</strong> sich durch das, was Sie zu<br />

sagen haben, nicht so leicht aus <strong>der</strong> Fassung bringen<br />

lässt. Das kann auch Ihr Hausarzt sein, ein<br />

Freund o<strong>der</strong> ein Verwandter.<br />

Die meisten Menschen, ob gesund o<strong>der</strong> krank,<br />

empfinden eine Mischung von einigen o<strong>der</strong> allen<br />

<strong>der</strong> im Folgenden aufgelisteten Gefühle. Sie sollten<br />

unbedingt wissen, dass niemand sich wegen irgendeines<br />

dieser Gefühle schuldig fühlen muss.<br />

Sie werden wahrscheinlich auftreten und sind völlig<br />

normal.<br />

Häufige Gefühle zu Beginn <strong>der</strong> Erkrankung sind<br />

Verunsicherung, Liebe, Hoffnung, Unglaube, Verlust,<br />

vorweggenommene Trauer, Schuld, Verleugnen,<br />

Verantwortung, Verschlossenheit und Offenheit<br />

gegenüber an<strong>der</strong>en.<br />

Häufige und dauerhafte Gefühle: Durchhalten,<br />

Hoffnung, Liebe, Wertschätzung (u.a. des Lebens),<br />

Traurigkeit, Schuld, Einsamkeit, Neid und Eifersucht,<br />

Ärger, sich betrogen o<strong>der</strong> in einer Falle gefangen<br />

fühlen, Überfor<strong>der</strong>ung / überwältigt sein.<br />

Die <strong>Mit</strong>glie<strong>der</strong> Ihres engeren Familienkreises wer-


den höchstwahrscheinlich eingebunden sein in Ihre<br />

Pflege und Versorgung. Die meisten ALS-Kranken<br />

bleiben so lange wie möglich zu Hause, die Anfor<strong>der</strong>ungen<br />

an die Angehörigen können dabei sehr<br />

groß werden. Die Hauptpflegepersonen wie Ehepartner<br />

o<strong>der</strong> erwachsene Kin<strong>der</strong> widmen dann,<br />

speziell in einem fortgeschrittenen Stadium <strong>der</strong> Erkrankung,<br />

einen großen Teil ihres eigenen Lebens<br />

Ihrer Pflege widmen. Die meisten wollen alles<br />

geben, was in ihren Kräften steht, um Ihnen zu helfen<br />

– aber es sollte Grenzen <strong>der</strong> Selbstaufopferung<br />

geben.<br />

Pflegende Angehörige sollten sich auch noch einen<br />

Rest ihres eigenen Lebens bewahren und auch für<br />

sich selbst sorgen. Zeit mit Freunden o<strong>der</strong> gesunden<br />

Familienmitglie<strong>der</strong>n zu verbringen, Hobbies<br />

o<strong>der</strong> eigenen Interessen nachzugehen o<strong>der</strong> Zeit für<br />

sich allein zu haben sind wichtige Möglichkeiten,<br />

etwas Abstand zu gewinnen, seelisch ins Gleichgewicht<br />

zu kommen und wie<strong>der</strong> Kraft zu schöpfen<br />

für den anstrengenden Alltag. Zögern Sie nicht, an<strong>der</strong>e<br />

Familienangehörige zu bitten, Ihnen regelmäßige<br />

Pausen zu ermöglichen und für Ihre Aufgaben<br />

einzuspringen o<strong>der</strong> organisieren Sie – wenn möglich<br />

- bezahlte Hilfe.<br />

Die Bedürfnisse <strong>der</strong> pflegenden Angehörigen<br />

werden oft den Bedürfnissen <strong>der</strong> ALS-Kranken<br />

untergeordnet. Es ist sehr hart, so schwer<br />

krank zu sein; aber es ist auch nicht leicht, für<br />

jemanden zu sorgen, <strong>der</strong> so schwer krank ist.<br />

Denken Sie daran, je<strong>der</strong> hat das Recht...<br />

sich selbst an die erste Stelle zu setzen,<br />

manchmal Fehler zu machen, eine eigene Meinung<br />

und eigene Überzeugungen zu haben,<br />

seine/ihre Meinung zu än<strong>der</strong>n o<strong>der</strong> sich für<br />

einen an<strong>der</strong>en Weg zu entscheiden, sich gegen<br />

ungerechte Behandlung und ungerechtfertigte<br />

Kritik zu wehren.<br />

Quelle: ALS: Strategies for Living,<br />

ALS-Society of British Columbia, 1993)<br />

<strong>Mit</strong> Kin<strong>der</strong>n über die Erkrankung<br />

sprechen<br />

Obwohl ALS in <strong>der</strong> Mehrzahl <strong>der</strong> Fälle eher bei<br />

älteren Menschen auftritt, kommt es doch auch<br />

vor, dass junge Familien, in denen noch kleine<br />

Kin<strong>der</strong> <strong>leben</strong>, von <strong>der</strong> Erkrankung betroffen sind.<br />

In <strong>der</strong> eigenen Not und Überfor<strong>der</strong>ung kann leicht<br />

7<br />

übersehen werden, dass auch die Kin<strong>der</strong> erfahren<br />

müssen, auf welche Weise Sie als ihre geliebten Eltern<br />

o<strong>der</strong> Großeltern von <strong>der</strong> Erkrankung betroffen<br />

sind und wie sich das auf Ihre ganze Familie auswirken<br />

wird. Familienangehörige o<strong>der</strong> professionelle<br />

Berater sollten sich Zeit nehmen, sich mit<br />

den Auswirkungen <strong>der</strong> Erkrankung auf die Kin<strong>der</strong><br />

zu befassen.<br />

Erwachsene und Kin<strong>der</strong> sind in beunruhigenden<br />

Situationen ähnlichen Gefühlen wie Ärger, Hilflosigkeit,<br />

Angst, Hoffnung und Verzweiflung ausgesetzt.<br />

Kin<strong>der</strong> verfügen jedoch über weniger Möglichkeiten,<br />

Gefühle auszudrücken und mit ihnen<br />

umzugehen. Kleine Kin<strong>der</strong> können dies noch nicht<br />

sprachlich tun und agieren ihre Gefühle eher aus.<br />

Älteren Kin<strong>der</strong>n fällt es ebenfalls oft schwer, über<br />

ihre Gefühle zu sprechen und Jugendliche haben<br />

oft keine Freunde, mit denen sie über so ernste Situationen<br />

sprechen können. Sorgen und Belastungen<br />

zeigen sich bei Kin<strong>der</strong>n jeden Alters in emotionalen<br />

und Verhaltensän<strong>der</strong>ungen und in körperlichen<br />

Symptomen. Kin<strong>der</strong> scheuen sich oft, Fragen<br />

zu stellen, wenn sie die Aufgeregtheit <strong>der</strong> Erwachsenen<br />

er<strong>leben</strong> und wissen gleichzeitig nicht,<br />

wie sie auf an<strong>der</strong>en Wegen Informationen und Antworten<br />

finden können. Die meisten Menschen<br />

haben das Bedürfnis, Kin<strong>der</strong> vor <strong>Krankheit</strong> zu<br />

schützen. Nicht darüber zu sprechen, ist dabei aber<br />

kein Ausweg. Kin<strong>der</strong> spüren genau, dass etwas<br />

nicht stimmt und sind in jedem Fall beunruhigt.<br />

Im Umgang mit Kin<strong>der</strong>n, die <strong>Krankheit</strong> und tiefgreifende<br />

Verän<strong>der</strong>ungen ihres Lebens und ihrer<br />

Familien erfahren, ist es wichtig, alles so umfassend<br />

wie möglich zu erklären. Wenn Sie Kin<strong>der</strong>n<br />

nicht erklären, was passiert, neigen sie dazu, sich<br />

selbst verantwortlich zu machen für die Traurigkeit<br />

zu Hause und sich schuldig zu fühlen. Kin<strong>der</strong> sollten<br />

wissen, dass sie Fragen stellen dürfen und dass<br />

jemand versuchen wird, sie ihnen zu beantworten.<br />

Falls Sie als Eltern sich nicht selbst dazu in <strong>der</strong><br />

Lage fühlen, sollten Sie dafür sorgen, dass das<br />

Kind einen Verwandten, Freund, Arzt o<strong>der</strong> Therapeuten<br />

als Ansprechpartner hat, <strong>der</strong> je<strong>der</strong>zeit erreichbar<br />

ist - nicht nur für ein Gespräch über die<br />

Erkrankung son<strong>der</strong>n für alle Fragen o<strong>der</strong> Sorgen,<br />

die Ihr Kind bewegen.<br />

Es kann sein, dass ein Kind genau wissen will, was<br />

das für eine <strong>Krankheit</strong> ist, ob er o<strong>der</strong> sie selbst<br />

diese <strong>Krankheit</strong> auch kriegen kann und was mit <strong>der</strong><br />

kranken Person passieren wird.


Diese Fragen sollten so positiv wie möglich beantwortet<br />

werden. Formulierungen wie z.B. Ja, es<br />

geht ihr nicht so gut, aber die Ärzte sagen, es gibt<br />

immer noch Einiges, was wir tun können. Wir<br />

können... sind aufrichtig und geben zugleich etwas<br />

Hoffnung, eine Handlungsmöglichkeit.<br />

Beson<strong>der</strong>e Sorgen machen Kin<strong>der</strong> sich oft um die<br />

Frage, was passiert, wenn die kranke Person sehr<br />

krank wird o<strong>der</strong> stirbt. Damit wollen sie vielleicht<br />

wissen, ob sie umziehen müssen, wer für sie sorgen<br />

wird, ob o<strong>der</strong> von welchen Freunden, Gewohnheiten,<br />

Dingen sie sich trennen müssen, ob sie z.B.<br />

die Schule wechseln müssen. Es kann auch sein,<br />

dass ihre Angst vor solchen Verän<strong>der</strong>ungen zu groß<br />

ist, so dass sie sich nicht trauen, danach zu fragen.<br />

Sie sollten ihnen deshalb in diesen Fragen Sicherheit<br />

geben, sie - wo es möglich ist - beruhigen und<br />

ihnen jegliche geplante Verän<strong>der</strong>ung für ihren Alltag<br />

frühzeitig mitteilen. Auch sehr kleine Kin<strong>der</strong><br />

sind beunruhigt, können aber sachliche Erklärungen<br />

vielleicht noch nicht verstehen. Liebe, Aufmerksamkeit<br />

und körperliche Zuwendung geben<br />

ihnen Geborgenheit und werden ihnen helfen bis<br />

sie alt genug sind, mehr zu erfahren.<br />

Was Kin<strong>der</strong>n hilft...<br />

· Kin<strong>der</strong> brauchen beson<strong>der</strong>e Zuwendung und Aufmerksamkeit,<br />

wenn ein Elternteil an ALS erkrankt<br />

ist. Das kann auch bedeuten, dass Sie die<br />

Großeltern, an<strong>der</strong>e Familienmitglie<strong>der</strong> o<strong>der</strong> gute<br />

Freunde um Hilfe bitten.<br />

· Kin<strong>der</strong> sollten wissen, dass Verän<strong>der</strong>ungen im Erscheinungsbild<br />

nicht bedeuten, dass sich die Gefühle<br />

<strong>der</strong> kranken Person ihnen gegenüber geän<strong>der</strong>t<br />

haben. Schützen Sie Kin<strong>der</strong> ggfs. vor starken<br />

emotionalen Schwankungen <strong>der</strong> kranken Person.<br />

· Gestatten Sie auch den Kin<strong>der</strong>n „Auszeiten“. So<br />

wie die Erwachsenen in <strong>der</strong> Pflege brauchen auch<br />

sie Pausen, in denen sie unbeschwert Spaß haben<br />

dürfen.<br />

· Ermutigen Sie die Kin<strong>der</strong> immer wie<strong>der</strong>, ihre Gefühle<br />

auszudrücken.<br />

· Aufrichtigkeit: Weichen Sie Fragen nicht aus und<br />

sprechen Sie offen und ehrlich mit den Kin<strong>der</strong>n.<br />

Kin<strong>der</strong>n spüren sofort, wenn Eltern ihnen nicht<br />

die Wahrheit sagen, verlieren das Vertrauen und<br />

hören vielleicht nicht mehr zu.<br />

8<br />

· Angemessenheit: Die angebotenen Informationen<br />

sollten altersgemäß sein, so dass die Kin<strong>der</strong> sie<br />

verstehen können. Machen Sie sich den Entwicklungsstand<br />

des Kindes klar, zu frühe abstrakte Informationen<br />

verwirren Kin<strong>der</strong>. Bevor Sie mit <strong>der</strong><br />

Beantwortung einer Frage loslegen, nehmen Sie<br />

sich etwas Zeit herauszufinden, worum es genau<br />

in <strong>der</strong> Frage geht (z.B. bedeutet die Frage: Geht<br />

es Papa gut? eines kleinen Kindes, dessen ALSkranker<br />

Vater gerade die Treppe herunter gefallen<br />

ist, wahrscheinlich nur: Ist er verletzt? Braucht er<br />

Hilfe?).<br />

· Kleine Portionen: Wir <strong>lernen</strong> am besten Schritt<br />

für Schritt, Information kann dosiert am besten<br />

aufgenommen werden. Kin<strong>der</strong> zeigen uns (und<br />

wenn wir aufmerksam zuhören merken wir es<br />

auch), wenn sie genug gehört haben und kehren<br />

zu einem späteren Zeitpunkt zu ihren Fragen zurück.<br />

Es ist nicht notwendig, die „ganze Wahrheit“<br />

auf einmal zu eröffnen.<br />

· Ruhige Gesprächsatmosphäre: Sorgen Sie dafür,<br />

dass Sie in Ruhe und ungestört mit Kin<strong>der</strong>n sprechen<br />

können. Bereiten Sie sich auf das Gespräch<br />

vor.<br />

· Einige wichtige Haltungen und Einstellungen, die<br />

Kin<strong>der</strong>n vermittelt werden sollten: Akzeptanz und<br />

Respekt für das ALS-kranke Familienmitglied,<br />

Hoffnung und Zuversicht (die Forschung schreitet<br />

voran, eine Heilungsmöglichkeit wird hoffentlich<br />

gefunden werden), niemand trägt Schuld für<br />

die Erkrankung - ALS ist keine Strafe, Zugeständnis,<br />

dass ALS verwirrend und beunruhigend<br />

ist - und schwer zu verstehen.<br />

Was auch passiert, tun Sie Ihr<br />

bestes, um die Kin<strong>der</strong> einzube -<br />

ziehen und ihnen Sicherheit zu<br />

geben!


HILFEN BEI DER AUSEINANDERSETZUNG<br />

MIT DER ERKRANKUNG<br />

Pamela Schmidt, Dipl.-Psychologin,<br />

Psychologische Psychotherapeutin<br />

(Verhaltenstherapie),<br />

Klinische Neuropsychologin und<br />

Supervisorin (GNP), Berlin<br />

Die Ausgangssituation<br />

Die Diagnose ALS hat weitreichende Konsequenzen<br />

und im Zuge <strong>der</strong> Auseinan<strong>der</strong>setzung mit dieser<br />

Diagnose wird allen Beteiligten (physisch ohnehin)<br />

psychisch sehr viel abverlangt. <strong>Mit</strong> dem<br />

Wissen <strong>leben</strong> zu müssen, eine schwere unheilbare<br />

<strong>Krankheit</strong> zu haben, kann zu <strong>der</strong> Frage führen, ob<br />

das Weiter<strong>leben</strong> so noch einen Sinn hat. Es sind oft<br />

Grenzsituationen, die bei allen Beteiligten Verzweiflung,<br />

Angst, Wut, Trauer etc. auslösen. Manche<br />

Erkrankten wollen an<strong>der</strong>en nicht länger zur<br />

Last fallen o<strong>der</strong> können ihrem Leben keine Freude<br />

mehr abgewinnen. So wünschenswert es in solchen<br />

Extremsituationen ist, die Nähe eines vertrauten<br />

Menschen zu haben, so schwierig wird diese oft erlebt.<br />

Nicht nur, dass dadurch Konfliktsituationen<br />

entstehen können. Zu groß ist die Sorge, den an<strong>der</strong>en<br />

mit den eigenen Nöten über das bereits vorhandene<br />

Maß hinaus zu belasten.<br />

Gerade in solchen Situationen kann es sinnvoll<br />

sein, sich zusätzlich Unterstützung und Entlastung<br />

von außen zu holen. Voraussetzung dafür ist, dass<br />

<strong>der</strong> Wunsch nach einer solchen bei den betreffenden<br />

Personen vorhanden sein muss, damit dies ein<br />

sinnvoller Einsatz wird. Lei<strong>der</strong> kommt es immer<br />

noch häufig vor, dass einige ALS-Patienten (vor<br />

allem Männer) versuchen, alleine und wortlos mit<br />

<strong>der</strong> Situation klar zu kommen. Dieses Schweigen<br />

führt in <strong>der</strong> Regel zu einer zusätzlichen Belastung<br />

in einer ohnehin sehr angespannten und schwierigen<br />

Situation. Kin<strong>der</strong> als Angehörige sind durch<br />

solche Umstände dann ganz beson<strong>der</strong>s hart betroffen.<br />

Der folgende Beitrag soll helfen, die erste<br />

Hürde diesbezüglich für alle Betroffenen etwas<br />

leichter zu nehmen.<br />

Welche Hilfsangebote und<br />

-möglichkeiten gibt es?<br />

Es gibt eine Fülle von Hilfsangeboten bei seelischen<br />

Krisen, nicht alle können hier besprochen<br />

werden. Es sollen zunächst jene Erwähnung finden,<br />

die sich tatsächlich als hilfreich erwiesen haben<br />

o<strong>der</strong> häufig in Anspruch genommen werden. Auch<br />

die finanzielle Seite soll hier erwähnt werden.<br />

9<br />

Die Grenzen zwischen den betreffenden Angeboten<br />

sind fließend (so kann ein Psychotherapeut<br />

einen explizit christlichen Hintergrund vertreten<br />

o<strong>der</strong> auch ein Seelsorger eine psychotherapeutische<br />

Zusatzausbildung haben). Diese Angebote<br />

verstehen sich nicht als einan<strong>der</strong> ausschließend, jedoch<br />

unterscheiden sie sich hinsichtlich des<br />

Schwerpunkts, des Anspruchs, des Hintergrunds<br />

und auch in <strong>der</strong> Dauer. Diese Aufzählung versteht<br />

sich nicht als wertend (obwohl sie durchaus kritisch<br />

ist) und nicht als vollständig. In einer ersten<br />

sehr groben Übersicht lassen sich die Hilfsangebote<br />

wie folgt einteilen: Krisenintervention, Psychotherapie,<br />

Seelsorge, Beratung, therapeutische<br />

Angebote, Esoterische und spirituelle Hilfen.<br />

Krisenintervention<br />

Gerade wenn es um eine akute Krisensituation<br />

geht, kann man sich zuerst einmal an einen Krisendienst<br />

wenden. Anlaufstellen dafür sind u.a. die<br />

Krisendienste o<strong>der</strong> die Telefonseelsorgen. Kriseninterventionen<br />

sind, wie <strong>der</strong> Name bereits sagt,<br />

Hilfen bei akuter seelischer Belastung. Bei <strong>der</strong> Telefonseelsorge<br />

(Adressen und Telefonnummern in<br />

Ihrer Region unter www.telefonseelsorge.de) werden<br />

Sie keine Pfarrer am an<strong>der</strong>en Ende <strong>der</strong> Leitung<br />

antreffen, son<strong>der</strong>n ausgebildete Laien o<strong>der</strong> Fachleute,<br />

die mit bestimmten Problemen gut vertraut<br />

sind. Sie arbeiten in <strong>der</strong> Regel rund um die Uhr.<br />

Oft besteht hier auch die Möglichkeit zu einem<br />

brieflichen Kontakt, wenn Ihnen nicht nach Reden<br />

zumute sein sollte bzw. Ihnen dies z. B. motorisch<br />

nicht möglich ist (Briefseelsorge).<br />

Eine Übersicht über Krisendienste <strong>der</strong> jeweiligen<br />

Region findet man im Internet z.B. unter www.krisenintervention-notfallseelsorge.de.<br />

Bei den jeweiligen<br />

Adressen können Sie entwe<strong>der</strong> direkt Hilfe<br />

erhalten o<strong>der</strong> auch Informationen darüber, wo sich<br />

an Ihrem Wohnort eine solche Stelle befindet. Dort<br />

finden Sie Menschen, die sich ausreichend Zeit<br />

nehmen werden, sich mit Ihnen und Ihrer schwierigen<br />

Lebenslage zu befassen. Vor allem, wenn Sie<br />

bisher noch nie die Möglichkeit hatten, mit einem<br />

Fachmann (-frau) über Ihre Probleme zu reden,<br />

sollten Sie dies in einer für Sie schwierigen Lebenslage<br />

erwägen.<br />

Für manche Menschen ist es wichtig, dass ein solcher<br />

Krisendienst einen kirchlichen Hintergrund<br />

hat (dies ist bei <strong>der</strong> Telefonseelsorge <strong>der</strong> Fall), für<br />

manch an<strong>der</strong>en ist das ein Ausschlussgrund. Wichtig<br />

ist, dass man den jeweiligen Hintergrund erfragt,<br />

sofern er für einen selbst eine Bedeutung<br />

haben sollte. Weiterhin kann es wichtig sein, zu


wissen, ob sich das jeweilige Gegenüber in <strong>der</strong><br />

Auseinan<strong>der</strong>setzung mit einem solchen Problem<br />

auskennt. Je<strong>der</strong> professionelle Helfer hat sich<br />

i.d.R. auf ein bestimmtes Gebiet spezialisiert (sie<br />

kennen diese Spezialisierung bei vielen Berufsgruppen).<br />

Es ist Ihr gutes Recht, dies zu erfragen.<br />

Alle staatlichen und kirchlichen Angebote sind in<br />

<strong>der</strong> Regel kostenlos und können auch mehrfach in<br />

Anspruch genommen werden.<br />

Aber auch wenn Sie schon mit solchen Fachleuten<br />

für Krisen o<strong>der</strong> Psychotherapeuten zu tun hatten<br />

und nicht weitergekommen sind, sollten Sie es<br />

nicht gleich ablehnen, diese Hilfsmöglichkeit in<br />

Anspruch zu nehmen. Es kann sein, dass Sie dort<br />

bisher nur auf Menschen getroffen sind, die Ihnen<br />

als Person vielleicht nicht so zugesagt haben, wo<br />

"die Chemie einfach nicht gestimmt hat". Wichtig<br />

ist, dass Sie den Eindruck haben, fachlich wie<br />

menschlich gut aufgehoben zu sein, d.h. die betreffende<br />

Person soll auf <strong>der</strong> einen Seite empathisch<br />

genug sein, Sie zu verstehen, aber auch genügend<br />

Abstand besitzen, um vielleicht an<strong>der</strong>e Sichtweisen<br />

bzw. Perspektiven aufzeigen zu können. Für<br />

eine längere und kontinuierliche Begleitung eignet<br />

sich dann eher eine Psychotherapie.<br />

Psychotherapie - was ist darunter<br />

zu verstehen?<br />

Psychotherapie bedeutet wörtlich übersetzt "Behandlung<br />

<strong>der</strong> Seele" beziehungsweise "Behandlung<br />

von seelischen Problemen". Sie bietet Hilfe bei<br />

Ängsten, Depressionen, Zwängen, Essstörungen,<br />

Suchterkrankungen usw., aber auch Hilfen bei außergewöhnlichen<br />

Belastungen, wie einer ALS-Erkrankung.<br />

Um hier eine Unterstützung zu bekommen,<br />

können Sie einen Psychotherapeuten aufsuchen.<br />

Psychotherapeut darf sich nur nennen, wer<br />

nach einem Universitätsstudium <strong>der</strong> Psychologie,<br />

Medizin o<strong>der</strong> (bei Kin<strong>der</strong>- und Jugendlichenpsychotherapeuten)<br />

auch <strong>der</strong> Pädagogik o<strong>der</strong> Sozialpädagogik<br />

eine mindestens dreijährige psychotherapeutische<br />

Ausbildung absolviert hat. Damit ist<br />

"Psychotherapeut" also ein geschützter Begriff.<br />

Wie findet man einen zugelassenen<br />

Psychotherapeuten? Welche<br />

Verfahren werden von <strong>der</strong> Kasse<br />

bezahlt?<br />

Die Adressen <strong>der</strong> in Ihrer Nähe nie<strong>der</strong>gelassenen<br />

Vertragspsychotherapeuten bekommen sie von<br />

Ihrer regionalen Kassenärztlichen Vereinigung<br />

o<strong>der</strong> von Ihrer Krankenkasse. Sie können nach vorheriger<br />

telefonischer Vereinbarung mit ihrer Chip-<br />

10<br />

karte direkt einen Psychotherapeuten aufsuchen<br />

und können zwischen ärztlichen und psychologischen<br />

Psychotherapeuten wählen. Entscheidend für<br />

eine Kostenübernahme ist, dass das jeweilige psychotherapeutische<br />

Verfahren als Kassenleistung<br />

anerkannt ist, nur dann wird diese Form <strong>der</strong> Unterstützung<br />

von <strong>der</strong> Kasse bezahlt. Derzeit sind als<br />

Kassenleistung nur folgende Verfahren anerkannt:<br />

· Analytische Psychotherapie<br />

· Tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie<br />

· Verhaltenstherapie<br />

Das Spektrum reicht dabei je nach Verfahren von<br />

Einzel- bis Gruppentherapie, von Kurzzeit- (25<br />

Stunden) bis Langzeittherapie (bis zu 300 Stunden).<br />

Die Stundenfrequenz kann i. d. R. mit dem<br />

Therapeuten abgesprochen und vereinbart werden.<br />

Solch eine Behandlung kann eine wertvolle Unterstützung<br />

bei <strong>der</strong> Bewältigung <strong>der</strong> seelischen Belastung<br />

sein, <strong>der</strong> man als Betroffener o<strong>der</strong> Angehöriger<br />

ausgesetzt ist.<br />

Da die Wartezeiten bei Psychotherapeuten manchmal<br />

länger sind, kann es sinnvoll sein, sich gleich<br />

bei mehreren Psychotherapeuten auf die Warteliste<br />

setzen zu lassen. Da sich Therapeuten i. d. R. auf<br />

bestimmte Probleme spezialisiert haben, beschreiben<br />

Sie am Telefon, worum es geht, so lässt sich<br />

die Frage, ob <strong>der</strong>(die) Therapeut(in) sich zuständig<br />

fühlt, manchmal schon vorab klären. Sie können<br />

hier auch schon erfahren, welche Therapierichtung<br />

er o<strong>der</strong> sie vertritt. Manche Therapeuten(innen)<br />

haben neben ihrer zugelassenen Therapieform<br />

(Verhaltenstherapie, Psychoanalyse o<strong>der</strong> tiefenpsychologisch<br />

fundierte Therapie) auch noch weitere<br />

therapeutische Verfahren gelernt, die sie je nach<br />

Bedarf anwenden. Die wichtigsten sind: Gestalttherapie,<br />

Familientherapie od. Systemische Therapie,<br />

Hypnotherapie, Gesprächstherapie, Transaktionsanalyse,<br />

Psychodrama und Bioenergetik. Natürlich<br />

gibt es noch mehr therapeutische Ansätze als<br />

die oben genannten und wenn Sie sich für eine bestimmte<br />

Richtung interessieren, sollten Sie schon<br />

am Telefon direkt danach fragen.<br />

Zwei ALS Betroffene waren nach dieser Information<br />

sehr skeptisch, da sie fürchteten zum einen mit<br />

ihrer fortgeschrittenen Sprechstörung (Dysarthrie),<br />

zum an<strong>der</strong>en mit dem benutzen Kommunikationsgerät<br />

auf wenig Verständnis zu stoßen. Hier ist es<br />

natürlich sinnvoll zu fragen, ob sich <strong>der</strong> betreffende<br />

Therapeut mit einem solchen Problem ausei-


nan<strong>der</strong>setzen kann und möchte. Auch Hausbesuche<br />

sind möglich, hier ist ebenfalls nachzufragen, ob<br />

<strong>der</strong> Therapeut diese leistet.<br />

Seelsorge<br />

Seelsorge ist wie Beratung (siehe dort) kein geschützter<br />

Begriff. Er findet sich jedoch oft bei<br />

Hilfsangeboten mit explizit christlichem Hintergrund.<br />

Es kann sich dabei um eine Pfarrerin o<strong>der</strong><br />

einen Pfarrer, an<strong>der</strong>e kirchlichen <strong>Mit</strong>arbeiter o<strong>der</strong><br />

auch z.B. um einen Heilpraktiker handeln. Eine<br />

seelsorgerische Ausrichtung versucht in biblisch<br />

begründeter, theologisch verantworteter und methodisch<br />

ausgewiesener Weise bei Problemen zu<br />

helfen. Ein Anspruch dabei ist, eine Grundhaltung<br />

zu verwirklichen, die durch ein tiefes Verstehen<br />

des an<strong>der</strong>en Menschen, <strong>der</strong> eigenen Person und <strong>der</strong><br />

Beziehung zwischen beiden gekennzeichnet ist.<br />

Eine Seelsorge hat an ihr Tun den Anspruch, dass<br />

<strong>der</strong> Betreffende es mit Hilfe selbst schafft, eine an<strong>der</strong>e<br />

Perspektive zu gewinnen. Menschen, die ihre<br />

Probleme in Worte fassen können, sehen sie i. d. R.<br />

klarer. Ein Seelsorger sieht sich auch und gerade<br />

heute als Gesprächspartner, wenn es um die Sinnfrage<br />

geht: Wer Unglück ertragen muss, fragt nach<br />

dem Sinn seiner Leiden. Und das ist im Grunde, so<br />

die Seelsorge, die Frage nach Gott. Diesen Fragen<br />

gemeinsam nachzugehen, ist eine <strong>der</strong> Aufgaben<br />

eines Seelsorgers. D.h., wenn Sie bei <strong>der</strong> Klärung<br />

und Hilfe einen explizit christlichen Hintergrund<br />

wünschen, können sie sich an einen Seelsorger<br />

wenden. Ein kassenzugelassener Psychotherapeut<br />

wie auch Heilpraktiker kann mit Ihnen auch über<br />

die "Sinnfrage" sprechen, jedoch ist dies nicht sein<br />

primärer bzw. alleiniger Auftrag. Wenn bei einer<br />

Psychotherapie eine religiöse Ausrichtung explizit<br />

eine Rolle spielen soll, sollten Sie sich vorher bei<br />

dem Psychotherapeuten bzw. Behandler danach erkundigen.<br />

Beratung, therapeutische<br />

Angebote, esoterische und<br />

spirituelle Hilfen<br />

Alle die in <strong>der</strong> Überschrift genannten Angebote<br />

sind begrifflich nicht geschützt. So finden sich solche<br />

Angebote häufig in allen Arten von psychologischen<br />

Ratgebern sowie Esoterik-Zeitschriften<br />

etc.. Grundsätzlich kann sich je<strong>der</strong> von jedem bei<br />

Problemen und Schwierigkeiten beraten lassen.<br />

Obwohl die Grenzen zwischen professioneller Beratung<br />

und Psychotherapie oft fließend sind, gibt es<br />

einige Kriterien <strong>der</strong> Unterscheidung:<br />

11<br />

Nach § 1 Absatz 3 Psychotherapeutengesetz ist<br />

Ausübung von Psychotherapie "jede mittels wissenschaftlich<br />

anerkannter psychotherapeutischer<br />

Verfahren vorgenommene Tätigkeit zur Feststellung,<br />

Heilung o<strong>der</strong> Lin<strong>der</strong>ung von Störungen mit<br />

<strong>Krankheit</strong>swert, bei denen Psychotherapie indiziert<br />

ist." Psychotherapie ist also explizit ausgewiesen<br />

als eine Heilbehandlung und wird daher von <strong>der</strong><br />

Krankenkasse bezahlt. Professionelle Beratung<br />

muß i. d. R. selbst bezahlt werden, wenn sie nicht<br />

ausdrücklich kostenfrei angeboten wird.<br />

Neben <strong>der</strong> etablierten Psychotherapie gibt es eine<br />

alternative Psychoszene. Seit den 80er Jahren werden<br />

zunehmend Angebote mit religiösen o<strong>der</strong> esoterischen<br />

Vorstellungen vermittelt. So hilfreich<br />

diese Angebote im Einzelnen sein können, ist hier<br />

doch auch Vorsicht geboten. Viele Psychoangebote<br />

zielen darauf, Sie aus Ihren gewohnten Verhaltensweisen<br />

zu lösen und für neue Erfahrungen zu öffnen.<br />

Das ist nicht grundsätzlich falsch, doch sollten<br />

Sie, sofern Sie sich in einer außergewöhnlichen<br />

Belastungssituation (wie einer ALS Erkrankung)<br />

befinden gut abwägen, ob Sie eine solche Hilfe in<br />

Anspruch nehmen können. Wenn Sie sich psychisch<br />

ohnehin "labil" fühlen, besteht die Gefahr,<br />

dass es Ihnen bei unsachgemäßer Behandlung hinterher<br />

noch viel schlechter geht, ohne dass Sie u.U.<br />

jemand therapeutisch auffängt. Daher sollten Sie<br />

sich grundsätzlich jedem Angebot auf dem Psychomarkt<br />

mit gesundem Misstrauen nähern. Führen<br />

Sie vor je<strong>der</strong> avisierten Beratung o<strong>der</strong> Therapie,<br />

jedem Kurs ein Vorgespräch mit dem Therapeuten<br />

bzw. Trainer, um sich von ihm einen persönlichen<br />

Eindruck machen zu können. Lassen Sie<br />

sich die Inhalte erklären. Das Vorgespräch hat kostenlos<br />

zu sein.<br />

Abschlussbemerkung<br />

An ALS zu leiden ist eine <strong>der</strong> größten Herausfor<strong>der</strong>ungen,<br />

<strong>der</strong> sich ein Mensch gegenüber sehen<br />

kann. Dort, wo grundlegend anstehende Lebensthemen<br />

(so auch Fragen nach dem Tod, dem Sinn<br />

des Lebens, <strong>der</strong> Art und Weise wie bisher Beziehungen<br />

geführt wurden usw.) weggeschoben und<br />

verdrängt werden, wächst die innere Not (zu <strong>der</strong><br />

schon vorhandenen äußeren), damit wird die Situation<br />

häufig noch schwerer, als sie ohnehin ist. Ein<br />

seriöses Hilfsangebot als Begleiter kann einen in<br />

<strong>der</strong> Bewältigung dieser Aufgabe stärken und Mut<br />

und Kraft freisetzen, um so inneren Frieden und<br />

Klarheit zu gewinnen.


MATERIELLE HILFEN<br />

Albertine Deuter, Dipl. Sozialpädagogin (FH),<br />

Sozialberatung <strong>DGM</strong>-Landesverband Bayern<br />

Antje Faatz, Dipl. Sozialpädagogin (FH),<br />

Fachkraft für Palliative Care,<br />

<strong>DGM</strong>-Sozialberatung<br />

Die Diagnose ALS stellt Betroffene und <strong>der</strong>en Angehörige<br />

vor die Aufgabe, eine neue Lebenssituation<br />

zu bewältigen, die viele Einschränkungen mit<br />

12<br />

sich bringt. Damit stellt sich auch die Frage, bei<br />

welchen Institutionen man Unterstützung und<br />

Hilfe bekommt. Um verschiedene Sozialleistungen<br />

in Anspruch nehmen zu können, hilft es, Bescheid<br />

zu wissen über die Art <strong>der</strong> Hilfen und die entsprechenden<br />

Anlaufstellen. Hier können nur einige Bereiche<br />

angesprochen werden, die für ALS- Patienten<br />

regelmäßig wichtig sind, um eine erste Orientierungshilfe<br />

zu geben.<br />

Checkliste materielle Hilfen<br />

Der Schwerbehin<strong>der</strong>tenausweis (SGB IX)<br />

· Antrag beim Landesversorgungsamt (Formular ausfüllen + Passfoto beifügen)<br />

· Antrag vor dem Versenden mit den behandelnden Ärzten durchsprechen / Gutachten beifügen<br />

· Feststellungsbescheid und Ausweis (ab GdB 50) – ggfs. Wi<strong>der</strong>spruch<br />

· Finanzamt, Krankenkasse (s.u.) und evtl. Arbeitgeber informieren<br />

Pflegeversicherung (SGB XI) (s. Kapitel „Pflege“)<br />

· Formloser Antrag zur Einstufung in die Pflegeversicherung an die zuständige Pflegekasse<br />

· Ausfüllen des Antragsvordrucks, den die Pflegekasse zuschickt<br />

· Vorbereitung auf den Besuch des MDK: Führen eines Pflegetagebuchs<br />

· Begutachtung durch den MDK<br />

· Bescheid <strong>der</strong> Pflegekasse – bei Bedarf Wi<strong>der</strong>spruch gegen die Einstufung durch die Pflegekasse<br />

mit Begründung und Einreichen des Pflegetagebuchs<br />

· Krankenkasse informieren (s.u.)<br />

· Weitere Leistungen: Pflegeerleichternde Hilfsmittel, Zuschuss zu Umbaumaßnahmen, Pflegekurse,<br />

Verhin<strong>der</strong>ungspflege / Kurzzeitpflege, Soziale Sicherung <strong>der</strong> Pflegenden Angehörigen<br />

Gesetzliche Krankenversicherung (SGB V)<br />

· Antrag auf Befreiung von Zuzahlungen über einem Eigenanteil von 1% des Bruttoeinkommens<br />

(„Chronikerregelung“: GdB 60, Pflst. II/III, ärztl. Gutachten)<br />

· Kostenübernahme von Fahrtkosten zur ambulanten Behandlung (bei Pflst. II /III, Mz aG/H)<br />

· Medizinische Rehabilitation (Ziel: <strong>Krankheit</strong>sfolgen mil<strong>der</strong>n, Verschlechterung verhüten)<br />

· Heilmittel (Physiotherapie / Logopädie)<br />

· Hilfsmittel (s. Kapitel „Selbstständigkeit erhalten – Hilfsmittel und Wohnen“)<br />

· Häusliche Krankenpflege / Behandlungspflege (v.a. bei Beatmung)<br />

· Medikamente<br />

· Ambulante ärztliche Behandlung<br />

· Stationäre Krankenhausbehandlung<br />

Beruf / Arbeitsunfähigkeit / Rehabilitation / Rente<br />

· Schwerbehin<strong>der</strong>tenausweis beantragen (s.o.)<br />

· Arbeitsplatz sichern / innerbetrieblich verän<strong>der</strong>n / umgestalten<br />

· Betriebsrat / Schwerbehin<strong>der</strong>tenvertretung / Integrationsamt / Integrationsfachdienst einschalten<br />

· Lohnfortzahlung / Krankengeld<br />

· Evtl. Maßnahme zur medizinischen Rehabilitation (Ziel: Arbeitsfähigkeit wie<strong>der</strong> herstellen,<br />

Begutachtung)<br />

· Rente wegen Erwerbsmin<strong>der</strong>ung beantragen


Der Schwerbehin<strong>der</strong>tenausweis<br />

ALS Kranke sollten frühzeitig einen Schwerbehin<strong>der</strong>tenausweis<br />

beantragen. Ob man als schwerbehin<strong>der</strong>t<br />

anerkannt wird, hängt dabei nicht allein<br />

von <strong>der</strong> Diagnose ALS, son<strong>der</strong>n von den durch die<br />

Erkrankung bedingten individuellen Einschränkungen<br />

und Beeinträchtigungen ab, die durch ärztliche<br />

Gutachten nachgewiesen werden. Stimmen Sie<br />

Ihre Vorgehensweise bei <strong>der</strong> Antragstellung deshalb<br />

unbedingt mit Ihren behandelnden Ärzten ab.<br />

Eine Stellungnahme <strong>der</strong> <strong>DGM</strong> zur Festsetzung des<br />

Grades <strong>der</strong> Behin<strong>der</strong>ung bei ALS finden Sie ebenfalls<br />

in diesem Kapitel.<br />

Wozu dient <strong>der</strong> Ausweis?<br />

Der Ausweis des Versorgungsamtes dient zum<br />

Nachweis <strong>der</strong> Schwerbehin<strong>der</strong>teneigenschaft, des<br />

Grades <strong>der</strong> Behin<strong>der</strong>ung und gegebenenfalls weiterer<br />

gesundheitlicher Merkmale in verschiedenen<br />

Lebensbereichen (z.B. gegenüber dem Arbeitgeber,<br />

dem Arbeitsamt, dem Integrationsamt o<strong>der</strong> dem Finanzamt).<br />

<strong>Mit</strong> Hilfe des Ausweises können die zustehenden<br />

Rechte nach dem SGB IX (= Sozialgesetzbuch,<br />

Neuntes Buch: Rehabilitation und Teilhabe)<br />

geltend gemacht werden, die <strong>der</strong> Gesetzgeber<br />

zum Ausgleich behin<strong>der</strong>ungsbedingter Nachteile<br />

o<strong>der</strong> Mehraufwendungen vorgesehen hat.<br />

Dazu gehören steuerliche Freibeträge, Ermäßigung<br />

o<strong>der</strong> Übernahme von KFZ-Steuern o<strong>der</strong> Fahrtkosten<br />

für öffentliche Verkehrsmittel, ermäßigten o<strong>der</strong><br />

kostenlosen Eintritt für kulturelle Veranstaltungen.<br />

Im Arbeits- und Berufs<strong>leben</strong> beziehen sie sich beispielsweise<br />

auf den Kündigungsschutz, Zusatzurlaub,<br />

Hilfen zur behin<strong>der</strong>tengerechten Arbeitsplatzausstattung<br />

u. a..<br />

Was enthält <strong>der</strong> Ausweis?<br />

Der Ausweis enthält u.a. das Datum, an dem <strong>der</strong><br />

Antrag beim Versorgungsamt eingegangen ist. Von<br />

diesem Datum an gilt die Schwerbehin<strong>der</strong>teneigenschaft<br />

im Regelfall als nachgewie-sen. Der Grad<br />

<strong>der</strong> festgestellten Behin<strong>der</strong>ung (GdB) wird mit<br />

einer Zahl, die beanspruchbaren Nachteilsausgleiche<br />

werden als sog. Merkzeichen im Ausweis angegeben<br />

(s.u.).<br />

Wer gilt als schwerbehin<strong>der</strong>ter Mensch?<br />

Als schwerbehin<strong>der</strong>t gelten Menschen mit einem<br />

Grad <strong>der</strong> Behin<strong>der</strong>ung von mindestens 50. Menschen<br />

sind nach § 2 Absatz 1 SGB IX behin<strong>der</strong>t,<br />

wenn ihre körperliche Funktion, geistige Fähigkeit<br />

o<strong>der</strong> seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit<br />

länger als 6 Monate von dem für das Le-<br />

13<br />

bensalter typischen Zustand abweichen und daher<br />

ihre Teilhabe am Leben in <strong>der</strong> Gesellschaft beeinträchtigt<br />

ist.<br />

Nach § 69 Absatz 1 SGB IX werden die Auswirkungen<br />

auf die Teilhabe am Leben in <strong>der</strong> Gesellschaft<br />

als Grad <strong>der</strong> Behin<strong>der</strong>ung (GdB) nach Zehnergraden<br />

abgestuft bewertet. Der GdB ist unabhängig<br />

vom ausgeübten o<strong>der</strong> angestrebten Beruf zu<br />

beurteilen. Aus dem GdB ist nicht auf das Ausmaß<br />

<strong>der</strong> (beruflichen) Leistungsfähigkeit zu schließen.<br />

Die Bewilligung einer Rente wegen Erwerbsmin<strong>der</strong>ung<br />

durch einen Rentenversicherungsträger<br />

o<strong>der</strong> die Feststellung einer Dienst- beziehungsweise<br />

Arbeitsunfähigkeit erlauben keine Rückschlüsse<br />

auf den GdB. Umgekehrt kann aus dem<br />

GdB nicht auf die Leistungsvoraussetzungen an<strong>der</strong>er<br />

Rechtsgebiete geschlossen werden.<br />

Wer kann die Parkplätze für Rollstuhlfahrer<br />

benutzen?<br />

Schwerbehin<strong>der</strong>te Menschen, denen von <strong>der</strong> zuständigen<br />

Ortsbehörde ein beson<strong>der</strong>er Parkausweis<br />

mit dem Rollstuhlfahrer-Symbol erteilt wurde. Voraussetzung<br />

ist die Feststellung <strong>der</strong> Merkzeichen<br />

aG o<strong>der</strong> Bl (blind) durch das Versorgungsamt.<br />

Zeitlich befristete Ausnahmen sind nach Absprache<br />

mit <strong>der</strong> Ortsbehörde/ Straßenverkehrsamt im<br />

Einzelfall möglich (s.u. Merkzeichen: aG). Seit einigen<br />

Jahren gibt es einen europäischen Parkausweis<br />

für behin<strong>der</strong>te Menschen. Er wird in den <strong>Mit</strong>gliedstaaten<br />

<strong>der</strong> Europäischen Union anerkannt.<br />

Damit können Sie Parkerleichterungen nutzen, die<br />

in dem <strong>Mit</strong>gliedstaat eingeräumt werden, in dem<br />

Sie sich aufhalten.<br />

Es gibt für Personen mit beson<strong>der</strong>en gesundheitlichen<br />

Voraussetzungen die Möglichkeit, eine bundesweit<br />

gültige Son<strong>der</strong>regelung zur Ausnahmegenehmigung<br />

für Parkerleichterungen zu erlangen.<br />

Dies gilt nur bei Personen mit:<br />

· einem GdB von wenigstens 80 allein für die<br />

Funktionsstörungen <strong>der</strong> unteren Gliedmaßen und<br />

· den Merkzeichen B und G<br />

· den Merkzeichen B und G und einem GdB von<br />

wenigstens 70 allein wegen <strong>der</strong> Funktionsstörungen<br />

an den unteren Gliedmaßen und gleichzeitig<br />

Funktionsstörungen des Herzens o<strong>der</strong> <strong>der</strong> Atmungsorgane,<br />

die wenigstens einen GdB von 50<br />

bedingen


Merkzeichen<br />

Neben dem Grad <strong>der</strong> Behin<strong>der</strong>ung kann <strong>der</strong><br />

Schwerbehin<strong>der</strong>tenausweis eine Reihe von Eintragungen<br />

enthalten, mit denen verschiedene Nachteilsausgleiche<br />

verbunden sind.<br />

B – Begleitung<br />

Das Merkzeichen B auf <strong>der</strong> Vor<strong>der</strong>seite des Ausweises<br />

erhält, wer bei <strong>der</strong> Benutzung öffentlicher<br />

Verkehrsmittel regelmäßig auf fremde Hilfe angewiesen<br />

ist und deshalb Begleitung braucht. <strong>Mit</strong><br />

diesem Merkzeichen erhalten Sie als Schwerbehin<strong>der</strong>ter<br />

eine Berechtigung zur <strong>Mit</strong>nahme einer Begleitperson<br />

in öffentlichen Verkehrsmitteln. Ob Sie<br />

davon Gebrauch machen, entscheiden Sie selbst.<br />

Das Merkzeichen „B“ in Ihrem Ausweis schließt<br />

nicht aus, dass Sie öffentliche Verkehrsmittel auch<br />

ohne Begleitperson nutzen können. Die Begleitperson<br />

kann im öffentlichen Personenverkehr unentgeltlich<br />

mitfahren, nicht jedoch in Son<strong>der</strong>zügen<br />

und Son<strong>der</strong>wagen. Bedingt gilt die unentgeltliche<br />

Beför<strong>der</strong>ung auch bei innerdeutschen Flügen <strong>der</strong><br />

Lufthansa.<br />

G - erheblich gehbehin<strong>der</strong>t<br />

Voraussetzung für dieses Merkzeichen ist, dass<br />

man eine Gehstrecke von zwei Kilometern nicht<br />

ohne erhebliche Schwierigkeiten und Gefahren bewältigen<br />

kann.<br />

Als Nachteilsausgleich kommen die unentgeltliche<br />

Beför<strong>der</strong>ung im öffentlichen Nahverkehr mit gültiger<br />

Wertmarke o<strong>der</strong> Kfz-Steuerermäßigung in<br />

Betracht. Bei MZ „G“ und GdB 70 können Sie<br />

Privatfahrten bis zu 3000 km im Jahr steuerlich<br />

absetzen.<br />

aG – außergewöhnlich gehbehin<strong>der</strong>t<br />

Für Betroffene, <strong>der</strong>en Gehvermögen so sehr<br />

schwer beeinträchtigt ist, dass Sie außerhalb eines<br />

Kfz nur noch unter großen Mühen o<strong>der</strong> mit frem<strong>der</strong><br />

Hilfe kürzeste Strecken zu Fuß zurücklegen<br />

können ist dieses Merkzeichen wichtig, um die unentgeltliche<br />

Beför<strong>der</strong>ung im öffentlichen Nahverkehr<br />

und Parkerleichterungen in Anspruch nehmen<br />

zu können. Weitere Nachteilsausgleiche: Bis zu<br />

15.000 km werden Kfz-Kosten für Privatfahrten als<br />

außergewöhnliche Belastung anerkannt. Außerdem<br />

können Sie in einigen Städten den kostengünstigen<br />

Fahrdienst für Behin<strong>der</strong>te in Anspruch nehmen.<br />

Das Merkmal „aG“ setzt nicht voraus, dass ein<br />

schwerbehin<strong>der</strong>ter Mensch nahezu unfähig ist, sich<br />

fortzubewegen. ALS-Kranke könnten manchmal<br />

rein von <strong>der</strong> Muskelkraft her betrachtet noch einige<br />

14<br />

Meter laufen. Aufgrund <strong>der</strong> Fußheberschwäche ist<br />

jedoch die Sturzgefahr schon bei kleinsten Unebenheiten<br />

des Straßenbelags so hoch, dass fremde<br />

Hilfe immer nötig ist, bzw. dass Sie für die Fortbewegung<br />

außerhalb des Hauses auf die Benutzung<br />

eines Rollstuhls angewiesen sind. Erschwerend<br />

kommt häufig hinzu, dass ALS-Kranke sich durch<br />

die Funktionseinschränkungen in Armen und Händen<br />

bei einem Sturz in <strong>der</strong> Regel kaum abfangen<br />

können, also ungebremst fallen und sich dadurch<br />

erhebliche Verletzungen zuziehen können. Weisen<br />

Sie ggfs. auf bereits erlittene Verletzungen durch<br />

Stürze hin. Obendrein besteht die Gefahr, dass<br />

durch Überanstrengung die betroffene Muskulatur<br />

zusätzlich geschädigt wird und <strong>der</strong> krankheitsbedingte<br />

Muskelschwund sich noch beschleunigt.<br />

Überanstrengung muss daher unbedingt vermieden<br />

werden. In einem Urteil des Bundessozialgerichtes<br />

(BSG) vom 11.03.1998 (B 9 SB 1/97) wurde festgestellt,<br />

dass das Merkzeichen aG auch zuerkannt<br />

werden soll, wenn durch Überanstrengung eine<br />

konkrete Verschlechterung <strong>der</strong> Gehfähigkeit droht<br />

und die vorhandene Rest-Gehfähigkeit deshalb außerhalb<br />

<strong>der</strong> Wohnung nicht mehr genutzt werden<br />

kann. Weitere Urteile bestätigen diese Auffassung.<br />

Wer nur noch unter erheblichen Schmerzen gehen<br />

kann, hat ebenfalls Anspruch auf das Merkzeichen<br />

aG .<br />

H – hilflos<br />

Voraussetzung ist, dass man für die gewöhnlichen<br />

und regelmäßig wie<strong>der</strong>kehrenden Verrichtungen im<br />

Ablauf des täglichen Lebens wie An- und Auskleiden,<br />

Nahrungsaufnahme, Körperpflege etc. dauernd<br />

fremde Hilfe benötigt (mindestens zwei Stunden<br />

täglich). Wenn Sie Leistungen <strong>der</strong> Pflegestufe<br />

II <strong>der</strong> Pflegeversicherung (SGB XI) erhalten, können<br />

Sie nach einem Urteil des Bundessozialgerichtes<br />

das Merkzeichen H beantragen (nähere Informationen<br />

dazu erhalten Sie bei <strong>der</strong> <strong>DGM</strong>). Wenn<br />

dieses Merkzeichen vorliegt, können die pflegenden<br />

Angehörigen (o<strong>der</strong> nahestehenden Personen)<br />

einen Pflegepauschbetrag von 924 € im Kalen<strong>der</strong>jahr<br />

steuerlich geltend machen. Bitte erfragen Sie<br />

Einzelheiten bei Ihrem Finanzamt. Der Pauschbetrag<br />

für außergewöhnliche Belastung beträgt für<br />

den Betroffenen <strong>der</strong>zeit 3700 €.


RF – Rundfunkgebührenbefreiung und Telefon -<br />

gebührenermäßigung<br />

Wenn es Ihnen selbst mit Hilfe von Begleitpersonen<br />

nicht mehr möglich ist, an öffentlichen Veranstaltungen<br />

teilzunehmen, können Sie das Merkzeichen<br />

„RF“ beantragen. Weitere Voraussetzung ist<br />

ein GdB von 80. <strong>Mit</strong> diesem Merkzeichen wird<br />

die Befreiung von <strong>der</strong> Zahlung <strong>der</strong> Rundfunkgebühren<br />

bei <strong>der</strong> GEZ beantragt. Außerdem können<br />

Sie damit einen Antrag auf Telefongebührenermäßigung<br />

und ermäßigte Anschlussgebühr bei <strong>der</strong> Telekom<br />

stellen.<br />

Wie ist die Feststellung einer Behin<strong>der</strong>ung zu<br />

beantragen?<br />

Der Antrag ist beim zuständigen Versorgungsamt<br />

mit dem dafür vorgesehenen Formblatt zu stellen.<br />

Er kann formlos angefor<strong>der</strong>t werden (z.B. mit einer<br />

Postkarte „Bitte senden Sie mir einen Antrag auf<br />

Feststellung einer Behin<strong>der</strong>ung zu.“). Dem Antrag<br />

sollten möglichst aktuelle und umfassende ärztliche<br />

Atteste (Hausarzt, Neurologe, ggf. Orthopäde)<br />

beigelegt werden. Diese Atteste sollten eine genaue<br />

Beschreibung des Befundes, <strong>der</strong> Funktionsausfälle<br />

o<strong>der</strong> sonstiger Beeinträchtigungen beinhalten.<br />

Auch unregelmäßig auftauchende Beschwerden<br />

(Schmerzen, Stürze, Schwächephasen,...) sollten<br />

hier genannt werden. Beim Hausarzt befindliche<br />

Untersuchungsunterlagen, wie z.B. Facharztbriefe,<br />

Krankenhausberichte, Abschlussberichte einer Rehabilitationsmaßnahme<br />

(Kur) und Röntgenbefunde<br />

können beigefügt werden, soweit sie die Behin<strong>der</strong>ungen<br />

betreffen. Ärztliche Bescheinigungen o<strong>der</strong><br />

sonstige Berichte, die lediglich Klagen und Beschwerden<br />

enthalten, reichen nicht aus.<br />

Eine eigene detaillierte schriftliche Stellungnahme<br />

über den Verlauf <strong>der</strong> Erkrankung und die daraus resultierenden<br />

regelmäßig wie<strong>der</strong>kehrenden (und<br />

sporadisch auftretenden) Beeinträchtigungen beizulegen,<br />

ist jedoch empfehlenswert. Wichtig ist,<br />

dass Sie sich klar machen, dass Ihr Antrag zunächst<br />

von einem Sachbearbeiter gelesen wird (<strong>der</strong><br />

sich unter ALS möglicherweise überhaupt nichts<br />

vorstellen kann) und nicht von einem medizinischen<br />

Sachverständigen. Sie sollten also anschaulich,<br />

verständlich und konkret mit Ihren eigenen<br />

Worten Ihre Situation schil<strong>der</strong>n und dabei beson<strong>der</strong>s<br />

Ihre Einschränkungen <strong>der</strong> Gehfähigkeit,<br />

Hand- und Armfunktion, ggfs. Einschränkungen<br />

<strong>der</strong> Atemfunktion und des Herzens, Gefährdung im<br />

Verkehr, Sturzgefahr, notwendige Begleitperson,<br />

Möglichkeit öffentliche Verkehrsmittel zu nutzen<br />

15<br />

o<strong>der</strong> nicht, evtl. genutzte Hilfsmittel, Haushaltsführung,<br />

ggfs. Pflegebedürftigkeit (Pflegestufe) beschreiben.<br />

Sollten dem Sachbearbeiter des Versorgungsamtes<br />

die medizinischen Unterlagen für eine Entscheidung<br />

nicht ausreichen, werden die auf dem Antrag<br />

genannten Ärzte telefonisch befragt o<strong>der</strong> die betroffene<br />

Person wird zu einer ärztlichen Untersuchung<br />

schriftlich eingeladen. Sofern beson<strong>der</strong>e<br />

Umstände (z.B. eine Kündigung) nach <strong>der</strong> Antragstellung<br />

eintreten, müssen diese unverzüglich mitgeteilt<br />

werden. Daraufhin kann die Bearbeitung<br />

des Antrages vorgezogen werden.<br />

Wie wird die Eigenschaft als schwerbehin<strong>der</strong>ter<br />

Mensch festgestellt?<br />

Das für den Wohnort zuständige Versorgungsamt<br />

hat auf Antrag die Behin<strong>der</strong>ungen, den Grad <strong>der</strong><br />

Behin<strong>der</strong>ung und ggf. weitere gesundheitliche<br />

Merkmale festzustellen. Es erteilt hierüber einen<br />

rechtsbehelfsfähigen Feststellungsbescheid, in dem<br />

die einzelnen Behin-<strong>der</strong>ungen, <strong>der</strong> Grad <strong>der</strong> Behin<strong>der</strong>ung<br />

und die weiteren gesundheitlichen Merkmale<br />

ange-geben werden. Dies gilt auch dann,<br />

wenn <strong>der</strong> festgestellte GdB weniger als 50 beträgt.<br />

Eine solche Feststellung wird nicht getroffen, wenn<br />

die Behin<strong>der</strong>ungen und <strong>der</strong> GdB (o<strong>der</strong> die MdE/<br />

Min<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Erwerbsfähigkeit) bereits in einem<br />

Rentenbescheid o<strong>der</strong> <strong>der</strong>gleichen festgestellt worden<br />

sind (z.B. Bescheid einer Berufsgenossenschaft<br />

o<strong>der</strong> eines Versorgungsamtes; nicht aber Bescheide<br />

<strong>der</strong> Träger <strong>der</strong> Rentenversicherung über<br />

Berufs- o<strong>der</strong> Erwerbsunfähigkeitsrente).<br />

Beträgt <strong>der</strong> im Bescheid festgestellte GdB mindestens<br />

50, so stellt das Versorgungsamt einen Ausweis<br />

mit Lichtbild über die Eigenschaft als schwerbehin<strong>der</strong>ter<br />

Mensch, den Grad <strong>der</strong> Behin<strong>der</strong>ung<br />

und ggf. die weiteren gesundheitlichen Merkmale<br />

aus.<br />

Wi<strong>der</strong>spruch<br />

Wenn <strong>der</strong> GdB zu niedrig eingestuft wurde o<strong>der</strong><br />

ein Merkzeichen hätte zuerkannt werden müssen,<br />

kann innerhalb von 28 Werktagen nach Erhalt des<br />

Bescheides Wi<strong>der</strong>spruch eingelegt werden. Nähere<br />

Erläuterungen hierzu siehe Infodienst-Blatt „Recht<br />

/ Antrag – Wi<strong>der</strong>spruch – Klage“.


Bei Verschlimmerung <strong>der</strong> Erkrankung<br />

Wenn die Erkrankung fortschreitet und die Beeinträchtigungen<br />

zunehmen, kann je<strong>der</strong>zeit ein sog.<br />

Verschlimmerungsantrag (je nach Bundesland<br />

auch „Neufeststellungsantrag“) gestellt werden.<br />

Was ist zu tun, wenn die Gültigkeit des Ausweises<br />

abläuft?<br />

Es ist nicht erfor<strong>der</strong>lich, einen Neufeststellungsantrag<br />

zu stellen! Rechtzeitig vor Ablauf versendet<br />

das Versorgungsamt ein Schreiben, mit dem man<br />

die Gültigkeit bei <strong>der</strong> zuständigen Ortsbehörde<br />

o<strong>der</strong> beim Versorgungsamt verlängern lassen kann.<br />

Wenn die Gültigkeit bereits zweimal verlängert<br />

wurde, muss das Versorgungsamt einen neuen Ausweis<br />

ausstellen. Hierzu sendet man den bisherigen<br />

Ausweis und ein neues Passbild ein o<strong>der</strong> legt beides<br />

persönlich vor.<br />

Wann endet die Gültigkeit des Ausweises?<br />

Auf dem Ausweis ist z.B. 03/2009 eingestempelt.<br />

Die Gültigkeit endet immer am Ende des eingestempelten<br />

Monats, in diesem Fall also am 31.<br />

März 2009.<br />

Was muss beachtet werden, wenn Ersatz für<br />

den verlorenen Schwerbehin<strong>der</strong>tenausweis<br />

benötigt wird?<br />

Ein Passbild kann per Post zusammen mit einer<br />

kurzen Erklärung über den Verlust des bisherigen<br />

Ausweises an das Versorgungsamt gesendet werden.<br />

Wenn <strong>der</strong> Ausweis gestohlen wurde, muss<br />

eine Kopie <strong>der</strong> polizeilichen Bescheinigung über<br />

die abhanden gekommenen Papiere beigelegt werden.<br />

Zuzahlungen und Fahrtkosten<br />

(Gesetzliche Krankenversicherung<br />

SGB V)<br />

Zuzahlungen- Belastungsgrenze wegen chronischer<br />

Erkrankung<br />

Für alle Versicherten gibt bei den Zuzahlungen<br />

eine Belastungsgrenze von zwei Prozent ihrer jährlichen<br />

Bruttoeinnahmen. Für chronisch kranke Patienten<br />

gilt eine niedrigere Obergrenze von einem<br />

Prozent. Die Definition „chronisch krank“ setzt<br />

voraus, dass Sie sich in ärztlicher Dauerbehandlung<br />

befinden und mindestens einmal pro Quartal<br />

zum Arzt gehen. Zusätzlich muss entwe<strong>der</strong> ein<br />

GdB von mindestens 60 vorliegen, Pflegestufe II<br />

o<strong>der</strong> III o<strong>der</strong> die Einschätzung des Arztes, dass<br />

ohne kontinuierliche medizinische Versorgung eine<br />

<strong>leben</strong>sbedrohliche Verschlimmerung, vermin<strong>der</strong>te<br />

16<br />

Lebenserwartung o<strong>der</strong> dauerhafte Beeinträchtigung<br />

<strong>der</strong> Lebensqualität zu erwarten ist.<br />

Kostenübernahme <strong>der</strong> Fahrtkosten zur ambulanten<br />

o<strong>der</strong> stationären Behandlung<br />

Unter bestimmten Voraussetzungen können Fahrten<br />

zur ambulanten Behandlung verordnet und genehmigt<br />

werden. Für alle Fahrten besteht die gesetzliche<br />

Zuzahlungspflicht in Höhe von 10% <strong>der</strong><br />

Kosten je Fahrt (mindestens 5,- Euro und höchstens<br />

10,- Euro). Geleistete Zuzahlungen zu verordneten<br />

und genehmigten Fahrten sind auf die Belastungsgrenze<br />

anrechenbar.<br />

Wichtig ist, dass Sie sich frühzeitig um die ärztliche<br />

Verordnung und die Genehmigung <strong>der</strong> Krankenkasse<br />

kümmern. Der Arzt macht Angaben zur<br />

vorliegenden zwingenden medizinischen Notwendigkeit<br />

<strong>der</strong> Fahrt, zur erfor<strong>der</strong>lichen Ausstattung<br />

des Transportmittels und eventuell zur erfor<strong>der</strong>lichen<br />

Betreuung.<br />

Wenn Sie in Ihrer Mobilität so eingeschränkt sind,<br />

dass in Ihrem Schwerbehin<strong>der</strong>tenausweis das<br />

Merkzeichen „aG“ (außergewöhnliche Gehbehin<strong>der</strong>ung),<br />

o<strong>der</strong> „H“ (hilflos) vermerkt ist o<strong>der</strong> wenn<br />

Pflegestufe II o<strong>der</strong> III vorliegt, können die Fahrten<br />

genehmigt werden. In Ausnahmefällen kann Ihr<br />

Arzt auch bei vergleichbarer Beeinträchtigung <strong>der</strong><br />

Mobilität eine Fahrtkostenübernahme verordnen.<br />

Fahrten zu an<strong>der</strong>en ambulanten Therapien, wie z.<br />

B. Logopädie sind keine Kassenleistung.<br />

Bei Fahrten zur stationären Behandlung brauchen<br />

Sie keine Genehmigung. Zehn Prozent <strong>der</strong> Kosten<br />

müssen Sie jedoch selbst übernehmen (Mindestgrenze<br />

fünf Euro /Höchstgrenze zehn Euro).<br />

Beruf, längerfristige Arbeitsunfähigkeit,<br />

Rehabilitation und Rente<br />

wegen Erwerbsmin<strong>der</strong>ung<br />

Häufig ist <strong>der</strong> Bereich <strong>der</strong> Berufstätigkeit sehr früh<br />

von den Auswirkungen <strong>der</strong> ALS-Erkrankung betroffen.<br />

Meist werden zunächst Wege gesucht, den<br />

Arbeitsplatz so lange wie möglich zu erhalten –<br />

durch Anpassung, Umgestaltung, Verlegung nach<br />

Hause o.ä. Wenn es schwierig wird, die bisherige<br />

Tätigkeit weiter auszuüben, ist manchmal ein Arbeitsplatzwechsel<br />

innerhalb des Betriebes möglich.<br />

Manchmal können auch durch beson<strong>der</strong>e Hilfen im<br />

Arbeits<strong>leben</strong> bessere Bedingungen geschaffen werden.<br />

Zuständig für unterstützende Maßnahmen wie<br />

technische Arbeitshilfen, Hilfen zum Erreichen des<br />

Arbeitsplatzes, Erhaltung einer behin<strong>der</strong>ungsge-


echten Wohnung o<strong>der</strong> Arbeitsassistenz sind die<br />

Integrationsämter. Beratung und Unterstützung<br />

bieten die Integrationsfachdienste.<br />

Durch das rasche Voranschreiten <strong>der</strong> Erkrankung<br />

reicht die Zeit manchmal nicht aus, umfangreichere<br />

Maßnahmen <strong>der</strong> beruflichen Rehabilitation<br />

in die Wege zu leiten und es kommt relativ schnell<br />

zu einer Berentung. Beson<strong>der</strong>s für jüngere Betroffene<br />

und ihre Familien bringt dies neben den psychischen<br />

Auswirkungen und notwendigen Verän<strong>der</strong>ungen<br />

des Lebenskonzeptes auch gravierende materielle<br />

Einbußen mit sich und Mehrfachbelastungen<br />

des Partners, <strong>der</strong> jetzt evtl. die Familie ernähren<br />

soll, für die Kin<strong>der</strong> sorgen, den ALS-kranken<br />

Partner pflegen und obendrein die Hilfen organisieren<br />

und bei den Kostenträgern durchsetzen soll,<br />

wie z.B. Rehamaßnahmen, Hilfsmittel, Pflegestufe<br />

usw.<br />

Bei Erkrankung haben Sie als Arbeitnehmer zunächst<br />

Anspruch auf Entgeltfortzahlung durch den<br />

Arbeitgeber. Danach erhalten gesetzlich Versicherte<br />

Krankengeld, privat Versicherte haben in <strong>der</strong><br />

Regel eine Krankentagegeld-Versicherung. Das<br />

Krankengeld beträgt 70 Prozent des zuvor regelmäßig<br />

erzielten Arbeitsentgelts und Arbeitseinkommens,<br />

abzüglich Beiträgen zur Renten-, Arbeitslosen-<br />

und Pflegeversicherung. Der Anspruch<br />

besteht jedoch längsten 78 Wochen innerhalb von<br />

drei Jahren.<br />

Leistungen zur medizinischen Rehabilitation können<br />

beantragt werden, wenn die Erwerbsfähigkeit<br />

erheblich gefährdet o<strong>der</strong> bereits gemin<strong>der</strong>t ist und<br />

durch diese Leistung erheblich gebessert, wie<strong>der</strong><br />

hergestellt o<strong>der</strong> eine wesentliche Verschlechterung<br />

abgewendet werden kann. Solange Sie berufstätig<br />

bzw. krank geschrieben sind ist <strong>der</strong> zuständige<br />

Kostenträger hierfür die Rentenversicherung.<br />

Wichtig ist in dem Zusammenhang, dass Ihr Antrag<br />

als Rentenantrag umgedeutet werden kann,<br />

wenn ein Erfolg nicht zu erwarten ist o<strong>der</strong> die<br />

Leistungen zur medizinischen Rehabilitation die<br />

vermin<strong>der</strong>te Erwerbsfähigkeit nicht verhin<strong>der</strong>t<br />

haben. Im Falle von Arbeitsunfähigkeit müssen Sie<br />

also gut abwägen, ob und ggfs. wann Sie von sich<br />

aus eine Maßnahme <strong>der</strong> medizinischen Rehabilitation<br />

beantragen wollen.<br />

Wenn aus Ihren Arztberichten hervorgeht, dass<br />

Ihre Erwerbsfähigkeit auf Dauer erheblich gemin<strong>der</strong>t<br />

ist, verlangt die Krankenkasse oft eine Stel-<br />

17<br />

lungnahme, aus <strong>der</strong> hervorgeht, ob die Berufstätigkeit<br />

wie<strong>der</strong> aufgenommen werden kann. Sie kann<br />

Ihnen eine Frist setzen, in <strong>der</strong> sich für eine Rehabilitationsmaßnahme<br />

o<strong>der</strong> den Rentenantrag entscheiden<br />

müssen. In <strong>der</strong> Regel haben Sie 10 Wochen<br />

Zeit. Wenn Sie jedoch nicht antworten, entfällt<br />

mit Ablauf <strong>der</strong> Frist <strong>der</strong> Anspruch auf Krankengeld.<br />

Um ein Rentenantragsverfahren rechtzeitig einzuleiten,<br />

ist es hilfreich zu wissen, dass die Rentenversicherer<br />

bei Renten wegen voller Erwerbsmin<strong>der</strong>ung<br />

von einer Bearbeitungszeit von etwa einem<br />

halben Jahr ausgehen.<br />

Anspruch auf Rente wegen Erwerbsmin<strong>der</strong>ung<br />

hat, wer teilweise o<strong>der</strong> voll erwerbsgemin<strong>der</strong>t ist,<br />

eine Versicherungszeit von 60 Kalen<strong>der</strong>monaten<br />

(kleine Wartezeit) erfüllt und in den letzten fünf<br />

Jahren mindestens 36 Monate Pflichtbeiträge gezahlt<br />

hat. Voraussetzung für die volle Erwerbsmin<strong>der</strong>ungsrente<br />

ist, dass Sie weniger als 3 Stunden<br />

am Tag arbeiten können. Wer noch 4 – 6 Stunden<br />

am Tag arbeitsfähig ist, erhält die Teilerwerbsunfähigkeitsrente.<br />

Durch den fortschreitenden Verlauf <strong>der</strong> Erkrankung<br />

werden sich jedoch oft Einschränkungen <strong>der</strong><br />

beruflichen Belastbarkeit ergeben, die es erfor<strong>der</strong>lich<br />

machen, einen Antrag auf volle Erwerbsmin<strong>der</strong>ungsrente<br />

zu stellen.<br />

Den Antrag stellen Sie bei Ihrem zuständigen Rentenversicherungsträger<br />

o<strong>der</strong> Sie wenden sich an<br />

einen Versichertenältesten in Ihrer Nähe. Seit Oktober<br />

2006 begegnen alle Rentenversicherungsträger<br />

ihren Versicherten als „<strong>Deutsche</strong> Rentenversicherung“.<br />

Versichertenälteste sind ehrenamtliche<br />

<strong>Mit</strong>arbeiter, die Ihnen bei <strong>der</strong> Antragstellung helfen.<br />

Wenn Sie überprüfen wollen, ob <strong>der</strong> Bescheid in<br />

Ordnung ist, z. B. ob die Zeiten richtig erfasst wurden,<br />

können Sie sich auch an einen Rentenberater<br />

wenden, <strong>der</strong> Sie individuell berät, seine Leistungen<br />

aber auch abrechnet.<br />

In geringem Umfang können Sie auch bei einer<br />

vollen Erwerbsmin<strong>der</strong>ungsrente hinzuverdienen.<br />

Die Grenzen dieses Hinzuverdienstes können Sie<br />

bei Ihrem Rentenversicherungsträger erfragen.


2 Medizinische Versorgung –<br />

therapeutische Möglichkeiten<br />

Das Behandlungsteam<br />

Dr. Jens-Peter Weber, ehemaliger Medizinischer<br />

Referent <strong>der</strong> <strong>DGM</strong><br />

Bei allen Arten von körperlichen o<strong>der</strong> psychischen<br />

Zeichen einer Erkrankung sollte zunächst <strong>der</strong><br />

Hausarzt für Sie <strong>der</strong> Ansprechpartner sein. Er<br />

sollte auch allgemeiner Wegweiser sein und als<br />

Zentralstelle für die Zusammenführung und<br />

Sammlung aller Befunde und Untersuchungsberichte<br />

<strong>der</strong> hinzugezogenen Fachärzte dienen. Dies<br />

gilt zunächst bei <strong>der</strong> Suche nach einer Diagnose,<br />

aber auch im Verlauf <strong>der</strong> Erkrankung, wenn die Diagnose<br />

bereits bekannt ist.<br />

Beim Vorliegen einer neuromuskulären Erkrankung<br />

wie einer ALS wird vielfach eine Betreuung<br />

18<br />

bei einem Neurologen notwendig sein. Dabei sollte<br />

jedoch bedacht sein, dass neuromuskuläre Erkrankungen<br />

auch im Berufs<strong>leben</strong> eines Neurologen<br />

eine Seltenheit darstellen. In vielen Fällen kann<br />

dieser Sie bei spezielleren Fragestellungen nur an<br />

eine spezialisierte Ambulanz o<strong>der</strong> Sprechstunde in<br />

einer Klinik überweisen.<br />

Die <strong>Deutsche</strong> Gesellschaft für Muskelkranke hat<br />

vor einigen Jahren ein Netz von 26 sog. Neuromuskulären<br />

Zentren initiiert. In jedem Bundesland<br />

ist damit mindestens ein Zentrum in erreichbarer<br />

Nähe. In diesen Kliniken arbeiten spezialisierte<br />

Ärzte in verschiedenen Fachabteilungen. Ihr Ziel<br />

ist es, durch erfahrene Untersucher eine effiziente<br />

Diagnostik zu ermöglichen, kompetente Beratung<br />

anzubieten und wenn möglich eine Therapie einzuleiten.


In einigen dieser Zentren gibt es sogar auf die ALS<br />

spezialisierte Sprechstunden. Neben den neurologischen<br />

Fachabteilungen sind in diesen Zentren<br />

auch an<strong>der</strong>e wichtige Fachbereiche wie Fachärzte<br />

für Erkrankungen des Bewegungsapparates (Orthopäden),<br />

Lungenfachärzte (Pneumologen), Fachärzte<br />

für Herzerkrankungen (Kardiologen) und an<strong>der</strong>e<br />

vertreten. Damit wird eine kompetente, interdisziplinäre<br />

Zusammenarbeit erreicht. Für den Betroffenen<br />

ist es möglich, an einer Stelle zu den verschiedenen<br />

Problemen, die sich im Verlauf <strong>der</strong> Erkrankung<br />

entwickeln können, beraten und betreut<br />

zu werden. Darüber hinaus sind die Ärzte dort über<br />

den Stand <strong>der</strong> medizinischen Forschung aktuell informiert<br />

und forschen auch vielfach selbst.<br />

Über die rein medizinische Betreuung hinaus sind<br />

aber bei <strong>der</strong> Betreuung von Betroffenen mit einer<br />

ALS weitere Fachleute von großer Bedeutung:<br />

Ein/e Physiotherapeut/in und Ergotherapeut/in, die<br />

u.U. auch ins Haus kommen, muss gefunden werden.<br />

Ein/e Logopäde/in zur Unterstützung bei Störungen<br />

des Schluckens o<strong>der</strong> des Sprechens sollte<br />

miteinbezogen werden. Ein/e Sozialberater/in, die<br />

bei den lei<strong>der</strong> so häufig vorkommenden Fragen zu<br />

sozialrechtlichen Problemen und natürlich auch<br />

psychosozialen Fragestellungen wichtige Hilfestellung<br />

geben können.<br />

Auch die pflegenden Angehörigen o<strong>der</strong> gegebenenfalls<br />

auch die <strong>Mit</strong>arbeiter/innen eines unterstützenden<br />

Pflegedienstes zählen im weiteren Sinne<br />

zum Team.<br />

Alle diese Spezialist/inn/en zusammen bilden das<br />

Behandlungsteam, welches zur optimalen Betreuung<br />

auch untereinan<strong>der</strong> im Austausch stehen sollte.<br />

AKTUELLER STAND DER THERAPIE DER<br />

AMYOTROPHEN LATERALSKLEROSE<br />

Dr. med. Katja Kollewe, Prof. Dr. med. Susanne<br />

Petri, Hannover<br />

aus: Management of Neuromuscular Diseases,<br />

Letter Nr. 33 „Aktueller Stand <strong>der</strong> Therapie <strong>der</strong><br />

ALS“, überarbeitet im Juni 2010 entsprechend <strong>der</strong><br />

aktuellen Leitlinien <strong>der</strong> European Fe<strong>der</strong>ation of<br />

Neurological Societies (EFNS task force on Management<br />

of Amyotrophic Lateral Sclerosis. Revised-Guidelines<br />

for diagnosing and clinical care of<br />

patients and relatives. An evidence-based review<br />

with Good Practice Points. An<strong>der</strong>sen et al. 2010).<br />

19<br />

Neuroprotektive Therapie<br />

Bisher ist nur die antiglutamaterge Substanz Riluzol<br />

zur kausalen Therapie <strong>der</strong> ALS zugelassen. In<br />

zwei placebokontrollierten, doppelblinden Studien<br />

konnte gezeigt werden, dass Riluzol bei einer täglichen<br />

Einnahme von 100 mg in zwei Einzeldosen<br />

von 50 mg über einen Zeitraum von 18 Monaten<br />

den Verlauf <strong>der</strong> Erkrankung verzögert und die Lebenserwartung<br />

um etwa 3 Monate erhöht. An Nebenwirkungen<br />

traten in den beiden Studien am<br />

häufigsten Müdigkeit, Übelkeit und Erhöhungen<br />

<strong>der</strong> Werte in Leberfunktionstests auf.<br />

Therapieempfehlungen<br />

Patienten mit ALS sollten möglichst früh 2x<br />

täglich 50 mg Riluzol als Dauertherapie einnehmen.<br />

Retrospektive Analysen haben gezeigt,<br />

dass dadurch die Patienten länger in den<br />

früheren Stadien <strong>der</strong> Erkrankung verbleiben.<br />

Bislang konnten keine weiteren Medikamente<br />

mit neuroprotektiver Wirkung bei ALS entwickelt<br />

werden. Umso mehr hat die symptomatische<br />

Therapie einen hohen Stellenwert für die<br />

Besserung <strong>der</strong> Lebensqualität <strong>der</strong> Patienten.<br />

Symptomatische Therapie <strong>der</strong><br />

Sialorrhoe (Speichelfluss)<br />

Die Sialorrhoe resultiert aus <strong>der</strong> Schluckstörung<br />

und nicht aus einer Überproduktion von Speichel<br />

(Pseudosialorrhoe). Sie ist sozial stigmatisierend,<br />

kann aber gut behandelt werden.<br />

Der Einsatz von Amitriptylin ist weit verbreitet,<br />

da es eine sehr gute anticholinerge Wirkung hat<br />

und kostengünstig ist. Eine Dosierung von 25-<br />

50mg 2-3x täglich ist meist ausreichend.<br />

In einer Studie zeigte sich eine signifikante Reduktion<br />

<strong>der</strong> Speichelproduktion unter Atropin-<br />

Tropfen. Für ALS-Patienten wird auf empirischer<br />

Datenlage eine Dosierung von 0,25-0,75<br />

mg Atropin-Tropfen sublingual 3x täglich empfohlen.<br />

Scopolamin kann oral verabreicht o<strong>der</strong> als Pflaster<br />

appliziert werden. Bei Patienten mit sehr starkem<br />

Speichelfluss können bis zu 2 Pflaster alle 3<br />

Tage notwendig sein.<br />

Eine mo<strong>der</strong>ne Alternative ist Botulinumtoxin: In<br />

Studien an ALS-Patienten zeigte sich eine Reduktion<br />

des Speichelflusses durch Injektion von<br />

Botulinumtoxin Typ A in die Speicheldrüsen.


Der Effekt stellt sich nach wenigen Tagen ein.<br />

Erneute Injektionen werden nach 3-4 Monaten<br />

notwendig.<br />

Eine weitere Alternative ist eine Bestrahlung <strong>der</strong><br />

Speicheldrüsen. Drei Studien an ALS-Patienten<br />

haben zufrieden stellende Resultate <strong>der</strong> Behandlung<br />

<strong>der</strong> Sialorrhoe mit externer Bestrahlung <strong>der</strong><br />

Parotis und <strong>der</strong> submandibulären Speicheldrüsen<br />

erbracht. Eine Einzelbehandlung <strong>der</strong> Parotiden<br />

mit 7 - 8 Gy ist eine einfache, schnelle, sichere<br />

und kostengünstige Prozedur.<br />

Therapieempfehlungen<br />

1. Die Sialorrhoe bei ALS-Patienten kann mit<br />

Scopolamin oral o<strong>der</strong> trans<strong>der</strong>mal behandelt<br />

werden. Als Alternativen stehen gleichwertig<br />

Atropin-Tropfen o<strong>der</strong> Amitriptylin zur<br />

Verfügung.<br />

2. Botulinumtoxin-Injektionen können in die<br />

Speicheldrüsen verabreicht werden. Eine<br />

Bestrahlung <strong>der</strong> Speicheldrüsen kann versucht<br />

werden, wenn die pharmakologische<br />

Behandlung keine Erfolge erzielt.<br />

Bronchiale Sekretion<br />

Bei Patienten mit respiratorischer Insuffizienz<br />

kann es sehr schwierig sein, die Atemwege von<br />

zähem Schleim zu befreien. Tragbare Absauggeräte<br />

sind geeignet, die oberen Luftwege zu reinigen<br />

und überschüssigen Schleim abzusaugen.<br />

Medikament wie Guaifenesin o<strong>der</strong> N-Acetylcystein,<br />

Betarezeptorantagonisten (Metoprolol o<strong>der</strong><br />

Propranolol) und/o<strong>der</strong> ein anticholinerger Bronchodilatator<br />

wie Ipratropium und/o<strong>der</strong> Theophyllin<br />

können zur Schleimverflüssigung und -lösung<br />

eingesetzt werden, allerdings liegen bisher<br />

keine kontrollierten Studien bei ALS-Patienten<br />

vor.<br />

Mechanische Hustenauslöseapparate (Insufflator-Exsufflator/Cough<br />

assist) werden bei ALS-<br />

Patienten in unkontrollierten Studien als sehr effektiv<br />

beschrieben.<br />

Therapieempfehlungen<br />

1. Der Patient und die Betreuer sollten in <strong>der</strong><br />

Technik von assistierter Hustenauslösung<br />

unterrichtet werden.<br />

2. Ein tragbares Absauggerät und ein Luftbefeuchter<br />

sollten angeboten werden.<br />

20<br />

3. Schleimlösende Medikamente wie N-Acetylcystein,<br />

200 - 400 mg 3x/Tag können angewendet<br />

werden.<br />

4. Wenn diese Maßnahmen unzureichend sind,<br />

kann ein Vernebler mit Salinen o<strong>der</strong> mit<br />

einem Betarezeptorantagonisten und/o<strong>der</strong><br />

einem anticholinergen Bronchodilatator in<br />

Kombination verwendet werden.<br />

5. Der Gebrauch eines mechanischen Insufflators/Exsufflators<br />

kann sehr hilfreich sein.<br />

Pseudobulbäre emotionale<br />

Labilität<br />

Pseudobulbäre Zeichen wie Zwangsweinen,<br />

Zwangslachen o<strong>der</strong> Zwangsgähnen können ein<br />

erhebliches soziales Problem darstellen. Die Affektlabilität<br />

tritt bei ca. 50% <strong>der</strong> ALS- Patienten<br />

auf. Eine randomisierte kontrollierte Studie mit<br />

einer Kombination von Dextrometorphan und<br />

Quinidin hat gezeigt, dass diese Kombination<br />

eine Verbesserung <strong>der</strong> Affektlabilität und <strong>der</strong> Lebensqualität<br />

erbringt. Fluvoxamin, Amitriptylin,<br />

Citalopram und auch Dopamin (L-Dopa) und Lithium<br />

wurden bei an<strong>der</strong>en neurologischen Erkrankungen<br />

mit pseudobulbären Zeichen mit<br />

guten Resultaten getestet. Es scheint keinen Vorteil<br />

in <strong>der</strong> Behandlung für ein bestimmtes Medikament<br />

zu geben, daher sollte die Medikation<br />

unter dem Aspekt <strong>der</strong> Verträglichkeit und Sicherheit<br />

verordnet werden.<br />

Therapieempfehlungen<br />

1. Der Patient und seine Angehörigen sollten<br />

über das Wesen <strong>der</strong> pseudobulbären emotionalen<br />

Labilität informiert werden.<br />

2. Wenn <strong>der</strong> inadäquate emotionale Ausdruck<br />

den Patienten belastet, sollte eine Behandlung<br />

erfolgen. Es können Amitriptylin,<br />

Fluvoxamin o<strong>der</strong> Citalopram eingesetzt<br />

werden.<br />

3. Eine Kombination aus Dextrometorphan<br />

und Quinidin hat sich in einer Klasse I A-<br />

Studie als effektiv erwiesen, es fehlen aber<br />

breitere Erfahrungen.<br />

Krämpfe<br />

Krämpfe können ein frühes und belastendes<br />

Symptom <strong>der</strong> ALS sein. In zwei placebo-kontrollierten<br />

und doppelblinden Studien bei Patienten<br />

mit Krämpfen ohne ALS konnte ein positiver Effekt<br />

<strong>der</strong> Behandlung mit Chinin(-sulfat) festgestellt<br />

werden, nicht jedoch bei Behandlung mit<br />

Vitamin E. Erfahrungsgemäß können auch Mas-


sage, Krankengymnastik, Hydrotherapie, Magnesium,<br />

Carbamazepin, Diazepam, Phenytoin,<br />

Verapamil und Gabapentin Muskelkrämpfe abmil<strong>der</strong>n,<br />

wobei evidenz-basierte Studie dazu ausstehen.<br />

Therapieempfehlungen<br />

1. Krämpfe sollten mit Chinin (-sulfat) behandelt<br />

werden.<br />

2. Physiotherapie, Krankengymnastik und/o<strong>der</strong><br />

Hydrotherapie können hilfreich sein.<br />

Spastik<br />

Spastik kann die Bewegungsmöglichkeiten einschränken<br />

und schmerzhaft sein. Physikalische<br />

Therapie/Krankengymnastik ist hilfreich. Dies<br />

konnte in einer Klasse II B-Studie gezeigt werden.<br />

An<strong>der</strong>e Anwendungen wie Hydrotherapie, Wärme,<br />

Kälte, elektrische Stimulation und in seltenen Fällen<br />

eine chirurgische Intervention können therapeutisch<br />

genutzt werden, obwohl keine kontrollierten<br />

Studien bei ALS-Patienten existieren. Die orale<br />

Gabe von Baclofen (bis zu 80 mg/Tag) kann<br />

ebenso wie die intrathekale Baclofen-Behandlung<br />

effektiv sein in <strong>der</strong> Spastiktherapie bei ALS-Patienten.<br />

Die intrathekale Baclofen-Gabe war in<br />

kleinen Vergleichsuntersuchungen effektiver als<br />

die orale Medikation und erbrachte eine deutliche<br />

Verbesserung <strong>der</strong> Lebensqualität <strong>der</strong> Patienten. An<strong>der</strong>e<br />

Medikamente sind bisher nicht systematisch<br />

bei ALS-Kranken untersucht worden. Im klinischen<br />

Alltag hat sich die Gabe von Gabapentin<br />

(900 – 2400 mg täglich), Tizanidin (6 – 24 mg/täglich),<br />

Memantin (10 – 60 mg täglich), Dantrolen<br />

(25 – 100 mg täg¬lich) und Diazepam (10 – 30 mg<br />

täglich) bewährt. In Einzelfallstudien wird über<br />

den Einsatz von Botulinumtoxin A berichtet, um<br />

Trismus und Stridor zu behandeln.<br />

Therapieempfehlungen<br />

1. Bei ausgeprägter Spastik wird regelmäßige<br />

Physiotherapie empfohlen.<br />

2. Hydrotherapie mit Übungen in gewärmten<br />

Pools (32 – 34°) und Kryo-(Kälte)Therapie<br />

können hilfreich sein.<br />

3. Antispastika wie Baclofen und Tizanidin<br />

können verwendet werden.<br />

4. Wenn die Spastik mit oraler Medikation<br />

nicht ausreichend behandelt ist, kann <strong>der</strong><br />

Einsatz von intrathekalem Baclofen hilfreich<br />

sein.<br />

21<br />

Depression, Angst und<br />

Schlaflosigkeit<br />

Depressionen wie auch Schlafstörungen treten<br />

häufig und in allen Stadien <strong>der</strong> Erkrankung auf.<br />

Die vier am häufigsten eingesetzten Antidepressiva<br />

sind Amitriptylin, Sertralin, Fluoxetin und Paroxetin.<br />

Amitriptylin hat einen guten Effekt bei niedrigen<br />

Behandlungskosten. Zur Behandlung <strong>der</strong><br />

Schlaflosigkeit bei ALS-Kranken werden Amitriptylin<br />

und Zolpidem am häufigsten eingesetzt. Es<br />

existieren keine systematischen Studien zur Behandlung<br />

<strong>der</strong> Angstsymptomatik, empfohlen werden<br />

kann die orale Gabe von Diazepam o<strong>der</strong> Lorazepam.<br />

Therapieempfehlungen<br />

1. Depressionen bei ALS-Patienten sollten mit<br />

adäquaten Antidepressiva behandelt werden,<br />

z.B. mit Amitriptylin o<strong>der</strong> einem SSRI.<br />

2. Einschlafstörungen sollten mit Amitriptylin<br />

o<strong>der</strong> einem adäquaten Schlafmittel behandelt<br />

werden (z.B. Zolpidem, Zopiclon, Diphenhydramin).<br />

3. Angstzustände sollten mit Benzodiazepinen<br />

wie Diazepam-Tabletten o<strong>der</strong> -Suppositorien,<br />

o<strong>der</strong> mit Lorazepam (z.B. lyophilisierte<br />

Tabletten) behandelt werden.<br />

Schmerzen<br />

Schmerzen treten bei ALS häufig auf. Bei einigen<br />

familiären ALS-Syndromen gehört auch ein<br />

neuropathischer Schmerz zum <strong>Krankheit</strong>sbild.<br />

Die Behandlung ist unspezifisch und sollte den<br />

internationalen Standards <strong>der</strong> Schmerzbehandlung<br />

<strong>der</strong> WHO folgen. Die Therapie sollte mit<br />

einfachen Analgetika wie Paracetamol begonnen<br />

werden, gefolgt von schwachen Opioiden wie<br />

Tramadol. Als nächster Schritt können stärkere<br />

Opioide wie Morphin eingesetzt werden. Ein liberaler<br />

Gebrauch von Opioiden ist vertretbar,<br />

wenn nicht-steroidale Antiphlogistika nicht mehr<br />

ausreichend wirksam sind, mit dem weiteren<br />

Vorteil, gleichzeitig einen positiven Einfluss auf<br />

Dyspnoe sowie Angstsymptomatik zu haben. Ein<br />

Nachteil ist jedoch die mögliche Opstipation.<br />

Therapieempfehlungen<br />

Schmerzen bei ALS-Patienten sollten nach den<br />

internationalen Leitlinien zur Schmerzbehandlung<br />

erfolgen.


PHYSIOTHERAPIE, ERGOTHERAPIE<br />

UND LOGOPÄDIE<br />

Janine Šušak, Physiotherapeutin,<br />

<strong>DGM</strong>-Hilfsmittelberatung<br />

Cordula Winterholler, M. A., Lehrlogopädin<br />

für Dysphagie und Dysarthrophonie,<br />

Erlangen<br />

Die verschiedenen therapeutischen Techniken zur<br />

Schmerzlin<strong>der</strong>ung, Aktivierung <strong>der</strong> Muskulatur<br />

und Entspannung entsprechend dem persönlichen<br />

Leistungsniveau geben den ALS Patienten begleitend<br />

zur ärztlichen, pflegerischen und psychosozialen<br />

Therapie die Möglichkeit zur Schmerzverarbeitung<br />

sowie zur Aneignung von Kompensationsstrategien<br />

zum Ausgleich von abnehmenden Körperfunktionen.<br />

In den Vor<strong>der</strong>grund werden die Bewegungsmöglichkeiten<br />

des Patienten gestellt und<br />

nicht seine Einschränkungen, da durch diese Maßnahmen<br />

den Patienten auch Erfolgserlebnisse vermittelt<br />

werden sollen. Die Bereiche Bewegungserlebnis,<br />

Wahrnehmung und Handlungskompetenz<br />

werden geför<strong>der</strong>t sowie die Bereiche Flexibilität,<br />

Kraft, Ausdauer und Koordination erhalten bzw.<br />

verbessert. Ein erweiterter Aktionsradius, Eigeninitiative<br />

und das Vermitteln neuer Erfahrungen sowie<br />

Freude an <strong>der</strong> Bewegung sind weitere wichtige<br />

Ziele die in <strong>der</strong> Therapie verfolgt werden.<br />

Das primäre Ziel <strong>der</strong> s.g. symptomatischen Therapien<br />

ist es, durch entsprechende Behandlungskonzepte<br />

die Auswirkungen <strong>der</strong> ALS und die Folgen<br />

<strong>der</strong> Erkrankung so gering wie möglich zu halten,<br />

um dadurch die Selbständigkeit ALS Betroffener<br />

im Alltag zu erhalten bzw. zu verbessern sowie<br />

eine bestmögliche Lebensqualität zu ermöglichen.<br />

Um vorhandene Fähigkeiten auf einem möglichst<br />

stabilen Niveau zu erhalten und den Verlauf <strong>der</strong> Erkrankung<br />

positiv zu beeinflussen, sind regelmäßige<br />

ambulante Therapien erfor<strong>der</strong>lich. Darüber hinaus<br />

sollte ebenfalls in regelmäßigen Abständen eine<br />

stationäre Rehabilitation erfolgen.<br />

Die Behandlungsmethoden <strong>der</strong> symptomatischen<br />

Therapien sollten vor allem befundorientiert sein<br />

und sich stets an <strong>der</strong> individuellen Situation des<br />

Betroffenen sowie dem aktuellen Stadium <strong>der</strong> Erkrankung<br />

orientieren.<br />

Von großer Bedeutung ist die Schulung <strong>der</strong> Körperwahrnehmung<br />

und <strong>der</strong> Alltagsaktivitäten, so<br />

22<br />

dass die Betroffenen eigene Leistungsreserven,<br />

aber auch Grenzen erkennen und die vorhandene<br />

Muskelkraft im Alltag effektiv und zielgerichtet<br />

einsetzen können. Durch die Erarbeitung von<br />

Kompensationsstrategien, z.B. beim Gehen o<strong>der</strong><br />

Sprechen, ist es möglich, den Verlust von Körperfunktionen<br />

teilweise auszugleichen. An<strong>der</strong>s als bei<br />

an<strong>der</strong>en neurologischen Erkrankungen sollte in <strong>der</strong><br />

Therapie von Patienten mit ALS das Anwenden<br />

von Kompensationsbewegungen geför<strong>der</strong>t werden.<br />

Sie sind oftmals die einzige Alternative für den Betroffenen,<br />

den Alltag so lange wie möglich selbstbestimmt<br />

gestalten zu können.<br />

Physiotherapie<br />

Die Physiotherapie ist neben <strong>der</strong> Ergotherapie und<br />

Logopädie ein wesentlicher Bestandteil <strong>der</strong> symptomatischen<br />

Therapie. <strong>Mit</strong> entsprechenden individuellen<br />

Behandlungskonzepten und <strong>der</strong> Anpassung<br />

von Hilfsmitteln zum Ausgleich <strong>der</strong> körperlichen<br />

Defizite kann dem Betroffenen und seinen <strong>Mit</strong>menschen<br />

die Bewältigung des Alltages und die<br />

Erhaltung <strong>der</strong> großmöglichsten Selbständigkeit erleichtert<br />

werden.<br />

Die physiotherapeutische Behandlung bietet Hilfe<br />

bei <strong>der</strong> Erhaltung <strong>der</strong> Muskelkraft und –ausdauer,<br />

vor allem aber wird die Funktion <strong>der</strong> Muskulatur<br />

erhalten bzw. verbessert sowie <strong>der</strong>en Leistung optimiert.<br />

Durch das Dehnen verkürzter Muskeln kann<br />

die Gelenkbeweglichkeit verbessert, komplexe Bewegungsabläufe<br />

können dadurch häufig leichter<br />

bewältigt werden. <strong>Mit</strong>tels entsprechen<strong>der</strong> Übungen<br />

können Alltagsbewegungen leichter und ausdauern<strong>der</strong><br />

durchgeführt, erkrankungsbedingte Beschwerden<br />

können dadurch insgesamt gelin<strong>der</strong>t<br />

werden.


Passive Maßnahmen, wie Schmerzlin<strong>der</strong>ung, Entspannung<br />

und Lagerung sind ebenfalls geeignete<br />

Therapiemaßnahmen bei ALS. Die Abnahme des<br />

Eigengewichts im Schlingentisch ermöglicht z.B.<br />

viele Bewegungen, <strong>der</strong>en Durchführung aufgrund<br />

<strong>der</strong> schwachen Muskulatur sonst unmöglich wäre.<br />

In gleicher Weise wirkt <strong>der</strong> Auftrieb des Wassers<br />

im Bewegungsbad. Vor Beginn <strong>der</strong> Therapie im<br />

Wasser sollten durch den Arzt die kardiologische<br />

und beson<strong>der</strong>s die pulmonale Belastbarkeit festgestellt<br />

werden.<br />

Bei ALS arbeitet die betroffene Muskulatur oft an<br />

ihrer Leistungsgrenze. Der zunehmende Kraftverlust<br />

hat seine Ursache nicht in einem Mangel an<br />

Bewegung und Training, son<strong>der</strong>n im Verlust <strong>der</strong><br />

Nervenstrukturen in <strong>der</strong> Muskulatur. Der behandelnde<br />

Therapeut sollte daher stets darauf achten,<br />

dass die Kraftreserven <strong>der</strong> Muskulatur nicht während<br />

<strong>der</strong> Therapie verbraucht werden, son<strong>der</strong>n dem<br />

Betroffenen zur Bewältigung des Alltages zur Verfügung<br />

stehen. Die Wahl <strong>der</strong> optimalen Reiz- und<br />

Belastungsdosierung ist bei je<strong>der</strong> Behandlung in<br />

Zusammenarbeit mit dem Betroffenen neu festzulegen.<br />

Im <strong>Krankheit</strong>sverlauf werden sich immer<br />

wie<strong>der</strong> <strong>der</strong> Charakter und Inhalt <strong>der</strong> Therapie verän<strong>der</strong>n.<br />

Gesetzte Ziele müssen in regelmäßigen<br />

Abständen auf ihre Realisierbarkeit hin überprüft<br />

und nach Bedarf flexibel verän<strong>der</strong>t werden. Es hat<br />

zum Beispiel wenig Sinn, an einem nicht mehr innervierten<br />

Fußhebermuskel zu arbeiten, während<br />

das Fortschreiten <strong>der</strong> Erkrankung ein stabiles Sitzen<br />

unmöglich macht.<br />

Auch bei Beeinträchtigung <strong>der</strong> Lungenfunktion ist<br />

Physiotherapie in Form von Atemtherapie unerlässlich,<br />

einerseits zum Training <strong>der</strong> entsprechenden<br />

Muskulatur, an<strong>der</strong>erseits zur Unterstützung <strong>der</strong> Sekretelimination<br />

und des Abhustmeachanismus. Zu<br />

den möglichen Folgen <strong>der</strong> ALS gehört eine Schwächung<br />

<strong>der</strong> Atemmuskulatur, die je nachdem, wel-<br />

23<br />

che Muskelgruppen durch die Erkrankung betroffen<br />

sind, in unterschiedlichem Ausmaß auftreten<br />

kann. Ein frühzeitiges Training <strong>der</strong> Atemmuskulatur<br />

mittels Atemtherapie kann eine sog. ventilatorische<br />

Insuffizienz verzögern. Im fortgeschrittenen<br />

Stadium <strong>der</strong> Erkrankung zielt die Atemtherapie in<br />

erster Linie auf die Erhaltung <strong>der</strong> Beweglichkeit<br />

des Brustkorbs sowie die Sekretmobilisation durch<br />

Vermittlung entsprechen<strong>der</strong> Hustentechniken.<br />

Ergotherapie<br />

Die Ergotherapie hat ähnliche Ansätze wie die<br />

Physiotherapie, <strong>der</strong> Schwerpunkt liegt aber auf <strong>der</strong><br />

Unterstützung des Betroffenen bei den selbständigen<br />

Verrichtungen des alltäglichen Lebens. Im<br />

Rahmen <strong>der</strong> Ergotherapie erfolgt nicht nur das Einüben<br />

alltagsrelevanter Aufgaben, son<strong>der</strong>n auch die<br />

Versorgung und Anpassung geeigneter Hilfsmittel.<br />

Logopädie<br />

Bei ungefähr 25% <strong>der</strong> Patienten beginnt die ALS<br />

bulbär, was bedeutet, dass das Sprechen, die<br />

Stimme und das Schlucken zuerst betroffen sind.<br />

Dabei bemerken oft erst die <strong>Mit</strong>menschen das diskret<br />

verän<strong>der</strong>te Sprechen, bevor den Patienten<br />

selbst die allmählichen Verän<strong>der</strong>ungen auffallen.<br />

Oft herrscht Unsicherheit darüber, wer <strong>der</strong> richtige<br />

Ansprechpartner für bestimmte Probleme ist. Wer<br />

hilft, wenn die Stimme nicht mehr so kräftig ist,<br />

das Sprechen verwaschen klingt und schwer fällt<br />

und das Essen immer anstrengen<strong>der</strong> und belasten<strong>der</strong><br />

wird? Für diese Fälle gibt es therapeutische<br />

Unterstützung von Seiten <strong>der</strong> Logopädie. Die logopädische<br />

Therapie ist Teil <strong>der</strong> medizinischen<br />

Grundversorgung und wird von dem behandelnden<br />

Arzt verordnet. Ein Rezept umfasst 10 Behandlungseinheiten,<br />

die Möglichkeit einer Langzeitverordnung<br />

ist mit medizinischer Begründung möglich.<br />

Ebenso besteht die Möglichkeit von Hausbesuchen,<br />

wenn Betroffene nicht mehr mobil sind.<br />

Dies muss <strong>der</strong> Arzt auf dem Rezept geson<strong>der</strong>t vermerken.<br />

Zu den Schwerpunkten <strong>der</strong> logopädischen Therapie<br />

gehört neben <strong>der</strong> Behandlung von Sprechstörungen


(Dysarthrophonie) auch gezieltes Schlucktraining.<br />

Als geeignete restituierende Behandlungsmethoden<br />

haben sich Therapieansätze aus <strong>der</strong> F.O.T.T.<br />

(Fazio-Orale-Trakt-Therapie), sowie aus <strong>der</strong> Castillo<br />

Morales und Vojta Therapie (je nach Indikation)<br />

erwiesen. Für den Bereich des Sprechens gehören<br />

außerdem die Einbeziehung entsprechen<strong>der</strong><br />

Hilfsmittel, wie z.B. verschiedener Kommunikationsgeräte<br />

und <strong>der</strong>en individuelle Anpassung zu<br />

den Aufgaben eines Logopäden.<br />

In jedem Fall beginnt die Therapie mit einer eingehenden<br />

Diagnostik. Hier verschafft sich die TherapeutIn<br />

einen Eindruck von dem Stimmklang, <strong>der</strong><br />

Belastbarkeit <strong>der</strong> Stimme, dem Sprechen, den<br />

Möglichkeiten <strong>der</strong> Kommunikation, <strong>der</strong> Atmung,<br />

<strong>der</strong> Gesamtkörperhaltung, <strong>der</strong> Ernährung sowie<br />

<strong>der</strong> möglichen Schluckbeschwerden.<br />

Diese Diagnostik sowie die individuellen Bedürfnisse<br />

des Patienten sind die Basis für eine weitere<br />

Therapie. Gemeinsam werden Inhalte und Ziele<br />

besprochen. Auch eine eingehende Angehörigenberatung<br />

gehört dazu.<br />

Wichtig ist beson<strong>der</strong>s <strong>der</strong> Aspekt, dass die Diagnostik<br />

sich nicht ausschließlich auf das ”Sprechen”<br />

o<strong>der</strong> das ”Schlucken” beschränkt. Häufig er<strong>leben</strong><br />

Logopäden, dass Betroffene mit ersten Sprechproblemen<br />

zu ihnen kommen, aber dass eine Schluckstörung<br />

noch gar nicht so ins Gewicht fiel. Wenn<br />

das Sprechen schlechter wird, sind die Reaktionen<br />

<strong>der</strong> Umwelt immer sehr schnell und deutlich. Da<br />

aber das Schlucken und Sprechen im gleichen<br />

”Muskelbereich” stattfinden, ist eine sorgfältige<br />

Überprüfung bei<strong>der</strong> Funktionen angebracht. Des<br />

Weiteren ist die Atmung eine notwendige Voraussetzung<br />

für die Stimmgebung und darf somit auch<br />

nicht außer Acht gelassen werden. In <strong>der</strong> Therapie<br />

wird dann mit Hilfe von Stimulation des Mundraumes<br />

(z.B. mit Eis, durch Massage, etc.), mit spe-<br />

24<br />

ziellen Übungen zu den einzelnen Bereichen versucht,<br />

die jeweilige individuelle Situation des Betroffenen<br />

zu unterstützen und vielleicht auch zu<br />

verbessern.<br />

Die Annahme, dass mit Ende <strong>der</strong> Sprechfähigkeit<br />

eine logopädische Therapie nicht mehr sinnvoll sei,<br />

ist sehr kurz gefasst und gedacht. Im Bereich <strong>der</strong><br />

Sprechfähigkeit hat die TherapeutIn den Betroffenen<br />

optimalerweise schon länger betreut, sodass<br />

die Auswahl eines geeigneten Kommunikationsmittels<br />

sinnvollerweise auch in das Aufgabengebiet<br />

fällt. Ebenso das Gebrauchstraining und die Schulung<br />

<strong>der</strong> Angehörigen, die ja auch vor einer neuen<br />

Kommunikationssituation stehen. Was aber noch<br />

sehr viel wichtiger ist, ist die weitere Arbeit an <strong>der</strong><br />

Schluckfähigkeit. Denn passiert jetzt, wenn das<br />

Sprechen nicht mehr möglich ist, keine Stimulation<br />

des Mundraumes mehr, baut dieser Bereich<br />

noch sehr viel schneller ab.<br />

Ein Ende <strong>der</strong> Therapie ist daher nicht generell und<br />

pauschaliert zu definieren, son<strong>der</strong>n ist gemeinsam<br />

mit dem Betroffenen und seinen individuellen Bedürfnissen<br />

abzustimmen.<br />

Überlastung vermeiden!<br />

Muskelschmerzen, Erschöpfungszustände, Schwächegefühl<br />

nach <strong>der</strong> Behandlung, ausgeprägte Muskelkrämpfe<br />

sowie anhaltende Kurzatmigkeit können<br />

auf eine Überlastung deuten. Da eine hohe Belastung<br />

<strong>der</strong> geschwächten Muskulatur während <strong>der</strong><br />

Therapie Muskelkrämpfe för<strong>der</strong>t, zu Mikroverletzungen<br />

<strong>der</strong> Muskulatur (Muskelkater) und zu Erschöpfungszuständen<br />

führt, ist von einem intensiven<br />

Krafttraining grundsätzlich abzuraten.<br />

Kooperation zwischen den Therapeuten<br />

aus den einzelnen Therapiebereichen<br />

Die Symptome sind bei jedem ALS Betroffenen<br />

äußerst unterschiedlich, daher erfor<strong>der</strong>t die Komplexität<br />

des individuellen <strong>Krankheit</strong>sverlaufs von<br />

den Therapeuten eine fundierte Auseinan<strong>der</strong>setzung<br />

mit dem Mechanismen <strong>der</strong> ALS und eine<br />

ständige, kritische Überprüfung <strong>der</strong> gewählten<br />

Therapiemethoden sowie <strong>der</strong> Auswahl <strong>der</strong> Übungen.<br />

Die jeweiligen Übungen und Methoden aus<br />

den verschiedenen therapeutischen Bereichen können<br />

sich gut ergänzen. Wenn sich die Therapeuten<br />

aus den einzelnen Therapiebereichen gut abstimmen<br />

und ein gut kooperierendes interdisziplinäres<br />

Team mit dem Patienten arbeitet, profitieren häu-


fig alle davon. Auch wenn das im therapeutischen<br />

Alltag nicht immer realisierbar ist, gilt grundsätzlich,<br />

dass sich die Therapeuten untereinan<strong>der</strong> austauschen<br />

und die Erfahrungen und Eindrücke ihrer<br />

Therapie darlegen sollten. Auf diese Weise kann<br />

eine effektive und für den Patienten optimale Zusammenarbeit<br />

entstehen, ohne dass einzelne Therapieinhalte<br />

und Ziele den Zweck verfehlen.<br />

Es empfiehlt es sich grundsätzlich, die Angehörigen<br />

in die Therapien mit einzubeziehen und entsprechend<br />

anzuleiten. Diese können natürlich kein<br />

Fachpersonal ersetzen, aber durch ein fachgerechtes<br />

Handling unterstützen.<br />

Hilfsmittelversorgung<br />

Da ALS Betroffene für die Bewältigung ihres Alltags<br />

häufig spezielle Hilfsmittel benötigen, ist es<br />

empfehlenswert, sich bereits vor <strong>der</strong> Antragstellung<br />

über geeignete Hilfsmittel unverbindlich zu<br />

informieren und beraten zu lassen. Hilfsmittel sind<br />

häufig aus verschiedenen Prospekten bekannt, <strong>der</strong><br />

praktische Umgang damit bietet jedoch ganz an<strong>der</strong>e<br />

Perspektiven. Daher sollten die in Frage kommenden<br />

Hilfsmittel unbedingt vor <strong>der</strong> definitiven<br />

Versorgung auf die individuelle Eignung getestet<br />

werden. Auf diese Weise können Fehlversorgungen<br />

vermieden werden.Vor allem das Ausprobieren von<br />

Hilfsmitteln wie Rollstühle und Kommunikationssysteme<br />

in <strong>der</strong> häuslichen Umgebung zeigt eventuelle<br />

Schwierigkeiten und Grenzen bei <strong>der</strong> Benutzung<br />

auf. Gleichzeitig erleichtert es die Entscheidung,<br />

welche Produkte für den Benutzer beson<strong>der</strong>s<br />

geeignet und sinnvoll sind. Verschiedene Prospekte<br />

und Broschüren liefern Informationen zu einzelnen<br />

Hilfsmitteln, ersetzen jedoch nicht das Testen und<br />

die Beratung im Einzelfall.<br />

Eine optimale Hilfsmittelversorgung erfolgt im<br />

Idealfall in enger Zusammenarbeit von Patient,<br />

Arzt, Therapeut und Sanitätshaustechniker. Hier<br />

sind aufgeklärte und kritische Patienten mit Eigenkompetenz<br />

gefragt, die wissen, dass sie nicht abwarten<br />

dürfen bis es zu einer Fehlversorgung<br />

kommt, son<strong>der</strong>n aktiv in die Hilfsmittelversorgung<br />

eingreifen müssen – je früher desto besser. Erfahrungen<br />

von professionellen Beratern z. B. aus<br />

Selbsthilfeverbänden sowie von an<strong>der</strong>en Betroffenen<br />

können dabei sehr hilfreich sein. Durch diese<br />

Vorgehensweise lassen sich in vielen Fällen Fehlversorgungen<br />

vermeiden.<br />

25<br />

Die Suche nach qualifizierten<br />

Therapeuten<br />

Sehr häufig fragen ALS Betroffene und ihre Angehörigen<br />

nach einer speziellen Therapiemethode,<br />

die beson<strong>der</strong>s gut auf den <strong>Krankheit</strong>sverlauf Einfluss<br />

nimmt, nach geeigneten Therapieeinrichtungen<br />

sowie nach entsprechend ausgebildeten Therapeuten.<br />

Grundsätzlich sind Therapeuten nicht auf<br />

einzelne Muskelerkrankungen spezialisiert, dafür<br />

treten diese <strong>Krankheit</strong>en zu selten auf. Auch eine<br />

spezielle Therapiemethode zur Behandlung <strong>der</strong><br />

Symptomen von ALS gibt es nicht.<br />

Wichtig bei <strong>der</strong> Suche nach dem „richtigen” Therapeuten<br />

ist, sich zunächst über seine berufliche<br />

Qualifikation zu informieren und bereits bei <strong>der</strong><br />

ersten Kontaktaufnahme nach den Erfahrungen mit<br />

<strong>der</strong> Behandlung von neuromuskulären Erkrankungen<br />

zu fragen. Je nach persönlichem Behandlungsschwerpunkt<br />

arbeiten die meisten Therapeuten methodenübergreifend.<br />

Das heißt, sie wenden eine<br />

persönliche Mischung verschiedener Methoden<br />

und Behandlungstechniken an, die sich aus bestimmten<br />

Schwerpunkten herleiten (Neurologie,<br />

Orthopädie). Nicht jede Behandlungsmethode ist<br />

für jeden Betroffenen gleichermaßen geeignet. Insofern<br />

ist die Eignung des Therapeuten nicht nur<br />

von <strong>der</strong> Berufsausbildung und dem individuellem<br />

Behandlungsschwerpunkt abhängig, son<strong>der</strong>n auch<br />

davon, ob er bereit ist, sich auf die beson<strong>der</strong>en Bedürfnisse<br />

des Patienten einzulassen und die Behandlung<br />

entsprechend zu gestalten. Um die gemeinsam<br />

festgelegten Therapieziele zu erreichen,<br />

sollte je<strong>der</strong> Therapeut die Therapiemethoden und<br />

Maßnahmen anwenden, die er am besten beherrscht,<br />

und die individuellen Bedürfnisse des Patienten<br />

berücksichtigen.<br />

Aus diesem Grund können keine allgemeinen<br />

Empfehlungen bzgl. einzelner Therapieeinrichtungen<br />

pauschal gegeben werden, da für die meisten<br />

Patienten neben <strong>der</strong> verordneten Therapie weitere<br />

individuelle Faktoren bei <strong>der</strong> Auswahl wichtig<br />

sind: Art des therapeutischen Angebotes, persönliche<br />

Beziehung zum Therapeuten, Ausstattung und<br />

Erreichbarkeit <strong>der</strong> Praxis, geographische Lage,<br />

mögliche Kostenträger usw. Insofern ist es sinnvoll,<br />

in einem Vorgespräch alle diese Aspekte abzuklären.<br />

Seit vielen Jahren bietet die <strong>DGM</strong> bundesweit<br />

Fortbildungen für Therapeuten an, die Patienten<br />

mit neuromuskulären Erkrankungen behandeln.<br />

Die Adressen <strong>der</strong> Fortbildungsteilnehmer sowie Informationsbroschüren<br />

und Faltblätter zum Thema


symptomatische Therapien können in <strong>der</strong> Bundesgeschäftstelle<br />

<strong>der</strong> <strong>DGM</strong> angefor<strong>der</strong>t werden.<br />

STATIONÄRE REHABILITATION<br />

Dr. med. Carsten Schröter, Klinik Hoher<br />

Meissner, Bad Sooden-Allendorf<br />

„Leistungen zur medizinischen Rehabilitation“<br />

werden oft auch nur kurz als „Reha“ bezeichnet.<br />

Man unterscheidet ambulante, teilstationäre und<br />

vollstationäre Rehabilitation. Wenn ambulante Rehabilitationsleistungen<br />

nicht ausreichen, kann eine<br />

stationäre Rehabilitation mit Unterkunft und Verpflegung<br />

in einer Rehabilitationseinrichtung erbracht<br />

werden. Die stationäre Rehabilitation ermöglicht<br />

eine optimale Patientenbehandlung, um<br />

latent vorhandene Fähigkeiten und Funktionen zu<br />

verbessern und damit möglichst den Verlauf <strong>der</strong><br />

Erkrankung günstig zu beeinflussen. Eine Maßnahme<br />

<strong>der</strong> stationären Rehabilitation sollte in einer<br />

Neurologischen Fachklinik stattfinden, die in <strong>der</strong><br />

Behandlung neuromuskulärer <strong>Krankheit</strong>sbil<strong>der</strong><br />

versiert ist – eine Liste geeigneter Rehabilitationskliniken<br />

hält die <strong>DGM</strong> vor.<br />

Der Antrag erfolgt unterstützt durch den Hausarzt<br />

o<strong>der</strong> betreuenden Neurologen an den zuständigen<br />

Kostenträger. Für Berufstätige ist <strong>der</strong> Kostenträger<br />

in <strong>der</strong> Regel die Rentenversicherung. Ist das Ziel<br />

<strong>der</strong> Rehabilitationsmaßnahme nicht <strong>der</strong> Erhalt <strong>der</strong><br />

Erwerbsfähigkeit, ist in <strong>der</strong> Regel die Krankenkasse<br />

anzusprechen. Die Krankenversicherung gewährt<br />

Leistungen mit dem Ziel, Behin<strong>der</strong>ung o<strong>der</strong><br />

Pflegebedürftigkeit abzuwenden, zu beseitigen, zu<br />

min<strong>der</strong>n, auszugleichen, ihre Verschlimmerung zu<br />

verhüten o<strong>der</strong> ihre Folgen zu mil<strong>der</strong>n. Wichtig ist,<br />

dass <strong>der</strong> Hausarzt bei <strong>der</strong> Beantragung detailliert<br />

begründet, warum ambulante Maßnahmen nicht<br />

ausreichen und welche Ziele mit <strong>der</strong> stationären<br />

Maßnahme erreicht werden sollen, weshalb also<br />

ein Aufenthalt in einer Rehabilitationsklinik sinnvoll<br />

ist.<br />

In einer Rehabilitationsklinik erfolgen, abgestimmt<br />

in einem interdisziplinären Behandlungsteam, regelmäßige<br />

Physiotherapie, Ergotherapie und Logopädie<br />

zur Verbesserung <strong>der</strong> muskulären Funktionen,<br />

des Sprechens, des Atmens und des Schluckens.<br />

Wichtig sind dabei auch das Abklären des<br />

Ausmaßes <strong>der</strong> sinnvollen körperlichen Belastung<br />

und das Er<strong>lernen</strong> eines jeweiligen Eigenübungs-<br />

26<br />

programms mit in <strong>der</strong> Behandlung dieser Erkrankung<br />

erfahrenen Therapeuten.<br />

Weitere Bestandteile sind die psychologische Betreuung<br />

zur <strong>Krankheit</strong>sverarbeitung, das Sammeln<br />

von Erfahrungen über den Umgang mit <strong>der</strong> Erkrankung,<br />

wenn gewünscht auch <strong>der</strong> Austausch mit an<strong>der</strong>en<br />

Betroffenen. Oft werden bei ALS-Betroffenen<br />

depressive Syndrome beobachtet. Ursache ist<br />

dabei die Verarbeitung <strong>der</strong> progredienten Erkrankung.<br />

Oft kommen aber auch Probleme <strong>der</strong> sozialen<br />

Integration und Sicherheit hinzu. Entsprechend<br />

kann <strong>der</strong> Aufbau einer konstruktiven Einstellung<br />

zum Umgang mit <strong>der</strong> Erkrankung sehr erschwert<br />

sein. Aber nur mit einer konstruktiven Einstellung<br />

kann <strong>der</strong> Patient optimal bei <strong>der</strong> Behandlung mithelfen.<br />

Psychologische Einzelgespräche sind deshalb<br />

im Rahmen <strong>der</strong> stationären Rehabilitation in<br />

<strong>der</strong> Regel notwendig.<br />

Auch die Partner <strong>der</strong> Betroffenen dürfen hier nicht<br />

vergessen werden. Sie leiden ebenfalls unter Störungen<br />

<strong>der</strong> Verarbeitung <strong>der</strong> Erkrankung des Partners.<br />

Sie können bei <strong>der</strong> Versorgung des erkrankten<br />

Partners überlastet sein. Je nach Interesse des Patienten<br />

und des Angehörigen ist es möglich, auch<br />

Einzelgespräche mit dem Angehörigen o<strong>der</strong> gemeinsame<br />

Gespräche mit Patient und Angehörigen<br />

durchzuführen. Bei Bedarf kann <strong>der</strong> Partner in vielen<br />

Kliniken mit aufgenommen werden. Nach unserer<br />

Erfahrung ist es sogar beson<strong>der</strong>s günstig,<br />

wenn <strong>der</strong> Partner zur moralischen Unterstützung<br />

den Patienten begleitet.<br />

Vielerorts ist eine enge ambulante Betreuung des<br />

Patienten durch einen mit <strong>der</strong> Erkrankung vertrauten<br />

Arzt nicht möglich, viele Fragen des Betroffenen<br />

bleiben dadurch offen. Unter stationären Bedingungen<br />

hat <strong>der</strong> Patient die Möglichkeit, mit seinem<br />

Arzt über seinen <strong>Krankheit</strong>sverlauf und die<br />

damit verbundenen Probleme und – soweit dies gewünscht<br />

wird – auch vorausschauend über Aspekte<br />

des weiteren Verlaufs zu sprechen.<br />

Neben den Therapien können in einer Rehabilitationsklinik<br />

auch verschiedene sozialmedizinische<br />

Aspekte zur Sprache kommen. Gilt es zum Beispiel<br />

den Arbeitsplatz zu erhalten, kann das Beantragen<br />

einer <strong>der</strong> Behin<strong>der</strong>ung angepassten Arbeitsplatzeinrichtung<br />

wichtige Unterstützung bringen.<br />

<strong>Mit</strong>arbeiter des Klinik-Sozialdienstes können bei<br />

diesen Problemen beraten und unterstützen. Sie<br />

wissen, welche Kostenträger hierfür anzufragen


sind. Auch in Fragen zu Schwerbehin<strong>der</strong>tenausweis,<br />

(Teil-) Erwerbsmin<strong>der</strong>ungsberentung o<strong>der</strong><br />

Pflegeversicherung können hier wichtige Hilfestellungen<br />

gegeben werden.<br />

Ganz beson<strong>der</strong>s schwer fällt es vielen Patienten<br />

mit neuromuskulären Erkrankungen, ein Hilfsmittel<br />

wie z.B. einen Rollstuhl anzunehmen. Im Rahmen<br />

<strong>der</strong> stationären Rehabilitation haben Patienten<br />

die Möglichkeit, verschiedene Hilfsmittel zur Erleichterung<br />

<strong>der</strong> Alltagsbewältigung kennen zu <strong>lernen</strong>,<br />

z.B. einen Rollstuhl, evtl. auch mit Elektroantrieb,<br />

wenn die Gehfähigkeit erheblich beeinträchtigt<br />

ist, sowie eine Reihe von weiteren nützlichen<br />

Hilfsmitteln. Das praktische Ausprobieren kann die<br />

Angst vor den als beson<strong>der</strong>s stigmatisierend wahrgenommenen<br />

Hilfsmitteln nehmen.<br />

Im Anhang finden sie eine Stellungnahme <strong>der</strong><br />

<strong>DGM</strong>, die eine Notwendigkeit stationärer medizinischer<br />

Rehabilitation für ALS-Erkrankte<br />

erläutert und begründet. Diese Stellungnahme<br />

können Sie Ihrem Antrag auf stationäre Rehabilitation<br />

beilegen.<br />

ALTERNATIVE THERAPIEMETHODEN<br />

Dr. Jens-Peter Weber, ehemaliger Medizinischer<br />

Referent <strong>der</strong> <strong>DGM</strong><br />

Bei vielen neuromuskulären Erkrankungen stehen<br />

nur begrenzt Medikamente und an<strong>der</strong>e Behandlungsverfahren<br />

zur Verfügung. Als Ergänzung <strong>der</strong><br />

klassischen, schulmedizinischen Behandlung o<strong>der</strong><br />

als Ersatz, wenn diese versagt, wagt eine große<br />

Zahl von Betroffenen den Versuch mit alternativen<br />

Therapiemethoden o<strong>der</strong> Therapiesubstanzen. Vielfach<br />

geschieht dies auch aus Enttäuschung über<br />

den mangelnden Fortschritt in <strong>der</strong> Wissenschaft<br />

o<strong>der</strong> Unmut über die „Drehtürmedizin“ die den<br />

Befund ernst nimmt, aber nicht das Befinden; die<br />

die <strong>Krankheit</strong>en behandelt, aber den Kranken aus<br />

dem Auge verliert.<br />

Das Angebot an verschiedenen Verfahren und Substanzen<br />

sowie die Vielzahl <strong>der</strong> unterschiedlich qualifizierten<br />

Behandler ist nahezu unüberschaubar.<br />

Die positive o<strong>der</strong> auch nur unkritische Berichterstattung<br />

in den Medien sorgt dabei für einen großen<br />

Bekanntheitsgrad aller populären Verfahren.<br />

Zusätzlich werben manche Vertreter unkonventio-<br />

27<br />

neller Methoden in <strong>der</strong> bunten Presse. Als Aushängeschild<br />

dienen häufig Prominente, die angeblich<br />

geheilt wurden. An<strong>der</strong>e Naturheiler schmücken<br />

sich mit unechten Professorentiteln o<strong>der</strong> bilden<br />

Gesellschaften mit klingenden Namen wie „Internationales<br />

Forschungsinstitut für ...“, die den Eindruck<br />

erwecken, es handle sich um anerkannte<br />

wissenschaftliche Einrichtungen. Dem gegenüber<br />

wird <strong>der</strong> Begriff „naturgemäß“ häufig mit „wissenschaftlich<br />

nicht anerkannt“ gleichgesetzt. Dies<br />

kann, muss aber nicht sein. Eine Heilmethode gilt<br />

heutzutage als wirksam, wenn <strong>der</strong> Erfolg nicht nur<br />

bei einem bestimmten Menschen eintritt, son<strong>der</strong>n<br />

überprüfbar und wie<strong>der</strong>holbar ist. Für solche Prüfungen<br />

haben sich mittlerweile internationale Standards<br />

etabliert, die alle westlich ausgerichteten, am<br />

naturwissenschaftlichen Denken orientierten Medizinsysteme<br />

akzeptieren.<br />

Alle Verfahren o<strong>der</strong> Medikamente müssen sich an<br />

einem Placeboeffekt messen lassen. Placebos sind<br />

Scheinarzneimittel. Sie enthalten keinen Wirkstoff,<br />

entfalten aber trotzdem eine Wirkung im Körper.<br />

Sie können messbare Verän<strong>der</strong>ungen bewirken und<br />

sogar Nebenwirkungen verursachen. Doch nicht<br />

nur <strong>Mit</strong>tel, auch Menschen wirken auf Menschen.<br />

So kann allein das, was <strong>der</strong> Arzt seinen Patienten<br />

sagt, und die Art, wie er sie berät, Besserung bewirken.Am<br />

Effekt einer jeden medizinischen Behandlung<br />

sind <strong>der</strong> Glaube des Arztes an seine Therapie<br />

und das Vertrauen des Patienten zu seinem<br />

Arzt beteiligt. Beides verstärkt sich gegenseitig<br />

und ist nicht voneinan<strong>der</strong> zu trennen. Der Anteil<br />

des Placeboeffekts bei <strong>der</strong> Lin<strong>der</strong>ung o<strong>der</strong> Heilung<br />

von <strong>Krankheit</strong>szuständen wird etwa zwischen 20 –<br />

70% beziffert. Jede geglückte Behandlung enthält<br />

Placebokomponenten, die je<strong>der</strong> gute Therapeut bewusst<br />

nutzt.<br />

Zu den Alternativen Therapien zählen z.B.: Phytotherapie,<br />

Homöopathie, Akupunktur, Traditionelle<br />

Chinesische Medizin (TCM), Ayurveda, Magnetfeldtherapie,<br />

Orthomolekulare Medizin, Frischzellentherapie.<br />

Je<strong>der</strong> dieser Ansätze hat an<strong>der</strong>e<br />

Grundlagen und Wirktheorien.<br />

Darüber hinaus gibt es einzelne Substanzen, z.T.<br />

Nahrungsergänzungsstoffe o<strong>der</strong> Medikamente, die<br />

bei an<strong>der</strong>en <strong>Krankheit</strong>sbil<strong>der</strong>n eingesetzt werden<br />

und von Betroffenen als alternative Behandlungsmittel<br />

eingesetzt werden.


Traditionelle Chinesische Medizin<br />

(TCM)<br />

Die TCM wird heute neben <strong>der</strong> naturwissenschaftlich<br />

orientierten westlichen Medizin in China gelehrt.<br />

Die Begriffe, mit denen die TCM Gesundheit<br />

und <strong>Krankheit</strong> beschreibt, sind im Westen schwer<br />

verständlich. Gesund sein bedeutet, dass die Gegensätze<br />

„Yin“ und „Yang“ in einem Wechselspiel<br />

zusammenwirken. Sie bringen die Lebensenergie<br />

„Qi“ hervor. Yang (Sonnenseite) steht für: „männlich“<br />

und verkörpert die Dynamik, das Aktive, die<br />

Wärme. Yin (Schattenseite) steht für das Weibliche,<br />

verkörpert die Substanz, das Passive, die<br />

Kälte.<br />

Diese beiden Begriffe sind den Organen bzw. den<br />

verschieden Funktionskreisen des Körpers zugeordnet.<br />

Die Diagnose stellt <strong>der</strong> TCM-Arzt durch<br />

Betrachten, Hören, Riechen, Betasten und Fragen.<br />

Der Arzt diagnostiziert nicht eine <strong>Krankheit</strong>, son<strong>der</strong>n<br />

macht sich ein Bild vom „Kranksein“.<br />

Ayurveda<br />

Ayurveda ist das 3500 Jahre alte Gesundheitssystem<br />

Indiens. Es ist ein Lebenskonzept mit moralischen<br />

Kategorien, ein System, das auch eine möglichst<br />

umfassende und zugleich einfache Antwort<br />

auf die Frage nach dem Sinn des Lebens zu geben<br />

versucht. Wie alles zusammenwirkt, beschreibt Ayurveda<br />

mit dem Konzept <strong>der</strong> drei „Doshas“:<br />

· Vata (Aktivität des Nervensystems),<br />

· Pitta (wärmesteuernde, enzymatische Abläufe),<br />

· Kapha (Funktionen des Immunsystems,<br />

Körperflüssigkeiten).<br />

Diese Doshas charakterisieren die fundamentalen<br />

Regulationssysteme des Körpers. Sie bestimmen<br />

auch die Eigenschaften <strong>der</strong> Menschen. Das Verhältnis<br />

<strong>der</strong> drei Doshas macht den Menschen- o<strong>der</strong><br />

Konstitutionstyp aus. Ziel <strong>der</strong> ayurvedischen Behandlung<br />

ist es, die drei Doshas wie<strong>der</strong> ins Gleichgewicht<br />

zu bringen.<br />

Orthomolekulare Medizin<br />

Die Entdeckung <strong>der</strong> Vitamine und ihrer Wirkung zu<br />

Anfang des 20. Jahrhun<strong>der</strong>ts war die Voraussetzung<br />

dafür, dass sich eine Behandlungsrichtung wie die<br />

Orthomolekulare Medizin entwickeln konnte. Hierbei<br />

werden Substanzen verabreicht, die im Körper<br />

und in <strong>der</strong> Nahrung vorkommen, allerdings in einer<br />

Menge, die den üblichen Bedarf um ein Vielfaches<br />

überschreitet. Die großen Vitaminmengen sollen<br />

Stoffwechselprozesse maximal anregen.<br />

28<br />

Magnetfeldtherapie<br />

Es werden unterschiedlichste Geräte mit statischen<br />

o<strong>der</strong> pulsierenden Magnetfel<strong>der</strong>n mit sehr verschiedenen<br />

Frequenzen, Intensitäten und Programmen<br />

angeboten. Darüber hinaus gibt es Permanentmagnete,<br />

die statische Magnetfel<strong>der</strong> erzeugen, z.B.<br />

in Form von Pflastern, Einlegesohlen o<strong>der</strong> Armbän<strong>der</strong>n.<br />

Bislang fehlen einheitliche technische<br />

Vorgaben für die Therapiegeräte. Aufgrund <strong>der</strong> daraus<br />

resultierenden großen Unterschiede dürfen<br />

Aussagen über die Wirksamkeit o<strong>der</strong> Nichtwirksamkeit<br />

einer bestimmten Magnetfeldanwendung<br />

nicht ohne Weiteres verallgemeinert o<strong>der</strong> auf an<strong>der</strong>e<br />

Anwendungen übertragen werden. Die Wirkungsweise<br />

<strong>der</strong> Magnetfeldtherapie ist bis jetzt<br />

nicht endgültig geklärt. Aus wissenschaftlicher<br />

Sicht können magnetische Wechselfel<strong>der</strong> durch<br />

ihre Einwirkung im Körper elektrische Spannungen<br />

induzieren. Diese könnten die chemischen und<br />

physikalischen Vorgänge an Zellmembranen beeinflussen.<br />

Tatsächlich haben Zellkulturen im Experiment<br />

Reaktionen gezeigt, und die Erregungsleitung<br />

an isolierten Nerven wurde im Magnetfeld<br />

verän<strong>der</strong>t. Diese Effekte sind von <strong>der</strong> Stärke des<br />

Magnetfeldes und <strong>der</strong> Frequenz sowie von <strong>der</strong> Signalform<br />

abhängig. Der wichtigste Mechanismus<br />

scheint die För<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Durchblutung und des<br />

Zellstoffwechsels zu sein.<br />

Die Magnetfeldtherapie scheint bei Abnützungserscheinungen<br />

<strong>der</strong> Gelenke und bei schlecht heilenden<br />

Knochenbrüchen recht gut zu wirken. Die Literatur<br />

und die Datenlage geben allerdings keine<br />

klaren Hinweise darauf, wie die Dosierung und die<br />

Frequenz sein sollen und wie oft welche Applikation<br />

angewendet werden soll. Das erzeugte Magnetfeld<br />

selbst kann man nicht spüren. Manche Anwen<strong>der</strong><br />

berichten jedoch von einem Wärmegefühl<br />

o<strong>der</strong> einem leichten Kribbeln durch die Anwendung.<br />

Die Therapeuten führen dies auf eine verbesserte<br />

Durchblutung zurück.<br />

Nach bisherigen Erkenntnissen gibt es bei ordnungsgemäßer<br />

Anwendung keine Nebenwirkungen.<br />

Menschen mit einem Herzschrittmacher o<strong>der</strong><br />

an<strong>der</strong>en elektronischen Implantaten sollten grundsätzlich<br />

keiner Magnetfeldtherapie unterzogen<br />

werden, da es zu gefährlichen Wechselwirkungen<br />

mit <strong>der</strong> Steuerelektronik kommen könnte.


Bei keiner <strong>der</strong> aufgeführten Alternativen Therapiemethoden<br />

konnte bisher ein Einfluss auf<br />

den Verlauf neuromuskulärer Erkrankungen<br />

nachgewiesen werden. Eine Behandlung einzelner<br />

Symptome kann aber in Einzelfällen<br />

durchaus erfolgreich sein. Ob die eine o<strong>der</strong> die<br />

an<strong>der</strong>e Therapie bei dem jeweiligen Betroffenen<br />

hilfreich ist, kann im Einzelfall nicht vorhergesagt<br />

werden.<br />

Kreatinmonohydrat<br />

Kreatin ist eine körpereigene Substanz, d.h. sie<br />

wird im Körper selbst (in <strong>der</strong> Leber, Niere und<br />

Bauchspeicheldrüse) gebildet, aber auch über die<br />

Nahrung (vor allem Fisch und Fleisch) aufgenommen.<br />

Der tägliche Bedarf beträgt ca. 2-4<br />

Gramm, <strong>der</strong> zur Hälfte aus <strong>der</strong> körpereigenen<br />

Produktion und zur an<strong>der</strong>en Hälfte aus <strong>der</strong> Nahrung<br />

gedeckt wird.<br />

Im Körper wird Kreatin mit Hilfe <strong>der</strong> Kreatinkinase<br />

(CK) zur energiereichen Verbindung Phosphokreatin<br />

umgewandelt und steht in dieser<br />

Form für die Energiebereitstellung bei kurz dauernden,<br />

sog. anaeroben Muskelbelastungen, aber<br />

auch zur Aufrechterhaltung des speziellen inneren<br />

Zellmilieus zur Verfügung. Im Muskel wird<br />

Kreatin dann zu Kreatinin abgebaut und schließlich<br />

über die Niere ausgeschieden.<br />

Während einer stärkeren Belastung sorgt Kreatin<br />

für eine höhere Energieproduktion, zwischen den<br />

Belastungsphasen für eine verbesserte Erholung<br />

<strong>der</strong> energiebereitstellenden Systeme. Durch die<br />

Kreatin-Supplementation (vermehrte Zufuhr zur<br />

normalen Ernährung) wird die Kreatinkonzentration<br />

im Muskel gesteigert, wobei ein gewisser<br />

oberer Wert nicht überschritten werden kann.<br />

Das bedeutet, dass die Einnahme einer noch größeren<br />

Menge Kreatin die positiven Auswirkungen<br />

nicht weiter steigern kann.<br />

Um diese Speicher in relativ kurzer Zeit zu erhöhen,<br />

wird zu Beginn <strong>der</strong> Einnahme für ca. eine<br />

Woche die Zufuhr einer höheren Dosis als <strong>der</strong><br />

Dauerdosis von ca. 2-5 Gramm (genauer: 0,1<br />

g/Kilogramm Körpergewicht in <strong>der</strong> ersten<br />

Woche, dann 0,05 g/kgKG) empfohlen.<br />

Bedeutsame Nebenwirkungen sind bei <strong>der</strong> Einnahme<br />

von Kreatin bisher nicht bekannt geworden.<br />

Jedoch wird Patienten, bei denen eine Einschränkung<br />

<strong>der</strong> Ausscheidungsfunktion <strong>der</strong><br />

Niere besteht, von einer Supplementation mit<br />

29<br />

Kreatin abgeraten, da es hier zu Problemen kommen<br />

kann.<br />

Bei <strong>der</strong> Einnahme ist auf eine ausreichende Flüssigkeitszufuhr<br />

zu achten, um Blähungen zu vermeiden.<br />

Eine leichte Gewichtszunahme als Folge<br />

einer Wassereinlagerung in den Muskelzellen<br />

kann sich ebenfalls einstellen.<br />

Bei einigen Personen traten vermehrt Muskelkrämpfe<br />

auf. Dies wird durch eine vermehrte<br />

Bindung von Magnesium in <strong>der</strong> Muskelzelle erklärt.<br />

Durch die zusätzliche Einnahme von 150-<br />

600 mg Magnesium pro Tag ist diese Nebenwirkung<br />

meist zu beheben.<br />

Vereinzelt wurde auch von Durchfall und Bauchkrämpfen<br />

berichtet, wobei die Ursache dafür<br />

möglicherweise in <strong>der</strong> Einnahme einer zu hohen<br />

Kreatin-Dosis lag.<br />

Der tägliche Kaffeekonsum sollte auf 1-2 Tassen<br />

beschränkt werden. Die gleichzeitige Einnahme<br />

von Kaffee und Kreatin sollte vermieden werden,<br />

da eine negative Beeinflussung möglich ist.<br />

L-Carnitin<br />

L-Carnitin ist eine Aminosäureverbindung, die<br />

hauptsächlich in <strong>der</strong> Muskulatur vorkommt. Sie<br />

spielt eine beson<strong>der</strong>e Rolle im Rahmen des Fettstoffwechsels.<br />

Damit die Energiekraftwerke <strong>der</strong><br />

Zellen, die <strong>Mit</strong>ochondrien, richtig arbeiten, benötigen<br />

sie Fettsäuren. Diese Fettsäuren sind<br />

aber in den <strong>Mit</strong>ochondrien nicht enthalten, son<strong>der</strong>n<br />

müssen erst dort hin transportiert werden.<br />

Diesen Transport übernimmt das L–Carnitin. Es<br />

heftet sich an die Fettsäuren an und schleust –<br />

insbeson<strong>der</strong>e auch langkettige Fettsäuren, die die<br />

Zellwand <strong>der</strong> <strong>Mit</strong>ochondrien alleine nicht passieren<br />

könnten - in die <strong>Mit</strong>ochondrien hinein. Liegt<br />

ein Mangel an L-Carnitin vor, werden weniger<br />

Fettsäuren in die <strong>Mit</strong>ochondrien transportiert<br />

und es kann weniger Fett in Energie umgesetzt<br />

werden.<br />

Über diese „Transport-“ und die Schlüsselfunktion<br />

im Rahmen <strong>der</strong> Fettverbrennung hinaus, beteiligt<br />

sich L–Carnitin direkt o<strong>der</strong> indirekt an<br />

vielen biochemischen Prozessen des Organismus.<br />

Normalerweise deckt <strong>der</strong> Körper seinen<br />

täglichen L-Carnitin-Bedarf durch Eigensynthese<br />

(aus den Aminosäuren Methionin und<br />

Lysin) und durch Zufuhr mit <strong>der</strong> Nahrung.<br />

Fleisch, vor allem Schaf- und Lammfleisch, enthält<br />

einen hohen Anteil an L-Carnitin. Ein Er-


wachsener nimmt im Rahmen seiner täglichen<br />

Ernährung durchschnittlich zwischen 10 und 70<br />

Milligramm L-Carnitin auf. Bei Belastung des<br />

Körpers, z.B. durch <strong>Krankheit</strong> o<strong>der</strong> starke Anstrengung,<br />

steigt <strong>der</strong> Bedarf bzw. <strong>der</strong> Verlust.<br />

Unter diesen Bedingungen kann die Einnahme<br />

von zusätzlichem L-Carnitin nützlich sein. Eine<br />

Überdosierung kann zu Übelkeit, Erbrechen und<br />

Durchfall führen. Man geht bereits bei einer<br />

Menge von 3 bis 4 Gramm von einer so genannten<br />

„Überdosierung“ aus. Da Carnitin im Überschuss<br />

ausgeschieden wird, än<strong>der</strong>t sich die Carnitin<br />

– Konzentration in den Muskeln nicht über<br />

das Normalmaß hinweg. Somit kann we<strong>der</strong> eine<br />

Leistungssteigerung noch eine verstärkte Fettverbrennung<br />

möglich werden. Eine Zufuhr bei gesunden<br />

Menschen führt we<strong>der</strong> zu Leistungssteigerungen<br />

im Ausdauersport noch zu einer Körperfettreduktion.<br />

Die einzige medizinische Indikation<br />

zur Gabe von L-Carnitin ist <strong>der</strong> erworbene<br />

nachgewiesene L-Carnitin-Mangel.<br />

Coenzym Q10<br />

Coenzyme Q sind chemische Verbindungen aus<br />

Kohlenstoff-, Wasserstoff- und Sauerstoffatomen,<br />

die sich ringförmig zu einer so genannten<br />

Chinonstruktur zusammensetzen. Da diese Substanzen<br />

in allen <strong>leben</strong>den Zellen in <strong>der</strong> Natur<br />

vorkommen, werden sie als Ubichinone bezeichnet<br />

(lat. “ubi” bedeutet “überall”). In <strong>der</strong> Natur<br />

sind die Coenzyme Q1 bis Q10 bekannt. Coenzyme<br />

sind an vielen Enzymreaktionen beteiligt.<br />

Für den menschlichen Organismus ist vor allem<br />

das Coenzym Q10 relevant. Tiere und Pflanzen<br />

können auch die Coenzyme Q1 bis Q9 verwenden.<br />

Q10 kann im menschlichen Körper selbst produziert<br />

werden, ist von Natur aus in den <strong>Mit</strong>ochondrien<br />

aller Zellen des Körpers vorhanden und<br />

wird auch durch die Nahrung von außen zugeführt.<br />

Niedrigkettige, von außen aufgenommene<br />

Coenzyme (Q1-Q9) werden im Organismus zu<br />

Coenzym Q10 umgebaut. Es beeinflusst und beschleunigt<br />

biochemische Reaktionen im menschlichen<br />

Körper und sorgt damit für eine kontinuierliche<br />

Energieproduktion. Neben dieser fundamentalen<br />

Funktion ist Q10 auch als Antioxidans<br />

wirksam und sorgt durch die Vernichtung freier<br />

Radikale für die Entgiftung des Körpers.<br />

Bislang konnte nicht nachgewiesen werden, dass<br />

die Zufuhr von Coenzym Q10 als Nahrungsergänzungsmittel<br />

eine signifikant positive Wirkung<br />

auf die Funktion des menschlichen Körpers<br />

30<br />

hat [Ernährungsmedizinische Beurteilung von<br />

Werbeaussagen zu Coenzym Q10, Stellungnahme<br />

des BgVV vom 20. April 2001, Bundesinstitut<br />

für gesundheitlichen Verbraucherschutz<br />

und Veterinärmedizin, 2001].<br />

Mangelerscheinungen an Coenzym Q10 sind bis<br />

jetzt noch nicht bekannt. Möglicherweise ist die<br />

körpereigene Produktion von Coemzym Q10<br />

aber reduziert, wenn die Versorgung mit an<strong>der</strong>en<br />

Nährstoffen und Vitaminen schlecht ist.<br />

Als mögliche Nebenwirkungen von Coenzym<br />

Q10 wurden in Dosierungen zwischen 50 und<br />

300 mg pro Tag im Rahmen klinischer Studien<br />

am Menschen bei zumeist mehrwöchiger Anwendung<br />

gastrointestinale Unverträglichkeiten<br />

wie Appetitverlust, Übelkeit, Durchfälle o<strong>der</strong> allgemeines<br />

Unwohlsein beobachtet, im oberen<br />

Dosierungsbereich auch Erhöhung <strong>der</strong> Plasmaenzymwerte<br />

von Laktatdehydrogenase o<strong>der</strong> Glutamat-Oxalacetat-Transaminase.<br />

In einer Untersuchung<br />

an gesunden Sportlern, die entwe<strong>der</strong><br />

120 mg Coenzym Q10 o<strong>der</strong> Placebo erhielten,<br />

zeigte sich nach mehreren Tagen intensiven Trainings<br />

eine erhöhte Aktivität <strong>der</strong> Plasma-Kreatinkinase<br />

in <strong>der</strong> Q10-Gruppe, was als Hinweis auf<br />

Zellschädigungen interpretiert werden kann<br />

(Malm, 1996). Möglicherweise bedingt Coenzym<br />

Q10 in hohen Dosen die Bildung von freien<br />

Radikalen, die zur Lipidoxidation und Schädigung<br />

von Zellmembranen führen kann (Demopoulous<br />

et al., 1986).<br />

Vitamin E<br />

Vitamin E steht für eine Gruppe von (bis heute)<br />

acht fettlöslichen Vitaminen mit antioxidativer<br />

Wirkung. Sie sind Bestandteil aller Membranen<br />

tierischer Zellen, werden jedoch nur von Pflanzen<br />

gebildet. Die für den Menschen bedeutendste<br />

in <strong>der</strong> Natur vorkommende Verbindung mit<br />

Vitamin-E-Aktivität ist α-Tocopherol. Eine seiner<br />

wichtigsten Funktion ist die eines lipidlöslichen<br />

Antioxidans, das in <strong>der</strong> Lage ist, mehrfach<br />

ungesättigte Fettsäuren vor einer Zerstörung<br />

durch Oxidation (Lipidperoxidation) zu schützen.<br />

Freie Radikale würden die Doppelbindungen<br />

<strong>der</strong> Fettsäuren <strong>der</strong> Zell- und Organellmembranen<br />

angreifen. Tocopherol kommt vor allem<br />

in pflanzlichen Lebensmitteln vor: Getreiden,<br />

Nüssen, Samen und Pflanzenölen, insbeson<strong>der</strong>e<br />

Keimölen und kaltgepressten Speiseölen guter<br />

Qualität. Die empfohlene Tagesdosis bei gesunden<br />

Erwachsenen (nach DGE) ist: 12 mg


(Frauen)/14 mg (Männer) pro Tag. Schwangere<br />

und Stillende haben einen erhöhten Bedarf.<br />

Manche Vitamin-Forscher empfehlen auch weit<br />

höhere Mengen von 400 IU pro Tag und mehr.<br />

Eine Analyse mehrerer Studien (amerikanische<br />

Herzgesellschaft 19 Studien mit ca. 136.000 Patienten)<br />

weist jedoch darauf hin, dass eine dauerhafte<br />

Einnahme von hochdosiertem Vitamin E<br />

(täglich 400 I.E. bzw. 400 mg o<strong>der</strong> mehr) nicht<br />

nur keine gefäßschützende Wirkung habe, son<strong>der</strong>n<br />

sogar dem Herzen schaden können.<br />

31


3 Selbstständigkeit und Mobilität erhalten -<br />

Hilfsmittel und Umbaumaßnahmen für<br />

ALS-Patienten<br />

Annette Held-Wehmer, Ergotherapeutin,<br />

<strong>DGM</strong>-Hilfsmittelberatung<br />

Janine Šušak, Physiotherapeutin,<br />

<strong>DGM</strong>-Hilfsmittelberatung<br />

Durch den zunehmenden Verlust <strong>der</strong> Aktivitäten<br />

des Stütz- und Bewegungsapparates aufgrund <strong>der</strong><br />

ALS werden alltägliche Verrichtungen wie z.B.<br />

Ankleiden, Haare kämmen, Wasserhahn aufdrehen<br />

o<strong>der</strong> Türschloss öffnen sowie Aufstehen, Gehen<br />

und Treppensteigen immer beschwerlicher. Viele<br />

Betroffene sind dabei auf die Hilfe an<strong>der</strong>er Personen<br />

angewiesen. Will man sich seine Mobilität und<br />

damit seine Selbständigkeit und Unabhängigkeit<br />

bewahren und weniger auf die Hilfe seiner <strong>Mit</strong>menschen<br />

angewiesen sein, führt <strong>der</strong> Weg an<br />

einem Hilfsmittel nicht vorbei. Im Verlauf und je<br />

nach Schweregrad <strong>der</strong> Erkrankung, werden unterschiedliche<br />

Hilfsmittel benötigt. Demzufolge<br />

nimmt neben den medizinischen Therapien sowie<br />

Physiotherapie, Logopädie und Ergotherapie, die<br />

Hilfsmittelversorgung einen wichtigen Platz bei<br />

<strong>der</strong> Erhaltung <strong>der</strong> Selbständigkeit und <strong>der</strong> Lebensqualität<br />

Betroffener ein.<br />

Gelenke schützen,<br />

Bewegung ermöglichen<br />

Schmerzen und Erschöpfungszustände aufgrund<br />

<strong>der</strong> Erkrankung verleiten oft dazu, sich zu schonen<br />

und möglichst wenig zu bewegen. Fehlerhafte Körperhaltungen<br />

und Ruhigstellung <strong>der</strong> Gelenke<br />

schwächen jedoch die Muskulatur. Gelenkschutzbandagen,<br />

Orthesen und Schienen sollen die betroffenen<br />

Gelenke und Bän<strong>der</strong> stützen und schützen.<br />

Richtig eingesetzt, können Bandagen und<br />

Schienen Fehlstellungen vermeiden und das betroffene<br />

Gelenk vor Überbeanspruchung schützen.<br />

Falsch angepasst und eingesetzt, können sie jedoch<br />

mehr Schaden anrichten als Nutzen bringen, indem<br />

sie z.B. die notwendige Bewegung verhin<strong>der</strong>n und<br />

die Beweglichkeit weiter einschränken. Daher sollten<br />

diese Hilfsmittel von erfahrenen Therapeuten<br />

und Orthopädietechnikern individuell angepasst<br />

werden.<br />

Umsetz- und Aufstehhilfen<br />

Aufstehhilfen sind für ALS-Betroffene von beson<strong>der</strong>em<br />

Interesse. Im Verlauf <strong>der</strong> Erkrankung tritt<br />

immer mehr das Problem auf, sich aus eigener<br />

Kraft nicht mehr aus dem Sitzen aufrichten zu können.<br />

Da die Kraft <strong>der</strong> Bein- und Rückenmuskulatur<br />

früher o<strong>der</strong> später nicht mehr ausreicht, um in den<br />

Stand zu kommen, wird das Aufstehen von Ses-<br />

32<br />

seln, Sofas, Bett und Toilette immer beschwerlicher.<br />

Verschiedene Umsetz- und Aufstehhilfen wie<br />

Haltegriffe, Rutschbretter, Drehscheiben o<strong>der</strong><br />

Gleitunterlagen sowie erhöhte Sitzkissen aus festem<br />

Schaumstoff und Aufstehstühle erleichtern das<br />

selbständige Umlagern, Umsetzen sowie das Aufstehen.<br />

Die meisten niedrigen Sitzmöbel können<br />

grundsätzlich mit Distanzklötzen o<strong>der</strong> auch mit<br />

einfachen <strong>Mit</strong>teln wie z. B. Backsteinen erhöht<br />

werden.<br />

Aufstehstühle gibt es mit mechanischer o<strong>der</strong> elektrischer<br />

Sitzhöhenverstellung. Sie werden nach<br />

dem Baukastensystem individuell an die Bedürfnisse<br />

des Benutzers angepasst und sind im Sanitätshandel<br />

erhältlich.<br />

Körperhygiene erleichtern<br />

Wenn <strong>der</strong> Weg zur Toilette zu weit und beschwerlich<br />

ist, kann eine Urinflasche und/o<strong>der</strong> ein Toilettenstuhl<br />

eingesetzt werden. In <strong>der</strong> Regel werden<br />

Urinflaschen bei Männern eingesetzt, im Sanitätshandel<br />

sind aber auch Urinschalen für Frauen erhältlich.<br />

Ein zu niedriger Toilettensitz lässt sich zunächst<br />

durch einen Toilettenaufsatz erhöhen. Im<br />

Sanitätshandel werden viele Varianten in verschiedenen<br />

Höhen bis hin zu elektrisch steuerbaren Modellen<br />

angeboten. <strong>Mit</strong> <strong>der</strong> Toilettensitzerhöhung<br />

kommt man wie<strong>der</strong> deutlich leichter in den Stand.<br />

Der einfache Toilettenaufsatz ist leicht montierbar<br />

und tragbar und kann so auch auf Reisen mitge-


nommen werden. Ein Toilettenstuhl ist sinnvoll bei<br />

Betroffenen, die zwar aufstehen, jedoch nicht selbständig<br />

gehen können.<br />

An den Rand <strong>der</strong> Badewanne sollten zusätzliche<br />

Haltegriffe und in die Badewanne eine rutschfeste<br />

Auflage angebracht werden. Ein Badewannenbrett<br />

sowie ein Badewannenlifter erleichtern das Einund<br />

Aussteigen aus <strong>der</strong> Badewanne. In <strong>der</strong> Dusche<br />

kann ein stabiler Duschstuhl aus Kunststoff o<strong>der</strong><br />

ein klappbarer Duschwandsitz mit o<strong>der</strong> ohne Armlehnen<br />

aufgestellt werden.<br />

Gut und bequem sitzen und liegen<br />

Optimal zu sitzen und zu liegen ist für ALS Betroffene<br />

aufgrund <strong>der</strong> Abnahme <strong>der</strong> Kraft und Beweglichkeit<br />

in vielen Fällen nicht möglich, daher ist<br />

eine gute Lagerung eine wichtige Maßnahme<br />

gegen Schmerzsyndrome und Pflegeprobleme wie<br />

z. B. Dekubitus. Im Kapitel 4 unter „Tipps und<br />

Hilfsmittel für die häusliche Pflege“ finden Sie<br />

weitere Informationen zu diesem Thema.<br />

Spezielle Aufstehsessel sind individuell anpassbar<br />

sowie teilweise elektrisch verstellbar und ermöglichen<br />

ein längeres, beschwerdefreies Sitzen sowie<br />

einen recht einfachen und eigenständigen Lagewechsel.<br />

Viele Modelle besitzen eine Hubvorrichtung,<br />

die den Benutzer beim Aufstehen und Hinsetzen<br />

unterstützt und ihm so mehr Selbständigkeit<br />

gibt. Herkömmliche Seniorensessel aus dem Möbelhandel<br />

eignen sich für ALS Betroffene nur bedingt,<br />

da ihre Aufstehfunktion aufgrund <strong>der</strong> relativ<br />

geringen und abfallenden Hubhöhe nur sehr eingeschränkt<br />

genutzt werden kann, außerdem können<br />

sie nicht an fortschreitende Bewegungseinschränkungen<br />

angepasst werden. Um das Ein- und Aussteigen<br />

aus dem Bett zu erleichtern, kann das vor-<br />

33<br />

handene Bett im Schlafzimmer zunächst mit Erhöhungsklötzen<br />

aus dem Sanitätshandel o<strong>der</strong> mit<br />

Backsteinen unterlegt werden. Scheuen Sie sich jedoch<br />

nicht, bei Bedarf einen elektrisch verstellbaren<br />

Einlegerahmen o<strong>der</strong> ein Pflegebett zu beantragen,<br />

welches das selbständige Umlagern und Aufstehen<br />

erheblich erleichtert. Das elektrisch verstellbare<br />

Einlegerahmen kann in dem vorhandenen<br />

Bettrahmen eingesetzt werden. Das Schlafzimmer<br />

bzw. das (Doppel)Bett bleibt dadurch unverän<strong>der</strong>t.<br />

Weitere Informationen zum Pflegebett finden Sie<br />

ebenfalls im Kapitel 4 unter „Tipps und Hilfsmittel<br />

für die häusliche Pflege“.<br />

Kleine Hilfsmittel im Alltag<br />

verwenden<br />

Zu den Begleiterscheinungen von ALS gehören<br />

Probleme mit <strong>der</strong> Feinmotorik. Durch spezielle<br />

Aufsätze wie Verlängerungs- und Moosgummigriffe<br />

auf herkömmliche Alltagsgegenstände wie<br />

Besteck, Stifte, Haarbürste, Kamm o<strong>der</strong> Zahnbürste,<br />

können Betroffene wie<strong>der</strong> essen, schreiben<br />

sowie eine Vielzahl von Hobbygeräten bedienen.<br />

Wenn die Armfunktion intakt, die Greif- und Haltefunktion<br />

<strong>der</strong> Hände jedoch stark eingeschränkt<br />

ist, kann ein automatisches Greifsystem helfen,<br />

welches es seinem Benutzer ermöglicht im Alltag<br />

selbstständig zu greifen bzw. zu halten (Gripability-System).<br />

Bei schwacher Oberarmmuskulatur<br />

jedoch gut funktionieren<strong>der</strong> Handmuskulatur, ermöglichen<br />

spezielle Armauflagen die Abnahme<br />

des Armgewichts und erweitern dadurch den Bewegungsradius<br />

<strong>der</strong> Arme.<br />

Sich von Konventionen lösen<br />

Scheuen Sie sich nicht, das Fleisch z.B. mit einem<br />

Pizzaschnei<strong>der</strong>ad o<strong>der</strong> mit Spezialbesteck zu<br />

schneiden, wenn <strong>der</strong> Umgang mit Messer und<br />

Gabel zu schwierig für Sie ist. Auch ist es nicht<br />

verboten und muss es Ihnen nicht unangenehm<br />

sein, statt mit Messer und Gabel nur mit einem


Löffel zu essen. Schrecken Sie nicht davor zurück,<br />

Getränke und Suppen aus einer Spezialtasse zu<br />

verzehren bzw. mit Hilfe eines Strohhalms zu trinken.<br />

Verwenden Sie breite Teller und Untertassen<br />

sowie leichte Becher mit großem o<strong>der</strong> halbem<br />

Henkel und abgeschrägtem Rand. Das Essbesteck<br />

sollte dicke und leichte Griffe haben (z.B. Moosgummigriffe).<br />

Benutzen Sie spitze Gabeln und<br />

scharfe Messer, um unnötige Anstrengungen zu<br />

vermeiden. Eine rutschfeste Unterlage aus<br />

Gummi verhin<strong>der</strong>t das Wegrutschen des Tellers<br />

und <strong>der</strong> Tasse.<br />

Sich das Ankleiden erleichtern<br />

Außer den zuvor genannten Problemen, kann auch<br />

das Zuknöpfen <strong>der</strong> Bekleidung o<strong>der</strong> das Verschnüren<br />

von Schnürsenkeln Schwierigkeiten bereiten.<br />

Verwenden Sie elastische Schnürsenkel, Druckknöpfe<br />

o<strong>der</strong> Reiß- und Klettverschlüsse, die weitaus<br />

einfacher zu handhaben sind. Lassen Sie Ihre<br />

Kleidung umnähen o<strong>der</strong> tragen Sie Oberteile, die<br />

man überziehen kann. Wenn Sie auf Knöpfe nicht<br />

verzichten möchten, können Sie sich im Sanitätshandel<br />

eine Knöpfhilfe beschaffen. Anziehhilfen in<br />

Form von Schuhanziehern mit einem langen Griff,<br />

Stiefelknechten und Strumpfanziehern erhalten Sie<br />

ebenfalls im Sanitäts- und Schuhhandel.<br />

Rollstuhlfahrer können sich im Fachhandel spezielle<br />

Kleidung beschaffen, die ihren beson<strong>der</strong>en<br />

Bedürfnissen entspricht.<br />

Haushaltsführung vereinfachen<br />

Höhenverstellbare und (für Rollstuhlfahrer) unterfahrbare<br />

Arbeitsplatten sowie höhenverstellbare<br />

Oberschränke in <strong>der</strong> Küche erleichtern das Kochen<br />

und die Haushaltsführung. Wenn sich die Kraft und<br />

<strong>der</strong> Greifradius <strong>der</strong> Arme verringern sollte, sollten<br />

die Küchenutensilien in einer erreichbaren Höhe<br />

aufgestellt werden. Für Rollstuhlfahrer sind niedrige<br />

Regale geeignet, die dem Greifradius <strong>der</strong><br />

Arme entsprechen.<br />

Was man <strong>leben</strong>slang bewerkstelligt hat, muss deswegen<br />

noch lange nicht praktisch sein. Bereiten<br />

Sie Ihr Essen nach Möglichkeit für mehrere Mahlzeiten<br />

auf einmal zu und frieren Sie es anschließend<br />

ein. Einkäufe und Getränke können Sie sich<br />

von vielen Geschäften gegen eine geringe Gebühr<br />

anliefern lassen.<br />

34<br />

Die häusliche Umgebung<br />

optimieren<br />

Für viele Menschen mit ALS wird es im Verlauf<br />

ihrer Erkrankung erfor<strong>der</strong>lich, ihre häusliche Umgebung<br />

anzupassen. Eine Vielzahl <strong>der</strong> Stürze aufgrund<br />

fehlen<strong>der</strong> Muskelkraft passieren im häuslichen<br />

Bereich: Hast und Eile, fehlende Stützen, Tragen<br />

von Lasten, Unachtsamkeit, Unkonzentriertheit,<br />

ein schlechter Tag – schon ist ein Sturz passiert!<br />

<strong>Mit</strong> Ausblick auf den Verlauf <strong>der</strong> Erkrankung<br />

und die damit verbundenen Bewegungseinschränkungen,<br />

sollten die Anpassungsmaßnahmen im Voraus<br />

sorgfältig durchdacht werden. Schon durch<br />

kleine bautechnische Verän<strong>der</strong>ungen und durch den<br />

Einsatz verschiedenster Hilfsmittel, können individuelle,<br />

komfortable Lösungen gefunden werden.<br />

Türschwellen, Teppiche, Vorleger sind Stolperfallen<br />

und können ohne großen Aufwand umgehend beseitigt<br />

werden. Ausreichende Beleuchtung und<br />

Handläufe auf beiden Seiten <strong>der</strong> Treppe verhin<strong>der</strong>n<br />

Stürze und sorgen für Sicherheit. Die Bewegungsflächen<br />

in den Wohnräumen sollten großzügig sein<br />

und dürfen nicht durch abgestellte Gegenstände,<br />

sperrige Pflanzen o<strong>der</strong> offene Türen eingeschränkt<br />

sein. Funktionsgerechte und gut erreichbare Arbeitsplatzhöhen,<br />

Schalter und Armaturen sowie<br />

leicht zu öffnende Schranktüren sollten ebenfalls<br />

angebracht werden.<br />

Wenn sich Badezimmertüren nach innen öffnen,<br />

kann dies bei einem Sturz des Benutzers gefährlich<br />

werden. Es empfiehlt sich daher, die Badtür so anzubringen,<br />

dass sie sich nach außen öffnen lässt.<br />

Wenn das gesamte Bad umgebaut werden muss,<br />

sollten die Toilettenschüssel sowie das Waschbecken<br />

in <strong>der</strong> Höhe angebracht werden, die für den<br />

Benutzer am leichtesten zu erreichen ist. Hohe<br />

Duschwannen können ebenfalls zu einem Hin<strong>der</strong>nis<br />

werden. Hier sollte in Erwägung gezogen werden,<br />

den Duschbereich ebenerdig umzubauen.<br />

Verschiedene, im Handel erhältliche Notrufsysteme<br />

sorgen für zusätzliche Sicherheit und ermöglichen<br />

den Angehörigen nächtliche Ruhe.<br />

Für umfangreichere Wohnungsanpassungen bieten<br />

die Empfehlungen <strong>der</strong> DIN-Normen 18025- Teil 1<br />

und 2 für barrierefreien Wohnraum erstmal eine<br />

Orientierung. Wer das barrierefreie Wohnen eher<br />

praktisch erproben möchte, kann die Probewohnungen<br />

<strong>der</strong> <strong>DGM</strong>, angeglie<strong>der</strong>t an die Bundesgeschäftsstelle,<br />

für einige Tage mieten und/o<strong>der</strong> das<br />

Beratungsangebot nutzen.


Der Zugang zur Wohnung<br />

Der Zugang zur Wohnung sollte stufenfrei<br />

sein. Vorhandene Stufen können meist mit<br />

einer Rampe überbrückt werden, <strong>der</strong>en Steigung<br />

(nach DIN-Norm 18025-2) möglichst<br />

nur 6% betragen sollte. Wenn diese geringe<br />

Steigung aufgrund <strong>der</strong> Länge <strong>der</strong> Rampe nicht<br />

einzuhalten ist, haben Sie vielleicht die Möglichkeit,<br />

eine Hebeplattform mit senkrechtem<br />

Hub o<strong>der</strong> einen Treppenschrägaufzug zu installieren.<br />

Alle Türen im Außen- und Innenbereich<br />

sollten eine lichte Breite von mindestens<br />

80 cm haben. Türen sollten leicht zu öffnen<br />

sein (vorteilhaft sind elektrische Türöffner).<br />

Klingelknöpfe, Türöffner und an<strong>der</strong>e Schalter<br />

sollten in einer Höhe von 85 über dem Boden<br />

und 50 cm aus <strong>der</strong> Ecke heraus angebracht<br />

sein, ein Türspion in max. 110 cm Höhe.<br />

Der Zugang zu Freisitz o<strong>der</strong> Balkon sollte stufenfrei<br />

o<strong>der</strong> mit einer anlegbaren, mobilen<br />

Rampe möglich sein.<br />

Das Bad<br />

Im Badezimmer sollten Sie eine Bewegungsfläche<br />

von ca. 1,50 m x 1,50 m vorsehen, möglichst<br />

in <strong>der</strong> <strong>Mit</strong>te des Raumes.<br />

Für den Bodenbelag auf Rutschfestigkeit achten<br />

(z.B. rutschfeste Fliesen, Mosaikfliesen)<br />

Die Tür zum Badezimmer sollte nach außen<br />

hin öffnen.<br />

Die Badausstattung:<br />

Eine stufenlos befahrbare Dusche (150 x 150<br />

cm), Duschsitz o<strong>der</strong> Duschrollstuhl, Haltegriffe<br />

o<strong>der</strong> eine Badewanne (kann mit Badewannensitzlift<br />

(Bild) ausgerüstet werden), daneben<br />

90 cm für den Rollstuhl.<br />

Ein möglichst flacher, unterfahrbarer Waschtisch<br />

in ca. 75 cm Höhe.<br />

Neben dem (erhöhten o<strong>der</strong> mit Sitzlift und Hygienefunktion<br />

ausgestatteten) WC sollte Platz<br />

für den Rollstuhl o<strong>der</strong> fahrbaren Lifter sein (ca.<br />

90 cm), um einen Transfer zu ermöglichen.<br />

Ggf. ein Platz sparen<strong>der</strong> Deckenlift, mit dem<br />

die im Badezimmer erfor<strong>der</strong>lichen Umsetzvorgänge<br />

wesentlich erleichtert werden.<br />

Ggf. eine Notrufklingel.<br />

35<br />

Treppen überwinden<br />

Die Auswahl <strong>der</strong> geeigneten technischen Hilfsmittel<br />

zur Treppenüberwindung hängt wesentlich<br />

von <strong>der</strong> Treppenführung, aber auch von den Finanzierungsmöglichkeiten<br />

ab. Die einfachste,<br />

aber nur vorübergehend zu benutzende Anpassung<br />

ist das Halbieren von Treppenstufen und<br />

das Anbringen eines (zusätzlichen) Handlaufs.<br />

So können auf einer Seite <strong>der</strong> Treppenstufen stabile<br />

Blöcke von halber Stufenhöhe aufgelegt und<br />

fixiert werden, z.B. flach aufgelegte Ziegelsteine<br />

o<strong>der</strong> Holzklötze. Auf diese Weise wird das das<br />

Anheben <strong>der</strong> Beine und des Körpergewichts auf<br />

die halbe Stufenhöhe reduziert und dadurch erleichtert.<br />

Um Treppen sitzend o<strong>der</strong> im Rollstuhl zu überwinden,<br />

können Treppensteiger verwendet werden.<br />

Die meisten Geräte sind an wechselnden<br />

Orten einsetzbar. Sie haben akkugetriebene<br />

Raupenkettenantriebe o<strong>der</strong> rotierende Radsätze,<br />

die sich Stufe um Stufe „heraufarbeiten“. Ein<br />

Faltrollstuhl kann am Treppensteiggerät befestigt<br />

werden, ein Elektrorollstuhl jedoch nicht.<br />

Diese Transfers können allerdings nur mit Hilfe<br />

einer an<strong>der</strong>en, geschulten Person bewältigt werden.<br />

Darüber hinaus ergeben sich Einschränkungen<br />

in <strong>der</strong> Einsetzbarkeit, je nach Ausführung<br />

<strong>der</strong> Treppe. Treppensteiger sind dessen ungeachtet<br />

als Alternative zum Treppenlifter interessant,<br />

weil die Kosten im Gegensatz zu den fest eingebauten<br />

Anlagen von den gesetzlichen Krankenkassen<br />

übernommen werden.<br />

Wenn Sie Rollstuhlfahrer sind, brauchen Sie zur<br />

selbständigen Treppenüberwindung eine Anlage<br />

mit Plattform für den Rollstuhl o<strong>der</strong> einen Außenaufzug.<br />

Bei entsprechenden baulichen Voraussetzungen<br />

ist es möglich, einen Senkrechtaufzug<br />

zu installieren. Außenaufzüge können<br />

auch nachträglich am Haus angebaut werden.<br />

Weitere Informationen zu diesem Thema erhalten<br />

Sie im Hilfsmittelberatungszentrum <strong>der</strong><br />

<strong>DGM</strong> o<strong>der</strong> bei den örtlichen Wohnberatungsstellen<br />

(s. Anhang).<br />

Mobilität erhalten<br />

Gehstöcke und Rollatoren zählen zu den Gehhilfen,<br />

die für die selbständige Fortbewegung benötigt<br />

werden. Die Schwierigkeiten beim Gehen sind von<br />

Betroffenen zu Betroffenen sehr unterschiedlich,<br />

daher sollte bei <strong>der</strong> Auswahl von Gehhilfen vor<br />

<strong>der</strong> endgültigen Versorgung eine gründliche Bera


tung und Erprobung erfolgen. Dies kann in einem<br />

Sanitätshaus o<strong>der</strong> in einer Therapie- o<strong>der</strong> Rehabilitationseinrichtung<br />

stattfinden.<br />

In <strong>der</strong> Anfangsphase <strong>der</strong> Erkrankung sind Gehstützen<br />

recht nützlich, um einen unsicheren Gang auszugleichen<br />

und Stürze zu vermeiden. Gehstützen<br />

entlasten die Beine, erfor<strong>der</strong>n dafür aber Kraft in<br />

Händen und Armen des Benutzers.<br />

Rollatoren sind fahrbare Gehhilfen, sie werden im<br />

Handel in verschiedenen Ausführungen angeboten.<br />

Sie bieten eine größere Sicherheit auf unebenem<br />

Gelände und eine Sitz- sowie Ablagemöglichkeit.<br />

Die Kraft in den Händen muss noch ausreichend<br />

sein, um die Bremsen betätigen zu können. Empfehlenswert<br />

für ALS Betroffene sind Rollatoren<br />

mit einem geringen Eigengewicht und erhöhter<br />

Sitzfläche.<br />

Als Mobilitätshilfen für muskelkranke Menschen<br />

eignen sich darüber hinaus Rollstühle, Spezial-<br />

Fahrrä<strong>der</strong> und Elektroscooter.<br />

Ein Rollstuhl wird im Verlauf einer ALS-Erkrankung<br />

in <strong>der</strong> Regel erfor<strong>der</strong>lich. Doch welcher Rollstuhl<br />

ist <strong>der</strong> "richtige"? Welcher Rollstuhl sich im<br />

Einzelfall für einen selbst eignet, lässt sich nur an<br />

Hand <strong>der</strong> persönlichen Situation (Gesundheitszustand,<br />

Restkraft, Mobilitätsbedürfnis) sowie Lebensumstände<br />

(Wohnsituation, Transport) beurteilen.<br />

Grundsätzlich sind für ALS Betroffene je nach<br />

Einsatz und Funktion drei Gruppen von Rollstühlen<br />

geeignet. Das wären Faltrollstühle, die zusammengeklappt<br />

wenig Platz benötigen, Elektrorollstühle<br />

und Multifunktionsrollstühle. Sie werden in<br />

verschiedensten Ausführungen angeboten und können<br />

sowohl von Hand als auch elektrisch bedient<br />

werden. Bei allen gilt: Ihr Einsatzbereich und die<br />

jeweiligen Vor und Nachteile sind vor <strong>der</strong> endgültigen<br />

Versorgung sorgfältig abzuwägen. Eine möglicherweise<br />

notwendige Anpassung an die Bedürfnisse<br />

des Benutzers, wie z.B. die Nachrüstung mit<br />

entsprechendem Zubehör zu einem späteren Zeitpunkt<br />

sollte im Hinblick auf dem Verlauf <strong>der</strong> Erkrankung<br />

möglich sein.<br />

Solange man noch allein aufstehen o<strong>der</strong> Transfers<br />

bewältigen kann, ist für den häuslichen Bereich<br />

und für die Überwindung kürzerer Entfernungen<br />

zunächst ein kompakter, leichter Faltrollstuhl eine<br />

gute Wahl. Faltrollstühle sind Platz sparend und bei<br />

36<br />

ausreichen<strong>der</strong> Muskelkraft in den Armen sowie<br />

vorhandener Assistenz für ALS-Betroffene durchaus<br />

geeignet. Sie sollten kompakt, leicht und wendig<br />

sein. Wenn die Kraft nicht mehr ausreicht, um<br />

das eigene Körpergewicht und das Gewicht eines<br />

Faltrollstuhles zu bewältigen, empfiehlt es sich,<br />

den vorhandenen Faltrollstuhl mit einem elektrischen<br />

Zusatzantrieb aufzurüsten. Schwere Stahlrohrrahmen-Rollstühle<br />

sind für ALS Betroffene<br />

nicht geeignet!<br />

Will man sich beim Fortbewegen seine Selbständigkeit<br />

erhalten und weniger auf die Hilfe seiner<br />

<strong>Mit</strong>menschen angewiesen sein, führt <strong>der</strong> Weg an<br />

einem Elektrorollstuhl nicht vorbei. Für ALS-Betroffene<br />

eignen sich Elektrorollstühle mit guter<br />

Stoßdämpfung (z.B. für Ausflüge auf unebenen<br />

Wegen) sowie mit elektrischen Verstelloptionen <strong>der</strong><br />

Sitz- und Rückeneinheit, Sitzneigungs- und Sitzlängsverstellung,<br />

Sitzhub- o<strong>der</strong> Aufrichtvorrichtung.<br />

Die Ausstattung eines Elektrorollstuhles mit<br />

einer Son<strong>der</strong>steuerung ermöglicht es auch schwer<br />

körperbehin<strong>der</strong>ten Nutzern, die verschiedenen<br />

Rollstuhlfunktionen eigenständig zu bedienen und<br />

sich fortzubewegen. Für den Einsatz im Innenbereich<br />

eignen sich schmale und wendige Elektrorollstühle.<br />

Multifunktionsrollstühle sind für ALS Betroffene<br />

geeignet, die die o.g. Funktionen nicht mehr selbständig<br />

bedienen können und zum Sitzen und Lagewechsel<br />

viel Unterstützung brauchen. Sie ermöglichen<br />

die individuelle Versorgung im häuslichen<br />

Umfeld durch vielfältige Einstellungsmöglichkeiten.<br />

Die verschiedenen Optionen wie z.B.<br />

elektrisch o<strong>der</strong> durch Gasdruckfe<strong>der</strong> winkelverstellbaren<br />

Sitz und Rücken sowie winkel- und tiefenverstellbare<br />

Fußstützen ermöglichen ein längeres,<br />

ermüdungsfreies Sitzen.<br />

Sicher Autofahren<br />

Sollten Sie sich als Autofahrer aufgrund einer fortschreitenden<br />

ALS-Erkrankung zunehmend unsicher<br />

fühlen, können Sie sich ein objektives Bild<br />

von Ihren Fahrfähigkeiten verschaffen, indem Sie<br />

beispielsweise Ihre Reaktionszeit durch den ADAC<br />

testen lassen. Es besteht außerdem die Möglichkeit,<br />

einen Eignungstest beim technischen Überwachungsverein<br />

(TÜV) zu machen. Der TÜV bietet<br />

eine solche Untersuchung an, die Sie auf eigene<br />

Rechnung freiwillig und vertraulich machen lassen<br />

können, ohne dass dadurch Ihr Führerschein in irgendeiner<br />

Form gefährdet ist.


Solange man noch einen Faltrollstuhl hat, ist <strong>der</strong><br />

Transport des Rollstuhles in einem Kraftfahrzeug<br />

recht unkompliziert. Bei großen Elektrorollstühlen<br />

reicht ein Kleinwagen jedoch nicht mehr aus. Benötigt<br />

wird i.d.R., je nach individuellem Bedürfnis,<br />

ein Minivan, Minibus o<strong>der</strong> ein Kleintransporter mit<br />

Rollstuhllift, Auffahrrampe bzw. elektrischer Hebebühne.<br />

Verschiedene Kfz-Umrüstfirmen in<br />

Deutschland bieten individuelle Umbaulösungen<br />

für behin<strong>der</strong>te Menschen an. Grundsätzlich können<br />

alle gängigen Modelle umgerüstet werden. Im herkömmlichen<br />

Kfz-Handel können entsprechende<br />

Neuwagen aber auch bereits umgebaute Gebrauchtwagen<br />

erworben werden.<br />

Weiterhin genussvoll reisen<br />

und Urlaub machen<br />

Eine Muskelerkrankung ist kein Reisehin<strong>der</strong>nis,<br />

sofern Sie übermäßige Anstrengungen vermeiden<br />

und Sie Ihre Reise im Voraus gut und sorgfältig<br />

planen. Viele Verkehrsunternehmen bieten behin<strong>der</strong>ten<br />

Menschen einen Reise- und Begleitservice<br />

an. Eine große Reihe von Reiseveranstaltern bieten<br />

außerdem barrierefreie sowie ärztlich betreute Reisen<br />

an.<br />

Fit bleiben durch Training<br />

Wer noch in <strong>der</strong> Lage dazu ist, sollte spazieren,<br />

schwimmen und Fahrrad fahren so lange es geht.<br />

Jede Art von gemäßigter sportlicher Aktivität an<br />

frischer Luft tut Körper und Seele gut. Gehen Sie<br />

dabei nicht an Ihre Leistungsgrenze, son<strong>der</strong>n haushalten<br />

Sie mit Ihren Kräften. Gezieltes Bewegungstraining<br />

für die Muskulatur ist wichtig, um<br />

dem Muskelschwund entgegenzuwirken und eine<br />

Verkürzung <strong>der</strong> Sehnen zu vermeiden. Zu diesem<br />

Zweck können neben Physio- und Ergotherapie<br />

verschiedene Trainingsgeräte (Ergometer mit Elektroantrieb<br />

o<strong>der</strong> ein Spezialfahrrad), eingesetzt werden.<br />

Die Auswahl und Bedeutung <strong>der</strong> einzelnen<br />

Trainingsgeräte kann für jeden Betroffenen unterschiedlich<br />

sein, je nach Ausprägung des <strong>Krankheit</strong>sbildes<br />

und <strong>der</strong> Beschwerden.<br />

Computer & Co.<br />

Ein Computer lässt sich an öffentliche Datennetze<br />

anschließen und zur Kommunikation, Kontaktpflege,<br />

Erledigung von Bankgeschäften, Einkäufen<br />

usw. nutzen. Außerdem wird die Kommunikation<br />

mit an<strong>der</strong>en Menschen geför<strong>der</strong>t und einer durch<br />

die <strong>Krankheit</strong> geför<strong>der</strong>ten sozialen Isolierung entgegenwirkt.<br />

37<br />

Hilfsmittel auswählen und<br />

ausprobieren<br />

Um optimalen Nutzen für den Betroffenen zu bringen,<br />

müssen Hilfsmittel individuell auf den Benutzer<br />

zugeschnitten sein. Oft findet man erst nach<br />

mehreren Austauschgesprächen, Beratungen o<strong>der</strong><br />

Erfahrungsberichten an<strong>der</strong>er Betroffener heraus,<br />

was für einen selber eigentlich nützlich sein könnte<br />

und was man tatsächlich benötigt.<br />

Besuchen Sie ein Sanitätshaus und lassen Sie sich<br />

aus dem vorhandenen Sortiment o<strong>der</strong> anhand von<br />

Herstellerkatalogen über die im Handel erhältlichen<br />

Hilfsmittel informieren. Doch Vorsicht –<br />

viele Hilfsmittel gibt es mittlerweile in vielen verschiedenen<br />

Ausführungen, so dass es für den Laien<br />

mitunter schwer fallen kann, das „richtige“ Hilfsmittel<br />

für sich auszuwählen. Wer zum Beispiel ein<br />

ungeeignetes und nicht angepasstes Rollstuhlmodell<br />

auswählt und von <strong>der</strong> Krankenkasse finanziert<br />

bekommt, riskiert, dass dieses mehr zum „Staubfänger“<br />

o<strong>der</strong> zur Klei<strong>der</strong>ablage als zum nützliches<br />

Hilfsmittel wird. Insbeson<strong>der</strong>e die Auswahl und<br />

Anpassung von Rollstühlen, Alltags- und Kommunikationshilfsmitteln<br />

gehört in die Hand von erfahrenen<br />

Fachleuten. Daher sollten Sie die Auswahl<br />

des geeigneten Hilfsmittels stets gemeinsam mit<br />

Fachleuten aus dem Therapie- und Sanitätsbereich<br />

treffen.<br />

Eine gute Möglichkeit, Hilfsmittel auf ihre individuelle<br />

Eignung zu testen, bieten auch die<br />

beiden Probewohnungen <strong>der</strong> <strong>DGM</strong> am Beratungszentrum<br />

in Freiburg. Die beiden behin<strong>der</strong>tengerechten<br />

Wohnungen bieten eine Vielzahl<br />

an Lösungen wie höhenverstellbare<br />

Küche, Umfeldsteuerung, Deckenlifter uvm.<br />

Darüber hinaus kann man sich in den Probewohnungen<br />

Anregungen für den Um- o<strong>der</strong><br />

Neubau holen (Kontakt s. Anhang).


Eva Köhler, die Gattin des ehemaligen Bundespräsidenten,<br />

hört genau zu bei ihrem Besuch <strong>der</strong> <strong>DGM</strong>-Probewohnungen.<br />

Frau Köhler ist begeistert von den vielen Lösungen, die behin<strong>der</strong>ten<br />

Menschen den Alltag erleichtern.<br />

Bei größeren Hilfsmittel-Anschaffungen<br />

- langfristig denken!<br />

Der Standpunkt "Ich kann das alles noch" und<br />

die späte Einsicht über das Nutzen und die Notwendigkeit<br />

eines Hilfsmittels werden seitens <strong>der</strong><br />

Krankenkasse in vielen Fällen erst einmal mit<br />

einer pauschalen Ablehnung des Antrags o<strong>der</strong><br />

langen Bearbeitungszeiten bestraft. Nicht, das<br />

man generell keinen Anspruch hätte auf ein<br />

Hilfsmittel, das medizinisch notwendig ist. In<br />

<strong>der</strong> Regel bekommt man es - eines Tages, oft erst<br />

nach mehreren Monaten. In vielen Fällen folgen<br />

dem Antrag zunächst die Einschaltung des MDK<br />

und darauffolgend eine Ablehnung. Das kann<br />

einen Wi<strong>der</strong>spruch, vielleicht sogar ein Sozialgerichtsprozess<br />

erfor<strong>der</strong>lich machen - und das kann<br />

dauern. Daher sollte die Hilfsmittelversorgung<br />

38<br />

gerade bei ALS Betroffenen vorausschauend und<br />

langfristig erfolgen.<br />

Und wer bezahlt das alles?<br />

Als Kostenträger bei <strong>der</strong> Finanzierung von Hilfsmitteln<br />

kommen je nach Anspruchsgrundlage die<br />

Kranken- und Pflegekassen und unter bestimmten<br />

Voraussetzungen auch die Bundesagentur für<br />

Arbeit (bei Hilfsmitteln zur Berufsausübung),<br />

die Träger <strong>der</strong> Rentenversicherung (wenn es um<br />

die Sicherung <strong>der</strong> Erwerbsfähigkeit geht) o<strong>der</strong><br />

die Sozialhilfeträger (für Einglie<strong>der</strong>ungshilfen<br />

für Behin<strong>der</strong>te) in Betracht.<br />

Es gibt viele Hilfsmittel, die Sie in Ihrer Selbständigkeit<br />

unterstützen, die aber von den Kostenträgern<br />

als so genannte "Gegenstände des täglichen<br />

Lebens" betrachtet werden und daher<br />

grundsätzlich nicht übernommen werden. Hierzu<br />

zählen beispielsweise Esshilfen o<strong>der</strong> herkömmliche<br />

Seniorensessel. Erkundigen Sie sich daher<br />

vor Antragstellung bei den Kostenträgern, ob<br />

grundsätzlich eine Aussicht auf Kostenübernahme<br />

des von Ihnen benötigen Hilfsmittels besteht.<br />

Die Kosten für ein behin<strong>der</strong>tengerechtes Kraftfahrzeug<br />

bzw. die behin<strong>der</strong>tengerechte Kraftfahrzeug-Umrüstung<br />

werden nicht von den<br />

Krankenkassen übernommen. Eine teilweise<br />

Kostenübernahme durch die Arbeitsagentur, Integrationsamt<br />

o<strong>der</strong> <strong>der</strong> Rentenversicherung ist<br />

bei behin<strong>der</strong>ten Menschen die berufstätig sind,<br />

im Einzelfall möglich. Erkundigen Sie sich<br />

daher vor Abschluss eines Kfz-Kaufvertrages<br />

bzw. vor einer Kfz-Umrüstmaßnahme nach möglichen<br />

Kostenträgern.<br />

Private Krankenversicherung<br />

Die Leistungen <strong>der</strong> gesetzlichen Krankenversicherung<br />

in Deutschland sind im Fünften Gesetzbuch<br />

(SGB V) geregelt. Die Leistungen <strong>der</strong> privaten<br />

Krankenversicherung sind nicht einheitlich geregelt.<br />

Ansprüche auf Kostenübernahme von Hilfsmitteln<br />

von einer privaten Krankenversicherung<br />

können im Einzelfall erheblich von denen <strong>der</strong> gesetzlichen<br />

Krankenversicherung abweichen. Entscheidend<br />

ist, was <strong>der</strong> Versicherte und seine Versicherung<br />

vertraglich vereinbart haben. Die erstattungsfähigen<br />

Hilfsmittel sind i.d. Regel in den Tarifbedingungen<br />

<strong>der</strong> Versicherung in Form eines<br />

Hilfsmittelkataloges festgehalten.


Vom Antrag bis zur<br />

Kostenübernahme<br />

Für das notwendige Hilfsmittel muss vom behandelnden<br />

Arzt ein Rezept ausgestellt werden. Ein<br />

medizinisch notwendiges Hilfsmittel muss erst bei<br />

den Kostenträgern beantragt, dann muss auf die<br />

Genehmigung gewartet werden. Das kann einige<br />

Zeit dauern. Empfehlenswert ist grundsätzlich eine<br />

kurze aber nachvollziehbare schriftliche Begründung<br />

des Antrages mit <strong>der</strong> Darstellung <strong>der</strong> persönlichen<br />

Situation, wenn möglich mit einer fachärztlichen<br />

Stellungnahme, die die Notwendigkeit des<br />

Hilfsmittels und dessen Nutzen aus medizinischer<br />

Sicht hervorhebt. Es ist wichtig, dass das benötigte<br />

Hilfsmittel auf dem Rezept genau bezeichnet und<br />

erfor<strong>der</strong>liches Zubehör zusätzlich vermerkt wird.<br />

Außerdem kann es hilfreich sein, als Zusatz die<br />

Hilfsmittelnummer <strong>der</strong> Produktgruppe mit aufzuführen.<br />

Für ein neu angeschafftes o<strong>der</strong> leihweise zur Verfügung<br />

gestelltes technisches Hilfsmittel gelten die<br />

allgemeinen Zuzahlungen (10 % vom Abgabepreis,<br />

mindestens 5 EUR, höchstens 10 EUR) und die<br />

Härtefallrichtlinien <strong>der</strong> Krankenversicherung.<br />

Falls die Krankenkasse trotz ausführlicher Begründung<br />

die Kostenübernahme für ein medizinisch<br />

notwendiges Hilfsmittel ablehnt, sollten Sie sich<br />

fachlichen Rat holen (z. B. in einem Beratungszentrum),<br />

um dann gegebenenfalls gegen den ablehnenden<br />

Bescheid Wi<strong>der</strong>spruch zu erheben. Auf<br />

diesen Wi<strong>der</strong>spruch sollte dann ein Wi<strong>der</strong>spruchsbescheid<br />

erfolgen. Wird das Hilfsmittel in diesem<br />

Wi<strong>der</strong>spruchsbescheid wie<strong>der</strong> abgelehnt, kann innerhalb<br />

von 4 Wochen Klage vor einem Sozialgericht<br />

erhoben werden. Zwar ist die Klage in <strong>der</strong><br />

39<br />

ersten In¬stanz <strong>der</strong>zeit gebührenfrei und es besteht<br />

keine Anwaltspflicht, ein solcher Schritt sollte jedoch<br />

trotzdem gründlich überlegt werden, denn ein<br />

Gerichtsverfahren ist langwierig und schon in <strong>der</strong><br />

zweiten Instanz können für den Kläger erhebliche<br />

Kosten anfallen.<br />

Finanzierung durch Stiftungen<br />

Neben <strong>der</strong> Finanzierung durch die bereits genannten<br />

Kostenträger gibt es noch die Möglichkeit,<br />

einen finanziellen Zuschuss bei Stiftungen zu beantragen.<br />

Diese verteilen ihre finanziellen <strong>Mit</strong>tel<br />

nach regionalen, behin<strong>der</strong>ungsspezifischen o<strong>der</strong><br />

sozialen Aspekten. Weitere Informationen hierzu<br />

finden Sie im Kapitel im Beitrag „Materielle Hilfen“).<br />

Not macht erfin<strong>der</strong>isch -<br />

„selbstgemachte“ Hilfsmittel<br />

Teure Hilfsmittel aus dem Fachhandel haben<br />

durchaus ihre Berechtigung. Dessen ungeachtet<br />

gibt es verschiedene einfache preiswerte Hilfsmittel<br />

die das Leben erleichtern und den Geldbeutel<br />

schonen. Von <strong>der</strong> Büroklammer als Knopfhilfe bis<br />

zum Zollstock als Spielkartenstän<strong>der</strong> - die meisten<br />

einfachen Hilfsmittel werden von kreativen Betroffenen<br />

selbst entworfen und erleichtern den Alltag<br />

gleichermaßen wie Hilfsmittel aus dem Fachhandel.<br />

Wir bitten zu beachten, dass die im Text genannten<br />

Hilfsmittel keinen Anspruch auf Vollständigkeit erheben.<br />

Die namentlich genannten Modelle sind als<br />

Beispiele zu verstehen. Im Sanitätshaus o<strong>der</strong> direkt<br />

bei den Herstellern sind Kataloge erhältlich in<br />

denen alle genanten Hilfsmittel in verschiedenen<br />

Ausführungen abgebildet sind.


4 Pflege<br />

"Es ist eine schlimme <strong>Krankheit</strong>, und es war schon<br />

sehr schwer, und ich dachte oft, dass ich das nicht<br />

schaffe. Ich hatte auch Angst und war an meiner<br />

Grenze. Aber jetzt muss ich sagen, mit <strong>der</strong> Unterstützung,<br />

die ich bekommen habe, ging es doch<br />

recht gut. Mein Mann war so froh, dass er immer<br />

zuhause bleiben konnte. Zum Glück hatte er die<br />

<strong>Krankheit</strong> akzeptiert und genoss unsere gemeinsame<br />

Zeit. Ich konnte es gut sehen. Und ich muss<br />

sagen, wir waren uns im Gesunden nie so nahe wie<br />

in dieser Zeit, und ich bin eigentlich glücklich,<br />

dass wir es so gut miteinan<strong>der</strong> haben konnten.<br />

Trotz allem möchte ich diese Zeit nicht missen."<br />

Ehefrau eines ALS Betroffenen, St. Gallen 2006<br />

Hilfreiche Fragen vor <strong>der</strong><br />

Übernahme einer Pflege<br />

Bea Goldman, Intensivpflege,<br />

ALS-Nurse, St. Gallen / Schweiz<br />

· Kann ich pflegen? (Bin ich körperlich dazu in<br />

<strong>der</strong> Lage?)<br />

· Will ich pflegen?<br />

· Warum möchte ich pflegen? (aus Zuneigung,<br />

Verantwortungs-/Pflichtgefühl, Schuldgefühl,<br />

Sinn finden, religiöse Überzeugung)<br />

· Wie gut ist meine Beziehung? („Altlasten“<br />

vorhanden? Ist es mir möglich zu pflegen?<br />

Was muss bereinigt werden?)<br />

· Wie dringlich sind eigene Pläne?(Job, Ausbildung,<br />

an<strong>der</strong>e Verpflichtungen, finanzielle<br />

Möglichkeiten)<br />

· Habe ich genügend Unterstützung? (Wer hilft<br />

noch mit? Wie kann die Aufgabenverteilung<br />

sein? Ist genug Zeit für eigene Familie vorhanden?<br />

Kann die Pflege auf mehrere Schultern<br />

verteilt werden?)<br />

· Habe ich genügend Zeit? (Organisatorische<br />

und finanzielle Aspekte)<br />

· Wer kann mein Coach sein?( medizinisch,<br />

pflegerisch, seelsorgerisch)<br />

Wichtig: Pflege ist ein andauern<strong>der</strong> Prozess,<br />

<strong>der</strong> Kompromisse erfor<strong>der</strong>t und verhandelbar<br />

sein muss. Es soll ein Geben und Nehmen<br />

sein. Auch als Angehörige haben Sie ein Recht<br />

auf Lebensqualität.<br />

40<br />

PFLEGENDE ANGEHÖRIGE:<br />

UNTERSTÜTZUNG IST NÖTIG<br />

(...DOCH BITTEN IST SCHWER)<br />

Antje Faatz, Dipl. Sozialpädagogin (FH),<br />

Fachkraft für Palliative Care,<br />

<strong>DGM</strong>-Sozialberatung<br />

Häusliche Pflege ist eine nie endende Gratwan<strong>der</strong>ung<br />

zwischen <strong>der</strong> Bewältigung <strong>der</strong> Pflegeanfor<strong>der</strong>ungen,<br />

allen an<strong>der</strong>en privaten Beziehungen<br />

rundum und den eigenen Wünschen und Bedürfnissen.<br />

Pflegende, die glauben, die Versorgung<br />

eines/einer schwer Kranken ganz ohne Hilfe bewältigen<br />

zu können, riskieren, selbst ernsthaft<br />

krank zu werden. Sie leisten <strong>der</strong> eigenen Isolation<br />

und Unzufriedenheit Vorschub und för<strong>der</strong>n Abhängigkeit<br />

und Ausschließlichkeitsansprüche des/<strong>der</strong><br />

Kranken. „Ich lasse mir nur von dir helfen“, ist einerseits<br />

natürlich verständlich, bedeutet an<strong>der</strong>erseits<br />

aber bei zunehmendem Pflegebedarf auch zunehmende<br />

Überfor<strong>der</strong>ung und Vereinnahmung <strong>der</strong><br />

pflegenden Angehörigen.<br />

Nötig wäre es und sicher gut, sich rechtzeitig entbehrlich<br />

zu machen und stundenweise vertreten zu<br />

lassen. Doch das ist ein schwieriger Lernprozess.<br />

Welche/r pflegende Ehefrau/-mann müsste sich<br />

nicht überwinden, Außenstehenden ungehin<strong>der</strong>t<br />

Zugang zu allen Räumen zu gewähren, oft auch zu<br />

den eigenen? Wer setzt schon leichten Herzens<br />

einen kranken Menschen in all seiner Hilflosigkeit<br />

fremden Blicken und fremden, ungeübten Händen<br />

aus? Wer gewährt an<strong>der</strong>en freiwillig Einblick in familiäre<br />

Schwierigkeiten und Unzulänglichkeiten,<br />

die in keinem Pflegehaushalt ausbleiben? Wer wäre<br />

frei von <strong>der</strong> Angst, moralisch bewertet zu werden?<br />

Das sind nur einige Gründe, die erklären, warum<br />

so viele Pflegende lange versuchen, mit sämtlichen<br />

Erfor<strong>der</strong>nissen und Belastungen allein fertig zu<br />

werden, oft viel zu lang. Verständlich aber gefährlich!<br />

Dagegen hilft nur, ein Hilfenetz für den Alltag<br />

zu weben und konsequent zu erweitern.<br />

Die Inanspruchnahme bezahlter Fachkräfte (Sachleistungen<br />

aus <strong>der</strong> Pflegeversicherung) ist dabei<br />

gefühlsmäßig einfacher als die von Privatpersonen,<br />

denen man immer etwas „schuldig“ zu bleiben<br />

glaubt. Aber Fachdienste können nur einen Bruchteil<br />

des tatsächlichen Hilfebedarfes abdecken. Die<br />

Entlastung <strong>der</strong> pflegenden Bezugsperson ist dabei<br />

als Ziel gar nicht vorgesehen, darum muss diese<br />

sich schon selbst kümmern. Bei Stundensätzen um


30 Euro können viele Pflegehaushalte sich professionelle<br />

Entlastung auch finanziell kaum leisten.<br />

Für die Entlastung durch Privatpersonen gilt: Niemand<br />

ist rechtlich verpflichtet, pflegenden Angehörigen<br />

zu helfen, nicht einmal Verwandte. Viele<br />

Pflegende glauben o<strong>der</strong> erhoffen immer wie<strong>der</strong>,<br />

an<strong>der</strong>e würden von sich aus fragen, was sie zur Erleichterung<br />

<strong>der</strong> Pflegesituation tun können. Aber<br />

diese Hoffnung ist eine Selbst-Täuschung, die zu<br />

vielen Ent-Täuschungen führt. Wer ein beengtes<br />

Leben führt, verliert leicht aus dem Blick, wie<br />

rasch in <strong>der</strong> betriebsamen Welt die Zeit vergeht.<br />

Zeiträume, die Pflegenden wie eine Ewigkeit erscheinen<br />

(zum Beispiel seit dem letzten Anruf o<strong>der</strong><br />

Besuch), empfinden die „draußen“ wie einen Augenblick.<br />

Um ein „Pflegeghetto“ zu verhin<strong>der</strong>n,<br />

müssen Angehörige <strong>lernen</strong>, um ergänzende Hilfen<br />

(in manchen Fällen auch gegen geringfügige Bezahlung)<br />

zu bitten, nicht einmal, son<strong>der</strong>n immer<br />

wie<strong>der</strong>, solange die Pflegesituation dauert. Gerade<br />

die endlose „Bittsteller-Rolle“ fällt den meisten<br />

Pflegenden schwer.<br />

Doch es gibt glücklicherweise auch viele hilfsbereite<br />

Menschen unterschiedlicher Alters- o<strong>der</strong> Berufsgruppen,<br />

mit und ohne Familie, mit und ohne<br />

Pflegeerfahrung, mit und ohne Zugehörigkeit zu<br />

einer Gruppe, Gemeinde o<strong>der</strong> Bürger-initiative<br />

(mehrheitlich sind es übrigens Frauen - mit Lebenserfahrung<br />

und vollem Programm). Aber egal<br />

ob Verwandte, Bekannte o<strong>der</strong> ehrenamtlich Engagierte<br />

in Betracht kommen – niemand hilft bedingungslos:<br />

Ich helfe gern, aber... Alle wollen so<br />

frühzeitig wie möglich gefragt werden, um den<br />

Termin in den eigenen Kalen<strong>der</strong> einfügen zu können.<br />

Alle wollen ihre Freiheit behalten, ehrlich ja<br />

o<strong>der</strong> nein zu sagen, bei akuten Engpässen auch<br />

kurzfristig, ohne dass ihnen das übel genommen<br />

wird. Niemand möchte zu oft „dran kommen“.<br />

Pflegende müssen <strong>lernen</strong>, Absagen als normal einzukalkulieren.<br />

Wer sie als persönliche Zurückweisung<br />

einordnet, schlägt Hilfsbereite in die Flucht.<br />

Aber das ist leichter gesagt als getan: Eine Absage<br />

ist zu verkraften, aber wenn man zufällig von mehreren<br />

Leuten nacheinan<strong>der</strong> „einen Korb bekommt“,<br />

wird es schwer. Sofort ist da das Gefühl, lästig zu<br />

sein, und die allgegenwärtige Versuchung, sich gekränkt<br />

– und erschöpft - zurückzuziehen und alles<br />

alleine zu bewältigen. Leichter ist übrigens eine<br />

Absage zu verkraften (und dies ist ein Hinweis an<br />

die potentiellen Helfer/innen <strong>der</strong> Pflegenden),<br />

41<br />

wenn sie zusammen mit einer Ermutigung für<br />

künftige Anfragen gegeben wird: „Heute geht es<br />

nicht, aber dienstags und donnerstags normalerweise<br />

ganz gut, du darfst mich gern wie<strong>der</strong> fragen...“<br />

Um nicht zu oft in die Situation einer Absage zu<br />

gelangen, ist es gut, sich eine möglichst konkrete<br />

Übersicht über den regelmäßigen o<strong>der</strong> in beson<strong>der</strong>en<br />

Engpässen notwendigen Hilfe- und Unterstützungsbedarf,<br />

das persönliche Unterstützungsnetz<br />

und die persönlichen Ressourcen und Freiräume<br />

zu verschaffen (am besten bildlich auf einem großen<br />

Plakat o<strong>der</strong> Kalen<strong>der</strong>: denn es tut gut zu sehen,<br />

von welchen Menschen man umgeben ist und auch<br />

<strong>der</strong> Berg an Arbeit erscheint eher bewältigbar,<br />

wenn man seine Dimensionen überblicken und einzelne<br />

„Felsbrocken“ und kleinere „Steinchen“<br />

Stück für Stück abtragen kann!).<br />

Vielleicht können folgende Vorschläge<br />

dabei helfen:<br />

· Machen Sie sich einen Tages- und Wochenplanmit<br />

<strong>der</strong> Frage: Was ist zu tun?<br />

· Sehen Sie den Plan dann durch mit den Fragen:<br />

Was davon mache ich gerne und kann ich gut?<br />

Was ist zuviel, fällt mir schwer (was kann ich<br />

vielleicht auch lassen), wobei treten regelmäßig<br />

Engpässe auf ? Wann / wobei / wie oft genau<br />

könnte ich welche Art von Hilfe brauchen?<br />

(Liste mit genauen Angaben erstellen)<br />

· Wen gibt es in meiner unmittelbaren bis weiteren<br />

Umgebung (Verwandte, Freunde, Nachbarn,<br />

Bekannte, Arbeitskollegen, Kirchengemeinde,<br />

Sportverein, Selbsthilfegruppe, ...) und<br />

welche Art von Unterstützung erhalte ich bereits<br />

o<strong>der</strong> könnte ich dort vielleicht erhalten?<br />

(emotionale Unterstützung, praktische Hilfe,<br />

Beratung, ...) Gibt es darunter jemanden,<br />

den/die ich Tag und Nacht je<strong>der</strong>zeit anrufen<br />

dürfte, wenn ich nicht mehr weiter weiß?<br />

· Welche Freiräume und Kraftquellen brauche<br />

und nutze ich bereits in meinem Alltag? Was<br />

fehlt noch und wer könnte mir dabei helfen?<br />

· Wer könnte mir helfen, diese Fragen zu erarbeiten,<br />

mit wem kann ich mein Netzwerk weben?


Hilfsbereite gibt es, aber man muss ihre Grenzen<br />

respektieren und einplanen. Wenn jemand einmal<br />

seine Hilfsbereitschaft angeboten hat, darf man ihn<br />

auch fragen: Je frühzeitiger und genauer eingegrenzt<br />

seine Unterstützung erbeten wird, umso<br />

eher kann er ja sagen. Für den Einsatz von Helfern<br />

in <strong>der</strong> direkten Pflege sollten möglichst klare (evtl.<br />

schriftliche) Informationen vorbereitet werden<br />

(Welche Beson<strong>der</strong>heiten sind zu beachten? Wer<br />

kann bei unvorhergesehenen Schwierigkeiten weiterhelfen?<br />

Wo sind notwendige Dinge im Haushalt<br />

zu finden? Wann kehrt die pflegende Bezugsperson<br />

zurück?) Solche Informationen sind für Helfer<br />

unbedingt wichtig und geben Sicherheit.<br />

WAS HILFT PFLEGENDEN?<br />

Bea Goldman, St. Gallen / Schweiz<br />

Training<br />

Durchdachte<br />

Organisation<br />

Probezeit vereinbaren<br />

Hausarzt informieren<br />

42<br />

Alles in allem: Die Suche nach Hilfsbereiten und<br />

die Organisation eines tragfähigen Hilfenetzes zur<br />

eigenen Entlastung bleiben aktuell, solange eine<br />

Pflege andauert. Sie sind für die pflegende Bezugsperson<br />

das sicherste <strong>Mit</strong>tel, eigener Überfor<strong>der</strong>ung<br />

vorzubeugen. Sie erfor<strong>der</strong>n Planung und rechtzeitige<br />

Organisation sowie eine Mischung aus Selbstzurücknahme,<br />

Selbstbehauptung und gesun<strong>der</strong><br />

Selbstliebe. Dabei immer das richtige Maß zu finden<br />

und auch noch den richtigen Ton zu treffen ist<br />

nicht einfach, denn die eigene Tagesform wechselt.<br />

Aber die Mühe lohnt!<br />

Pflege-Kurse, Fachliteratur, ev. Maßnahmen bei Physio/Ergotherapeuten<br />

er<strong>lernen</strong>, evtl. ehemals ALS-Pflegende kontaktieren – kann Sicherheit<br />

und Vertrauen geben.<br />

· Pflegeplan erarbeiten (evtl. mit Hilfe vom Betroffenen, eines ambulanten<br />

Pflegedienstes, Familie und Umfeld)<br />

· Tagesablauf an körperl. Befinden anpassen (z.B. „Morgenmuffel“ ausschlafen<br />

lassen und amb. Dienst später kommen lassen, ev. gemeinsam<br />

<strong>Mit</strong>tagsschlaf halten, bei Erschöpfung abends amb. Dienst zur rationelleren<br />

Pflege beiziehen)<br />

· „Auszeiten“ für beide fix einplanen!<br />

· Selbständigkeit des Pat. so lang wie mögl. erhalten mit angepassten<br />

Hilfsmitteln (Hilfe von Ergo-/Physiotherapeut)<br />

· Frühzeitiges Organisieren <strong>der</strong> Hilfsmittel und baulicher Maßnahmen,<br />

Anträge stellen (Hilfe von Sozialarbeiter)<br />

· Routine entwickeln (z.B. Wochenplan/Monatsplan)<br />

Situationsanalyse nach einiger Zeit: was ist gut , was müssen wir än<strong>der</strong>n,<br />

was kann wie ausgebaut werden, wie geht es uns dabei – es muss für Betroffene<br />

und Pflegende akzeptabel sein.<br />

Es ist wichtig, dass er es weiß, meine Situation kennt und so im Bedarfsfall<br />

Unterstützung geben kann.<br />

Ist für alle ersichtlich, dass ich <strong>der</strong>/die Hauptpflegende/r bin und als<br />

gleichberechtigte/r Ansprechpartner zusammen mit dem/r Betroffenen<br />

wahrgenommen werde?


Ehrlichkeit in Umgang<br />

miteinan<strong>der</strong><br />

Eigene Grenzen kennen<br />

und akzeptieren<br />

Support von und<br />

durch Kin<strong>der</strong><br />

„Inseln“ schaffen<br />

Regelmäßige Entlastung<br />

Es ist nicht immer leicht, aber durch Heimlichkeiten können sehr viele<br />

vermeidbare Spannungen und ungute Gefühle entstehen, Transparenz<br />

und klare Absprachen im Betreuungsteam sind wichtig (mit Betroffenem:<br />

wie soll Pflege aussehen, wer kann einbezogen werden, ev. Pflegevertrag<br />

abschließen).<br />

· Zu eigenen Bedürfnissen stehen (Hobbies pflegen), <strong>lernen</strong> auch mal<br />

nein zu sagen, Sorgen äußern<br />

· Gefühle wahrnehmen und äußern (z.B. Einsamkeit, Isolation, Aggression,<br />

Traurigkeit, Bitterkeit, Trauer, Frustration - evtl. medikamentöse<br />

Hilfe, Gesprächstherapie, mehr Entlastung)<br />

· Wichtig: man ist auch nur ein Mensch und darf mal „durchhängen“<br />

· Anzeichen für eine Erschöpfung (Burnout) erkennen und rechtzeitig<br />

um Hilfe ersuchen (z.B. Schlafstörungen, Appetitlosigkeit, Depression,<br />

allg. Schwächegefühl, Konzentrationsprobleme, erhöhte Reizbarkeit,<br />

Gewichtsprobleme)<br />

· Auf eigene Gesundheit achten (z.B. Rückentraining, Fitness, Massage,<br />

tgl. Spaziergänge, Sport, Entspannungstechniken er<strong>lernen</strong> wie z.B.<br />

Yoga, Feldenkrais, progressive Muskelrelaxation)<br />

· Auf Schlaf und Ernährung achten, bes. wenn Partner Sonde hat, z.B.<br />

Mahlzeitendienst, Vorkochen, Nachtwache organisieren<br />

Nicht vergessen!<br />

· Kin<strong>der</strong> wollen oft ihre Familie schützen und äußern sich mögliche<br />

weise nicht, haben ev. Angst, Schuldgefühle, sie können stumm leiden.<br />

· Kin<strong>der</strong> brauchen das Gefühl, Teil des Ganzen zu sein, ihre Aufgabe zu<br />

haben und auch Kind sein zu dürfen.<br />

· Manchmal kann professionelle Unterstützung sinnvoll sein.<br />

Regelmäßig einan<strong>der</strong> persönliche Freiräume zugestehen und v.a. fest einplanen,<br />

sich trauen eigene Bedürfnisse zu äußern, gemeinsam „Neuland“<br />

betreten, indem man sich auf neue Erfahrungen einlässt, Gewohntes hinterfragt,<br />

neue Qualitäten entdecken.<br />

„Ferienaufenthalt“ (ev. gemeinsam) organisieren, wo Pflege übernommen<br />

wird und Therapien gemacht werden können, aber keine Überfor<strong>der</strong>ung<br />

stattfindet, o<strong>der</strong> ganz einfach Wellnessferien. <strong>Mit</strong> Verwandten,<br />

Freunden die häusliche Pflege planen, damit Angehörige unbelastet in<br />

die Ferien können.<br />

43


Kontakte pflegen<br />

Netz<br />

Sich auf Verän<strong>der</strong>ungen<br />

vorbereiten<br />

Eventualitäten<br />

einbeziehen, Reserven<br />

schaffen<br />

Erinnerungen schaffen/<br />

Zeit genießen<br />

Gespräche tun gut, wenn man abladen darf, auch wenn mal über was an<strong>der</strong>es<br />

als die <strong>Krankheit</strong> gesprochen wird<br />

Bei belastenden Situationen ist manchmal eine neutrale Person beson<strong>der</strong>s<br />

hilfreich (z.B. Psychotherapie, Seelsorge, Unterstützung von religiöser<br />

o<strong>der</strong> an<strong>der</strong>er Gruppe, Freiwillige) Beziehungen aus dem individuellen<br />

Lebensbereich pflegen<br />

· Info an Umfeld (es ist für Freunde und Bekannte oft einfacher, damit<br />

umzugehen, wenn sie Bescheid wissen)<br />

Freunde brauchen auch eine Chance, um „mitwachsen“ zu können<br />

· Hilfe annehmen (z.B. Einkaufen, Vorlesen, E-Mails/Briefe schreiben,<br />

Gartenarbeiten, Putzen, Auto waschen, Spazieren gehen, Kochen, Restaurantbesuch,<br />

Unterhaltsarbeiten in Wohnung, administrative Unterstützung)<br />

· Wertschätzung zeigen (z.B. auch mal Blumen, Gutschein o<strong>der</strong> ähnl. organisieren<br />

für Pflegende)<br />

Beim ALS Spezialisten, Hausarzt o<strong>der</strong> Neurologen über <strong>Krankheit</strong>sverlauf<br />

und mögl. zu erwartenden Symptome informieren und mit Pflegefachperson<br />

sich auf mögl. Szenarien vorbereiten (Medikamente organisieren,<br />

Hilfsmittel), Patientenverfügung/Vorsorgevollmacht frühzeitig!!!<br />

aufsetzen, das vermeidet Stress und v.a. Angst<br />

Was ist, wenn Pflegende krank werden o<strong>der</strong> wenn die Pflege nicht mehr<br />

bewältigt werden kann?<br />

Festhalten von Erlebnissen, Erfahrungen, <strong>Krankheit</strong>sverlauf, z.B. Tagebuch<br />

führen, Video, Zeichnungen, Festivitäten o<strong>der</strong> geplante Ferien vorziehen,<br />

solange es <strong>der</strong> Gesundheitszustand erlaubt, Projekte (ev. zusammen<br />

mit an<strong>der</strong>en) verwirklichen.<br />

44


PFLEGEN BIS DER RÜCKEN SCHMERZT...<br />

Tipps für rückenschonendes<br />

Heben und Tragen in <strong>der</strong><br />

häuslichen Pflege<br />

Janine Šušak, Physiotherapeutin,<br />

<strong>DGM</strong>-Hilfsmittelberatung<br />

Viele an ALS erkrankte Menschen werden zu<br />

Hause von Familienangehörigen gepflegt. Sie<br />

kümmern sich nicht nur Wochen und Monate, son<strong>der</strong>n<br />

oft über Jahre hinweg rund um die Uhr um<br />

ihre Pflegebedürftigen. Einen Angehörigen zu pflegen,<br />

bedeutet immer auch eine Auseinan<strong>der</strong>setzung<br />

mit den eigenen psychischen und körperlichen<br />

Grenzen. Der Betroffene muss häufig mehrmals<br />

am Tag und in <strong>der</strong> Nacht gelagert, gebettet und<br />

umgesetzt werden. <strong>Mit</strong> fortschreiten<strong>der</strong> Erkrankung<br />

bzw. Behin<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Betroffenen, wird auch<br />

die Pflege umfassen<strong>der</strong> und somit auch anstrengen<strong>der</strong>.<br />

Pflegerische Verrichtungen bedeuten für den Körper<br />

eine außerordentliche Belastung, denn viele<br />

ungewohnte und anstrengende Bewegungen sind<br />

notwendig, bis <strong>der</strong> Betroffene sicher und beschwerdefrei<br />

versorgt werden kann. Dauert die Betreuungssituation<br />

über Wochen, Monate o<strong>der</strong> Jahre,<br />

stellt dies sowohl für die Betroffenen als auch für<br />

die Pflegenden eine außergewöhnliche körperliche,<br />

emotionale und soziale Belastung dar.<br />

Durch die intensive Pflege und den regelmäßigen<br />

Hebe- und Tragevorgängen werden vor allem die<br />

Strukturen <strong>der</strong> Wirbelsäule <strong>der</strong> pflegenden Personen<br />

beansprucht. Im Laufe eines Tages müssen im<br />

Rahmen <strong>der</strong> Alltagsaktivitäten wie z.B. Essen, Anziehen,<br />

Aufstehen und <strong>der</strong> Körperpflege viele Bewegungen<br />

von und mit dem Pflegebedürftigen ausgeführt<br />

werden, die den Rücken extrem beanspruchen.<br />

Gerade pflegende Personen haben sehr häufig<br />

Rückenschmerzen, weil sie bei <strong>der</strong> Pflege großen<br />

körperlichen Belastungen ausgesetzt sind und<br />

weil sie sich unter Umständen bei Hilfestellungen<br />

für den Betroffenen falsch bewegen und damit die<br />

Muskulatur belasten. Die meisten pflegenden Angehörigen<br />

haben keine professionelle Ausbildung<br />

in Krankenpflege. Oft kommt hinzu, dass sie sich<br />

aus mehreren Gründen nur selten o<strong>der</strong> gar nicht<br />

sportlich betätigen. Sie machen viele falsch angeeignete<br />

Bewegungsabläufe, kommen dadurch häufig<br />

an ihre körperlichen Belastungsgrenzen und<br />

45<br />

handeln sich so schon nach kurzer Zeit Rückenbeschwerden<br />

ein. Fast je<strong>der</strong>, <strong>der</strong> einen Angehörigen<br />

pflegt, kann aus eigener schmerzhafter Erfahrung<br />

davon erzählen. Umso wichtiger ist es zu <strong>lernen</strong><br />

pflegerische Verrichtungen in rückengerechter Arbeitsweise<br />

auszuführen. Diese erfor<strong>der</strong>t nicht nur<br />

viel Geduld, son<strong>der</strong>n auch die Bereitschaft umzudenken.<br />

Wenn man sich aber die Zeit dafür nimmt,<br />

wird man feststellen dass sich die Mühe lohnt, um<br />

langfristigen Schädigungen <strong>der</strong> Wirbelsäule vorzubeugen.<br />

Muskeltraining und Dehnen -<br />

Stärken statt schonen<br />

Ungeübte und verkürzte Muskulatur neigt zu Verspannungen<br />

und Schmerzen. Verspannungen sind<br />

nicht nur eine unangenehme und schmerzhafte Erscheinung,<br />

sie können auf Dauer die Beweglichkeit<br />

und Belastbarkeit <strong>der</strong> Wirbelsäule erheblich einschränken.<br />

<strong>Mit</strong> Hilfsmitteln Überlastungs -<br />

schäden vorbeugen<br />

Viele pflegende Angehörige verbinden den Einsatz<br />

von Hilfsmitteln mit umständlicher und zeitrauben<strong>der</strong><br />

Bedienung und verzichten aus Unkenntnis und<br />

Unsicherheit lieber auf die Anwendung praktischer<br />

Hilfsmittel. Die Erfahrung zeigt: Wenn <strong>der</strong> Umgang<br />

mit Hilfsmitteln einmal richtig erlernt ist,<br />

werden sie auch anhaltend genutzt. Während in <strong>der</strong><br />

professionellen Pflege technische Hilfsmittel wie<br />

Pflegelifter und Umsetzhilfen oft eingesetzt werden,<br />

ist im häuslichen Bereich eher eine Zurückhaltung<br />

im Gebrauch zu beobachten. Dabei kann<br />

die Verwendung von Hilfsmitteln wie Pflegebett,<br />

Badelift, Rollstuhl, Toilettenstuhl den Betroffenen<br />

und seine pflegenden Angehörigen erheblich entlasten.<br />

Für die Anschaffung von technischen Hilfsmitteln<br />

gibt es finanzielle Unterstützung durch die<br />

Krankenkassen, daher sollte die Kostenübernahme<br />

kein Hin<strong>der</strong>nis darstellen.<br />

Entlastung und Freizeit<br />

Pflegende Angehörige sind häufig durch die lang<br />

andauernde und intensive Pflege körperlich erschöpft,<br />

gesundheitlich gefährdet und durch den<br />

zeitlichen Aufwand zum Teil sozial isoliert. Um<br />

das Gleichgewicht zwischen Belastung und Entlastung<br />

zu halten und nicht selber krank zu werden,<br />

müssen sie in ihrem Leben eine körperliche und<br />

zeitliche Entlastung erreichen und als notwendigen<br />

Ausgleich ausreichend Freizeit fest einplanen. Von<br />

beson<strong>der</strong>er Bedeutung für das Wohlbefinden einer


pflegenden Person sollte vor allem <strong>der</strong> körperliche<br />

Ausgleich durch Sport und/o<strong>der</strong> Entspannungsmaßnahmen<br />

sein sowie die Überlegung, wie sich<br />

möglichst oft Entlastung durch weitere pflegende<br />

Personen und durch technische Hilfsmittel organisieren<br />

lässt.<br />

Was pflegende Angehörige noch<br />

für ihren Rücken tun können<br />

Es gibt verschiedene Angebote zur Entlastung pflegen<strong>der</strong><br />

Angehöriger. Wer regelmäßig bei <strong>der</strong> häuslichen<br />

Pflege heben und tragen muss, sollte unbedingt<br />

seine Rückenmuskulatur mit gezieltem Training<br />

kräftigen. Dazu eignen sich z.B. Übungen<br />

nach dem Rückenschule-Konzept, die in vielen<br />

Sportvereinen, Volkshochschulen und Physiotherapiepraxen<br />

angeboten werden. Regelmäßige Kräftigungs-<br />

und Dehnungsübungen, das Er<strong>lernen</strong> bestimmter<br />

Bewegungsabläufe aus den Methoden<br />

wie Bobath o<strong>der</strong> Kinästhetik stärken die Rumpfmuskulatur<br />

und entlasten die Wirbelsäule. Eine<br />

weitere Möglichkeit <strong>der</strong> Schulung stellen Pflegekurse<br />

dar, die von den Pflegekassen für Angehörige<br />

und ehrenamtliche Pflegepersonen angeboten<br />

werden, um pflegebedingte körperliche und seelische<br />

Belastungen zu min<strong>der</strong>n. In Kinästhetik- Kursen<br />

<strong>lernen</strong> Pflegende und Angehörige wie sie Patienten<br />

mit weniger Anstrengung und körperlicher<br />

Belastung in ihrer Bewegung unterstützen können.<br />

Auf dieser Weise können pflegende Personen aktiv<br />

Abnutzungserscheinungen wirksam vorbeugen und<br />

chronische Beschwerden und Schmerzsyndrome<br />

verhin<strong>der</strong>n.<br />

Die Erfahrung zeigt, dass es pflegenden Angehörigen<br />

oft schwer fällt, Hilfe von außen anzunehmen.<br />

Zeitmangel und Erschöpfung hin<strong>der</strong>n sie daran, an<br />

einem Kurs teilzunehmen. Viele Pflegende wollen<br />

und können ihren Angehörigen nicht allein lassen<br />

o<strong>der</strong> denken, dass sie sich die nötigen Kenntnisse<br />

bereits selbst beigebracht hätten. Wenn jedoch<br />

während und nach <strong>der</strong> Pflege größere Beschwerden<br />

im Bereich <strong>der</strong> Wirbelsäule auftreten, ist das<br />

Er<strong>lernen</strong> rückenschonen<strong>der</strong> Bewegungsabläufe<br />

dringend notwendig, damit die Pflege nicht auf<br />

Kosten <strong>der</strong> eigenen Gesundheit geht.<br />

Oft übersehen Pflegende auch, wie wichtig es gerade<br />

in einer belastenden Situation sein kann, sich<br />

mit Menschen auszutauschen, die sich in <strong>der</strong> gleichen<br />

Situation befinden und mit ähnlichen Problemen<br />

fertig werden müssen. Dieser Austausch kann<br />

z. B. auch im Rahmen eines Pflegekurses stattfin-<br />

46<br />

den. Professionelle Fachkräfte vermitteln praktische<br />

Hinweise und Tipps rund um das Thema Rücken<br />

schonendes Heben und Tragen und beantworten<br />

Fragen zum Pflegealltag. Neben Rücken schonendem<br />

Heben und Lagern sowie <strong>der</strong> Anwendung<br />

von Hilfsmitteln bieten Pflegekurse auch Unterstützung<br />

bei seelischen und körperlichen Belastungen,<br />

zum Abbau von Versagensängsten und den Erfahrungsaustausch<br />

<strong>der</strong> Pflegepersonen untereinan<strong>der</strong>.<br />

Die Kurse werden von den Krankenkassen, ambulanten<br />

Pflegediensten und sozialen Einrichtungen<br />

angeboten. Die Kursgebühren werden in <strong>der</strong> Regel<br />

von den Pflegekassen übernommen. Wenn Sie an<br />

einem Pflegekurs interessiert sind, informieren Sie<br />

sich vor Kursbeginn bei den lokalen Kursanbietern<br />

o<strong>der</strong> Ihrer Pflegekasse über das Angebot <strong>der</strong> Kurse<br />

sowie die Kostenübernahme.<br />

Pflegende Angehörige können mithilfe eines Pflegekurses<br />

den Pflegealltag sicherer und besser bewältigen,<br />

die Zufriedenheit bei <strong>der</strong> Arbeit steigern<br />

und sich selbst und ihre eigenen Bedürfnisse ernst<br />

nehmen. Das kommt nicht zuletzt auch dem pflegebedürftigen<br />

Menschen zu Gute.<br />

TIPPS FÜR DIE PFLEGE ZU HAUSE<br />

<strong>Mit</strong> Pflegehilfsmitteln die Pflege<br />

erleichtern<br />

Bea Goldman, Intensivpflege, ALS-Nurse,<br />

St. Gallen / Schweiz<br />

Annette Held-Wehmer, Ergotherapeutin,<br />

<strong>DGM</strong>-Hilfsmittelberatung<br />

Das Pflegebett<br />

Wenn das selbstständige Aufstehen und Positionsverän<strong>der</strong>ungen<br />

eingeschränkt sind, sprechen viele<br />

praktische Gesichtspunkte für die Anschaffung<br />

eines Pflegebetts. Es lässt sich elektrisch in <strong>der</strong><br />

Höhe verstellen, hat eine mehrfache Unterteilung<br />

<strong>der</strong> Liegefläche und kann auf Rollen sehr einfach<br />

im Raum bewegt werden. Es besteht die Möglichkeit,<br />

weitere Hilfsmittel anzubringen.<br />

Sie können in einem Pflegebett Ihre Lage per<br />

Knopfdruck verän<strong>der</strong>n: liegend, halbliegend, sitzend.<br />

Zum leichteren Aufstehen ist das Bett entsprechend<br />

höhenverstellbar. Zum Transfer, z.B. in<br />

einen Rollstuhl, können, durch die Höhenverstellbarkeit,<br />

die Liegefläche und die Sitzfläche des


Sitzmöbels aufeinan<strong>der</strong> abgestimmt werden. So<br />

sind Sie weniger sturzgefährdet. Für Ihre Pflegeperson<br />

o<strong>der</strong> Angehörigen bedeutet die Höhenverstellbarkeit,<br />

dass die pflegerischen Tätigkeiten in<br />

einer rückenentlastenden Stellung verrichtet werden<br />

können. Pflegebetten werden von den Kranken-<br />

bzw. Pflegekassen zur Verfügung gestellt.<br />

Wenn Sie den Wunsch haben, in Ihrem vorhandenen<br />

Bett gepflegt zu werden, besteht die Möglichkeit<br />

als „Bettzurichtung zur Pflegeerleichterung“<br />

einen elektrisch verstellbaren Einlegerahmen<br />

für Ihr vorhandenes Bett bei Ihrer Kranken- o<strong>der</strong><br />

Pflegekasse zu beantragen.<br />

Durch das Benützen von Satin- o<strong>der</strong> Mikrofaserbettwäsche<br />

und Pyjamas aus glattem Material<br />

wird Reibung vermin<strong>der</strong>t, und das Drehen im Bett<br />

ist einfacher (manche Patienten verzichten ganz<br />

auf Schlafbekleidung). Allerdings ist mit glatter<br />

Bettwäsche auch Vorsicht geboten: man rutscht<br />

beim Aussteigen aus dem Bett schneller aus.<br />

Das Tragen von Antirutschsocken im Bett kann<br />

helfen, sich auf einem glatten Mikrofaserleintuch<br />

besser abzustoßen. Matratzenschutzbezug, Laken<br />

o<strong>der</strong> an<strong>der</strong>e Einlagen müssen stets sauber, trocken<br />

und faltenfrei in das Pflegebett eingelegt werden.<br />

Das Liegen auf Falten kann Schmerzen verursachen,<br />

und es kann sich unter Umständen eine<br />

Druckstelle bilden, ein Dekubitus. Allerdings ist<br />

dies bei ALS Betroffenen eher selten <strong>der</strong> Fall.<br />

Vorsicht geboten ist bei <strong>der</strong> Verwendung von viskoelastischen<br />

Matratzen wie z.B. „Tempur“. Durch<br />

die Körperwärme und das -gewicht sinkt <strong>der</strong> darauf<br />

Liegende ein. Das oft bereits eingeschränkte<br />

Bewegungsvermögen kann durch das Einsinken<br />

zusätzlich erschwert werden. Bewährt haben sich v.<br />

a. bei etwas fortgeschrittener Erkrankung Matratzen<br />

mit Würfelstruktur. Sie haben den Vorteil,<br />

dass einzelne kleine Schaumstoffelemente problemlos<br />

zur Druckentlastung entfernt werden können.<br />

Laken o<strong>der</strong> sonstige Bezüge dürfen nicht zu straff<br />

eingespannt werden. Durch ein zu straff gespanntes<br />

Laken wird bei einer Anti-Dekubitus-Matratze<br />

o<strong>der</strong> -Matratzenauflage die druckentlastende Wirkung<br />

aufgehoben. Darüber hinaus ist die Art <strong>der</strong><br />

Bettschutzeinlage – standard, wasserdampfdurchlässig,<br />

atmungsaktiv – ebenfalls zu berücksichtigen.<br />

Immer gilt <strong>der</strong> Grundsatz: So viel Bettschutz-<br />

Hilfsmittel wie nötig – aber so wenig wie möglich.<br />

47<br />

Wird je<strong>der</strong> ALS Patient<br />

bettlägerig?<br />

Diese Frage kann nicht allgemein beantwortet werden.<br />

Es gibt viele Betroffene, die nicht bettlägerig<br />

werden, außer vielleicht in ihren letzten Tagen. An<strong>der</strong>e<br />

Patienten, die früh einen schnellen Verlust<br />

ihrer Muskelmasse hinnehmen müssen, haben bei<br />

intakter Atemfunktion vielleicht Mühe, den ganzen<br />

Tag im Rollstuhl zu sitzen und wollen sich öfter<br />

hinlegen.<br />

Tritt ein Infekt wie z.B. eine Erkältung o<strong>der</strong> Lungenentzündung<br />

auf, kann es sein, dass Sie aufgrund<br />

<strong>der</strong> Erschöpfung (z.B. durch Husten) und<br />

Müdigkeit viel mehr schlafen und weniger aufstehen<br />

und sich bewegen wollen o<strong>der</strong> können. Durch<br />

Inaktivität können aber Funktionen, die vielleicht<br />

schon vorher geschwächt waren, ganz verloren<br />

gehen. Dies wird dann manchmal als „Schub“ erlebt.<br />

Einige kleine technische Hilfen<br />

Die Wohnsituation kann sich ungünstig auf die<br />

Pflegebedingungen auswirken. Deshalb sind für<br />

den häuslichen Bereich zunächst Kräfte und Platz<br />

sparende kleine technische Hilfen zweckmäßig, die<br />

gut mit den Funktionen eines Pflegebetts kombiniert<br />

werden können.<br />

Ein Beistelltisch („Server“) kann mit seinem rollbaren<br />

Fußgestell unter das Bett geschoben werden<br />

und bietet eine Ablagefläche über dem Bett. Die<br />

Ablagefläche kann zum Lesen schräggestellt werden.<br />

Wenn es die räumlichen Bedingungen zulassen,<br />

können auch größere Hilfsmittel zum Einsatz kommen<br />

– z.B. ein bodengeführter Pflegelifter, ein<br />

Liftstuhl, ggf. auch ein Deckenschienen-Liftsystem.<br />

(siehe auch Kap. Hilfsmittel und Wohnen)<br />

Kleine Transferhilfen:<br />

– Aufrichtehilfe (Bettleiter)<br />

Sie wird am Fußende des Pflegebettes befestigt.<br />

Benötigt <strong>der</strong> Betroffene unterstützende Hilfe, beispielsweise<br />

beim Übergang vom Liegen zum Sitzen<br />

im Bett, dann umgreift er wechselnd – leiterähnlich<br />

– die Rundhölzer <strong>der</strong> Aufrichtehilfe. Wenn<br />

nötig, unterstützt die Pflegeperson beim Aufrichten<br />

den Kopf und den Brustkorb. Manche Patienten<br />

befestigen auch ein Seil am seitlichen Bettrand und<br />

ziehen sich daran hoch.


– Gleithilfe<br />

Die Gleithilfe, ein tunnelartig zusammengenähtes,<br />

glattes, nur in eine Richtung gleitendes Tuch unterstützt<br />

den Pflegenden beim Umlagern des Betroffenen<br />

im Bett. Auch kann ein Flanelltuch (unter<br />

den Patienten gelegt) auf einem glänzenden, rutschigen<br />

Jerseybezug, gute Dienste leisten.<br />

– Rutschbrett<br />

Ein Rutschbrett hat eine Art Brückenfunktion,<br />

etwa beim seitlichen Transfer eines Pflegebedürftigen<br />

vom Bett auf einen Dusch-Toilettenrollstuhl<br />

o<strong>der</strong> in den Rollstuhl. Hilfreich ist <strong>der</strong> Einsatz<br />

auch, wenn geringe Höhenunterschiede zu überbrücken<br />

sind. In sitzen<strong>der</strong> Position kann <strong>der</strong> Betroffene<br />

evtl. selbständig o<strong>der</strong> durch unterstützende<br />

Hilfe seiner Pflegeperson auf den Stuhl o<strong>der</strong> Rollstuhl<br />

gleiten.<br />

– Drehteller<br />

Er vereinfacht das Drehen vom Bett in den Stuhl,<br />

beson<strong>der</strong>s dann, wenn kein selbständiges Gehen<br />

mehr möglich ist o<strong>der</strong> eine ausgeprägte Spastik<br />

Gehbewegungen einschränken. Allerdings sollte<br />

man den Einsatz zusammen mit <strong>der</strong> Physiotherapie<br />

o<strong>der</strong> Ergotherapie einüben, am besten bevor er<br />

nötig ist.<br />

48<br />

Kleine Hilfsmittel zur Lagerung:<br />

So lange für einen ALS- Betroffenen Eigenbewegungen<br />

möglich sind, bestimmt er selbst seine<br />

Lage und seinen Lagewechsel: Er kann sich aufsetzen,<br />

kann sich drehen. Er empfindet einen Druck<br />

als unangenehm und führt spontan eine Druckausgleichsbewegung<br />

durch. Schwer Pflegebedürftige<br />

dagegen sind oft nicht mehr in <strong>der</strong> Lage, sich selber<br />

so zu legen, wie sie wollen. Sie sind auf unterstützende<br />

Hilfe durch eine Pflegeperson und auf<br />

den Einsatz von speziellen Lagerungskissen angewiesen.<br />

Die Art <strong>der</strong> Lagerung vermag Prophylaxe<br />

und Therapie von Folgeerkrankungen <strong>der</strong> Immobilität<br />

zu unterstützen wie z.B Dekubitus (Druckgeschwür),<br />

Kontraktur (Gelenkversteifung), Thrombose<br />

(Venenentzündung), Pneumonie (Lungenentzündung).<br />

Praktische Hinweise zu verschiedenen<br />

Umlagerungstechniken und Lagerungsarten sollten<br />

Sie sich bei Ihrer Pflegefachkraft o<strong>der</strong> dem behandelnden<br />

Therapeuten geben lassen.<br />

Rollen zur Positionsunterstützung<br />

Die 2,20 m bzw. 1,00 m langen Rollen und 20 cm<br />

im Durchmesser bieten durch die spezielle Füllung<br />

beste Modellierbarkeit und unterstützen verschiedene<br />

Positionen.<br />

Anwendungsbeispiele:<br />

Die 2,20 m lange Rolle ermöglicht den Betroffenen<br />

vom Kopf bis und mit den Beinen zu lagern.<br />

Sie kann für die Vor<strong>der</strong>seite (vgl. Abb.) sowie für<br />

die Rückseite verwendet werden.<br />

Wird die Rolle in A-Form ins Bett eingelegt, kann<br />

eine atemerleichternde Lagerung erreicht werden.<br />

Das Kopfteil des Pflegebettes wird bedarfsorientiert<br />

höher gestellt.


Wer trägt die Kosten für Hilfsmittel,<br />

die zur Pflege notwendig sind?<br />

Kosten für Hilfsmittel zur Pflege werden (nach §<br />

40 SGB XI)von den Pflegekassen übernommen.<br />

Ein Zuschuss zur Wohnraumanpassung in Höhe<br />

von <strong>der</strong>zeit 2557.- Euro wird für Baumaßnahmen<br />

in <strong>der</strong> Wohnung gewährt, wenn diese die häusliche<br />

Pflege ermöglichen, erheblich erleichtern o<strong>der</strong> die<br />

möglichst selbstständige Lebensführung <strong>der</strong> pflegebedürftigen<br />

Menschen wie<strong>der</strong>hergestellt wird.<br />

Dabei kann es sich zum Beispiel um bauliche<br />

Maßnahmen handeln, wie Türverbreiterungen, fest<br />

installierte Rampen und Treppenlifter o<strong>der</strong> Installationen<br />

im Badbereich.<br />

Zum Verbrauch bestimmte Hilfsmittel (Einmalhandschuhe,<br />

saugende Bettschutzeinlagen etc.)<br />

werden bis zu einem Betrag von monatlich 31,-<br />

Euro übernommen.<br />

Was ist ein Dekubitus?<br />

Wie entsteht er?<br />

Ein Dekubitus (Druckgeschwür) ist eine Gewebeschädigung.<br />

Je nach Schweregrad können die oberen<br />

o<strong>der</strong> auch die tiefer gelegenen Hautschichten<br />

und sogar das darunter liegende Muskelgewebe<br />

schwer geschädigt werden. Dekubiti werden durch<br />

anhaltenden Druck ausgelöst.<br />

49<br />

Dieser Vorgang kann durch Scherkräfte o<strong>der</strong> Reibung<br />

zusätzlich negativ beeinflusst werden. Unter<br />

Scherung wird das Verschieben <strong>der</strong> verschiedenen<br />

Hautschichten gegeneinan<strong>der</strong> verstanden; zum<br />

Beispiel beim Umdrehen, Lagern o<strong>der</strong> Ziehen des<br />

Betroffenen. Die Blutgefäße verkrümmen sich,<br />

werden abgeschnürt und unterbinden damit ebenfalls<br />

die Blutzirkulation.<br />

Wegen eines krankheitsbedingt einsetzenden Collagenumbaus<br />

im Gewebe kommt ein Dekubitus bei<br />

ALS glücklicherweise eher selten vor.


Maßnahmen gegen die Entwick -<br />

lung von Druckgeschwüren<br />

· Wenn möglich: Eigenbewegung des Patienten<br />

för<strong>der</strong>n.<br />

· Individuelles Lagern: Lagerungsintervalle individuell<br />

festlegen, Anwenden verschiedener<br />

Lagerungskissen.<br />

· Sog. „Mikrolagerungen“ anwenden: 30-Grad<br />

Lagerung o<strong>der</strong> 135-Grad Lagerung. Eine<br />

schiefe Ebene lässt sich durch unter die Matratze<br />

gelegte Keile o<strong>der</strong> eine zusammengerollte<br />

Decke erzielen.<br />

· Freilagerung von beson<strong>der</strong>s gefährdeten, hervorstehenden<br />

Körperpartien, z.B. <strong>der</strong> Fersen<br />

· Spezielle Matratzen für großflächige Auflage<br />

des Körpers, d.h. geringer Auflagedruck.<br />

· Manuelle Umlagerung trotz „optimalem Lagerungssystem“.<br />

· Beobachtung <strong>der</strong> Haut, unverzüglich professionellen<br />

Rat einholen, falls Zeichen einer<br />

Hautschädigung (Rötung an einer Auflagestelle)<br />

bemerkt werden.<br />

· Eine vollwertige Ernährung und ausreichende<br />

Flüssigkeitszufuhr<br />

· Bei Inkontinenz-Betroffenen: entsprechend<br />

<strong>der</strong> Beratung durch eine Pflegefachkraft eine<br />

geeignete Inkontinenz-Versorgung<br />

· Druckentlastung durch intermittierende Lagerungsarten,<br />

unterstützt durch gewebeschonende<br />

Bewegungs- und Transfertechniken<br />

· Druckmin<strong>der</strong>ung durch Einsatz von ausgewählten<br />

Anti-Dekubitus-Hilfsmitteln.<br />

Mehr Informationen unter:<br />

www.dekubitus.de/dekubitusprophylaxehilfsmittel.htm<br />

50<br />

Matratzensysteme zur Dekubitusprophylaxe<br />

und -Behandlung<br />

· Weichlagerungssysteme (z.B. Schaumstoff,<br />

Gelauflagen, Luftkissen u.a.): die prophylaktische<br />

Wirkung entsteht durch Vergrößerung <strong>der</strong><br />

Auflagefläche des Körpers. Je besser sich die<br />

Oberfläche an die Körperkonturen anpasst,<br />

desto größer wird die Auflagefläche. Damit<br />

nimmt <strong>der</strong> Auflagedruck ab. Nachteil: vorhandene<br />

Möglichkeiten zur Eigenbewegung werden<br />

erschwert.<br />

· Wechseldrucksysteme: Diese Matratzen bestehen<br />

aus aneinan<strong>der</strong> gereihten Luftkissen, die<br />

abwechselnd mit Luft auf- o<strong>der</strong> abgepumpt<br />

werden. Auflagedruck und Entlastung des<br />

Körpers wechseln mehrfach stündlich. Viele<br />

Wechseldruckmatratzen können auch statisch<br />

eingestellt werden, so dass je nach Bedarf<br />

Wechseldruck o<strong>der</strong> Weichlagerung eingestellt<br />

werden kann.<br />

· Micro-Stimulationssysteme: för<strong>der</strong>n die Wahrnehmung<br />

des Patienten durch Rückkopplung<br />

bei Eigenbewegungen. Diese Rückkopplung<br />

entsteht aus <strong>der</strong> Flügelfe<strong>der</strong>technik (Torsionsflügelfe<strong>der</strong>)<br />

des Bettrosts, die selbst geringfügige<br />

Bewegungen des Patienten (z.B. die<br />

Atembewegung) in Mikro-"Gegenbewegungen"<br />

umwandelt. Dadurch wird die physiologische<br />

Durchblutung <strong>der</strong> Haut gewährleistet.<br />

· Seitenlagerungssysteme: abwechselndes<br />

Heben und Senken <strong>der</strong> seitlichen Hälften <strong>der</strong><br />

Unterlage in langsamem, einstellbarem Rhythmus<br />

durch einen Elektromotor. Es entsteht<br />

eine wechselnde 30-Grad-Schräglagerung.<br />

· Es gibt kein universell einsetzbares System,<br />

das allen Betroffenen gleichermaßen hilft. Das<br />

individuelle Empfinden sowie <strong>der</strong> Grad eines<br />

eventuell bereits vorhandenen Dekubitus sind<br />

für die Auswahl entscheidend. Holen Sie sich<br />

Rat bei einer erfahrenen Pflegefachkraft o<strong>der</strong><br />

bei Ihrem Arzt.<br />

· Wichtig: Trotz druckreduzieren<strong>der</strong> Lagerung<br />

ist die Kontrolle und Pflege <strong>der</strong> Haut und eine<br />

patientenangepasste regelmäßige Umlagerung<br />

erfor<strong>der</strong>lich. Jedoch können die Intervalle <strong>der</strong><br />

Umlagerung mit einem geeigneten Matratzensystem<br />

verlängert werden.


PFLEGE IM HOSPIZ – AUFATMEN NACH<br />

KRÄFTEZEHRENDER ÜBERFORDERUNG<br />

Erfahrungsbericht einer Ehefrau (Name ist<br />

<strong>der</strong> Redaktion bekannt)<br />

Im Sommer bemerkte mein Mann die ersten Anzeichen<br />

seiner ALS-Erkrankung: Schwierigkeiten<br />

beim Aussprechen bestimmter Wörter, häufiges<br />

Verschlucken. Die Symptome verstärkten sich, es<br />

begannen die Arztbesuche und das diagnostische<br />

„Einkreisen“ <strong>der</strong> <strong>Krankheit</strong>. Im Februar des folgenden<br />

Jahres wurde an einem Muskelzentrum die<br />

Diagnose ALS, bulbäre Form, gestellt. Zu dem<br />

Zeitpunkt hatte mein Mann seinen Beruf bereits<br />

aufgeben müssen - ein sehr bitterer Schritt für ihn.<br />

Trotz all <strong>der</strong> Verzweiflung, die über uns zusammenschlug,<br />

begannen wir Pläne zu machen für ein<br />

Leben mit <strong>der</strong> <strong>Krankheit</strong>. Wegziehen, eine behin<strong>der</strong>tengerechte<br />

Wohnung suchen? Unser Haus<br />

wäre durch wenige kleinere Umbauten rollstuhlgerecht<br />

zu gestalten. Also blieben wir. Die <strong>Krankheit</strong><br />

schritt fort, nach meinem Eindruck sehr schnell.<br />

Anfang August ließ sich mein Mann eine Magensonde<br />

legen. Kommunikation war bald nur noch<br />

schriftlich möglich. Ernsthafte Bewegungsstörungen<br />

tauchten auf; im Winter stürzte mein Mann<br />

mehrmals so heftig, dass Platzwunden genäht werden<br />

mussten.<br />

Im Dezember besuchte uns <strong>der</strong> Gutachter des Medizinischen<br />

Dienstes und stellte Pflegestufe I fest.<br />

Als uns das Gutachten Anfang Februar vorlag, versuchte<br />

ich meinen Mann zu überreden, sofort einen<br />

neuen Antrag auf Höherstufung einzureichen. Er<br />

wollte das noch nicht: Schließlich könne er viele<br />

alltäglichen Dinge noch alleine erledigen, meinte<br />

er. Aber die Lähmungserscheinungen verstärkten<br />

sich so schnell, dass unsere Situation bald zum<br />

Verzweifeln war. Unser Wohnort weit draußen auf<br />

dem Land, zwei Kin<strong>der</strong> im Alter von elf und neun<br />

Jahren, meine Berufstätigkeit (mein Arbeitsplatz<br />

war über 20 km vom Wohnort entfernt) und die<br />

rasch zunehmende Pflegebedürftigkeit und Lähmung<br />

meines Mannes… Hilfe beim Aufstehen,<br />

beim Anziehen, bei Gängen im Haus und zur Toilette,<br />

Zubereitung und Verabreichung von Sondennahrung<br />

und Medikamenten, Schriftverkehr mit<br />

<strong>der</strong> Krankenkasse und Behörden: Ohne die Hilfe<br />

unseres befreundeten Nachbarn, <strong>der</strong> meinen Mann<br />

morgens betreute, hätten wir diese Zeit nicht bewältigen<br />

können Ich war inzwischen auch krank<br />

geworden, hatte starke Magenprobleme, wahr-<br />

51<br />

scheinlich psychischer Ursache. Der Gastrologe<br />

stellte eine chronische Speiseröhrenentzündung<br />

fest, und ich wurde für mehrere Wochen krankgeschrieben.<br />

Unsere Kin<strong>der</strong>, denen wir in den Weihnachtsferien<br />

erzählt hatten, dass die <strong>Krankheit</strong><br />

ihres Vaters nicht zu heilen sei und dass er irgendwann<br />

daran sterben müsse, waren verstört. Mein<br />

Mann brauchte inzwischen so viel Hilfestellung<br />

und Betreuung, dass ich am Ende des Tages völlig<br />

ausgepowert und erschöpft war. Die Kin<strong>der</strong> musste<br />

ich mit all ihren Bedürfnissen und Sorgen immer<br />

wie<strong>der</strong> auf „später“ vertrösten und viel zu oft alleine<br />

lassen.<br />

Ein Pflegedienst mit „ALS-Erfahrung“ kam zu den<br />

Zeiten, wenn we<strong>der</strong> unser Nachbar noch ich für<br />

meinen Mann da sein konnten - die Leistungen<br />

für Pflegestufe I sind aber schnell erschöpft. Zweimal<br />

wöchentlich Hilfe beim Aufstehen mit „großer<br />

Morgentoilette“ (Duschen + Versorgung des Magensonden-Eingangs<br />

+ Hilfe beim Anziehen + Anlegen<br />

<strong>der</strong> Sondennahrung): Mehr war nicht drin.<br />

Den Antrag auf Höherstufung hatten wir inzwischen<br />

gestellt und warteten auf den Gutachtertermin.<br />

Zunehmend wurden jetzt auch die Nächte für meinen<br />

Mann zur Qual. Atembeschwerden bzw. –aussetzer,<br />

zunehmende Unbeweglichkeit und demzufolge<br />

Panikattacken machten ihm und <strong>der</strong> ganzen<br />

Familie stark zu schaffen, dabei hätten wir alle<br />

dringend ein bisschen Schlaf und Erholung nötig<br />

gehabt. Das die Atmung unterstützende Gerät, das<br />

mein Mann schon vor einiger Zeit verschrieben bekommen<br />

hatte, war ihm in <strong>der</strong> Benutzung zu<br />

schwierig.<br />

Inzwischen hatten wir Kontakt zu einem Hospizverein<br />

aufgenommen und über diese Nahtstelle die<br />

Telefonnummer des „Palliativ-Care-Teams“ erhalten.<br />

Das Team leistet ehrenamtlich ambulante Betreuung<br />

für Schwerstkranke, vermittelt weitere<br />

Kontakte o<strong>der</strong> Hilfen und ist im palliativmedizinischen<br />

Bereich sehr erfahren. Toll war auch, wie<br />

schnell uns geholfen wurde: Gleich am Tag nach<br />

meinem Anruf besuchte uns Frau W. vom Care-<br />

Team und vermittelte meinem Mann innerhalb kürzester<br />

Zeit eine Aufnahme in einer Lungen-Fachklinik.<br />

Zweck des Krankenhausaufenthalts war zunächst<br />

die Neuanpassung des Atemgeräts, was einige<br />

Testtage und –nächte in Anspruch nahm. In<br />

dieser Zeit verschlechterte sich <strong>der</strong> Zustand meines<br />

Mannes aber noch weiter; immer häufiger musste


Schleim immer tiefer aus den Atemwegen abgesaugt<br />

werden - eine <strong>leben</strong>snotwendige, aber auch<br />

sehr unangenehme Prozedur, vor allem wenn sie<br />

bei einem akuten Anfall sehr schnell vorgenommen<br />

werden muss.<br />

Mein Mann war schließlich mit seiner Kraft und<br />

seinem Lebensmut ziemlich am Ende; <strong>der</strong> „Krankenhauskoller“<br />

kam dazu. Wir alle hatten gern gewollt,<br />

dass er wie<strong>der</strong> nach Hause kommt, wussten<br />

aber, dass das bei diesen medizinischen Erfor<strong>der</strong>nissen<br />

und <strong>der</strong> notwendigen Intensität <strong>der</strong> Betreuung<br />

schlecht möglich sein würde - auch das dichteste<br />

Hilfenetz von Familie, Nachbarn, Verwandten<br />

und Freunden wäre überfor<strong>der</strong>t gewesen. Es war<br />

mein Mann, <strong>der</strong> die Idee hatte sich das stationäre<br />

Hospiz anzusehen. Dort hatte man bereits Erfahrung<br />

mit ALS-Patienten. Frau W. vereinbarte einen<br />

Besuchstermin für uns.<br />

Obwohl das Hospiz seine Räumlichkeiten in einem<br />

Gebäudeflügel eines Krankenhauses hat, vermittelte<br />

es uns we<strong>der</strong> den Eindruck eines Krankenhauses<br />

noch den eines Pflegeheims - am ehesten<br />

noch den einer großen Wohngemeinschaft. Sieben<br />

helle freundliche Einzelzimmer für die Bewohner,<br />

mit Pflegebett, aber auch mit persönlich mitgebrachten<br />

Einrichtungsgegenständen, überall Pflanzen,<br />

die Wände voller Bil<strong>der</strong> und Fotos, schöne antike<br />

Möbel im Flur; ein großzügiger Wohn-, Küchen-,<br />

Ess-Gemeinschaftsraum mit Durchgang<br />

zum Garten als Treffpunkt für Bewohner, <strong>Mit</strong>arbeiter<br />

und Besucher. Frau H., die Leiterin, empfing<br />

uns freundlich, führte uns herum und nahm sich<br />

viel Zeit für all unsere Fragen. In großer Klarheit<br />

und Offenheit konnten wir auch die Patientenverfügung<br />

meines Mannes und seine darin geäußerten<br />

Wünsche (Ausschluss <strong>leben</strong>sverlängern<strong>der</strong> „maschineller<br />

Maßnahmen“) besprechen.<br />

Ich hatte Schwierigkeiten mich von dem Gedanken,<br />

dass mein Mann wie<strong>der</strong> nach Hause zurückkehren<br />

würde, zu verabschieden, wollte den Besuch<br />

erst einmal „sacken lassen“. Vor allem hatte<br />

ich Bedenken wegen <strong>der</strong> großen Entfernung - fast<br />

an<strong>der</strong>thalb Fahrstunden von unserem Zuhause entfernt.<br />

Zwei Tage später aber, nach einer für ihn unerträglichen<br />

Nacht im Krankenhaus, wollte mein<br />

Mann dort nicht mehr bleiben und vereinbarte<br />

(wie<strong>der</strong>um mit Hilfe von Frau W.) seine Übersiedlung<br />

ins Hospiz. Glücklicherweise war dort ein<br />

Zimmer unbelegt.Das Zimmer konnten wir nach<br />

seinen Vorstellungen einrichten. Selbst gemalte<br />

52<br />

Bil<strong>der</strong> unserer Kin<strong>der</strong> an den Wänden, „seine“<br />

Pflanzen auf den Fensterbänken, die kleine Musikanlage<br />

mit seinen CDs, das Bett so ausgerichtet,<br />

dass er in den Garten sehen konnte: Es sah dort<br />

bald nach „uns“ aus.<br />

Medizinisch werden die Hospiz-Bewohner neben<br />

den festen <strong>Mit</strong>arbeitern (Schwestern / Pfleger) von<br />

einer Hausärztin betreut, die außerdem noch eine<br />

eigene Praxis betreibt. Das hin<strong>der</strong>t sie aber nicht<br />

daran, zu allen möglichen Tages- und Nachtzeiten<br />

auch im Hospiz zu erscheinen. In Notfällen kann<br />

außerdem medizinische Hilfe vom Krankenhaus<br />

hinzugezogen werden, auf dessen Gelände sich<br />

dieses Hospiz befindet.<br />

Besucher können je<strong>der</strong>zeit kommen und gehen,<br />

dürfen und sollen je nach ihren Möglichkeiten<br />

gerne helfen beim Teekochen, Bett richten, bei <strong>der</strong><br />

Körperpflege und <strong>der</strong> Bewegung in den Räumen.<br />

Unsere Kin<strong>der</strong> wurden beson<strong>der</strong>s herzlich und liebevoll<br />

von den <strong>Mit</strong>arbeitern aufgenommen;<br />

sie durften im Gemeinschaftsraum spielen, malen,<br />

basteln und fernsehen o<strong>der</strong> im Garten herumtoben.<br />

Einfühlsam suchten auch immer wie<strong>der</strong> <strong>Mit</strong>arbeiter<br />

das Gespräch mit uns. Sowohl die Kin<strong>der</strong> als<br />

auch ich hatten das Gefühl mit unseren Sorgen<br />

nicht allein gelassen zu werden. Wir konnten (nach<br />

Voranmeldung) dort übernachten - im Diakonissen-Mutterhaus<br />

im Stockwerk über dem Hospiz<br />

können Gästezimmer preiswert gemietet werden.<br />

Was uns vieren (und auch den an<strong>der</strong>en besuchenden<br />

Freunden und Verwandten) so gut tat, war <strong>der</strong><br />

Eindruck von Ruhe, Zeit, Luft und Raum. Keine<br />

Krankenhaushektik mehr, keine kräftezehrende,<br />

uns überfor<strong>der</strong>nde (und doch das Wesentliche vernachlässigende)<br />

Pflege zu Hause, son<strong>der</strong>n das Gefühl,<br />

dass <strong>der</strong> Mensch, den wir lieben, freundlich,<br />

aufmerksam und respektierend versorgt wird, so<br />

dass wir einfach nur bei ihm sein können. In Ruhe<br />

an seinem Bett sitzen können, uns gegenseitig<br />

etwas „erzählen“, Zeit für die Kin<strong>der</strong> haben, zu<br />

Hause die Gedanken fließen lassen und meinem<br />

Mann einen langen Brief schreiben können: All<br />

das habe ich als echtes Geschenk empfunden.<br />

Auch mein Mann fühlte das so; natürlich fragten<br />

alle besuchenden Freunde ihn, ob es ihm im Hospiz<br />

gut ginge. Er antwortete mit einem erhobenen<br />

Daumen.


Mein Mann bekam eine Magen-Darm-Infektion,<br />

heftige Durchfälle schwächten ihn. Er wollte keinen<br />

Besuch mehr, bat mich und die Kin<strong>der</strong> nach<br />

Hause zu fahren. Die Ärztin behandelte ihn; die<br />

Medikamente brachten ihm auch Erleichterung,<br />

wie ich am nächsten Morgen am Telefon erfuhr.<br />

Mein Mann sei ganz entspannt, habe eine ruhige<br />

Nacht verbracht. Eine Stunde später ein Anruf vom<br />

Hospiz: Es gehe ihm auf einmal schlechter, ich<br />

solle bitte kommen. Bis ich die Kin<strong>der</strong> untergebracht<br />

und mit meinem Schwager im Hospiz angekommen<br />

war, vergingen zwei Stunden. Mein Mann<br />

war in <strong>der</strong> Zwischenzeit gestorben. Zwei Hospiz-<br />

<strong>Mit</strong>arbeiter waren bei ihm gewesen. Während <strong>der</strong><br />

morgendlichen Wasch- und Anzieh-Prozedur war<br />

es zu einer Atemschwäche und zu einer Art Kohlendioxid-Selbstnarkose<br />

gekommen. Sein Gesicht<br />

sah entspannt und friedlich aus.<br />

Wie<strong>der</strong> war unendlich viel ZEIT da, damit wir uns<br />

verabschieden konnten, mein Schwager und ich.<br />

Ich durfte mithelfen meinem Mann seine liebsten<br />

Kleidungsstücke anzuziehen. Zusammen mit dem<br />

Krankenhauspastor, <strong>der</strong> am Morgen noch bei meinem<br />

Mann gewesen war, konnten wir eine Aussegnungsfeier<br />

im Andachtsraum vorbereiten, an <strong>der</strong><br />

auch die Hospizmitarbeiter teilnahmen - das war<br />

unendlich tröstlich für mich und hat mir dabei geholfen,<br />

überhaupt an diesem Tag wie<strong>der</strong> nach<br />

Hause fahren zu können.<br />

53<br />

Ich habe mich von <strong>der</strong> Atmosphäre im Hospiz, von<br />

den Menschen, die dort arbeiten, aufgehoben und<br />

getragen gefühlt. Neun Tage waren es nur, die<br />

mein Mann im Hospiz GELEBT hat. Mir kommt<br />

es sehr viel länger vor, weil es ein so krasser Gegensatz<br />

zu <strong>der</strong> uns überfor<strong>der</strong>nden Situation zu<br />

Hause war. „Gäbe es Hospize nicht,“ sagte einer<br />

unserer Freunde, “müsste man sie erfinden.“ Jedenfalls<br />

ist es <strong>der</strong> beste Ort, wenn zu Hause nichts<br />

mehr geht.<br />

Der Hospiz-Aufenthalt wird von <strong>der</strong> Einrichtung<br />

selbst, <strong>der</strong> Kranken- und <strong>der</strong> Pflegekasse getragen,<br />

so dass die private Zuzahlung sehr viel geringer<br />

ausfällt als in Pflegeheimen. Dies wird v.a. durch<br />

Spenden ermöglicht.<br />

Adressen von ambulanten und stationären Palliativ-<br />

und Hospizeinrichtungen in Ihrer Nähe<br />

können Sie bei <strong>der</strong> Sozialberatung <strong>der</strong> <strong>DGM</strong> in<br />

Freiburg erfragen.


5 Kommunikation<br />

BEEINTRÄCHTIGUNGEN BEIM SPRECHEN<br />

- WIE ALS DIE SPRACHE BEEINFLUSST<br />

aus: Yorkston, Miller, Strand (1995):<br />

Management of Speech and Swallowing<br />

in Degenerative Diseases<br />

Bei ALS können die Muskeln spastisch (zu hohe<br />

Muskelspannung) o<strong>der</strong> hypoton (schlaff) sein. In<br />

jedem dieser beiden Fälle nimmt die Beweglichkeit<br />

<strong>der</strong> Muskeln ab. Dies verursacht eine Verlangsamung<br />

<strong>der</strong> Funktionen und Einschränkungen im Bewegungsausmaß.<br />

Wenn Sie Beweglichkeitseinschränkungen<br />

in <strong>der</strong> Sprechmuskulatur haben,<br />

kann Ihre Sprache schwerer verständlich werden.<br />

Die hörbaren Verän<strong>der</strong>ungen beim Sprechen hängen<br />

davon ab, welche Muskeln Funktionsdefizite<br />

haben.<br />

Wenn die Atemmuskulatur betroffen ist, entsteht<br />

eine zu geringe Atemunterstützung für das Sprechen.<br />

Wenn dies <strong>der</strong> Fall ist, haben Sie möglicherweise<br />

Schwierigkeiten zu rufen, in einer lauten<br />

Umgebung zu sprechen o<strong>der</strong> lange Sätze in einem<br />

Atemzug auszusprechen. Vielleicht fühlen Sie sich<br />

auch ermüdet, wenn Sie eine Zeitlang gesprochen<br />

haben.<br />

Wenn die Kehlkopffalten spastisch sind und sich<br />

nicht koordiniert und geschmeidig bewegen können,<br />

kann Ihre Stimme rauh und verzerrt o<strong>der</strong> erstickt<br />

klingen. Wenn Ihre Kehlkopffalten nicht die<br />

Kraft haben, sich richtig zusammenzufügen, mag<br />

Ihre Stimme hauchig o<strong>der</strong> rauh klingen. Die<br />

Stimmhöhe kann auch zu hoch o<strong>der</strong> zu tief sein.<br />

Wenn Ihre Kehlkopffalten sich nicht ausreichend<br />

auseinan<strong>der</strong> bewegen, kann beim Einatmen ein<br />

stimmhafter Laut hörbar werden.<br />

Schwächen in den Muskeln <strong>der</strong> Lippen, Zunge,<br />

Kiefer und Gaumen erschweren das klare Aussprechen<br />

von Konsonanten und Vokalen, Ihre Sprache<br />

wird verwaschen und manchmal schwer verständlich<br />

sein. Auch kann Ihre Stimme sehr nasal klingen,<br />

da Luft aus <strong>der</strong> Nase ausströmen kann, während<br />

Sie sprechen.<br />

Die Sprache von ALS-Betroffenen ist oftmals langsam,<br />

angestrengt, und bei Belastungen reduziert.<br />

54<br />

Verän<strong>der</strong>ungen des Sprechens bei<br />

Fortschreiten <strong>der</strong> Erkrankung<br />

Vielleicht hatten Sie bereits zum Zeitpunkt <strong>der</strong> Diagnosestellung<br />

Sprechprobleme. An<strong>der</strong>e Betroffene<br />

kommen erst im weiteren Verlauf zu dem<br />

Punkt, an dem das Sprechen spürbar mühsamer<br />

wird. Die Verän<strong>der</strong>ungen <strong>der</strong> Sprache gehen bei<br />

verschiedenen Menschen nicht nach demselben<br />

Schema vor sich, denn das Muster <strong>der</strong> Nervenzellschädigungen<br />

ist sehr unterschiedlich.<br />

Die Stimmsymptome beginnen meist mit Heiserkeit<br />

o<strong>der</strong> mit einer monotoner werdenden Klangfarbe.<br />

Die Heiserkeit geht oftmals über in eine verzerrte<br />

bzw. erstickte Klangqualität, wenn die Muskeln<br />

zu fest (spastisch) sind. Sind die Muskeln<br />

schlaff, klingt die Stimme gehauchter. Oft werden<br />

beim Fortschreiten <strong>der</strong> Erkrankung die Muskeln,<br />

die die Kehlkopffalten öffnen, beeinträchtigt, und<br />

das Öffnen <strong>der</strong> Kehlkopffalten fällt immer schwerer.<br />

Dadurch kann ein Geräusch auftreten, wenn<br />

Sie tief ein- o<strong>der</strong> ausatmen.<br />

Die Symptomatik beginnt gewöhnlich zuerst mit<br />

einer Zungenschwäche, dann folgt die Schwäche<br />

<strong>der</strong> Lippenmuskulatur. Konsonanten wie p, t, k, bei<br />

denen <strong>der</strong> Luftstrom gestoppt werden muss, werden<br />

sehr schwer aussprechbar. Weil die Gaumenmuskulatur<br />

nachlässt, kann diese die ausströmende<br />

Luft in Richtung Nase nicht schnell genug abbremsen,<br />

daher klingt Ihre Stimme nasal.<br />

Wenn die Sprechschwierigkeiten noch gravieren<strong>der</strong><br />

werden, können Vokale aufgrund <strong>der</strong> mangelnden<br />

Zungenbeweglichkeit kaum mehr geformt<br />

werden, so dass Ihre Sprache sehr schwer verständlich<br />

wird.<br />

Was kann man bei<br />

Sprechproblemen tun?<br />

Es gibt verschiedene Möglichkeiten, damit umzugehen.<br />

Welche am geeignetsten ist, hängt davon ab,<br />

welche Anteile <strong>der</strong> Sprachproduktion zur Dysarthrie<br />

(Sprechstörung) beitragen. Die Wahl <strong>der</strong> Methode<br />

hängt auch davon ab, wie gravierend die bestehenden<br />

Sprechschwierigkeiten sind. Um den optimalen<br />

Weg zur Behandlung <strong>der</strong> Sprechprobleme<br />

zu finden, sollte ein Logopäde einen genauen Befund<br />

erstellen. In <strong>der</strong> Regel wird <strong>der</strong> Logopäde<br />

Ihnen zur bestmöglichen Kompensation verhelfen,<br />

so dass Ihre Sprache so verständlich wie möglich<br />

bleibt.


KOMMUNIKATION IST EINE PARTNER-<br />

SCHAFT - REGELN ZUR ERLEICHTERUNG<br />

DER KOMMUNIKATION<br />

Yorkston, Miller, Strand (1995):<br />

Management of Speech and Swallowing in<br />

Degenerative Diseases (Übersetzung aus<br />

dem Englischen), entnommen aus: Oliver<br />

Wendt ”Wenn die Sprache verloren geht”<br />

(Diplomarbeit)<br />

In diesem Abschnitt finden Sie Richtlinien und<br />

Wegweiser, die das Verstehen und Verständlich-<br />

Machen erleichtern, wenn das Sprechen für einen<br />

<strong>der</strong> Gesprächspartner durch die geschädigte<br />

Sprechmuskulatur erschwert ist. Das durch die<br />

Muskelschwäche beeinträchtigte Sprechen wird im<br />

Folgenden mit dem medizinischen Fachbegriff<br />

“Dysarthrie” bezeichnet. Im ersten Teil werden<br />

Techniken vorgestellt, die ALS-Kranke mit Beeinträchtigungen<br />

des Sprechens selbst anwenden können.<br />

Im zweiten Teil folgen einige Regeln und Hinweise,<br />

die Ihre Gesprächspartner berücksichtigen<br />

sollten.<br />

1. Techniken zur Verbesserung<br />

<strong>der</strong> Verständlichkeit - für den<br />

Sprecher mit einer Dysarthrie<br />

Die folgenden Techniken können für Menschen<br />

nützlich sein, <strong>der</strong>en natürliche Sprache manchmal<br />

schwer zu verstehen ist. Sie för<strong>der</strong>n die Verständlichkeit<br />

Ihrer Sprache und geben Ihrem Kommunikationspartner<br />

einige beson<strong>der</strong>e Hinweise.<br />

Geben Sie Ihrem Kommunikationspartner<br />

einen Zusammenhang für das, was sie sagen<br />

Wenn man das Thema <strong>der</strong> Unterhaltung kennt,<br />

kann man auch eine verzerrte Sprache besser verstehen.<br />

Wenn Ihre Sprache schwer verständlich ist,<br />

weisen Sie auf einen Zusammenhang hin, indem<br />

Sie das Thema Ihrer Aussage aufschreiben o<strong>der</strong><br />

buchstabieren.<br />

Wechseln Sie das Thema nicht plötzlich<br />

Wenn Ihre Sprache schwer verständlich ist und Sie<br />

übergangslos von einem Thema zu einem an<strong>der</strong>en<br />

wechseln, verwirren Sie ihren Partner. Lassen Sie<br />

Ihren Gesprächspartner wissen, dass Sie das<br />

Thema wechseln und welches Ihr neues Thema ist.<br />

55<br />

Zeigen Sie an, wenn Sie an die Reihe<br />

kommen möchten<br />

Unterhaltungen gehen normalerweise sehr schnell<br />

vor sich. Wenn Ihre Sprache langsam ist, kann es<br />

sein, dass Sie Signale einsetzen müssen, wenn sie<br />

sprechen möchten. Diese Signale können die Form<br />

eines Blicks, eines Atemmusters, einer Bewegung,<br />

einer Geste o<strong>der</strong> eines verbalen Einwurfs haben.<br />

Wählen Sie eines o<strong>der</strong> zwei Signale, die Sie gut<br />

ausführen können und versichern Sie sich, dass<br />

Ihre Zuhörer diese Zeichen wahrnehmen.<br />

Suchen Sie die Aufmerksamkeit<br />

ihres Zuhörers<br />

Es ist unmöglich für einen Zuhörer, jemanden zu<br />

verstehen, ohne dass er sich auf sein Gegenüber<br />

konzentriert. Wenn Ihre Sprache schwer verständlich<br />

ist, ist es noch wichtiger, dass die Zuhörer aufmerksam<br />

sind. Bevor sie etwas sagen, benachrichtigen<br />

Sie Ihren Kommunikationspartner, indem Sie<br />

seinen o<strong>der</strong> ihren Namen sagen.<br />

Bilden Sie vollständige Sätze<br />

Grammatikalisch vollständige Sätze sind gewöhnlich<br />

für den Zuhörer leichter zu verstehen. Vermeiden<br />

Sie Telegrammstil o<strong>der</strong> Sätze, in denen die<br />

kleinen grammatikalischen Wörter wegfallen.<br />

Benutzen Sie vorhersagbare Satz-Strukturen<br />

Einfache, grammatikalisch vorhersehbare Sätze<br />

sind im Allgemeinen leichter zu verstehen als<br />

lange, kompliziert aufgebaute Sätze.<br />

Verwenden Sie vorhersehbare Wörter<br />

Es gibt viele verschiedene Wege, einen Gedanken<br />

zu formulieren. Wenn Ihre Sprache schwer zu verstehen<br />

ist, vermeiden Sie ungewöhnliche Ausdrücke<br />

o<strong>der</strong> Dialekt-Wörter und seien Sie direkt: z. B.<br />

wird "schließe bitte das Fenster" leichter zu verstehen<br />

sein als "wärst Du bitte so freundlich, das<br />

Fenster zu schließen".<br />

Beachten Sie den Klang Ihrer Stimme<br />

Wir übermitteln Fehlinformation dadurch, dass wir<br />

den Klang unserer Stimme verän<strong>der</strong>n. Der Satz<br />

"du schaust ja toll aus" kann z.B. zwei völlig verschiedene<br />

Dinge bedeuten, je nachdem wie man es<br />

sagt. Wenn Sie Schwierigkeiten haben, Bedeutungsverän<strong>der</strong>ungen<br />

durch die Intonation auszudrücken,<br />

müssten sie Sarkasmus o<strong>der</strong> Humor auf<br />

an<strong>der</strong>e Weise klarstellen.


Formulieren Sie Ihre Aussage um<br />

Wenn Zuhörer Sie auch nachdem Sie Ihren Satz<br />

wie<strong>der</strong>holt haben, nicht verstanden haben, versuchen<br />

Sie Ihren Gedanken mit an<strong>der</strong>en Worten auszudrücken,<br />

aber geben Sie ein Zeichen, um die Zuhörer<br />

dies wissen zu lassen.<br />

Begleiten Sie Ihre Sprache mit einfachen<br />

Gesten, wenn es gerade passt<br />

Manchmal kann eine Aussage durch einfache Gesten<br />

ergänzt werden. Die hingehaltene Handfläche<br />

mit einer kreisenden Bewegung des Zeigefingers<br />

kann z.B. die Auffor<strong>der</strong>ung begleiten: "Halt an und<br />

dreh um".<br />

Nutzen Sie Situationen aus<br />

Ihre Umgebung kann dazu verhelfen, Ihren Zuhörern<br />

beson<strong>der</strong>e Hinweise zugeben. Zum Beispiel<br />

könnten Sie auf Dinge im Raum zeigen, um ein<br />

Thema einzuführen.<br />

Gestalten Sie die Umgebung so "freundlich"<br />

wie möglich<br />

Manche Situationen sind für die Kommunikation<br />

ungünstiger als an<strong>der</strong>e. Vermeiden Sie es, wichtige<br />

Gespräche in lauter Umgebung zu führen o<strong>der</strong> in<br />

einer Umgebung, in <strong>der</strong> Ihr Partner Sie, wenn Sie<br />

sprechen, nicht beobachten kann, z. B. im Halbdunkel<br />

o<strong>der</strong> in Situationen, in denen ihr Zuhörer<br />

weit weg von ihnen ist.<br />

Vermeiden Sie Kommunikationen<br />

über weite Entfernungen<br />

Es ist schwierig, mit jemandem zu sprechen, <strong>der</strong><br />

sich in <strong>der</strong> an<strong>der</strong>en Ecke des Zimmers o<strong>der</strong> in<br />

einem an<strong>der</strong>en Raum befindet. Wenn Sie die Aufmerksamkeit<br />

auf sich ziehen möchten, kann ein<br />

Summer o<strong>der</strong> Piepser o<strong>der</strong> ein ähnliches Signal-<br />

Gerät nützlich sein.<br />

Benutzen Sie eine Alphabettafel<br />

als Ergänzung<br />

Wenn Ihre Sprache sehr schwer zu verstehen ist,<br />

könnten Sie den ersten Buchstaben jedes Wortes<br />

zeigen, bevor sie es aussprechen. Dies reduziert ihre<br />

Sprechbemühungen und erlaubt es den geschwächten<br />

Muskeln, sich mehr Zeit zu nehmen um die präzisen<br />

Bewegungen zum Sprechen auszuführen.<br />

Auch gibt es dem Zuhörer Informationen über das<br />

Wort, das ausgesprochen wird. Wenn ein Wort nicht<br />

verstanden wird, obwohl <strong>der</strong> erste Buchstabe identifiziert<br />

wurde, können Sie das Missverständnis auflösen,<br />

indem Sie das Wort ganz buchstabieren.<br />

56<br />

Emotionale Aussagen mitteilen<br />

Beachten Sie, dass Sie Aussagen mit emotionalem<br />

Inhalt nur ausdrücken, wenn Sie nicht müde sind<br />

und wenn viel Zeit zur Verfügung steht.<br />

Reserve-Kommunikationssystem<br />

Halten Sie ein geeignetes unterstützendes Kommunikationssystem<br />

bereit, wenn sie in Schwierigkeiten<br />

geraten. Das kann etwas so Einfaches wie ein<br />

Stück Papier und ein Stift sein, um Schlüsselwörter<br />

aufzuschreiben. Im Allgemeinen raten wir Sprechern<br />

mit einer Dysarthrie, ihre Zuhörer nicht absolut<br />

den Zusammenhang verlieren zu lassen.<br />

Wenig o<strong>der</strong> gar nichts von einer Aussage zu verstehen,<br />

kann für einen Zuhörer sehr frustrierend sein.<br />

Wenn Sie sehen, dass jemand Sie nicht versteht,<br />

halten Sie inne und stellen Sie sicher, dass sie o<strong>der</strong><br />

er Sie versteht, bevor Sie fortfahren.<br />

2. Techniken zum besseren<br />

Verstehen - für die Kommunikationspartner<br />

des Sprechers mit<br />

einer Dysarthrie<br />

Versichern Sie sich, dass Sie das allgemeine<br />

Thema <strong>der</strong> Unterhaltung kennen<br />

Die Kenntnis des Themas in einer Unterhaltung<br />

spielt eine große Rolle beim Verstehen <strong>der</strong> verzerrten<br />

Sprache. Regen Sie Sprecher mit Dysarthrie<br />

dazu an, das Gesprächsthema zu nennen.<br />

Achten Sie auf Zeichnen ihres Partners,<br />

wenn er das Gespräch ergreifen will<br />

Manche Sprecher mit Dysarthrie, die langsam<br />

sprechen, haben Schwierigkeiten sich in eine Unterhaltung<br />

einzuklinken. Beobachten Sie sorgfältig<br />

die Signale Ihres Partners o<strong>der</strong> verabreden Sie<br />

zuvor ein Zeichen.<br />

Schenken Sie Ihre ungeteilte<br />

Aufmerksamkeit<br />

Sprache ist im Allgemeinen so leicht zu verstehen,<br />

dass Zuhörer an<strong>der</strong>e Dinge nebenbei tun können<br />

und immer noch verstehen, was gesagt wird. Sprache,<br />

die langsam und verzerrt ist, wird schwerer<br />

verstanden und daher verlangt sie ungeteilte Aufmerksamkeit.<br />

Nehmen Sie sich Zeit und schaffen Sie die<br />

Situationen zur Kommunikation<br />

Die meisten von uns können den ganzen Tag lang<br />

sprechen ohne müde zu werden. Die meisten von<br />

uns können viele Dinge tun während wir sprechen:


wir können gehen und sprechen, Kaugummi kauen<br />

und sprechen o<strong>der</strong> essen und sprechen. Für einen<br />

Sprecher mit Dysarthrie ist das Sprechen jedoch<br />

eine sehr schwierige Aufgabe. Vermeiden Sie<br />

wichtige Unterhaltungen, wenn <strong>der</strong> Sprecher müde<br />

ist. Mahlzeiten sind keine gute Gelegenheit für Unterhaltungen.<br />

Beobachten Sie den Sprecher<br />

Wir bekommen eine beträchtliche Zahl von Informationen,<br />

indem wir den Sprecher beobachten.<br />

Wenn die Sprache langsam o<strong>der</strong> verzerrt ist, ist es<br />

noch wichtiger, das Gesicht des Sprechers zu beobachten.<br />

Die Puzzle-Teile zusammensetzen<br />

Manche Menschen beschreiben die Aufgabe, langsame<br />

und verzerrte Sprache zu verstehen, als einen<br />

Prozess, in dem viele kleine Stückchen zusammengesetzt<br />

werden müssen. Manche dieser Bruchstücke<br />

kommen natürlich vom Gesprochenen, an<strong>der</strong>e<br />

Hinweise werden über Gesten verstanden o<strong>der</strong><br />

über an<strong>der</strong>e physischen Gegebenheiten. Nutzen Sie<br />

die Gelegenheit, möglichst viele Bruchteile zusammen<br />

zu bekommen.<br />

Lassen Sie die Umgebung für sich arbeiten<br />

Maximieren Sie Ihre Fähigkeit, den Sprecher mit<br />

Dysarthrie zu verstehen dadurch, dass Sie für genügend<br />

Licht sorgen, dass das Licht auf das Gesicht<br />

des Sprechers fällt und dass alle Geräusche<br />

um Sie herum eliminiert o<strong>der</strong> reduziert werden.<br />

Vermeiden Sie Kommunikationen über lange<br />

Entfernungen<br />

Versichern Sie sich, dass Sie mit Ihrem Kommunikationspartner<br />

stets im gleichen Raum sind, wenn<br />

Sie eine Unterhaltung beginnen. Für viele Sprecher<br />

mit Dysarthrie ist es schwer, laut genug zu sprechen,<br />

sodass sie in einem an<strong>der</strong>en Raum gehört<br />

werden können.<br />

Stellen Sie sicher, das Sie so gut wie möglich<br />

hören können<br />

Es ist wichtig, dass Sie gut hören. Wenn Sie den<br />

Verdacht haben, einen kleinen Hörfehler zu haben,<br />

lassen Sie Ihr Gehör testen. Gut angepasste Hörhilfen<br />

können die Sprache von Menschen mit eingeschränkter<br />

Sprechmotorik verständlicher machen<br />

57<br />

Legen Sie sich Strategien zurecht,<br />

um eine zusammengebrochene<br />

Kommunikation zu retten<br />

Manchmal ist es Ihnen nicht möglich, eine Aussage<br />

zu verstehen. Es ist wichtig, einen Plan zu<br />

entwickeln, nach dem man handeln kann, wenn das<br />

passiert. Manche Menschen finden die folgenden<br />

Schritte hilfreich, um Frustrationen vorzubeugen:<br />

· Geben Sie ein Zeichen, sobald sie etwas nicht<br />

verstehen (viele Menschen meinen, dass ein<br />

nonverbales Zeichen am besten ist, weil es den<br />

Konversationsfluss nicht unterbricht).<br />

· Lassen Sie den Sprecher wissen, welche Teile<br />

<strong>der</strong> Aussage Sie nicht verstanden haben. (So<br />

wird <strong>der</strong> Sprecher nicht das Ganze wie<strong>der</strong>holen<br />

müssen).<br />

· Lassen Sie den Sprecher das missverstandene<br />

Wort einmal wie<strong>der</strong>holen.<br />

· Wenn sie es immer noch nicht verstanden<br />

haben, bitten Sie den Sprecher mit Dysarthrie,<br />

nach einem vorgefertigten Unterstützungsplan<br />

vorzugehen, <strong>der</strong> vielleicht darin bestehen kann<br />

zu buchstabieren, aufzuschreiben o<strong>der</strong> zu beschreiben.<br />

Setzen Sie Spielregeln<br />

Sprecher mit Dysarthrie bevorzugen manche Ihrer<br />

Verhaltensweisen und wünschen sich, dass Sie an<strong>der</strong>e<br />

Verhaltensweisen unterlassen. Wenn Sie diese<br />

Vorlieben kennen, vermeiden Sie Frustrationen.<br />

Zum Beispiel: Möchte <strong>der</strong> Sprecher mit Dysarthrie,<br />

dass Sie das Gesagte erraten o<strong>der</strong> nicht?<br />

Möchte er, dass Sie ihn den Satz beenden lassen<br />

o<strong>der</strong> nicht?<br />

Kommunikation mit an<strong>der</strong>en<br />

Menschen anbahnen<br />

Für viele Sprecher mit Dysarthrie ist das Kommunizieren<br />

mit unbekannten Menschen schwierig. In<br />

manchen Situationen können Sie vielleicht als<br />

Übersetzer assistieren. Auch hier ist es wie<strong>der</strong><br />

nützlich, einige vorher vereinbarte Regeln zu beachten.<br />

Möchte <strong>der</strong> Sprecher mit Dysarthrie, dass<br />

Sie missverstandene Teile <strong>der</strong> Aussage “übersetzen”?<br />

O<strong>der</strong> dass Sie lange und schwierige Antworten<br />

auf Fragen geben, wenn Sie wissen, wie die<br />

Antwort sein wird? O<strong>der</strong> dass Sie das Essen in<br />

einem Restaurant bestellen?


Unterstützte Kommunikation<br />

Wenn das Sprechvermögen für die wichtigsten<br />

Kommunikationsbedürfnisse nicht mehr ausreicht<br />

o<strong>der</strong> wenn das Sprechen zu anstrengend und ermüdend<br />

wird, ist es effizienter, sich über alternative<br />

Medien verständlich zu machen. Wenn Sie nur wenige<br />

ausgeprägte o<strong>der</strong> keine Arm- und Handschwächen<br />

haben, ist das Handschreiben ein guter Weg,<br />

Missverständnisse zu klären. Das Handschreiben<br />

ist das natürlichste, zugänglichste und mobilste<br />

<strong>Mit</strong>tel <strong>der</strong> alternativen Kommunikation. Handschreiben<br />

ist auch schneller und natürlich weniger<br />

teuer als irgendeine mechanische o<strong>der</strong> elektronische<br />

Vorrichtung.<br />

Wenn Ihre Arm- und Handmuskeln so schwach<br />

sind, dass das Schreiben von Hand sehr schwierig<br />

bis unmöglich und das Geschriebene unleserlich<br />

wird, können technische Kommunikationshilfen<br />

angewendet werden.<br />

TECHNISCHE HILFEN ZUR<br />

KOMMUNIKATION<br />

Janine Šušak, Physiotherapeutin,<br />

<strong>DGM</strong>-Hilfsmittelberatung<br />

Wie kommuniziere ich und bleibe<br />

mit an<strong>der</strong>en in Kontakt, wenn ich<br />

mich sprachlich nicht mehr verständigen<br />

kann?<br />

In unserer täglichen Praxis begegnen wir immer<br />

wie<strong>der</strong> Menschen, die aufgrund <strong>der</strong> ALS-Erkrankung<br />

nicht o<strong>der</strong> nicht verständlich sprechen können.<br />

Häufig versuchen Betroffene verzweifelt, auf<br />

ihre intakt gebliebenen geistigen und intellektuellen<br />

Fähigkeiten aufmerksam zu machen, was aber<br />

aufgrund fehlen<strong>der</strong> <strong>Mit</strong>teilungsmöglichkeiten nicht<br />

gelingt o<strong>der</strong> von <strong>der</strong> Umwelt nicht verstanden<br />

wird. Sie haben mit Einschränkungen zu kämpfen,<br />

die ihre Grundbedürfnisse betreffen und den gewohnten<br />

Lebensalltag weitgehend beeinträchtigen.<br />

Der Verlust des Sprechens, des Klangs <strong>der</strong> vertrauten<br />

Stimme, stellt für Betroffene und Angehörige<br />

neben <strong>der</strong> Kommunikationserschwernis eine erhebliche<br />

psychische Belastung dar.<br />

Wenn <strong>der</strong> Sprechverlust so weit fortgeschritten ist,<br />

dass selbst unter Berücksichtigung <strong>der</strong> Kommunikationsregeln<br />

keine Verständigung mehr möglich<br />

ist, stehen Betroffenen unterschiedliche Kommunikationshilfsmittel<br />

zur Verfügung – je nachdem, wie<br />

weit die Behin<strong>der</strong>ung fortgeschritten ist. Dadurch<br />

erreichen sie mehr Selbständigkeit und Unabhän-<br />

58<br />

gigkeit im täglichen Leben, können sich verständlich<br />

machen und haben die Möglichkeit, mit ihren<br />

<strong>Mit</strong>menschen zu kommunizieren. Sie können ihre<br />

Bedürfnisse und Wünsche, Gedanken und Gefühle<br />

relativ spontan äußern, können auf sich aufmerksam<br />

machen, die Initiative zu einem Gespräch ergreifen<br />

und das Gespräch selber steuern.<br />

Aufgrund des sehr umfangreichen Spektrums von<br />

Kommunikationshilfsmitteln beschränken wir uns<br />

hier bewusst auf die Darstellung <strong>der</strong> Kommunikationshilfsmittel<br />

für an ALS erkrankte Menschen mit<br />

Sprechverlust sowie mit vorhandener Sprache, jedoch<br />

fehlenden Bewegungsmöglichkeiten.<br />

Wie sehen einfache<br />

Kommunikationshilfsmittel aus?<br />

Wenn die Kommunikationspartner den unmittelbaren<br />

Kontakt unter Einbeziehung von Körpersignalen<br />

(Mimik, Blick, Laute) bevorzugen o<strong>der</strong> ein bereits<br />

vorhandenes elektronisches Kommunikationsgerät<br />

in einer bestimmten Situation nicht verfügbar<br />

ist, können einfache Kommunikationstafeln eingesetzt<br />

werden.<br />

Kommunikationstafeln<br />

Einfache Kommunikationshilfen wie Kommunikationstafeln,<br />

-bücher o<strong>der</strong> -ordner bestehen in <strong>der</strong><br />

Regel aus Papierbögen, die mit Bil<strong>der</strong>n, grafischen<br />

Symbolen, Buchstaben und/o<strong>der</strong> Wörtern versehen<br />

sind. Zur Herstellung einer individuellen Kommunikationstafel<br />

können sowohl käufliche Symbolsammlungen<br />

als auch eigene Zeichnungen, Bil<strong>der</strong><br />

o<strong>der</strong> Sätze verwendet werden. Um eine schnelle<br />

Abnutzung zu vermeiden, werden die Tafeln laminiert.<br />

Durch eine individuelle Zusammenstellung<br />

von Bil<strong>der</strong>n, Symbolen, Wörtern o<strong>der</strong> Buchstaben<br />

kann ein persönliches Vokabular erstellt werden,<br />

das ganz auf die Bedürfnisse <strong>der</strong> Benutzer abgestimmt<br />

ist. Die Kombination aus verschiedenen<br />

Objekten, Situatio¬nen, Orten und Personen ist<br />

grundsätzlich zu empfehlen und mit den Benutzern<br />

gemeinsam festzulegen. Dabei ist es wichtig, ohne<br />

große Umstände das Vokabular regelmäßig verän<strong>der</strong>n<br />

und erweitern zu können, damit die Symbolsammlung<br />

den unterschiedlichen Bedürfnissen <strong>der</strong><br />

Benutzer angepasst werden kann.<br />

Kommunikationstafeln sollten leicht und gut tragbar<br />

sein - sie können z. B. am Rollstuhltablett angebracht<br />

sein o<strong>der</strong> in einer Seitentasche des Rollstuhls<br />

verstaut werden. Bei einem großen Vokabu-


lar empfiehlt es sich, anstelle von einer, mehrere<br />

Tafeln o<strong>der</strong> ein Kommunikationsbuch anzufertigen.<br />

An regelmäßig aufgesuchten Orten können<br />

Kopien <strong>der</strong> Kommunikationstafeln an <strong>der</strong> Wand<br />

befestigt werden, damit eine spontane Kommunikation<br />

möglich wird, auch wenn die Tafel einmal<br />

nicht greifbar ist. Darüber hinaus ist es sinnvoll,<br />

für bestimmte Alltagsituationen (z.B. Arztbesuche,<br />

Krankenhausaufenthalt) themenspezifische Tafeln<br />

herzustellen.<br />

Die Anwendung ist sehr einfach, wenn <strong>der</strong> Betroffene<br />

selbst auf die Fel<strong>der</strong> mit den Aussagen zeigen<br />

kann, die sein Bedürfnis ausdrücken. In manchen<br />

Aussagefel<strong>der</strong>n kann nur ein Wort enthalten sein,<br />

z. B. „Hände“. Dieser Begriff kann mit einem an<strong>der</strong>en<br />

Wort kombiniert werden, z.B. „waschen“<br />

o<strong>der</strong> ”eincremen”.<br />

Wenn <strong>der</strong> Betroffene nicht selbst auf die Aussagenfel<strong>der</strong><br />

zeigen kann, können zwischen den Kommunikationspartnern<br />

Zeichen für „Ja“ und „Nein“ vereinbart<br />

und die Begriffe abgefragt werden (z.B. für<br />

„Ja“ könnte <strong>der</strong> Betroffene einen kurzen Lidschluss<br />

ausführen, bei ”Nein” könnte er die Li<strong>der</strong><br />

länger geschlossen halten).<br />

Kommunikationstafeln <strong>der</strong> <strong>DGM</strong><br />

Die „Eye-Link-Tafel” ist eine Buchstabentafel auf<br />

stabiler durchsichtiger Plastikfolie, mit <strong>der</strong> viele<br />

ALS-Betroffene und ihre Angehörigen gute Erfahrungen<br />

gemacht haben. Sie wird zwischen die Gesprächspartner<br />

gehalten. Durch die Augenbewe-<br />

59<br />

gungen und die Blickfixierung des nicht sprechenden<br />

Nutzers kann <strong>der</strong> sprechende Nutzer die Buchstaben<br />

nacheinan<strong>der</strong> erfragen und das gemeinte<br />

Schlüsselwort herausfinden. Man kann die Tafel<br />

selbst herstellen: Auf eine stabile, durchsichtige<br />

Folie in <strong>der</strong> Größe von ca.50 x 50 cm wird ein Raster<br />

mit ca. 8 cm großen Fel<strong>der</strong>n mit einem wasserfesten<br />

Filzstift markiert, zusätzlich jeweils links<br />

und rechts je ein Feld für ”Ja” und ”Nein“. Die Folientafel<br />

kann leicht zusammengerollt und mitgenommen<br />

werden.<br />

Eyelink<br />

Kommunikationshandbücher<br />

Bei einem großen Vokabular empfiehlt es sich, anstelle<br />

einer Tafel ein Kommunikationsbuch anzulegen.<br />

Beim „PictoCom“ Bildwörterbuch handelt es<br />

sich um ein kleines Taschenbildwörterbuch mit<br />

Spiralheftung (Format 9 x 13 cm), das zum Einstecken<br />

für den Alltag und insbeson<strong>der</strong>e für Reisen<br />

gedacht ist. Beson<strong>der</strong>heiten: Die Einstecklasche<br />

bietet Platz für wichtige <strong>Mit</strong>teilungen. <strong>Mit</strong> den verschiedensten<br />

Bil<strong>der</strong>n, die nach Themenbereichen<br />

geordnet sind, lassen sich einfache 2-Wort-Sätze<br />

bilden. Durch herausklappbare Verbseiten können<br />

verschiedene Verben mit den Substantiven kombiniert<br />

werden (man kann z.B. nicht nur auf ”Kaffee”<br />

deuten, son<strong>der</strong>n auch auf ”Kaffee kaufen” o<strong>der</strong><br />

„Kaffee trinken“ etc.).


Pictocom<br />

Da <strong>der</strong> Erfolg <strong>der</strong> Kommunikation mittels Kommunikationstafeln<br />

zu einem großen Teil von <strong>der</strong><br />

körperlichen Nähe und <strong>der</strong> genauen Aufmerksamkeit<br />

<strong>der</strong> Kommunikationspartner abhängig ist, wird<br />

die Kommunikation in <strong>der</strong> Gewöhnungsphase viel<br />

Geduld und Ausdauer von allen Beteiligten erfor<strong>der</strong>n.<br />

<strong>Mit</strong> etwas Übung und den Tafeln als ständigem<br />

Begleiter können sich Betroffene mit Hilfe<br />

dieses Hilfsmittels leichter verständlich machen,<br />

die Kommunikation kann dadurch vereinfacht werden.<br />

Im Vergleich zu elektronischen Hilfsmitteln liegt<br />

<strong>der</strong> entscheidende Vorteil von Kommunikationstafeln<br />

darin, dass sie nicht anfällig für technische<br />

Störungen sind und auch an Orten eingesetzt werden<br />

können, in denen die Nutzung technischer<br />

Hilfsmittel erschwert ist (Schwimmbad, Bad usw.).<br />

Der größte Nachteil nichtelektronischer Hilfsmittel<br />

liegt darin, dass sie den Benutzer abhängig machen<br />

von <strong>der</strong> körperlichen Nähe und <strong>der</strong> totalen Aufmerksamkeit<br />

seiner Kommunikationspartner. Telefongespräche<br />

o<strong>der</strong> Gespräche in einer Gruppe sind<br />

nur mit Hilfestellung möglich. Zudem wird <strong>der</strong> Erfolg<br />

<strong>der</strong> Kommunikation zu einem großen Teil<br />

davon bestimmt, ob die<br />

Kommunikationspartner/innen über die Fähigkeit<br />

verfügen, die angezeigten Symbole richtig zu interpretieren.<br />

Elektronische Hilfen<br />

Mobile Kommunikationsgeräte<br />

mit Sprachausgabe<br />

Wenn Ihre Sprache so schlecht wird, dass Sie, so<br />

sehr Sie sich auch anstrengen, überhaupt nicht<br />

mehr verstanden werden, könnten Sie ein tragbares<br />

Gerät mit Tastatur verwenden, um Aussagen<br />

60<br />

schriftlich zu verfassen und über eine synthetische<br />

Stimme aussprechen zu lassen. Für den mobilen<br />

Einsatz eignen sich kompakte Geräte mit Display,<br />

die speziell als Sprachersatzgeräte mit einer synthetischen<br />

Sprachausgabe konzipiert sind. Über<br />

eine computerähnliche Tastatur o<strong>der</strong> angeschlossene<br />

Son<strong>der</strong>sensoren werden einzelne Worte o<strong>der</strong><br />

ganze Sätze eingegeben. Häufig verwendete und<br />

umfassen<strong>der</strong>e Aussagen können abgespeichert und<br />

mit einem Tastendruck abgerufen werden. Eine<br />

Än<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> gespeicherten Aussagen ist je<strong>der</strong>zeit<br />

möglich. Ferner ermöglicht die Sprachausgabe<br />

dem Benutzer zu telefonieren und sich im Notfall<br />

bemerkbar zu machen. Die Geräte können überall<br />

hin mitgenommen und mit einer passenden Halterung<br />

an einem Rollstuhl befestigt werden.<br />

Solange alle bzw. einzelne Finger gezielt bewegt<br />

werden können, sind Geräte mit Tastaturen einsetzbar.<br />

Benutzer, die eine Tastatur nicht mehr o<strong>der</strong> nur<br />

sehr eingeschränkt bedienen können, können verschiedene<br />

Sensoren einsetzen, für <strong>der</strong>en Bedienung<br />

nur geringe Muskelkraft erfor<strong>der</strong>lich ist. Als Impulsgeber<br />

für diese Sensoren dienen Muskeln, die<br />

<strong>der</strong> Benutzer noch willkürlich an- und entspannen<br />

kann.<br />

Mobile Kommunikationsgeräte


Computer-Eingabesysteme<br />

Bei bestimmten Muskelerkrankungen kann eine<br />

Standard-Tastatur bzw. die Maus häufig nur eingeschränkt<br />

bedient werden, weil möglicherweise die<br />

Feinmotorik <strong>der</strong> Hände nachlässt, <strong>der</strong> Bewegungsradius<br />

o<strong>der</strong> die Kraft zur Betätigung <strong>der</strong> Tasten<br />

nicht ausreicht. <strong>Mit</strong> einer Reihe von speziellen<br />

Steuerungen wie Son<strong>der</strong>tastatur, Bildschirmtastatur,<br />

Mausersatzgerät, Mini-Joystick, Richtungso<strong>der</strong><br />

Saug- und Blassensor sowie Laserpointer,<br />

kann die Bedienung von Computern für behin<strong>der</strong>te<br />

Benutzer erleichtert werden. Kommunikationssysteme<br />

können auch durch Kopf- und Augenbewegungen<br />

sowie durch Sprache gesteuert werden.<br />

Wenn ein Computer, ein Taschencomputer (Pocket<br />

PC) o<strong>der</strong> ein tragbarer Computer (Laptop) vorhanden<br />

ist, kann er mit einer angepassten Son<strong>der</strong>ausrüstung<br />

sowie mit speziellen Programmen (Software)<br />

zur Erleichterung <strong>der</strong> Kommunikation sowie<br />

zur Umfeldsteuerung nachgerüstet werden. Grundsätzlich<br />

kann je<strong>der</strong> Computer mit ausreichen<strong>der</strong><br />

Leistungskapazität mit einem Kommunikationsprogramm<br />

und einem individuell angepassten Eingabegerät<br />

(Spezialtastatur, Sensoren) ausgestattet<br />

werden.<br />

Bildschirmtastaturen<br />

Hierbei handelt es sich um Programme, die die<br />

Tastatur auf einem Teil des Bildschirms darstellen.<br />

Sie sind individuell anpassbar und können mit <strong>der</strong><br />

Maus, einem Mausersatz o<strong>der</strong> mit speziellen Sensoren<br />

bedient werden. Tasteneingaben können entwe<strong>der</strong><br />

durch Anklicken o<strong>der</strong> durch Verweilen auf<br />

einem Tastenfeld erzeugt werden. Spezialtastaturen<br />

können mit einem Sprachausgabe-Programm kombiniert<br />

werden.<br />

Bildschirmtastatur<br />

Mausersatzsysteme<br />

Sehr viele Computer-Programme können über die<br />

Maus gesteuert werden. Die Maus erfor<strong>der</strong>t allerdings<br />

eine gut funktionierende Feinmotorik sowie<br />

einen ausreichenden Bewegungsradius <strong>der</strong> Hand.<br />

Dies ist bei bestimmten Behin<strong>der</strong>ungen nicht gegeben.<br />

Alternativ können verschiedene Mausersatzsysteme<br />

eingesetzt werden, die die erfor<strong>der</strong>lichen<br />

61<br />

Mausbewegungen auf dem Bildschirm ausführen<br />

können. In Verbindung mit speziellen Eingabeprogrammen<br />

ermöglichen einfache Taster und Sensoren<br />

(Einzel- und Doppelfunktionstaster, Saug- und<br />

Blassensor, Näherungs-Sensor) die Bedienung von<br />

einzelnen Anwendungen in unterschiedlicher Kom<br />

plexität.<br />

Touchpad<br />

Trackball Microlight<br />

Kopfmaus<br />

Wenn Sie die Hände nicht bewegen können, aber<br />

eine gute Kontrolle über die Kopfbewegungen<br />

haben, kann <strong>der</strong> Computer mittels Kopfmaus bedient<br />

werden. Dieses System besteht aus einem<br />

Gerät, das einen Infrarotsen<strong>der</strong> und eine Empfängerkamera<br />

enthält sowie einem aufklebbaren Reflektorpunkt.<br />

Der Reflektorpunkt kann auf <strong>der</strong><br />

Stirn, am Brillensteg o<strong>der</strong> an irgendeinem an<strong>der</strong>en<br />

Körperteil befestigt werden. Der Mauszeiger bewegt<br />

sich mit je<strong>der</strong> Kopfbewegung. Wird die Kopfmaus<br />

mit einer Bildschirmtastatur kombiniert,<br />

kann sie alle Funktionen einer herkömmlichen Tastatur<br />

übernehmen. Der Mausklick kann durch<br />

einen beliebigen Taster o<strong>der</strong> Sensor ausgelöst werden,<br />

welcher an die Kopfmaus angeschlossen werden<br />

kann. <strong>Mit</strong> einer speziellen Software ist es möglich,<br />

den Doppelklick sowie an<strong>der</strong>e Befehle auszuführen,<br />

ohne die Hände zu benutzen.


Augensteuerungssysteme<br />

Augensteuerungssysteme ermöglichen es Menschen<br />

mit schwersten Körperbehin<strong>der</strong>ungen und<br />

insbeson<strong>der</strong>e ALS-Betroffenen, mit Hilfe <strong>der</strong> Augenbewegungen<br />

auf sog. Bildschirmtastaturen am<br />

Computer zu schreiben sowie Computer-Program -<br />

me und elektrische Geräte zu steuern. Weitere<br />

Funktionsmöglichkeiten, wie z.B. die Einbindung<br />

einer Umfeldsteuerung sowie einer synthetischen<br />

Sprachausgabe, können nach Bedarf integriert<br />

werden.<br />

Augensteuerungssysteme<br />

Umfeldsteuerungssysteme<br />

(Bedienung <strong>der</strong> elektrischen Geräte<br />

in <strong>der</strong> näheren Umgebung)<br />

Menschen mit ALS haben oft Probleme mit <strong>der</strong><br />

Bedienung von Geräten wie Leuchten, Telefon,<br />

Fernseher, Computer, Stereoanlage, Türöffner, Hilferufsystemen<br />

uvm. Um diese zu bedienen, müssen<br />

sie laufend die Hilfe von an<strong>der</strong>en Menschen in<br />

Anspruch nehmen. Der Erhalt <strong>der</strong> Privatsphäre<br />

(z.B. bei privaten Telefongesprächen) ist dadurch<br />

nicht immer möglich.<br />

Seit einigen Jahren sind verschiedene Systeme zur<br />

Umfeldkontrolle auf dem Markt erhältlich, die die<br />

Steuerung von technischen Geräten über angepasste<br />

Sensoren o<strong>der</strong> über Sprachbefehl ermöglichen.<br />

Die Steuerungsbefehle werden über eine Infrarot-<br />

bzw. Funkschnittstelle übermittelt. Viele<br />

elektrische Geräte sind mit einer solchen Schnittstelle<br />

ausgestattet bzw. lassen sich nachträglich mit<br />

einer ausstatten, und können auf diese Weise mit<br />

einer Umfeldsteuerung bedient werden. <strong>Mit</strong>tels<br />

einfacher Befehle können Nutzer Freunde und Verwandte<br />

anrufen, dem Assistenten die Tür aufmachen,<br />

die Beleuchtung ein- o<strong>der</strong> ausschalten, die<br />

Lieblings-CD anhören o<strong>der</strong> den Fernsehsen<strong>der</strong><br />

wechseln.<br />

62<br />

Umfeldsteuerungssystem<br />

Computer-Programme mit Sprachausgabe<br />

Ein Sprachausgabe-Programm kann über eine<br />

Soundkarte Textdateien mittels einer synthetischen<br />

Stimme wie<strong>der</strong>geben. So wird über Lautsprecher<br />

o<strong>der</strong> Kopfhörer hörbar, was sonst nur auf dem<br />

Bildschirm zu sehen ist.<br />

Sprachausgabeprogramm<br />

„Meine eigene Stimme“<br />

Dieses Programm ist speziell für Menschen entwickelt,<br />

denen durch eine Erkrankung <strong>der</strong> Verlust<br />

ihrer Stimme droht. <strong>Mit</strong> Hilfe dieses Programms<br />

wird die Stimme des Nutzers möglichst naturgetreu<br />

wie<strong>der</strong>gegeben, was für den Anwen<strong>der</strong> und<br />

seine Umgebung von großer Bedeutung ist. Hierzu<br />

ist eine frühzeitige Stimmaufzeichnung erfor<strong>der</strong>lich,<br />

die vor Stimmverlust erstellt werden muss.<br />

Die Stimmaufzeichnungen werden vom Hersteller<br />

editiert und dem Nutzer in Form eines Installationsprogramms<br />

zugesendet.<br />

Auswahl des richtigen<br />

Kommunikationshilfsmittels<br />

Die Hilfsmittelversorgung bei Menschen, die an<br />

ALS erkrankt sind, sollte aufgrund <strong>der</strong> Progredienz<br />

schnellstmöglich und vorausblickend erfolgen, da<br />

sich die gegenwärtig vorhandenen motorischen Fähigkeiten<br />

schon in sehr kurzer Zeit verän<strong>der</strong>n<br />

könnten und dadurch die Auswahl <strong>der</strong> entsprechenden<br />

Hilfsmittel eine ganz an<strong>der</strong>e sein könnte.<br />

Entscheidend für die erfolgreiche Versorgung mit<br />

Kommunikationshilfen ist – neben <strong>der</strong> Akzeptanz<br />

des Nutzers – ein sorgfältig durchdachtes Konzept<br />

mit erreichbaren Zielvorgaben sowie eine fachübergreifende<br />

Zusammenarbeit aller Beteiligten,<br />

wobei die Bedürfnisse des Benutzers und seine<br />

motorischen und kognitiven Möglichkeiten im Vor<strong>der</strong>grund<br />

stehen sollten. Falsche o<strong>der</strong> unklare Ziel-


vorstellungen aller Beteiligten und <strong>der</strong> Glaube an<br />

die unbegrenzten Möglichkeiten <strong>der</strong> Technik sind<br />

Erwartungen, die in <strong>der</strong> Beratungspraxis häufig<br />

vorkommen. Gerade bei Menschen, die nicht sprechen<br />

können, unterscheiden sich oft die Anliegen<br />

<strong>der</strong> Angehörigen o<strong>der</strong> Betreuer von den Bedürfnissen<br />

und Wünschen des Betroffenen. Hinzu kommen<br />

die hohen Kosten <strong>der</strong> Geräte und die in <strong>der</strong><br />

Praxis mit Schwierigkeiten und Verzögerungen<br />

verbundene Kostenübernahme seitens <strong>der</strong> Leistungsträger,<br />

daher sind vor <strong>der</strong> endgültigen Versorgung<br />

ausführliche Beratungsgespräche, das praktische<br />

Erproben des Systems in <strong>der</strong> häuslichen Umgebung<br />

sowie <strong>der</strong> Vergleich von verschiedenen Geräten<br />

unerlässlich.<br />

Die Firmen, die im Bereich <strong>der</strong> unterstützten Kommunikation<br />

tätig sind, bieten größtenteils Beratung<br />

zu Hause an. Die Betroffenen und ihre Angehörigen<br />

können direkt mit den Firmen Kontakt aufnehmen<br />

und einen Beratungstermin vor Ort vereinbaren.<br />

Im Vorfeld <strong>der</strong> Versorgung ist die Abklärung<br />

<strong>der</strong> persönlichen Bedürfnisse und des Umfeldes<br />

des Benutzers wichtig.<br />

Die Qualität und die Möglichkeiten <strong>der</strong> Hilfsmittel,<br />

die auf dem Hilfsmittelmarkt angeboten werden,<br />

sind sehr unterschiedlich. Betroffene und ihre<br />

Angehörigen sollten sich daher umfassend informieren<br />

und verschiedene Produkte vergleichen.<br />

Die Erweiterbarkeit und Adaptationsmöglichkeiten<br />

sind weitere Kriterien, die berücksichtigt werden<br />

sollten. Das ausgewählte System o<strong>der</strong> Gerät sollte<br />

anschließend in einer Erprobungsphase zu Hause<br />

mit den Angehörigen einige Tage getestet werden<br />

können. Erst wenn sich zeigt, dass Betroffene und<br />

ihr soziales Umfeld mit dem Gerät zurechtkommen,<br />

sollte <strong>der</strong> Arzt eine Verordnung mit <strong>der</strong> genauen<br />

Bezeichnung des Hilfsmittels (mit evtl. Zubehör)<br />

ausstellen.<br />

Die Art <strong>der</strong> unterstützten Kommunikation, die ausgewählt<br />

wird, hängt zum Teil von den körperlichen<br />

Fähigkeiten des Nutzers sowie von dem Fortschreiten<br />

<strong>der</strong> Erkrankung ab. Genauso wichtig für die<br />

Entscheidung ist das individuelles Kommunikationsbedürfnis<br />

- ob das Hilfsmittel bei <strong>der</strong> Arbeit, in<br />

<strong>der</strong> Familie, mit Freunden in Gesellschaft usw. verwendet<br />

wird.<br />

63<br />

Tipps für die Kostenübernahme<br />

Zuständige Kostenträger<br />

Bei Kommunikationsgeräten handelt es sich größtenteils<br />

um ein im individuellen Fall notwendiges<br />

Hilfsmittel, das ebenso wie Rollstühle bei entsprechendem<br />

Bedarf von den Krankenkassen übernommen<br />

werden muss. Voraussetzung ist auch hier eine<br />

ärztliche Verordnung. Lehnt die Krankenkasse die<br />

Kostenübernahme des Hilfsmittels ab, sollte gegen<br />

diesen Bescheid Wi<strong>der</strong>spruch eingelegt und die<br />

Notwendigkeit <strong>der</strong> Hilfsmittelversorgung ausführlich<br />

und nachvollziehbar begründet werden.<br />

Bei berufstätigen Betroffenen können die Bundesagentur<br />

für Arbeit o<strong>der</strong> die Rentenversicherungsträger<br />

im Rahmen <strong>der</strong> Hilfe zur Arbeitsplatzausstattung<br />

Kommunikationshilfsmittel bis zu festgeschriebenen<br />

Sätzen, im Einzelfall auch vollständig,<br />

finanzieren. Auskünfte hierzu erteilen die jeweils<br />

zuständigen Kostenträger.<br />

Im Einzelfall kann auch das Sozialamt im Rahmen<br />

<strong>der</strong> Einglie<strong>der</strong>ungshilfe die Kosten übernehmen.<br />

Dabei muss die Notwendigkeit im Einzelfall nachgewiesen<br />

werden. Sozialhilfe wird jedoch nur<br />

nachrangig gewährt, d.h. wenn kein an<strong>der</strong>er Kostenträger<br />

zuständig ist. Auskünfte hierzu erteilt das<br />

örtliche Sozialamt.<br />

Darüber hinaus besteht auch noch die Möglichkeit<br />

<strong>der</strong> Beantragung eines Zuschusses bei Stiftungen.<br />

Diese verteilen ihre Geldmittel entwe<strong>der</strong> nach regionalen,<br />

behin<strong>der</strong>ungsspezifischen, sozialen o<strong>der</strong><br />

gruppenspezifischen Gesichtspunkten.<br />

Gibt es einen rechtlichen Anspruch<br />

auf Kommunikationshilfsmittel?<br />

Auch bei Hilfsmitteln, die nicht ständig und unmittelbar<br />

am menschlichen Körper wirken, handelt es<br />

sich um Hilfsmittel im Sinne <strong>der</strong> Leistungspflicht<br />

<strong>der</strong> gesetzlichen Krankenversicherung, wenn sie<br />

<strong>der</strong> medizinischen Zielsetzung dienen. Dazu gehören<br />

auch Hilfsmittel zum Sprechen und zur Verständigung,<br />

die die Aufgabe haben, natürliche Körperfunktionen<br />

zu ersetzen.<br />

Handelsübliche Computer und Zubehörgeräte dagegen<br />

gelten als Gegenstände des täglichen Lebens.<br />

Hier trägt die Krankenkasse lediglich die<br />

Kosten für die behin<strong>der</strong>tengerechte Erweiterung<br />

eines Computers (Spezialtastatur, Kommunikati-


onssoftware, Sensoren). Die Kosten für den Computer<br />

an sich müssen vom Versicherten selbst o<strong>der</strong><br />

von eventuell in Frage kommenden an<strong>der</strong>en Kostenträgern<br />

wie z. B. Arbeits- o<strong>der</strong> Sozialämtern<br />

übernommen werden. Bei Bedürftigkeit besteht die<br />

Möglichkeit eines Zuschussantrags bei Stiftungen.<br />

Versicherte in <strong>der</strong> GKV müssen seit 2004 für<br />

Hilfsmittel eine Zuzahlung von 10% je Hilfsmittel<br />

leisten, mindestens fünf Euro und höchstens zehn<br />

Euro, jedoch nicht mehr als die Kosten des Hilfsmittels.<br />

Dies gilt auch für Kommunikationshilfsmittel.<br />

64<br />

Für die meisten Betroffenen ist <strong>der</strong> Verlust <strong>der</strong><br />

Selbständigkeit und Kommunikationsfähigkeit<br />

die schlimmste Folge einer ALS-Erkrankung.<br />

Kommunikationshilfsmittel können das Verständigungsproblem<br />

verringern und den Benutzern<br />

vielfältige Möglichkeiten für ein<br />

selbstbestimmtes Leben ermöglichen. Menschen<br />

mit Einschränkungen <strong>der</strong> Sprechfähigkeit<br />

könnten z.B. wie<strong>der</strong> Kontakte zu Freunden<br />

pflegen, sich über das Weltgeschehen informieren<br />

und selbst Einkäufe und Bankgeschäfte<br />

erledigen. Dadurch können sie ihre Lebensqualität<br />

erheblich verbessern und nicht zuletzt<br />

die Freude am Leben wie<strong>der</strong> steigern bzw. zurückgewinnen.<br />

Weitere Informationen zu Kommunikationshilfen<br />

erhalten Sie im Hilfsmittelberatungszentrum <strong>der</strong><br />

<strong>Deutsche</strong>n Gesellschaft für Muskelkranke e.V., bei<br />

Beratungsstellen für Kommunikation in Ihrer Nähe<br />

sowie bei Anbietern elektronischer Hilfsmittel.


6 Schluckstörungen und Ernährung<br />

GUT UND RICHTIG ERNÄHRT - WENN<br />

SCHLUCKEN ZUM PROBLEM WIRD<br />

Birgit Palzer-Rohr, Ernährungs- und<br />

Diätberaterin, Lübeck<br />

Eine vollwertige und ausgewogene Ernährung ist<br />

für den gesamten Organismus sehr wichtig, um sowohl<br />

Verstopfung als auch Durchfall vorzubeugen<br />

und um alle Zellen – auch unsere Muskelzellen -<br />

optimal zu versorgen.<br />

Doch wie setzt man diese Grundlagen um, wenn<br />

Schlucken zum Problem wird?<br />

Zunächst einmal ist und bleibt es bedeutsam, dass<br />

die Kost abwechslungsreich, schmackhaft und natürlich<br />

entsprechend zubereitet sein sollte. Außerdem<br />

sollte man sich auf fünf bis sechs kleine<br />

Mahlzeiten pro Tag einlassen. Dies ist in <strong>der</strong> Regel<br />

weniger anstrengend und ermüdend. An dieser<br />

Stelle kann allerdings nur eine Aufzählung von<br />

Beispielen für eine mögliche Umsetzung gegeben<br />

werden, da die Stadien <strong>der</strong> Schluckproblematik unterschiedlich<br />

sind und vieles vorsichtig selbst getestet<br />

werden sollte, bzw. mit dem behandelnden<br />

Arzt und Logopäden durchgesprochen werden<br />

sollte.<br />

Betrachten wir zunächst die Grundlage einer vollwertigen<br />

Ernährung: die Getreideprodukte. Als gut<br />

geeignet haben sich weiches (Vollkorn-) Toastbrot<br />

Ungeeignete Nahrungsmittel<br />

· Scharf gewürztes Essen<br />

· Sauer Eingelegtes wie z.B. saure Gurken<br />

o<strong>der</strong> manche Salatdressings<br />

· Weiches, knuspriges frisches Brot<br />

· Cracker, Knäckebrot, Kekse und trockene Kuchen<br />

· Hartschalige o<strong>der</strong> kernreiche Früchte<br />

o<strong>der</strong> Gemüse (wie Erbsen, Mais, Äpfel, Beeren)<br />

· Faseriges Obst o<strong>der</strong> Gemüse (wie Ananas,<br />

Orangen, grüne Bohnen)<br />

· Gebratene Nudeln o<strong>der</strong> Reis<br />

· Popcorn, Kartoffelchips, Nüsse<br />

· Trockenes, faseriges Fleisch<br />

o<strong>der</strong> Fisch mit Gräten<br />

· Nüsse, Samen, Körner, trockenes Müsli,<br />

Kokosnuss<br />

· Klebrige Nahrungsmittel (z.B. Erdnussmus)<br />

65<br />

Geeignete Nahrungsmittel<br />

· Apfelmus, Pudding, Sorbet,<br />

Naturjoghurt<br />

· Saftiges Fleisch mit Soße<br />

· Dosenobst, weiches Obst<br />

(z.B. Bananen)<br />

· Eier (gekocht, als Rührei o<strong>der</strong><br />

Omelett, nicht gebraten)<br />

· Gekochtes Getreide mit Milch<br />

(Milchreis)<br />

· Aufläufe<br />

· Milchshakes<br />

· Kartoffelpüree mit Soße<br />

· Joghurt, Quarkspeise mit Gelatine<br />

· Lachs, Tunfisch, Eiersalat mit<br />

Mayonnaise o.ä.<br />

· Dicke, cremige o<strong>der</strong> pürierte Suppen<br />

· Fruchtnektar, Tomatensaft, Gemüsesaft<br />

· Nudelgerichte mit Soße<br />

(Antje Faatz, übersetzt aus: Manual for People<br />

Living with ALS, “swallowing problems – foods to<br />

lose, swallowing solutions – foods to choose”,<br />

ALS Society of Canada 2005)<br />

o<strong>der</strong> Graubrot (Grahambrot) erwiesen. Vielleicht<br />

schmeckt auch ein eingeweichter Zwieback? Gut<br />

ausgequollene, also sehr weiche Nudeln (auch<br />

Vollkornnudeln) sind ebenfalls empfehlenswert.<br />

Bei den Gemüsesorten sind ihrem Geschmack<br />

kaum Grenzen gesetzt, da sich praktisch jede<br />

weichgekochte Gemüsesorte pürieren lässt – nicht<br />

nur Kartoffeln - und etwas angedickt ausgesprochen<br />

schmackhaft ist. Vorsicht ist lediglich bei sehr<br />

faserigem Gemüse geboten (z .B. bei Spargel, Porree<br />

o<strong>der</strong> Brechbohnen, sowie bei ungeschälten<br />

Hülsenfrüchten). Das Obst sollte, wenn es roh verzehrt<br />

werden soll, sehr weich, d. h. sehr reif, sein.<br />

Wenn <strong>der</strong> rohe Verzehr jedoch Schwierigkeiten bereitet,<br />

lässt sich Obst sehr gut zu leckerem Kompott<br />

verarbeiten und bereitet so weniger Probleme.<br />

Milch und Milchprodukte sind grundsätzlich alle<br />

empfehlenswert, außer wenn z.B. Joghurt zu feste<br />

o<strong>der</strong> faserige Obststücke enthält. Bedenken Sie<br />

aber, dass Milchprodukte die Schleim- und Speichelbildung<br />

anregen können. Eier lassen sich z.B.<br />

gut als Omelett o<strong>der</strong> Rührei zubereiten. Bei dem<br />

Fleischverzehr sollten Sie auf weiche Sorten wie<br />

beispielsweise Würstchen, feine Bratwurst o<strong>der</strong>


Frikasseezubereitungen zurückgreifen. Als sehr<br />

schmackhaft und nahrhaft haben sich zudem z. B.<br />

Kochfische erwiesen, die gerne mit in das Nahrungsangebot<br />

aufgenommen werden könnten. Wer<br />

es gerne süß mag, wird sicherlich mit Vergnügen<br />

mal einen Pudding genießen, wogegen bei einer<br />

ausgewogenen Ernährung nicht das Geringste<br />

spricht. Wenn die Aufnahme von Getränken problematisch<br />

sein sollte, lassen sich diese andicken.<br />

Dies gilt für beispielsweise für Milch, Milchmixgetränke,<br />

Obst- und Gemüsesäfte. Geeignete Verdickungsmittel<br />

sind im Reformhaus o<strong>der</strong> in <strong>der</strong> Apotheke<br />

erhältlich. So betrachtet, bietet sich tatsächlich<br />

eine Fülle von guten und vollwertigen Nahrungsmitteln,<br />

die ausgesprochen empfehlenswert<br />

und umsetzbar sind. Vielleicht stehen wir nun,<br />

wenn wir eine ausgewogene Ernährungsweise anstreben,<br />

nicht mehr ganz so ratlos vor dem übervollen<br />

Regal im Supermarkt.<br />

Abschließend sei gesagt, dass eine abwechslungsreiche<br />

Ernährung unserem Körper alle wichtigen<br />

Nährstoffe zuführt, dennoch kann es manchmal angezeigt<br />

sein, dem Körper zusätzlich Vitaminpräparate<br />

zuzuführen, um Mangelerscheinungen vorzubeugen.<br />

Ein Ersatz für eine ausgefallene Mahlzeit<br />

sind diese Zusatzpräparate aber nicht! Auch ist<br />

eine Gewichtskontrolle unbedingt notwendig,<br />

damit kein Untergewicht entsteht. Sollte diese Gefahr<br />

bestehen, fügen Sie Ihren Mahlzeiten in ausreichendem<br />

Maße Butter o<strong>der</strong> Margarine, sowie<br />

Sahne o<strong>der</strong> Rahm hinzu.<br />

Wenn Sie nun auf den Geschmack gekommen sind,<br />

Ihnen aber noch probate Rezepte fehlen, schauen<br />

Sie doch mal in das Kochbuch „Ernährung bei<br />

Schluckstörungen“ (s. Literaturhinweise im Anhang).<br />

ERNÄHRUNG BEI ALS BETROFFENEN<br />

Bea Goldman, Intensivpflege,<br />

ALS-Nurse, St. Gallen / Schweiz<br />

Warum brauche ich mehr Kalorien?<br />

Bei ALS Betroffenen ist wahrscheinlich im Anfangsstadium<br />

<strong>der</strong> Kalorienbedarf gesteigert. Genaue<br />

Untersuchungen gibt es hierzu nicht. Bedingt<br />

durch das Schwächerwerden einzelner Muskeln<br />

müssen benachbarte Muskelgruppen <strong>der</strong>en Funktion<br />

übernehmen und dementsprechend mehr leisten.<br />

Häufig beobachten wir, dass das Hungerge-<br />

66<br />

fühl nicht dem benötigten Kalorienbedarf entspricht,<br />

Hunger wird oft nicht stark empfunden. Es<br />

kann ein schleichen<strong>der</strong>, kontinuierlicher Gewichtsverlust<br />

einsetzen obwohl man sich gleich wie vorher<br />

ernährt.<br />

Was geschieht bei ungenügen<strong>der</strong><br />

Kalorienzufuhr?<br />

Werden keine Maßnahmen ergriffen, so zehrt <strong>der</strong><br />

Körper von den vorhandenen Fettreserven, was<br />

unter Umständen Anlass zur Freude ist…. Sind jedoch<br />

diese Reserven aufgebraucht, macht sich <strong>der</strong><br />

Körper daran, Energie aus <strong>der</strong> Muskelmasse zu gewinnen.<br />

Dies kann fatale Auswirkungen haben,<br />

denn Muskeln die ohnehin schon mehr leisten<br />

müssen, werden zusätzlich vom Körper zur Energiegewinnung<br />

„abgebaut“. Geschieht dies alles bei<br />

einer ungenügenden Kalorienzufuhr kann ein Gewichtsverlust<br />

entstehen. Betroffene erzählen dann<br />

oft, dass bei gleichen Essgewohnheiten plötzlich<br />

binnen Monatsfrist einige Kilogramm abgenommen<br />

wurden. Häufig ist dieser Gewichtsverlust zusammen<br />

mit einer Schwäche für etliche Patienten<br />

erst <strong>der</strong> Grund einen Arzt aufzusuchen.


Was kann ich tun, um den<br />

Gewichtsverlust aufzuhalten?<br />

Es gibt zahlreiche Möglichkeiten sein Gewicht zu<br />

erhalten. Wir erheben natürlich keinen Anspruch<br />

auf Vollständigkeit. Hier einige Beispiele aus <strong>der</strong><br />

ALS Beratung:<br />

· Hungerzeiten einschränken, d.h. nicht mehr als<br />

2-3 Std. ohne Kalorienzufuhr.<br />

· Regelmäßige Mahlzeiten und Zwischenmahlzeiten<br />

in den Tagesablauf einbauen.<br />

· Sich Zeit nehmen, um in Ruhe zu essen.<br />

· Kalorienanzahl erhöhen, z.B. morgens schon<br />

ein „kaiserliches“ Frühstück wie Omelettes,<br />

Schinken, Croissants, Müsli etc. (manche Patienten<br />

essen schon morgens „Käsenudeln“).<br />

· Kochgewohnheiten ev. anpassen, Kochen vermehrt<br />

mit Butter, Sahne, Kartoffeln/Nudeln etc.<br />

· Zwischenmahlzeiten: Müsliriegel, Süßspeisen<br />

mit Schokolade, Puddings, Sahne, Eiscreme,<br />

zwischendurch Süßgetränke.<br />

· Ergänzende Zusatznahrung, falls die Zeit zu<br />

häufigem Essen fehlt (z.B. auf Reisen, bei <strong>der</strong><br />

Arbeit)<br />

Was tue ich, wenn das Essen<br />

ziemlich ermüdet?<br />

Wenn <strong>der</strong> Gewichtsverlust trotz aller Anstrengungen<br />

fortschreitet und <strong>der</strong> Gedanke an Kalorienzufuhr<br />

stresst, kann eine PEG-Einlage in Betracht gezogen<br />

werden.<br />

Das bedeutet natürlich nicht, dass es mit dem<br />

Essen vorbei ist, son<strong>der</strong>n man kann bei Ermüdung<br />

fehlende Kalorien einfach mit Sondenkost ergänzen.<br />

Das Essen kann somit ein Vergnügen bleiben<br />

67<br />

für Betroffene und ihr Umfeld. Gleichzeitig reduziert<br />

sich so <strong>der</strong> Druck <strong>der</strong> ausreichenden Kalorienzufuhr.<br />

Wie viel soll ich trinken?<br />

Wir empfehlen 1,5 bis 2 l Flüssigkeit pro Tag. Wird<br />

über längere Zeit zu wenig Flüssigkeit zugeführt,<br />

kann dies beson<strong>der</strong>s für ALS Betroffene unangenehme<br />

Auswirkungen haben:<br />

· Erhöhte Salzkonzentration im Blut und somit<br />

erhöhte Anfälligkeit für Muskelkrämpfe.<br />

· Neigung zu Obstipation (Verstopfung).<br />

· Verstimmung.<br />

· Vermehrte Müdigkeit/Unwohlsein.<br />

· Thromboserisiko kann zunehmen<br />

· teilweise problematische Eindickung des zähen<br />

Speichels<br />

· größere Empfindlichkeit <strong>der</strong> Schleimhäute<br />

durch Austrocknung


Wie schaffe ich 1,5 l Flüssigkeit<br />

pro Tag?<br />

Tipps:<br />

· Jeweils morgens schon eine 1,5 l Flasche richten<br />

und vormittags mit dem Trinken beginnen.<br />

· Nicht die Geduld verlieren, erfolgreiche Trinkregime-Umstellungen<br />

dauern Wochen!<br />

· Gläser mit einem breiten Durchmesser werden<br />

als weniger voll empfunden als hohe Becher.<br />

· Versuchen die Trinkmenge bis zum frühen<br />

Nachmittag zu schaffen, somit reduzieren sich<br />

die nächtlichen Toilettengänge.<br />

· Falls man einfach keine Lust hat zu trinken,<br />

o<strong>der</strong> wenn Festes ganz einfach besser funktioniert,<br />

kann Flüssigkeit mit Gelatine eingedickt<br />

o<strong>der</strong> tiefgefroren werden und dann gegessen<br />

werden.<br />

· Flüssigkeiten abwechseln (Saft, Tee, Wasser,<br />

Kaffee, Bier, Bouillon etc.).<br />

· Wasser lässt sich bei Raumtemperatur mit ein<br />

wenig Zitrone/Limette o<strong>der</strong> sonstigem Fruchtsaft<br />

angereichert leichter trinken.<br />

Um die Verdauung zu unterstützen und Obstipation<br />

zu vermeiden, empfehlen wir auch den Einsatz von<br />

Kräutern und Gewürzen wie z.B. Kümmel und<br />

Kreuzkümmel, Zimt, Korian<strong>der</strong>, Minze, Kamille,<br />

Thymian, Lavendel etc. In Buchhandlungen finden<br />

Sie entspreche<br />

nde Fachliteratur.<br />

Tipps zur Verdauung bei ALS<br />

Betroffenen<br />

Die Ausprägung <strong>der</strong> ALS variiert stark und auch<br />

die Symptome unter denen Betroffene leiden.<br />

Nicht alle haben die gleichen Beschwerden und<br />

doch kann es kurzfristig dazu kommen, dass während<br />

einer gewissen Zeit Probleme auftreten. Wir<br />

sammeln Tipps und Erfahrungen von Betroffenen<br />

(auch aus an<strong>der</strong>en Län<strong>der</strong>n) beziehen Studienresultate<br />

mit ein und geben Nützliches aus <strong>der</strong> „Volksmedizin“<br />

weiter. Natürlich erheben wir keinen Anspruch<br />

auf Vollständigkeit. Wir freuen uns, wenn<br />

Sie Ihre Erfahrungen mit uns teilen. Nicht jede/r<br />

Betroffene spricht auf Maßnahmen in <strong>der</strong> gleichen<br />

Art an. Es muss individuell herausgefunden wer-<br />

68<br />

den, was am besten wirkt und nötigenfalls immer<br />

wie<strong>der</strong> sich verän<strong>der</strong>nden Gegebenheiten angepasst<br />

werden. Darum finden Sie unten eine Auswahl<br />

von unterschiedlichen Maßnahmen und Tipps<br />

zum Ausprobieren. Im Zweifelsfall fragen Sie<br />

ihren Arzt o<strong>der</strong> auch einen Apotheker.<br />

Pflanzliche/Mineralische Möglichkeiten (erhältlich<br />

in Drogerien):<br />

· Patiententipp: Flohsamen<br />

· San Pellegrino Pulver<br />

· Magnesium<br />

· Digestion Asaföetida Kapseln<br />

· Abführtee (Vorsicht: kann Krämpfe,<br />

Übelkeit verursachen)<br />

Medikamentöse Möglichkeiten:<br />

· Transipeg forte Sachets (1/2 – 2 S.<br />

pro Tag aufgelöst in Wasser)<br />

· Movicol Sachets (etw. stärker als Transipeg)<br />

· Laxoberon Tropfen<br />

· Als "Notfallreserve" Microclist Minieinläufe<br />

(erklären lassen)<br />

· ev. Colon-Hydrotherapie<br />

· Glycerinzäpfli sind meist zu schwach<br />

· eher schlechte Erfahrungen mit Importal<br />

(Blähungen, Übelkeit, Krämpfe)


Pflanze /Gewürz<br />

Pfefferminz<br />

Rosmarin<br />

Oregano<br />

Thymian<br />

Melisse<br />

Kamille<br />

Zwiebel<br />

Ingwer<br />

Kümmel<br />

(Carvonhaltig)<br />

Korian<strong>der</strong><br />

Kurkuma,<br />

(Gelbwurzpulver<br />

Turmeric)<br />

Wirkung<br />

· Appetitanregend.<br />

· Hilft bei Blähungen.<br />

· Vermin<strong>der</strong>t Völlegefühl.<br />

· Regt Appetit an.<br />

· Hilft Salz zu sparen.<br />

· Oregano regt zusätzlich Fettverbrennung<br />

an.<br />

· För<strong>der</strong>t Verdauungssaftbildung.<br />

· Regt Appetit an.<br />

· Schleimlösend<br />

· Hilft gegen Blähungen,<br />

Übelkeit.<br />

· Regt Leber/Gallefunktion an.<br />

· Wirkt krampflösend.<br />

· Sorgt für geregelte Darm -<br />

tätigkeit.<br />

· Lin<strong>der</strong>t Übelkeit<br />

· Verbessert Fliesseigenschaften<br />

des Blutes<br />

· Hilft bei Obstipation,<br />

Krämpfen, Blähungen<br />

· Soll Kälte entgegenwirken<br />

· Lin<strong>der</strong>t Völlegefühl, Blähungen,<br />

Koliken.<br />

· Hilft nach Durchfallerkrankung,<br />

schwerem Essen.<br />

· Bei „nervösen“ Magenbeschwerden<br />

.<br />

· Wirkt stimmungsaufhellend<br />

· Wirkt stark gegen Blähungen<br />

· Appetit anregend.<br />

· Aktiviert den Gallefluss<br />

· Soll Bronchialschleim lösen<br />

69<br />

Zubereitung<br />

· Tee: Aufgießen m. koch. Wasser, ziehen lassen<br />

2-5 Min.<br />

· Bei empf. Personen ev. Bauchkrämpfe mögl.,<br />

dann kürzere Ziehzeit.<br />

· <strong>Mit</strong>kochen.<br />

· Als aether. Öl<br />

· Tee: Aufgießen m. koch. Wasser, ziehen lassen<br />

2-5 Min.<br />

· Als aether. Öl<br />

· <strong>Mit</strong>kochen.<br />

· Tee: Aufgießen m. koch. Wasser, ziehen lassen<br />

2-5 Min.<br />

· Als aether. Öl<br />

· Tee: Aufgießen m. koch. Wasser, ziehen lassen<br />

2-5 Min.<br />

· <strong>Mit</strong>kochen.<br />

· 1 TL geriebener Ingwer mit 1-2 Tassen kochendem<br />

Wasser aufgießen, 5 Min. ziehen<br />

lassen und abseihen, über den Tag verteilt<br />

trinken (bei Erkältungen mit Honig gesüsst<br />

und ev. etwas Zimt dazu)<br />

· Als Öl den Speisen beimischen<br />

· Fleisch/Reisgerichten gerieben beimischen<br />

· Ingwerbonbons, Gingerbeer<br />

· Tee: 1 EL Kümmel mit 2-3 dl kochendem<br />

Wasser übergiessen und 20 Min. zugedeckt<br />

stehen lassen und lauwarm in kleinen Schlucken<br />

trinken (wirkt bereits nach 10 Min.)<br />

· <strong>Mit</strong>kochen<br />

· Vor o<strong>der</strong> nach den Mahlzeiten etwas Kümmel<br />

kauen (beseitigt auch Mundgeruch)<br />

· Kümmelöl den Speisen beigeben<br />

· Auch als Kraut verwendbar<br />

· <strong>Mit</strong>kochen, va. bei Eintöpfen,<br />

Hülsenfrüchten<br />

· V.a. für Eier, Reis, Hühnergerichte, Dressings,<br />

gegen Ende <strong>der</strong> Kochzeit beigeben<br />

(sonst bitter)


Pflanze /Gewürz<br />

Zimt<br />

Kardamom<br />

Nelken<br />

Anis<br />

Muskatnuss<br />

Wirkung<br />

· Appetit anregend<br />

· Verdauung för<strong>der</strong>nd (Fettverdauung)<br />

· Soll „Magen stärkend“<br />

wirken<br />

· Hilft beim Einschlafen<br />

· Senkt den Blutzuckerspiegel<br />

etwas<br />

· Lin<strong>der</strong>t Blähungen, Halsschmerzen,<br />

Husten<br />

· Verdauung för<strong>der</strong>nd<br />

· Appetit anregend<br />

· Krampflin<strong>der</strong>nd<br />

· Schleim lösend<br />

· Wirkt gegen Mundgeruch<br />

und Karies.<br />

· Wirkt positiv auf alle Verdauungsfunktionen.<br />

· Hilft bei Blähungen, Husten.<br />

· För<strong>der</strong>t Gallenfluss<br />

Was kann ich tun, um die<br />

Verdauung zu unterstützen?<br />

· Passive o<strong>der</strong> aktive Bewegung (z.B. mit dem Motomed<br />

passiv treten).<br />

· Wichtig: sich regelmässig an <strong>der</strong> frischen Luft<br />

aufhalten.<br />

· Gemüse und Früchte täglich konsumieren.<br />

· Hilfreich kann auch Apfelkompott morgens sein<br />

· Fruchtsaft morgens (wie z.B. Apfelsaft mit<br />

etwas Salz).<br />

· 1,5 bis 2 l pro Tag trinken.<br />

· Verdauungsunterstützende Tees o<strong>der</strong> Gewürze<br />

· Abends nur leichte Mahlzeiten: Reduktion von<br />

Brot o<strong>der</strong> Milchprodukten, keine Rohkost: gekochte<br />

Gemüse sind wesentlich leichter zu verdauen<br />

70<br />

Zubereitung<br />

· Bestreuen von Speisen mit Zimt(zucker).<br />

· <strong>Mit</strong>kochen.<br />

· Tee: 1 l Wasser mit 1 Zimtstange od. Zimtholz<br />

kurz aufkochen und nach 5 Min. entfernen.<br />

· Zimtöl beigeben.<br />

· Bei Magenbeschwerden:<br />

· 2 TL Kardamom, 2 TL zerst. Kümmel mit 1<br />

TL Anis und etwas Fenchelsamen mischen<br />

und davon 1-2 TL mit 1 Tasse kochendem<br />

Wasser übergiessen, 10 Min. ziehen lassen<br />

und abseihen und tgl. 2-4 mal trinken<br />

· <strong>Mit</strong>kochen.<br />

· Als Öl den Speisen beigeben.<br />

· Tee s. auch Kardamom, es kann auch zu<br />

gleichen Teilen mit Kümmel und Kardamom<br />

gemischt werden<br />

· Vorsichtig dosieren, Aroma verstärkt durch<br />

Anbraten.<br />

Tipp: Werden Gewürze nur leicht erhitzt, lösen sich die ätherischen Öle besser, das Aroma wird verstärkt,<br />

ebenfalls beim Mörsern (nicht zu heiss o<strong>der</strong> zu lange erhitzen – Bitterstoffe!)<br />

· Bei massiv eingeschränkter Beweglichkeit und<br />

zusätzlichen Atemproblemen half bei einigen Betroffenen<br />

eine Reduktion <strong>der</strong> tgl. Kalorienmenge<br />

und va. abends nur noch eine minimale Menge an<br />

Kalorien (z.B. waren bei einem Pat. nur noch tgl.<br />

1000 kcal ausreichend über Sondenkost und die<br />

frühere Gabe <strong>der</strong> letzten Mahlzeit gegen z.B.<br />

17.00 reduzierte eine regelmässig auftretende,<br />

starke abendliche Übelkeit).<br />

· Etwas Wein zum Essen nehmen<br />

· In ruhiger Atmosphäre essen, sich Zeit nehmen<br />

(unter Stress kann u.U. vermehrt Luft mitgeschluckt<br />

werden, die dann zu Blähungen und Unwohlsein<br />

führen kann).<br />

· Bei Schluckproblemen: sich während des Essens<br />

konzentrieren und nicht ablenken lassen.


WENN DER BISSEN IM HALS STECKEN<br />

BLEIBT UND DAS ESSEN NICHT MEHR<br />

SCHMECKT...<br />

Schluckprobleme und Schlucktherapie<br />

bei <strong>der</strong> ALS<br />

Cordula Winterholler, M.A., Lehrlogopädin für<br />

Dysphagie und Dysarthrophonie, Erlangen<br />

Essen und Trinken gehören zum alltäglichen<br />

Leben, sie dienen uns nicht nur zum Lebenserhalt,<br />

sie bereiten uns Freude und Genuss. Wir müssen<br />

uns keine Gedanken darum machen, wie das<br />

Schlucken funktioniert. Es geschieht so automatisch<br />

und selbstverständlich wie das Atmen o<strong>der</strong><br />

Sprechen. Umso schlimmer trifft es, wenn das<br />

Schlucken nicht mehr so einfach wie gewohnt<br />

funktioniert. Für den Betroffenen bedeutet das<br />

häufig eine Einschränkung <strong>der</strong> Lebensqualität,<br />

auch die Angehörigen fühlen sich hilf- und ratlos.<br />

Schluckprobleme ziehen nicht nur Folgen wie Lungenentzündung,<br />

Austrocknen o<strong>der</strong> Mangel-ernährung<br />

mit sich, sie führen auch zu psychischer Belastung.<br />

Schwierigkeiten beim Schlucken zeigen<br />

sich in manchen Fällen sehr auffällig. Der Betroffene<br />

hustet, ringt nach Luft und hustet solange, bis<br />

seine Atemwege wie<strong>der</strong> befreit sind. Diese Situation<br />

des Verschluckens kennt je<strong>der</strong> Mensch und<br />

wir alle wissen, dass das keine angenehme ist.<br />

Doch dies ist vielleicht schon die ”Spitze des Eisberges”,<br />

das auffälligste Zeichen, dass etwas nicht<br />

in Ordnung ist. Ist uns schon aufgefallen, dass ein<br />

Kind nicht gedeiht, ein Betroffener kontinuierlich<br />

an Gewicht verliert? Fällt uns auf, wenn bestimmte<br />

Nahrungsmittel gemieden werden, das Trinken zunehmend<br />

verweigert wird? Wie geht man damit um<br />

und was sind die Anzeichen einer möglichen<br />

Schluckstörung? In diesem ersten Teil des Beitrages<br />

geht es um das Thema „das richtige Schlucken”.<br />

Das physiologische Schlucken<br />

Mund und Rachenraum sind für unterschiedliche<br />

Funktionen verantwortlich: Atmen, Sprechen und<br />

Schlucken. In Sekundenschnelle kann von einer<br />

Funktion auf die an<strong>der</strong>e umgeschaltet werden. Im<br />

Wachzustand schlucken wir ungefähr 1 mal pro<br />

Minute. Bei Mahlzeiten ist die Häufigkeit des<br />

Schluckens abhängig von <strong>der</strong> Beschaffenheit und<br />

den individuellen Essgewohnheiten. Im Tiefschlaf<br />

lässt die Speichelproduktion nach und somit auch<br />

71<br />

die Schluckfrequenz. Der „normale” Schluckvorgang<br />

besteht aus einer Folge von exakt aufeinan<strong>der</strong><br />

abgestimmten Mechanismen, die bewirken, dass<br />

Speichel, Nahrung und Flüssigkeit vom Mund in<br />

den Magen beför<strong>der</strong>t werden. Dieser komplexe<br />

Vorgang wird über ca. 50 Muskelpaare und 6 Hirnnerven<br />

realisiert. Die physiologischen Mechanismen<br />

passen sich in fein abgestimmter Koordination<br />

dem jeweiligen Schluckgut an. So benötigen<br />

wir z.B. für das Essen eines Schweinebratens mehr<br />

Muskelkraft, Zeit zum Kauen als für das Trinken<br />

von Limonade. Bei Flüssigkeiten ist eine gute und<br />

schnelle Koordination <strong>der</strong> Muskeln im Mund- und<br />

Rachenbereich nötig, damit die Flüssigkeit in die<br />

”richtige” Röhre gelangt, nämlich in die Speiseröhre.<br />

Der Vorgang des Schluckens ist kein Einzelvorgang,<br />

son<strong>der</strong>n wird in 5 Phasen unterteilt.<br />

1. „Das Auge isst mit...“<br />

Die Nahrung muss zunächst erfasst werden, was<br />

uns über das Sehen und Riechen möglich ist. Im<br />

Idealfall läuft uns dabei schon das Wasser im<br />

Mund zusammen, die Speichelproduktion wird angeregt.<br />

Wir stellen uns innerlich auf das Essen ein<br />

und richten auch die äußeren Begebenheiten danach<br />

aus. Unsere Körperhaltung än<strong>der</strong>t sich, wir<br />

sind aufgerichtet, unsere Aufmerksamkeit gilt dem<br />

Essen. Wird die Hand zum Mund geführt, wird die<br />

Kieferöffnung schon vorbereitet - das Essen kann<br />

in den Mund kommen. In dieser Phase werden entscheidende<br />

Voreinstellungen getroffen, die den<br />

Schluckvorgang später positiv o<strong>der</strong> auch negativ<br />

beeinflussen.<br />

2. „Gut gekaut, ist halb verdaut”<br />

- die Kauphase<br />

In dieser Phase geht es um die Zerkleinerung <strong>der</strong><br />

Nahrung. Die Dauer dieser Phase ist individuell<br />

verschieden und abhängig von den persönlichen<br />

Essgewohnheiten und <strong>der</strong> Nahrungskonsistenz.<br />

Um die Nahrung im Mund zu behalten, sind die<br />

Lippen geschlossen. Die Zunge bewegt die Nahrung<br />

im Mundinnenraum, die Wangen besitzen abwechselnd<br />

eine gewisse Spannung, damit die Nahrung<br />

nicht ”abrutscht”. Die Nahrung wird zerkleinert<br />

und mit Speichel durchmischt. Das Gaumensegel<br />

ist gesenkt, damit die Nahrung nicht vorzeitig<br />

in den Rachenraum abgleitet. Am Ende dieser<br />

Phase wird <strong>der</strong> Speisebrei zu einem Bolus geformt<br />

und in <strong>der</strong> Zungenschüssel platziert.


3. „<strong>Mit</strong> vollem Munde spricht man nicht<br />

- die Transportphase<br />

Nun muss <strong>der</strong> Bolus Richtung Rachen beför<strong>der</strong>t<br />

werden. Hierzu legt sich die Zungenspitze hinter<br />

die oberen Schneidezähne und die Zunge transportiert<br />

mit Hilfe von Wellenbewegungen die Nahrung<br />

nach hinten. Die Phase dauert ca. eine Sekunde<br />

und endet mit <strong>der</strong> Schluckreflexauslösung. Noch<br />

könnten wir die Nahrung willentlich ausspucken,<br />

doch wenn die vor<strong>der</strong>en Gaumenbögen passiert<br />

wurden, setzt sich eine Reflexkette in Gang.<br />

4. „Nichts geht mehr…”<br />

- die Pharyngeale Phase (Rachenphase)<br />

Die Schluckreflexauslösung leitet diese Phase ein.<br />

Der Bolus kommt in den Rachenraum. Nun muss<br />

<strong>der</strong> Nasenraum verschlossen werden, dazu hebt<br />

sich das Gaumensegel. Wir können jetzt nichts<br />

mehr willentlich steuern. Wichtig in dieser Phase<br />

ist, die Atemwege zu schützen. Deshalb stoppt die<br />

Atmung kurz und schützt so die Atemwege vor<br />

Eindringen <strong>der</strong> Nahrung. Dazu senkt sich <strong>der</strong><br />

Kehldeckel, die Stimmlippen sind geschlossen und<br />

noch an<strong>der</strong>e Hilfsmuskeln verschließen die Atemwege.<br />

Nun ist auch Platz für die Nahrung, damit<br />

sie den Weg in die Speiseröhre findet. Diese Phase<br />

dauert weniger als eine Sekunde.<br />

5. „Hoffentlich stößt nichts sauer auf” – die<br />

Ösophageale Phase (Speiseröhrenphase)<br />

Der Bolus trifft in <strong>der</strong> Speiseröhre ein. <strong>Mit</strong> Hilfe<br />

einer peristaltischen Kontraktionswelle wird die<br />

Nahrung durch die Speiseröhre zum Magen beför<strong>der</strong>t<br />

Dieser primären Welle folgt eine Reinigungswelle,<br />

die die zurückgebliebenen Nahrungsreste<br />

abtransportiert. Diese Phase dauert 8 bis 20 Sekunden.<br />

Ursachen von Schluckstörungen<br />

Schluckstörungen kommen bei einer Vielzahl von<br />

Erkrankungen vor, entwe<strong>der</strong> als isolierte Symptomatik<br />

o<strong>der</strong> kombiniert mit an<strong>der</strong>en Funktionsbeeinträchtigungen.<br />

Schluckstörungen können akut<br />

auftreten o<strong>der</strong> sich schleichend entwickeln. Die<br />

Hauptursachen sind:<br />

a) neurogene Schluckstörungen im Rahmen von<br />

z.B. Schädelhirntraumata, Schlaganfall, Morbus<br />

Parkinson, Amyotrophe Lateralsklerose, Chorea<br />

Huntington, Multiple Sklerose, Myasthenia<br />

gravis, Polymyositis, mitochondriale Myopathien,<br />

okulopharyngeale Muskeldysthrophie,<br />

Lambert-Eaton-Syndrom, Dystrophia myotonica<br />

72<br />

Curschmann-Steinert-Batten, spinobulbäre Muskelatrophie<br />

Typ Kennedy und an<strong>der</strong>e.<br />

b) Strukturelle Verän<strong>der</strong>ungen <strong>der</strong> ausführenden<br />

Endorgane und benachbarter Bereiche, z.B.<br />

nach chirurgischer, radiologischer o<strong>der</strong> chemotherapeutischer<br />

Tumorbehandlung.<br />

c) medikamentöse Ursachen, z.B. Nebenwirkungen<br />

von Psychopharmaka.<br />

Erste Anzeichen von<br />

Schluckstörungen<br />

Das heftige und häufige Verschlucken ist mit Sicherheit<br />

das auffälligste Anzeichen, dass das<br />

Schlucken Probleme bereitet. Solange <strong>der</strong> Hustenstoß<br />

kräftig ist und das verschluckte Nahrungsgut<br />

hoch gehustet werden kann, ist dies keine gefährliche<br />

Situation, aber eine unangenehme. Lässt die<br />

Hustenkraft allerdings nach, wird es zunehmend<br />

schwieriger, die Atemwege „sauber” zu halten.<br />

Schwierigkeiten zeigen sich aber auch schon, wenn<br />

die Nahrung nicht mehr ausreichend zerkleinert<br />

werden kann o<strong>der</strong> die Kaukraft für eine ganze<br />

Mahlzeit nicht ausreicht. Auch Probleme, die Nahrung<br />

aus dem Mund in den Rachen zu beför<strong>der</strong>n,<br />

können das Essen und Trinken sehr erschweren.<br />

Kommt Nahrung o<strong>der</strong> Flüssigkeit aus <strong>der</strong> Nase, so<br />

ist auch hier Vorsicht geboten.<br />

Ein „Kloß”- o<strong>der</strong> Fremdkörpergefühl im Halsbereich<br />

zeigt an, dass die Nahrung noch nicht vollständig<br />

abgeschluckt wurde. Klingt die Stimme<br />

nach dem Schlucken belegt o<strong>der</strong> brodelig, so kann<br />

das bedeuten, dass Schluckgut auf den Stimmlippen<br />

liegt. Auch dies Anzeichen für einen falschen<br />

Weg <strong>der</strong> Nahrung. Kommt die Nahrung unverdaut<br />

wie<strong>der</strong> zurück und muss hochgewürgt werden, ist<br />

sie vor dem Eintritt in die Speiseröhre gestoppt<br />

worden. Ein saurer Rückfluss <strong>der</strong> Nahrung, <strong>der</strong> sogenannte<br />

Reflux, zeigt, dass die Speiseröhre nicht<br />

richtig funktioniert. All diese unterschiedlichen<br />

Arten von Schluckproblemen können, gerade wenn<br />

sie gehäuft auftreten, Anzeichen einer ernstzunehmenden<br />

Schluckstörung sein. Eine umfassende Diagnostik<br />

sollte dann schnellstmöglich in die Wege<br />

geleitet werden.


Schluckprobleme bei <strong>der</strong> ALS<br />

· Wenn die Kaumuskulatur an Kraft nachlässt, passiert<br />

es, dass <strong>der</strong> Mund häufig offen steht.<br />

Manchmal läuft dann <strong>der</strong> Speichel aus dem<br />

Mund, was nicht auf eine plötzliche Überproduktion<br />

deutet. Dies ist eher ein Anzeichen dafür,<br />

dass die Kraft zum Speichelschlucken nicht ausreicht.<br />

· Auch kann es zur Ermüdung und Erschöpfung<br />

<strong>der</strong> Kaumuskulatur bei größeren Mahlzeiten<br />

kommen. Gerade wenn es sich um Fleisch, härteres<br />

Brot o<strong>der</strong> ähnliches handelt.<br />

· Auch das Trinken kann Schwierigkeiten machen,<br />

da Flüssigkeiten sehr schnell fließen und eine optimale<br />

Muskelkraft und Koordination benötigen.<br />

· Ist die Zunge in ihrer Kraft beeinträchtigt, ist es<br />

schwierig, die Mahlzeit im Mund hin- und herzuschieben,<br />

sie zu sammeln und mit <strong>der</strong> nötigen<br />

Kraft nach hinten Richtung Rachen zu bringen.<br />

· In manchen Fällen kommt es auch zu Kieferöffnungsstörungen.<br />

· Auch Krämpfe im Rachen- und Kehlkopfbereich<br />

können beobachtet werden.<br />

· Das Schlucken wird auch beeinflusst, wenn <strong>der</strong><br />

Kopf nicht gut gehalten werden kann. Dies erschwert<br />

ein gutes Abbeißen, Kauen und Abschlucken.<br />

· Wenn <strong>der</strong> Hustenstoß mit <strong>der</strong> Zeit nachlässt, ist<br />

ein Verschlucken problematisch. Denn dann<br />

reicht die Kraft häufig nicht aus, die Atemwege<br />

wie<strong>der</strong> zu säubern.<br />

· Wichtig ist, diese Problematik gut im Auge zu behalten.<br />

Durch eine Mangelernährung o<strong>der</strong> durch<br />

ein mögliches Austrocknen fühlt sich <strong>der</strong> Betroffene<br />

häufig noch sehr viel schwächer als es durch<br />

die Grun<strong>der</strong>krankung sein müsste.<br />

Erste Anzeichen einer<br />

beginnenden Schluckstörung<br />

Die ersten Anzeichen einer beginnenden Schluckproblematik<br />

sind ganz unterschiedlich:<br />

73<br />

· Gewichtsverlust:<br />

meistens gekoppelt mit einer großen Anstrengung<br />

beim Essen; auch im Zusammenhang mit einer<br />

Angst vor dem Verschlucken, weil das Abhusten<br />

nicht gelingt und die Atemnot sehr bedrohlich ist<br />

· Mahlzeit dauert lange und ist mühsam:<br />

die Zunge verliert langsam an Kraft und kann das<br />

Essen im Mund nicht mehr gut hin und her transportieren;<br />

die Kaumuskulatur ermüdet.<br />

· Essen, Trinken kommt durch die Nase:<br />

Das Gaumensegel schließt nicht mehr richtig, ist<br />

kraftlos.<br />

· Das Essen „geht nicht mehr aus dem Mund“,<br />

bleibt in den Wangentaschen hängen:<br />

die Zunge schafft den Transport nicht mehr, auch<br />

die Wangenmuskulatur ermüdet.<br />

· Die Stimme klingt belegt o<strong>der</strong> brodelig:<br />

Speichel, Essen o<strong>der</strong> Flüssigkeit liegen auf den<br />

Stimmlippen, da <strong>der</strong> muskuläre Ablauf gestört ist<br />

und die entsprechenden Schutzmechanismen<br />

nicht o<strong>der</strong> zu spät einsetzen.<br />

Wenn sich solche Anzeichen bemerkbar machen,<br />

sollte dies mit dem behandelnden Arzt besprochen<br />

werden. Es gibt verschiedene Möglichkeiten, eine<br />

Schluckstörung zu diagnostizieren. Welche Möglichkeit<br />

speziell für Sie in Frage kommt, entscheidet<br />

<strong>der</strong> Arzt je nach Fragestellung.<br />

Die endoskopische Untersuchung<br />

Die Untersuchung wird meistens von einem Phoniater<br />

durchgeführt. Hierbei wird ein kleines<br />

Schläuchlein durch ein Nasenloch bis in den Rachen-/Halsraum<br />

geführt.<br />

Am Ende des Schlauches befindet sich eine kleine<br />

Kamera, mit <strong>der</strong> man gut alle wichtigen anatomischen<br />

Strukturen einsehen kann. Der Betroffene<br />

bekommt nun mit Lebensmittelfarbe angefärbtes<br />

Wasser zu trinken. Anhand <strong>der</strong> Kamera kann <strong>der</strong><br />

Weg <strong>der</strong> Flüssigkeit verfolgt werden und man kann<br />

erkennen, an welcher Stelle es zu Schwierigkeiten<br />

kommt. Danach erfolgt eine Schluckkontrolle mit<br />

Götterspeise, anschließend eventuell noch mit<br />

Keks.<br />

Diese Untersuchung ist nicht schmerzhaft, vielleicht<br />

drückt zu Beginn <strong>der</strong> Schlauch ein bisschen<br />

und macht ein ungewohntes Gefühl. Die endoskopische<br />

Untersuchung zeigt sehr gut, wo die Pro-


leme beim Schlucken liegen, sie gibt auch die<br />

Möglichkeit, die Nahrung sicher für den Betroffenen<br />

einzustellen und/o<strong>der</strong> Therapieziele für eine<br />

Schlucktherapie zu formulieren.<br />

Die radiologische Untersuchung<br />

Diese Untersuchung wird von einem Radiologen<br />

durchgeführt. Der Betroffene bekommt Flüssigkeit,<br />

Brei o<strong>der</strong> festere Kost zu trinken/zu essen, die<br />

mit Kontrastmittel angereichert sind. Während des<br />

Trinkens/Essens wird dann ein Röntgenfilm gemacht.<br />

Auf diesem Film sieht man den ganzen<br />

Schluckablauf sehr deutlich, auch lässt sich gut abschätzen,<br />

wie viel von dem Trinken/Essen in die<br />

Lunge kommt. Auch hier lässt sich anhand <strong>der</strong> Bil<strong>der</strong><br />

eine Schlucktherapie planen, die Kost einstellen<br />

o<strong>der</strong> die Entscheidung für das Legen einer PEG<br />

diskutieren.<br />

Die logopädische Schluckuntersuchung<br />

Die Logopädin verschafft sich erst einmal ein Bild<br />

<strong>der</strong> einzelnen Funktionen im Kopf/Hals/Gesichtsund<br />

Mundbereich. Außerdem wird gezielt nach<br />

den Schwierigkeiten bei <strong>der</strong> Nahrungsaufnahme,<br />

des Speichelschluckens gefragt. Im anschließenden<br />

Schluckscreening wird mit Flüssigkeit und Götterspeise<br />

überprüft, wie <strong>der</strong> Kehlkopf sich hebt, die<br />

Stimme danach klingt, <strong>der</strong> Mundinnenraum gesäubert<br />

ist. Auch hier ist das Ziel, den Betroffenen<br />

adäquat zu unterstützen.<br />

Mögliche Therapieinhalte einer<br />

Schlucktherapie<br />

Die Therapieinhalte sind individuell verschieden<br />

und bedürfen einer exakten Anpassung am jeweiligen<br />

<strong>Krankheit</strong>sstadium. Dadurch än<strong>der</strong>n sich die<br />

Therapieziele mit <strong>der</strong> Progredienz <strong>der</strong> Erkrankung.<br />

74<br />

Es gibt 5 Säulen <strong>der</strong> Schlucktherapie:<br />

1. Die Kosteinstellung:<br />

Anhand <strong>der</strong> Untersuchungsergebnisse wird gemeinsam<br />

mit dem Betroffenen beraten, welche<br />

Nahrungsmittel geeignet sind. Auch wird geschaut,<br />

ob die Flüssigkeitsbilanz noch stimmt<br />

und ob die Flüssigkeit mit einem speziellen Andickungsmittel<br />

versetzt werden soll (z.B. Thick<br />

and easy von Fresenius, o<strong>der</strong> an<strong>der</strong>e von Nestlé,<br />

Novartis, etc.). Vielleicht können spezielle Hilfsmittel<br />

das Essen und Trinken noch unterstützen.<br />

2. Die Übungen:<br />

Übungen in <strong>der</strong> Schlucktherapie dürfen nie ermüden,<br />

sie sollen das Schlucken erleichtern.<br />

Kraftübungen haben in <strong>der</strong> Therapie mit ALS<br />

Patienten nichts zu suchen. Wenn Sie nach einer<br />

Schlucktherapie erschöpft sind, so besprechen<br />

Sie das mit Ihrem Therapeuten.<br />

3. Haltungsän<strong>der</strong>ungen:<br />

Manchmal kann eine kleine Än<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Kopfhaltung,<br />

eine aufrechte Schrägstellung im Liegen<br />

das Schlucken erleichtern. Häufig finden<br />

Sie das als Betroffener selber heraus, wann und<br />

wie Ihnen das Essen und Trinken besser gelingt.<br />

Für den Therapeuten sind das wichtige Informationen,<br />

um die Therapie noch effektiver zu gestalten.<br />

4. Atmung:<br />

Dies ist schon in <strong>der</strong> Physiotherapie ein wichtiger<br />

Schwerpunkt, <strong>der</strong> sich aber in <strong>der</strong> Schlucktherapie<br />

wie<strong>der</strong> findet und im idealen Fall auch<br />

ergänzt. Es ist sehr wichtig an <strong>der</strong> Atmung zu arbeiten,<br />

um den Hustenstoß noch so lange wie<br />

möglich kräftig zu halten.<br />

5. Angehörigenarbeit:<br />

Essen und Trinken findet in <strong>der</strong> Gemeinschaft<br />

statt. Deshalb ist die Beratung <strong>der</strong> Angehörigen<br />

gerade was die Speisezubereitung, die geeignete<br />

Koststufe, etc. sehr wichtig.<br />

Tipps für den Alltag<br />

z.B. Der Nasenkerbenbecher<br />

Der Nasenkerbenbecher hat einen Ausschnitt,<br />

damit die Nase hereinpasst. Das hat zum Vorteil,<br />

dass <strong>der</strong> Kopf beim Trinken unten bleiben kann<br />

und man schluckweise abtrinken kann.<br />

Ein Glas mit einem großen Durchmesser hat einen<br />

ähnlichen Effekt.


z.B. Das Andicken von Flüssigkeit<br />

Viele Betroffene lehnen das Andicken von Flüssigkeiten<br />

ab. Sie möchten trinken und nicht so ein<br />

„zähes Etwas“ zu sich nehmen. Um die Flüssigkeitsbilanz<br />

zu sichern und wenn die breiige Kost<br />

noch gut zu schlucken geht, kann man sich seine<br />

Lieblingssäfte so dick wie einen Kompott andicken.<br />

Den kann man löffeln, er zählt aber trotzdem<br />

zur Flüssigkeitsbilanz<br />

75<br />

z.B. Wärmeteller<br />

Wenn die Mahlzeiten länger dauern, kühlt das<br />

Essen aus. Damit wird es häufig auch unansehnlich<br />

und es schmeckt auch nicht mehr so gut. Ein<br />

Wärmeteller hält die Mahlzeit bis zum Ende gut<br />

warm.<br />

z.B. Das Auge isst mit – auch pürierte Kost<br />

kann gut aussehen<br />

Wenn das Essen nur noch aus Breiklecksen besteht,<br />

mag man gar nicht mehr gerne essen. Auch<br />

hier ist es wichtig, die Beilagen getrennt auf den<br />

Teller zu tun. Auch ist es wichtig, püriertes Essen<br />

etwas anzudicken, so verhin<strong>der</strong>t man, dass Flüssigkeit<br />

austritt, die ja eventuell auch wie<strong>der</strong> gefährlich<br />

sein kann. Auch gibt es Förmchen, die man mit pürierter<br />

Kost füllen kann, sodass man auf dem Teller<br />

wie<strong>der</strong> erkennt, was das Fleisch, Gemüse, etc. sein<br />

soll.


ERNÄHRUNG ÜBER EINE PEG-SONDE<br />

Professor Dr. med. Axel Riecker , Ulm<br />

Einführung<br />

Der Ernährung wird bei <strong>der</strong> ALS nicht nur beim<br />

Auftreten von Schluckstörungen und daraus resultierenden<br />

Ernährungsstörungen eine wichtige<br />

Rolle zugesprochen. Die Aufrechterhaltung einer<br />

physiologischen Ernährung ist eng mit <strong>der</strong> Lebensqualität<br />

verknüpft. Es ist bekannt, dass bis zu 15 %<br />

<strong>der</strong> ALS-Patienten bereits vor dem Auftreten neuromuskulärer<br />

Symptome, o<strong>der</strong> – trotz fehlen<strong>der</strong><br />

bulbärer Beteiligung auch während des <strong>Krankheit</strong>sverlaufes<br />

– einen signifikanten Gewichtsverlust<br />

erleiden. Einem deutlichen Gewichtsverlust,<br />

welcher als unabhängiger krankheitsmodifizieren<strong>der</strong><br />

und prognostisch ungünstiger Faktor gilt, sollte<br />

so früh wie möglich begegnet werden. Eine beson<strong>der</strong>e<br />

Diät ist nicht erfor<strong>der</strong>lich, jedoch sollte auf<br />

eine regelmäßige kalorien- und nährstoffreiche und<br />

ausgewogene Ernährung geachtet werden. Im Verlauf<br />

<strong>der</strong> ALS setzt bei 75% <strong>der</strong> Patienten eine<br />

Schluckstörung (Dysphagie) ein. Diese birgt neben<br />

einer Aspirationsgefahr auch eine fortschreitende<br />

Mangelernährung. Aspiration bedeutet, dass Speichel,<br />

Magensaft o<strong>der</strong> Nahrung in die Luftröhre gelangen<br />

und zu einer Lungenentzündung führen<br />

können. Die Möglichkeiten <strong>der</strong> oralen Ernährung<br />

sollten bei Verdacht auf eine Schluckstörung durch<br />

eine klinische und gegebenenfalls auch durch eine<br />

zusätzliche, apparative Schluckuntersuchung (fiberendoskopische<br />

o<strong>der</strong> videofluroskopische Schluckuntersuchung)<br />

geprüft werden. Hierbei kann man<br />

entscheiden ob eine Kostanpassung (z.B. Einsatz<br />

von pürierter Kost, Andicken von Flüssigkeiten,<br />

etc.) und/o<strong>der</strong> verschiedene Schlucktechniken bzw.<br />

Haltungsän<strong>der</strong>ungen ausreichen, o<strong>der</strong> wie im Verlauf<br />

<strong>der</strong> Erkrankung häufig eine enterale Ernährung<br />

über Ernährungssonden notwendig ist. Am<br />

Anfang <strong>der</strong> Erkrankung sind diätetische Maßnahmen,<br />

wie Än<strong>der</strong>ung von Nahrungs- und Flüssigkeitskonsistenz<br />

und das Vermitteln von Schlucktechniken<br />

und Haltungsän<strong>der</strong>ungen (Logopädie)<br />

häufig sehr hilfreich für eine ausreichende orale<br />

Ernährung. Die Entscheidung zur Empfehlung<br />

einer Anlage einer Ernährungssonden sollte möglichst<br />

gemeinsam im Team (Patient - Angehörige /<br />

Pflegende – Logopäde – Arzt), unter ärztlicher Verantwortung<br />

entschieden und auch getragen werden,<br />

wenn vorab alle Therapieoptionen ausgeschöpft<br />

sind.<br />

76<br />

Enterale Ernährung<br />

Enteral bedeutet, dass die Ernährung direkt über<br />

den Magen-Darm-Trakt erfolgt. Das erfor<strong>der</strong>t den<br />

Einsatz von so genannten Ernährungssonden, über<br />

die Flüssigkeiten bzw. flüssige o<strong>der</strong> dünnbreiige<br />

Nahrung und auch Medikamente verabreicht werden<br />

können. Die verfügbare Palette von nährstoffdefinierten<br />

Diäten- und Sondenkostformen bietet<br />

zusammen mit den einfach anzuwendenden gewebefreundlichen<br />

Ernährungssondensystemen vielfältige<br />

Möglichkeiten für eine praktikable, patientenorientierte<br />

und komplikationsarme enterale Ernährung.<br />

Ernährungssonden<br />

Verschiedene Ernährungssonden stehen zur Verfügung.<br />

Kurzfristig, d.h. maximal über 14 Tage kann<br />

die Nahrungs- und Flüssigkeitszufuhr über eine nasogastrale<br />

Sonde erfolgen. Abhängig von <strong>der</strong><br />

Dauer <strong>der</strong> Anwendung bestehen jedoch eine erhöhte<br />

Aspirationsgefahr und die Gefahr <strong>der</strong> Ausbildung<br />

von Druckstellen im Bereich <strong>der</strong> Nase, des<br />

Rachens, <strong>der</strong> Speiseröhre und des Magens sowie<br />

<strong>der</strong> Fehlplatzierung <strong>der</strong> Sonde. Zudem wird die<br />

von Logopäden durchgeführte Schlucktherapie<br />

durch eine liegende nasogastrale Sonde erschwert.<br />

Wegen ihrer technisch einfachen und sicheren Anlagemöglichkeit<br />

und <strong>der</strong> hohen Akzeptanz durch<br />

die Patienten hat die Anlage einer PEG- o<strong>der</strong> auch<br />

PEJ-Sonde (Bild 1a und b) weltweit schnell eine<br />

starke Verbreitung erfahren und ist mittlerweile die<br />

Methode <strong>der</strong> Wahl für die mittel- und langfristige<br />

enterale Ernährung von Patienten, die wegen einer<br />

Schluckstörung nicht mehr ausreichend Nahrung<br />

zu sich nehmen können. Die perkutane endoskopische<br />

Gastrostomie (PEG) ist die Anlage einer Ernährungssonde<br />

mit Hilfe eines Endoskops durch<br />

die Bauchwand in den Magen, die perkutane endoskopische<br />

Jejunostomie (PEJ) in den oberen Abschnitt<br />

des Dünndarms. Der Begriff "perkutan" leitet<br />

sich aus dem Lateinischen ab und kann mit<br />

„durch die Haut hindurch“ übersetzt werden. Entgegen<br />

landläufiger Meinungen kann auch bei bestehen<strong>der</strong><br />

PEG- bzw. PEJ-Sonde eine zusätzliche<br />

orale Nahrungsaufnahme – in Abhängigkeit von<br />

<strong>der</strong> Schluckstörung - erfolgen. Die Vorteile einer<br />

PEG liegen darin, dass eine Ernährung sowohl<br />

über die Schwerkraft als Bolusgabe als auch über<br />

eine Pumpe möglich ist. Nachteilig wirkt sich das<br />

Risiko einer Aspiration aus, das durch eine 30<br />

Grad Hochlagerung des Oberkörpers während <strong>der</strong><br />

Ernährung minimiert werden kann. Die Benutzung<br />

<strong>der</strong> PEG kann erst 24 Stunden nach Anlage <strong>der</strong>


Sonde erfolgen. Die PEJ ermöglicht eine Ernährung<br />

ausschließlich unter <strong>der</strong> Verwendung einer<br />

Pumpe (max. 200 ml/h) unter Vernachlässigung<br />

einer Aspirationsgefahr. Eine Nahrungskarenz<br />

nach Anlage <strong>der</strong> Sonde ist nicht nötig.<br />

Der Vollständigkeit halber sei erwähnt, dass es<br />

weitere Sondenarten gibt, die für ALS-Patienten jedoch<br />

nur eine untergeordnete Rolle darstellen und<br />

auf die deshalb hier nicht eingegangen werden soll.<br />

Abb. 1a) PEG Abb. 1b) PEJ<br />

Möglichkeiten <strong>der</strong> Sondenanlage<br />

Die PEG- / PEJ-Anlage kann durch verschiedene<br />

Techniken erfolgen. Zum einen mittels <strong>der</strong> Fadendurchzugs-Technik<br />

(PULL – Methode), mittels<br />

Seldinger-Technik (PUSH-Methode) und durch<br />

eine Direktpunktion. Letztere wird wegen erhöhter<br />

Komplikationsraten (Wundheilungsstörungen, Aszites,<br />

drohende Blutungen) selten verwendet. Die<br />

Fadendurchzugmethode hat sich als technisch einfache<br />

und sichere Methode in <strong>der</strong> klinischen Praxis<br />

durchgesetzt.<br />

Ablauf <strong>der</strong> Ernährungssonden -<br />

anlage<br />

Es steht eine Vielzahl von PEG-Anlagetechniken<br />

und PEG-Sondensystemen kommerziell zur Verfügung,<br />

die mit einer technischen Erfolgsrate von<br />

über 99% bei einer methodenbedingten Letalität<br />

von nahezu 0% in <strong>der</strong> Hand des erfahrenen Arztes<br />

angelegt werden können. Die Sondenanlage wird<br />

auf endoskopischem Weg (Ösophago-Gastro-Duodenoskopie)<br />

- ohne Operation - im Rahmen einer<br />

Magenspiegelung durchgeführt (Bild 2). Die Prozedur<br />

dauert durchschnittlich 15 Minuten. Gewöhnlich<br />

ist für diese Maßnahme keine Vollnarkose<br />

notwendig. Eine leichte medikamentöse Beruhigung<br />

wird jedoch empfohlen. Nach Einführen<br />

des Gerätes für die Magenspiegelung (Endoskop)<br />

über den Mund, die Speiseröhre und den Magen<br />

wird dieser durch Einblasen von Luft entfaltet. Ist<br />

das Licht des Endoskops dann von außen auf <strong>der</strong><br />

Bauchhaut zu sehen, wird an dieser Stelle eine ört-<br />

77<br />

liche Betäubung mit einem Lokalanästhetikum, die<br />

das Schmerz- und Berührungsempfinden für eine<br />

gewisse Zeit ausschaltet, durchgeführt. Anschließend<br />

wird über eine etwas dickere Nadel ein langer<br />

Faden in den Magen vorgeschoben. Dieser Faden<br />

wird mit einer kleinen Zange gefasst und durch<br />

Zurückziehen des Endoskops aus dem Mund herausgeführt.<br />

An das Fadenende wird nun die Ernährungssonde<br />

befestigt und durch Zug am an<strong>der</strong>en<br />

Fadenende über Mund, Speiseröhre und Magen<br />

durch die Bauchdecke herausgezogen. Eine kleine<br />

Rückhaltescheibe am inneren Ende im Magen<br />

sowie eine Gegenplatte auf <strong>der</strong> Bauchhaut verhin<strong>der</strong>n<br />

das Herausrutschen <strong>der</strong> Ernährungssonde.<br />

Die enterale Ernährung kann in <strong>der</strong> Regel einen<br />

Tag, nachdem die Ernährungssonde angelegt<br />

wurde, beginnen.<br />

Bei entsprechen<strong>der</strong> Pflege kann die Sonde über<br />

viele Jahre komplikationslos benutzt werden. Ist<br />

sie nicht mehr nötig bzw. wird <strong>der</strong> Wunsch nach<br />

Entfernung geäußert, kann sie wie<strong>der</strong> herausgezogen<br />

werden. Der Stichkanal wächst dann von alleine<br />

wie<strong>der</strong> zu.<br />

Abb. 2) Anlegen <strong>der</strong> Sonde<br />

Mögliche Komplikationen<br />

Je<strong>der</strong> Eingriff und jede Untersuchungsmethode<br />

bringt die Gefahr von Komplikationen mit sich.<br />

Das ist bei endoskopischen Untersuchungen sehr<br />

selten jedoch nicht völlig ausgeschlossen. Das<br />

Komplikationsrisiko dieser weltweit als Standardverfahren<br />

durchgeführten Endoskopie ist als sehr<br />

niedrig einzustufen.<br />

Neben Überempfindlichkeitsreaktionen auf das<br />

Beruhigungsmittel o<strong>der</strong> Herz- Kreislauf-Reaktionen<br />

können Verletzungen <strong>der</strong> Wand <strong>der</strong> Speiseröhre,<br />

des Magens, des Kehlkopfes und <strong>der</strong> Luftröhre<br />

durch das Endoskop auftreten. Ebenso kann


es nach Anlage <strong>der</strong> Ernährungssonde zu einer Entzündung<br />

im Bereich <strong>der</strong> Einstichstelle bzw. auch<br />

des Bauchfells kommen. Sollte dies auftreten, kann<br />

ein stationärer Aufenthalt, eine erneute endoskopische<br />

Untersuchung o<strong>der</strong> auch eine Operation erfor<strong>der</strong>lich<br />

werden. Durch eine Verkettung unglücklicher<br />

Umstände kann sich hieraus auch einmal eine<br />

<strong>leben</strong>sgefährliche Situation ergeben.<br />

Untersuchungen an ALS-Patienten haben gezeigt,<br />

das je nach Untersuchungsart Platzierungsprobleme<br />

zwischen 1-45%, Laryngospasmen bei<br />

7.2%, Lokalinfekte bei 6.6%, Bauchfellentzündungen<br />

bei 3.6%, Magenblutungen bei 1%, Aspirationspneumonien,<br />

Ateminsuffizienz und Atemstillstand<br />

(Atelektasen bei Luftinsufflation und Diaphragmaparese)<br />

mit konsekutivem Ab<strong>leben</strong> <strong>der</strong> Patienten<br />

bei 3.6% <strong>der</strong> beobachteten Patienten auftreten<br />

können.<br />

Indikationen<br />

Generell ist eine enterale Ernährung über eine<br />

PEG/PEJ-Sonde bei Patienten, denen eine quantitativ<br />

o<strong>der</strong> qualitativ ausreichende Nahrungsaufnahme<br />

nicht mehr möglich ist, zu erwägen. Primäres<br />

Ziel einer enteralen Sondenernährung ist die<br />

Vermeidung des weiteren Gewichtsverlustes mit<br />

konsekutiver Reduktion <strong>der</strong> Lebensqualität <strong>der</strong> Patienten.<br />

Unter dieser Zielsetzung ergibt sich über<br />

verschiedene Fachgebiete ein breites Indikationsspektrum<br />

für die Anlage einer PEG/PEJ-Sonde:<br />

· Krebs-Erkrankungen: einengende Geschwüre im<br />

Hals- und Nasenbereich, in <strong>der</strong> Speiseröhre, Bestrahlung<br />

/ Chemotherapie mit zu erwartendem<br />

Gewichtsverlust, Kachexie, etc.<br />

· Neurologische Erkrankungen (potenziell reversible<br />

und irreversible Schluckstörungen): Schlaganfall,<br />

Schädel-Hirnverletzungen, Hirntumoren,<br />

neurodegenerative Erkrankungen (z.B. die ALS),<br />

atypische Parkinsonsyndrome und Muskelerkrankungen<br />

mit Beteiligung <strong>der</strong> Schlundmuskulatur<br />

Kontraindikationen<br />

Zu den absoluten Kontraindikationen, bei denen<br />

eine endoskopische Anlage einer Ernährungssonde<br />

nicht möglich ist, gehören:<br />

· Schwere Blutgerinnungsstörungen<br />

· Verletzungen innerer Organe beim Durchstechen<br />

<strong>der</strong> Bauchhaut<br />

78<br />

· Krebsgeschwüre im Bauchfell<br />

(Peritonealkarzinose)<br />

· Bauchfellentzündung (Peritonitis)<br />

· nicht behandelte, ausgeprägte Wasseransammlung<br />

im Bauchraum (Aszites)<br />

Bestehen Folgeerscheinungen früherer Bauchoperationen<br />

(Teilentfernungen des Magens, Verwachsungen)<br />

o<strong>der</strong> eine ausgeprägte Dickleibigkeit sollte<br />

erwogen werden, die Ernährungssonde durch eine<br />

Bauchoperation legen zu lassen. Eine relative<br />

Kontraindikation besteht bei dem Vorliegen eines<br />

Morbus Crohn (Fisteln), von Speiseröhrenverengungen<br />

o<strong>der</strong> –varizen und bei einer Immunsuppression.<br />

Sondenpflege<br />

Nach <strong>der</strong> Anlage einer Ernährungssonde sollte vorsichtig<br />

nach einem zuvor individuell erstellten Ernährungsplan<br />

und nach Schulung des Patienten<br />

und seiner Angehörigen ein Kostaufbau erfolgen.<br />

Die Sonde sollte regelmäßig auf ihre Festigkeit und<br />

bezüglich Entzündungen an <strong>der</strong> Einstichstelle<br />

überprüft werden. Wichtig ist, dass insbeson<strong>der</strong>e<br />

die verschriebenen Medikamente auf ihre Sondengängigkeit<br />

überprüft werden (Rilutek® ist sondengängig).<br />

Verklebungen <strong>der</strong> Sonden sollten vermieden<br />

werden, da sonst eine erneute Endoskopie notwendig<br />

wird.<br />

Wann ist <strong>der</strong> richtige Zeitpunkt<br />

<strong>der</strong> Sondenanlage?<br />

Durch eine Ernährungssonde werden die Ernährungslage,<br />

konsekutiv somit auch die Lebensqualität<br />

und höchstwahrscheinlich auch die Lebensdauer<br />

positiv beeinflusst. Problematisch für die<br />

ALS ist, dass die Sondenanlage eine milde Sedierung<br />

erfor<strong>der</strong>t. Für Patienten im fortgeschrittenen<br />

Stadium <strong>der</strong> Erkrankung mit o<strong>der</strong> ohne respiratorische<br />

Beeinträchtigung ist die Prozedur vergleichsweise<br />

risikobehaftet. Der Zeitpunkt <strong>der</strong> Ernährungssonden-Anlage<br />

wird hauptsächlich von den<br />

Symptomen (Schluckstörungen), dem Ernährungszustand<br />

und <strong>der</strong> Atemfunktion bestimmt. Um die<br />

Risiken zu minimieren wird empfohlen die Ernährungssonden-Anlage<br />

durchzuführen, bevor die Vitalkapazität<br />

unter 50% fällt. Eine neue Alternative,<br />

die jedoch nur in wenigen Einrichtungen angeboten<br />

wird, bietet eine radiologische Technik (PRG).<br />

Hauptvorteil <strong>der</strong> PRG ist, dass die Anlage keine<br />

Sedierung erfor<strong>der</strong>t und auch bei Patienten mit respiratorischer<br />

Beeinträchtigung o<strong>der</strong> in einem<br />

schlechten Allgemeinzustand möglich ist.


Folgende Empfehlungen sollten in<br />

die Betreuung von ALS-Patienten<br />

eingehen:<br />

1. Bei jedem Arzt-Patienten-Kontakt sollte die<br />

Schluckfunktion, <strong>der</strong> Ernährungsstatus und das<br />

Gewichtsverhalten evaluiert werden<br />

2. Bei beginnen<strong>der</strong> Dysphagie sollten <strong>der</strong> Patient<br />

und Angehörige nach einer klinischen und apparativen<br />

Schluckdiagnostik über diätetische Maßnahmen<br />

sowie therapeutische Möglichkeiten informiert<br />

werden<br />

3. Bei einem Gewichtsverlust von > 10% des Ausgangsgewichtes<br />

sollte <strong>der</strong> Einsatz hochkalorischer<br />

Nahrungsergänzungen erwogen werden<br />

4. Der Zeitpunkt <strong>der</strong> Ernährungssonden-Anlage<br />

hängt vom Ausmaß bulbärer Symptomen, einer<br />

möglichen Mangelernährung (Gewichtsabnahme<br />

über 10%), <strong>der</strong> respiratorischen Funktion<br />

und dem Allgemeinzustand des Patienten ab.<br />

Allgemein wird eine frühe Anlage empfohlen.<br />

79<br />

5. Patienten und Betreuer sollten umfassend über<br />

die Ernährungssonde informiert werden, insbeson<strong>der</strong>e<br />

darüber, dass eine orale Nahrungsaufnahme<br />

in Abhängigkeit von einer bestehenden<br />

Schluckstörung weiter möglich ist und dass das<br />

Verschieben <strong>der</strong> Ernährungssonden-Anlage das<br />

Risiko <strong>der</strong> Prozedur erhöhen kann.<br />

6. Die vorbeugende Medikation mit Antibiotika am<br />

Tag <strong>der</strong> Ernährungssonden-Anlage kann das Risiko<br />

von Infektionen senken.


7 Atmung und Beatmung<br />

ATEMTHERAPIE, MANAGEMENT DES<br />

SEKRETS, BRONCHIALTOILETTE<br />

Dr. med. Jens Geiseler, Gauting<br />

Die ALS führt als chronisch fortschreitende Erkrankung<br />

bei den meisten Patienten im Verlauf zu<br />

Atemproblemen. Diese werden durch den Befall<br />

von 3 verschiedenen Muskelgruppen verursacht:<br />

Einatemmuskulatur, Ausatemmuskulatur und die<br />

Muskulatur des Rachen-/Kehlkopfbereichs (bulbäre<br />

Muskulatur).<br />

Folge des Befalls <strong>der</strong> Einatemmuskulatur – Hauptmuskel<br />

ist das Zwerchfell – ist eine Unterbeatmung<br />

<strong>der</strong> Lunge (alveoläre Hypoventilation), d.h.<br />

die Abatmung des von den Körperzellen produzierten<br />

Kohlendioxids ist eingeschränkt. Daneben ist<br />

aber auch <strong>der</strong> Hustenstoß eingeschränkt. Der Kohlendioxidspiegel<br />

im Blut steigt an, und sekundär<br />

80<br />

kommt es auch zu einem Abfall des Sauerstoffgehaltes<br />

des Blutes. Die Therapie besteht hier in<br />

einer Unterstützung o<strong>der</strong> einem Ersatz <strong>der</strong> Einatemmuskulatur<br />

durch ein Beatmungsgerät (s.Abschnitt<br />

„Nichtinvasive häusliche Beatmung“).<br />

Eine Schwäche <strong>der</strong> Ausatemmuskulatur – hier in<br />

erster Linie <strong>der</strong> Bauchmuskulatur – führt zu einer<br />

Abschwächung des Hustenstoßes. Es droht eine<br />

Ansammlung von Sekret in den Luftwegen, mit<br />

teilweise komplettem Verschluss <strong>der</strong>selben (Atelektase)<br />

o<strong>der</strong> sekundärer Infektion durch Besiedelung<br />

<strong>der</strong> schlecht belüfteten Lungenanteile mit<br />

Bakterien.<br />

Eine Lähmung <strong>der</strong> bulbären Muskulatur ist verantwortlich<br />

für Schluckstörungen mit Verschlucken<br />

(Aspirationen), was bei <strong>der</strong> ALS häufig vorkommt.<br />

Auch die Fähigkeit zu husten ist dann eingeschränkt.<br />

Schwäche <strong>der</strong> Einatemmuskulatur Führt zu Min<strong>der</strong>atmung,<br />

aber auch zur Abhuststörung<br />

Schwäche <strong>der</strong> Ausatemmuskulatur Führt zur Abhuststörung<br />

Schwäche <strong>der</strong> Rachenmuskulatur Führt zur Aspiration<br />

Wie funktioniert ein normaler<br />

Hustenstoß?<br />

Die Bronchialdrüsen produzieren kontinuierlich<br />

geringe Mengen Sekret, das durch die Flimmerhäarchen<br />

<strong>der</strong> Deckschicht <strong>der</strong> Bronchien in Richtung<br />

Kehlkopf aus den Atemwegen heraustransportiert<br />

wird. Beim Verschlucken von Speichel/Nahrung<br />

o<strong>der</strong> bei vermehrter Sekretbildung, z.B. im Rahmen<br />

eines Infektes, reicht dieser Reinigungsmechanismus<br />

<strong>der</strong> Atemwege nicht mehr aus – hierzu<br />

wird ein effektiver Hustenstoß benötigt, <strong>der</strong> den<br />

Schleim durch die hohe Strömungsgeschwindigkeit<br />

quasi aus den Atemwegen herausreißt.<br />

Für einen effektiven Hustenstoß sind 3 Komponenten<br />

erfor<strong>der</strong>lich: Zuerst einmal eine ausreichend<br />

tiefe Einatmung vor dem Husten, Minimalanfor<strong>der</strong>ung<br />

ist die Einatmung von mindestens 1,5 Liter<br />

Luft. Anschließend müssen die Stimmbän<strong>der</strong> geschlossen<br />

werden und geschlossen bleiben, trotz<br />

Druckanstieg im Brustkorb als Folge <strong>der</strong> Anspannung<br />

<strong>der</strong> Ausatemmuskulatur, bis es dann zu<br />

einem plötzlichen Öffnen <strong>der</strong> Stimmbän<strong>der</strong> und<br />

nachfolgend zu einem Ausströmen <strong>der</strong> Luft aus<br />

den Lungen kommt. Hierbei werden physiologischerweise<br />

hohe Strömungsgeschwindigkeiten von<br />

bis zu 360 – 500 l/min Spitzenfluss erreicht. Minimal<br />

effektive Strömungsgeschwindigkeiten sollten<br />

über 270 l/min Husten-Spitzenfluss liegen.<br />

Patienten mit ALS haben bei Befall einer o<strong>der</strong><br />

mehrerer <strong>der</strong> oben beschriebenen Muskelgruppen<br />

regelhaft einen abgeschwächten Hustenstoß. Folgen<br />

hiervon sind Sekretansammlung in den Atemwegen,<br />

Infektionen, Atemnot und Erstickungsängste.<br />

Möglichkeiten des<br />

Sekretmanagements bei ALS<br />

Die Physiotherapie bietet einige Möglichkeiten bei<br />

ALS, das Sekretmanagement zu erleichtern. Hierbei<br />

ist es wichtig, grundsätzlich 2 Komponenten<br />

des Sekretmanagements zu unterscheiden, die nur<br />

in Kombination bei vielen Patienten erfolgreich<br />

sind: auf <strong>der</strong> einen Seite die Mobilisierung des Sekrets<br />

(Sekretolyse), das an <strong>der</strong> Wand <strong>der</strong> Bronchien<br />

anhaftet – hierbei hilfreich können Vibrationsmassagen,<br />

Inhalation von hypertoner Kochsalzlösung,<br />

Flutter etc. sein. Diese Sekretolyse muss aber bei<br />

ALS gefolgt werden von Hilfen zum Abhusten<br />

(Sekretexpektoration), da aus dem oben Gesagten<br />

klar hervorgeht, dass die Abhustschwäche eigent-


lich das Hauptproblem bei ALS darstellt. Für die<br />

Sekretexpektoration bieten sich mehrere Möglichkeiten<br />

an, die aber nur für diejenigen Patienten,<br />

die nicht an einer ausgeprägten bulbären Lähmung<br />

leiden, geeignet sind: Air stacking („Luft-stapeln“),<br />

manuell assistiertes Husten und mechanisch<br />

unterstütztes Husten.<br />

Air stacking bedeutet, dass dem Patient zum Beispiel<br />

mit einem Beatmungsbeutel über Mundstück<br />

o<strong>der</strong> Nasenmaske mehrere Atemhübe hintereinan<strong>der</strong><br />

appliziert werden, die <strong>der</strong> Patient in <strong>der</strong> Lunge<br />

speichert ohne zwischendurch auszuatmen. Hierdurch<br />

wird die in <strong>der</strong> Lunge gesammelte Luftmenge<br />

vergrößert. Diese Maßnahme ist sinnvoll<br />

wenn eine eingeschränkte Einatemkapazität vorliegt<br />

und kann ausreichen, um den Hustenspitzenfluss<br />

anzuheben. Ist dies allein nicht effektiv, kann<br />

manuell <strong>der</strong> Hustenfluss weiter gesteigert werden,<br />

indem nach dem Air stacking zu Beginn <strong>der</strong> Ausatmung<br />

von einem Helfer mit <strong>der</strong> flachen Hand ein<br />

Druck auf den Oberbauch ausgeübt wird – hierdurch<br />

wird das Zwerchfell kopfwärts verschoben<br />

und <strong>der</strong> Hustenfluss beschleunigt. Dieses Manöver<br />

ist nicht ganz leicht, erfor<strong>der</strong>t gute Koordination<br />

und ist am besten von einem/r<br />

Physiotherapeuten/in durchzuführen.<br />

Wenn alle diese Maßnahmen keinen ausreichenden<br />

Effekt erzielen, kann einigen Patienten mit dem sogenannten<br />

„mechanical insufflator/exsufflator“<br />

(Cough Assist®) geholfen werden: Von dem Gerät,<br />

das über Mund-Nasen-Maske o<strong>der</strong> Mundstück mit<br />

dem Patienten verbunden ist, wird einerseits ein<br />

Überdruck bis zu 45 mbar aufgebaut, <strong>der</strong> zu einer<br />

ausreichenden Luftmenge in den Bronchien führt,<br />

an<strong>der</strong>erseits anschließend ein Unterdruck von bis<br />

zu – 45 mbar erzeugt, <strong>der</strong> quasi wie ein Staubsauger<br />

das Sekret aus den Atemwegen herauszieht.<br />

Die Effektivität dieser Maßnahme wurde mittlerweile<br />

bei vielen Patienten mit Hustenschwäche bestätigt<br />

- trotzdem gibt es Einschränkungen in <strong>der</strong><br />

Anwendung: Liegt eine ausgeprägte Schwäche <strong>der</strong><br />

bulbären Muskulatur vor, kommt es bei <strong>der</strong> Anlage<br />

des Unterdrucks zu einem Kollabieren des Rachenraums,<br />

so dass <strong>der</strong> Unterdruck nicht mehr in den<br />

Atemwegen wirkt. Einige Patienten mit bulbärer<br />

Lähmung reagieren auf den Überdruck mit einer<br />

paradoxen Engstellung <strong>der</strong> Stimmbän<strong>der</strong>, so dass<br />

die Füllung <strong>der</strong> Lunge mit Luft nicht mehr effektiv<br />

ist. Wenn mit allen diesen Maßnahmen keine effektive<br />

Steigerung des Hustenspitzenflusses möglich<br />

ist, stellt dies eine bedrohliche Situation dar. Deswegen<br />

muß bereits im Vorfeld mit den Patienten<br />

81<br />

besprochen werden, wie in solchen Situationen zu<br />

verfahren ist: Luftröhrenschnitt und invasive Beatmung<br />

o<strong>der</strong> palliative symptomlin<strong>der</strong>nde Maßnahmen.<br />

Das Wissen um diese Möglichkeiten zum Sekretmanagement<br />

ist lei<strong>der</strong> auch unter Ärzten<br />

und Physiotherapeuten nicht weit verbreitet.<br />

Wir empfehlen die Kontaktaufnahme zu einem<br />

Beatmungszentrum, das über große Erfahrung<br />

in Beatmung und Sekretmanagement bei Patienten<br />

mit neuromuskulären Erkrankungen<br />

verfügt. Da überprüft werden muss, welche sekreteliminierenden<br />

Maßnahmen angezeigt sind<br />

und dann diese Maßnahmen Patient, Angehörigen<br />

und Pflegepersonal gelehrt werden müssen,<br />

ist dies eigentlich nur im Rahmen stationärer<br />

Aufenthalte möglich.<br />

HEIMBEATMUNG: BEHANDLUNG DER<br />

ATEMMUSKELSCHWÄCHE BEI DER<br />

AMYOTROPHEN LATERALSKLEROSE<br />

PD Dr. Martin Winterholler, Schwarzenbruck<br />

Hintergrund - Historie und Effekte <strong>der</strong> Heimund<br />

Langzeitbeatmung<br />

Dank des Einsatzes <strong>der</strong> „eisernen Lunge“ überlebten<br />

viele Patienten mit Lähmungen <strong>der</strong> Atemmuskulatur<br />

die Polioepidemien <strong>der</strong> Nachkriegszeit.<br />

Nicht selten blieb den Patienten eine hochgradige<br />

Einschränkung <strong>der</strong> Funktion <strong>der</strong> Atemmuskulatur,<br />

die eine Langzeitbeatmung nötig<br />

machte. In Institutionen, selten auch in häuslicher<br />

Umgebung kam es so zu ersten Langzeitbeatmungen.<br />

Hier wurde ausschließlich Negativdruckbeatmungstechnik<br />

eingesetzt. Tankrespiratoren,<br />

die seit den 20er Jahren entwickelt wurden<br />

und <strong>der</strong>en Modifikationen nur Teile des Körpers<br />

umschlossen (Cuirass; Chest Shell; Pneumobelt)<br />

fanden Anwendung.<br />

Die Entwicklung kleiner, leichter und einfach zu<br />

bedienen<strong>der</strong> Heimbeatmungsgeräte und von Beatmungsmasken<br />

ermöglichte ab Anfang <strong>der</strong> 90er<br />

Jahre eine Beatmung von Patienten mit Lähmungen<br />

<strong>der</strong> Atemmuskulatur zu Hause.<br />

Diese „nicht invasive Heimbeatmung“ (NIH)<br />

wird in <strong>der</strong> Zwischenzeit bei einigen Tausend Patienten<br />

erfolgreich angewendet.


Die Überprüfung <strong>der</strong> Beatmungsindikation<br />

sollte in Muskelzentren, die die Beatmung<br />

selbst durchführen o<strong>der</strong> mit speziellen Lungenkliniken<br />

kooperieren, erfolgen.<br />

Während die Heimbeatmung bei wenig fortschreitenden<br />

neuromuskulären Erkrankungen ein Standardverfahren<br />

geworden ist, stellt die ALS auch erfahrene<br />

Neurologen immer wie<strong>der</strong> vor schwierige<br />

Entscheidungen.<br />

Wie häufig ist eine Atemmuskelschwäche<br />

bei <strong>der</strong> ALS?<br />

Lähmungen <strong>der</strong> Atemmuskulatur treten bei <strong>der</strong><br />

ALS regelhaft auf, bei 10-20% <strong>der</strong> Patienten bereits<br />

sehr früh im Erkrankungsverlauf. Nächtliche,<br />

schlafbezogene Atemstörungen sind unabhängig<br />

von <strong>der</strong> Vitalkapazität häufig. Fast 90% <strong>der</strong> ALS<br />

Patienten versterben an respiratorischen Komplikationen<br />

bzw. am Versagen <strong>der</strong> Atmung. Bei etwa<br />

10% <strong>der</strong> ALS Patienten besteht bereits bei o<strong>der</strong><br />

sogar vor Diagnosestellung eine zur Ateminsuffizienz<br />

und Beatmungspflicht führende Atemmuskelschwäche.<br />

Bei 60% <strong>der</strong> ALS Patienten wird die Lähmung <strong>der</strong><br />

Atemmuskulatur erst nach dem Verlust <strong>der</strong><br />

Gehfähigkeit im Rahmen <strong>der</strong> generalisierten Muskelatrophie<br />

manifest.<br />

Welche Folgen hat die Atemmuskelschwäche?<br />

Neuromuskuläre Erkrankungen führen aufgrund<br />

<strong>der</strong> Schwäche <strong>der</strong> Einatemmuskulatur zu einer vermin<strong>der</strong>ten<br />

Atembreite, einer „restriktiven Ventilationsstörung“<br />

mit niedriger Vital- (VK=atembare<br />

Lungenluft) und totaler Lungenkapazität (TK=gesamte<br />

Lungenluft). Die Atmung wird flacher, Kohlendioxid<br />

(CO2), das bei allen Stoffwechselvorgängen<br />

im Körper entsteht, wird nicht mehr ausreichend<br />

abgeatmet. Darüber hinaus kommt es zunächst<br />

im Tief- und Traumschlaf zu einer flacheren<br />

Atmung (Hypoventilation), die eine Störung des<br />

Nachtschlafes zur Folge hat („Schlaffragmentierung“),<br />

erst spät im Erkrankungsverlauf tritt Sauerstoffmangel<br />

während des Tages auf.<br />

Bei <strong>der</strong> klinisch-neurologischen Untersuchung beobachtet<br />

man eine flachere, schnellere Atmung,<br />

den Einsatz <strong>der</strong> Atemhilfsmuskulatur am Hals, die<br />

so genannte paradoxe Atmung mit Einziehung des<br />

Bauches während <strong>der</strong> Einatmung.<br />

82<br />

Der Betroffene berichtet typischerweise über<br />

Schlafstörungen, morgendliche Kopfschmerzen,<br />

Einschlafneigung am Tage. Hinzu kommen<br />

mangelnde Leistungsfähigkeit mit Konzentrationsstörungen,<br />

depressive Verstimmungen,<br />

Appetitmangel und Gewichtsabnahme.<br />

Diese sehr unspezifischen Symptome lassen<br />

primär nicht unbedingt an eine Atmungsstörung<br />

denken. Luftnot als Hinweis auf ein<br />

Atemproblem wird hier seltener genannt.<br />

Chronische „Unterbeatmung“ führt zu Schleimansammlungen<br />

mit Verlegung <strong>der</strong> kleinen Atemwege<br />

(Mikroatelektasen) in <strong>der</strong> Lunge. Es treten gehäuft<br />

Infekte auf. Diese Verän<strong>der</strong>ungen, insbeson<strong>der</strong>e<br />

die Abnahme <strong>der</strong> Atemmuskelkraft, führen zu<br />

einer Dekompensation <strong>der</strong> Atempumpe d.h. zur<br />

ventilatorischen Ateminsuffizienz mit Hyperkapnie<br />

(CO2 Anstieg) und meist nur geringer Hypoxämie<br />

(Sauerstoffmangel).<br />

Welche Diagnostik ist sinnvoll?<br />

Alle oben aufgeführten Verän<strong>der</strong>ungen können<br />

frühzeitig gemessen werden, so dass eine Therapieentscheidung<br />

fast immer rechtzeitig getroffen werden<br />

kann. Dennoch wird die Atemschwäche nicht<br />

selten spät erkannt, wenn schon deutliche Beschwerden<br />

vorliegen, oftmals erst dann, wenn eine<br />

intensivmedizinische Behandlung notwendig geworden<br />

ist. Um Atemstörungen rechtzeitig zu erkennen<br />

ist deshalb eine regelmäßige Untersuchung<br />

<strong>der</strong> Atemfunktion sinnvoll.<br />

Klinisches Untersuchen, Lungenfunktionsmessung,<br />

Blutgasanalyse und nächtliche<br />

Poly(somno)graphie sind hier die wesentlichen<br />

Untersuchungen.<br />

Lungenfunktionsprüfung (Spirometrie)<br />

Am einfachsten durchzuführen und nahezu überall<br />

verfügbar ist die Spirometrie. Die Messung <strong>der</strong> Vitalkapazität<br />

(Atembreite) stellt einen globalen Parameter<br />

für die Atemmuskelfunktion dar. Bei ausgeprägter<br />

Atemmuskelschwäche ist sie unter 50%<br />

eingeschränkt. Oft ist sie im Sitzen nur geringfügig,<br />

im Liegen jedoch stark herabgesetzt.<br />

Blutgase (BGA), nächtliches Monitoring<br />

Bei noch kompensierter Atempumpstörung wird<br />

durch eine Steigerung <strong>der</strong> Atmung <strong>der</strong> pCO2 im<br />

Normbereich gehalten, eine Hyperkapnie tritt erst<br />

bei dekompensierter Störung auf. Da sich die Hypoventilation<br />

im Schlaf deutlich verstärkt, ist eine


nächtliche Messung zu empfehlen. Oft sind die<br />

Werte tags im Wachzustand noch normal, nachts<br />

im Schlaf jedoch schon deutlich erhöht. Zur kontinuierlichen<br />

Messung eignet sich die Kapnographie<br />

o<strong>der</strong> transkutane pCO2-Registrierung. Die Hyperkapnie<br />

wird immer von einer Hypoxämie begleitet,<br />

da mit Anstieg des Kohlensäurepartialdruckes <strong>der</strong><br />

alveoläre Sauerstoffpartialdruck etwas abfällt.<br />

Somit kann indirekt durch nächtliche Oxymetrie<br />

(<strong>der</strong> Untersuchte darf nicht zusätzlichen Sauerstoff<br />

zugeführt bekommen) auch auf eine Hypoventilation<br />

geschlossen werden; eine Oxymetrie ist einfach<br />

durchzuführen.<br />

Polysomnograpie (Schlaflaboruntersuchung)<br />

Die Hypoventilation kann zu erheblichen Schlafstörungen<br />

führen, deswegen ist zumindest in Einzelfällen<br />

eine Polysomnographie angezeigt, auch<br />

aus differentialdiagnostischen Gründen.<br />

Indikationsstellung zur nichtinvasiven<br />

Heimbeatmung (NIH)<br />

Die Indikation zur Heimbeatmung sollte beim Auftreten<br />

<strong>der</strong> typischen Hypoventilationssymptomatik<br />

(Tabelle 2) geprüft werden. Dieses „neuromuskuläre<br />

Hypoventilationssyndrom“ ist gekennzeichnet<br />

durch den klinischen Nachweis einer Schwäche<br />

<strong>der</strong> Atemmuskulatur und eine Begleitsymptomatik,<br />

die zum einen Folge <strong>der</strong> nachtlichen Hypoventilation<br />

ist, aber auch Folge einer hypoventilationsbedingten<br />

Hyperkapnie sein kann.<br />

Eine Sicherung <strong>der</strong> Diagnose <strong>der</strong> ventilatorischen<br />

Insuffizienz (CVI) erfolgt durch die Bestimmung<br />

<strong>der</strong> Blutgase (bei Tag und Nacht), die Bestimmung<br />

<strong>der</strong> Lungenfunktion und eine Polygraphie/ Polysomnographie<br />

(nächtliche Untersuchung <strong>der</strong> Atmung).<br />

Unseres Erachtens sollten bei <strong>der</strong> Indikationsstellung<br />

die zeitliche Dynamik dieser Parameter gemeinsam<br />

mit dem Verlauf <strong>der</strong> Grun<strong>der</strong>krankung<br />

berücksichtigt werden. Bei rasch progredienten Erkrankungen<br />

o<strong>der</strong> NME mit bulbärer Beteiligung<br />

sollte entsprechend dem bei <strong>der</strong> ALS vorgegeben<br />

Schema vorgegangen werden (Abbildung 1), um<br />

rechtzeitig mit <strong>der</strong> Behandlung zu beginnen.<br />

Die Indikation zur nächtlichen Beatmung wird<br />

heute von vielen Autoren großzügiger gestellt: Sobald<br />

sich polysomnographisch eine REM-Schlafassoziierte<br />

Hypoventilation bzw. Weckreaktionen<br />

(Arousals) nachweisen lassen und diese zu Tagesmüdigkeit,<br />

Dyspnoe o<strong>der</strong> Kopfschmerz führen,<br />

kann die nächtliche NIV zur Besserung <strong>der</strong> Wachheit<br />

und Leistungsfähigkeit am Tage, in vielen Fäl-<br />

83<br />

len auch <strong>der</strong> Lebensqualität beitragen. Tabelle 1<br />

fasst den aktuellen Konsens zur Indikationsstellung<br />

<strong>der</strong> häuslichen Beatmung zusammen.<br />

Steht <strong>der</strong> Patient einer Beatmung prinzipiell positiv<br />

gegenüber o<strong>der</strong> hat er noch keine Entscheidung gefällt,<br />

sollten Atmung und Lungenfunktion entsprechend<br />

dem in Abbildung 1 vorgegebenen Schema<br />

in 3-monatigen Abständen beurteilt werden.<br />

Voraussetzungen <strong>der</strong> Heimbeatmung<br />

Jede Beatmung stellt einen medizinischen Eingriff<br />

dar, <strong>der</strong> nur nach ausführlicher Aufklärung erfolgen<br />

sollte. ALS Patienten sollten über den gesamten<br />

Erkrankungsverlauf einschließlich <strong>der</strong> Spätphase<br />

<strong>der</strong> Erkrankung mit Abhängigkeit von <strong>der</strong><br />

Beatmung aufgeklärt werden. Bei <strong>der</strong> Indikationsstellung<br />

sind auch die Persönlichkeit des Patienten,<br />

sein allgemeiner Gesundheitszustand und sozialer<br />

Hintergrund (Pflegebelastung <strong>der</strong> Angehörigen) zu<br />

berücksichtigen.<br />

Umfangreiche Vorbereitungen sind<br />

vor <strong>der</strong> Heimbeatmung zu treffen, z.B.:<br />

· Sicherstellung eines technischen Support<br />

· Abschätzung <strong>der</strong> Pflegebelastung<br />

· Schulung von Angehörigen und<br />

Pflegepersonen<br />

· Sicherstellung einer professionellen Pflege<br />

· Klärung <strong>der</strong> entstehenden Kosten, Planung<br />

<strong>der</strong> Finanzierung <strong>der</strong> Heimbeatmung<br />

· Überprüfung <strong>der</strong> häuslichen (Wohn-)<br />

Verhältnisse<br />

· Verordnung von Hilfsmitteln und Verbrauchsmaterial<br />

Praxis <strong>der</strong> Heimbeatmung bei <strong>der</strong><br />

Amyotrophen Lateralsklerose<br />

(ALS)<br />

Nur für einen Teil <strong>der</strong> ALS Patienten kommt eine<br />

Maskenbeatmung in Frage:<br />

Bulbärparalyse, Dysphagie, Hypersalivation und<br />

Lähmung <strong>der</strong> Kehlkopfmuskulatur stehen bei<br />

etwa 30% <strong>der</strong> ALS Patienten einer erfolgreichen<br />

Applikation <strong>der</strong> NIV entgegen. Die Aspirationsneigung<br />

kann durch die Maskenbeatmung zunehmen.<br />

Zum Über<strong>leben</strong> mit NIH bei ALS liegen mehrere<br />

Fallserien vor.<br />

Die Ergebnisse dieser Untersuchungen lassen<br />

sich so zusammenfassen:


· Die nichtinvasive Beatmung ist bei den ALS Betroffenen<br />

ohne Lähmung <strong>der</strong> Schlundmuskulatur<br />

(Bulbärparalyse) etwa 1 Jahr, in Ausnahmefällen<br />

bis über 2 Jahre möglich. Es ist eine Lebensverlängerung<br />

von etwa einem halben Jahr (in Einzelfällen<br />

bis zu 2 Jahren) durch die NIB möglich.<br />

Nur Bach beschreibt in einer Untersuchung ein<br />

mittleres Über<strong>leben</strong> von über 4 Jahren (1-26<br />

Jahre) bei überwiegend 24-stündiger Abhängigkeit<br />

von <strong>der</strong> Maskenbeatmung.<br />

· Bei Patienten mit Bulbärparalyse ist mit <strong>der</strong> nichtinvasiven<br />

Beatmung in vielen Fällen eine Lin<strong>der</strong>ung<br />

<strong>der</strong> Hypoventilationsbeschwerden möglich.<br />

Eine Lebensverlängerung durch die Heimbeatmung<br />

ist nur in Einzelfällen zu beobachten.<br />

Wann soll über eine Beatmung<br />

entschieden werden?<br />

Bislang ist nicht eindeutig geklärt, zu welchem<br />

Zeitpunkt im Erkrankungsverlauf mit einer Beatmung<br />

begonnen werden soll. Es besteht jedoch<br />

Übereinstimmung, dass eine Beatmungsindikation<br />

spätestens beim Auftreten einer Hyperkapnie am<br />

Tage, sowie bei erheblicher Hypoventilationssymptomatik<br />

und einer VK < 50 % gegeben ist. Es liegen<br />

keine Daten vor, die eine spezielle Beatmungsform<br />

favorisieren würden. Pragmatisch wird häufig<br />

BiPAP <strong>der</strong> Vorzug gegeben. Besteht Ruhedyspnoe,<br />

ist die Adaptation an die Maskenbeatmung oft<br />

erschwert. Frühzeitig, d. h. spätestens beim Auftreten<br />

erster Symptome einer CVI sollte in einer Spezialambulanz<br />

in mehreren Aufklärungsgesprächen<br />

mit dem Patienten und seiner Familie <strong>der</strong> weitere<br />

therapeutische Weg - nach Möglichkeit auch<br />

schriftlich in Form einer Patientenverfügung- festgelegt<br />

werden. Dies ist von elementarer Bedeutung,<br />

um rechtzeitig die erfor<strong>der</strong>lichen diagnostischen<br />

und therapeutischen Optionen nutzen zu<br />

können, aber auch um unerwünschte Maßnahmen,<br />

wie eine Intubation in <strong>der</strong> Notfallsituation, zu vermeiden.<br />

Beatmung über Tracheostoma<br />

(„invasive Langzeitbeatmung“)<br />

Eine Beatmung über Tracheostoma ist bei <strong>der</strong> ALS<br />

über viele Jahre möglich. Wir beobachteten bei tracheotomierten<br />

Patienten, dass spätestens nach 1-2<br />

Jahren eine Lähmung <strong>der</strong> gesamten Willkürmuskulatur<br />

unter Ausschluss <strong>der</strong> Augenmuskeln und <strong>der</strong><br />

periokulären Muskulatur eintrat. Bei 10 – 30 % <strong>der</strong><br />

Patienten geht nach mehr als 3 Jahren Beatmung<br />

auch die Fähigkeit zu zwinkern verloren. Immer<br />

84<br />

wie<strong>der</strong> kommt es zu unerwarteten Todesfällen,<br />

wohl aufgrund einer autonomen Dysregulation.<br />

Die Lebensqualität wird von den Patienten in dieser<br />

Situation sehr unterschiedlich beurteilt. Die Belastung<br />

für die pflegenden Angehörigen ist in <strong>der</strong><br />

Regel enorm, häufig sind bei den Pflegenden sekundäre<br />

körperliche und psychische Reaktionen zu<br />

beobachten.<br />

Ein Patiententestament sollte<br />

den Beratungswunsch bzw. die<br />

Ablehnung einer Beatmung o<strong>der</strong><br />

Beatmungsform beinhalten.<br />

Möglichst frühzeitig sollte sich <strong>der</strong> Patient für eine<br />

<strong>der</strong> drei folgenden Optionen entscheiden:<br />

· Option 1: Maximaltherapie: Beim Nachweis <strong>der</strong><br />

CVI und einer entsprechenden subjektiven Symptomatik<br />

sollte frühzeitig zunächst mit <strong>der</strong> NIV begonnen<br />

werden. Wenn beim akuten Auftreten<br />

einer Atmungsinsuffizienz die NIV ineffektiv ist,<br />

wünscht <strong>der</strong> Patient eine invasive Beatmung. Gelingt<br />

die Respiratorentwöhnung nicht mit Maskenbeatmung,<br />

will <strong>der</strong> Patient die invasive Beatmung<br />

über eine Tracheotomie fortsetzen.<br />

· Option 2: Zwar ist NIV zur Therapie <strong>der</strong> Atmungsinsuffizienz<br />

erwünscht; eine Intubation<br />

bzw. Tracheotomie wird jedoch vom Patienten abgelehnt.<br />

· Option 3: Palliativtherapie und Ablehnung<br />

je<strong>der</strong> Form <strong>der</strong> Beatmung.<br />

Alternativen zur Beatmung und<br />

Palliativtherapie bei fortgeschrittenen<br />

neuromuskulären Erkrankungen<br />

Viele ältere, an ALS erkrankte Patienten lehnen sowohl<br />

eine NIH wie auch eine Intensivbehandlung<br />

und Tracheotomie ab. Eine palliative Behandlung<br />

<strong>der</strong> Ateminsuffizienz im fortgeschrittenen Stadium<br />

<strong>der</strong> ALS folgt den Prinzipien <strong>der</strong> Palliativtherapie<br />

von Tumorerkrankungen. Sie sollte von einem in<br />

<strong>der</strong> Palliativbehandlung erfahrenen Arzt durchgeführt<br />

werden. In vielen Fällen ist eine Einweisung<br />

in ein Hospiz o<strong>der</strong> nach Absprache in eine spezialisierte<br />

Klinik zur Entlastung <strong>der</strong> Angehörigen sinnvoll.<br />

Dies gilt in beson<strong>der</strong>em Maße für ein terminales<br />

Weaning (Beatmungsentwöhnung) beatmeter<br />

Patienten.<br />

Entspricht es dem Willen des Patienten, dass die<br />

Beatmung beendet bzw. gar nicht begonnen wird,


ist die Beatmung zu beenden („terminales<br />

Weaning“) bzw. die Dyspnoe effektiv zu behandeln.<br />

Grundsätze dieser Behandlung sind:<br />

· Intensive Zuwendung<br />

· Großzügige Gabe von Sauerstoff<br />

( bis zu 10 l / min).<br />

· Gabe von Morphin (3 x 10 – 60 mg), alternativ<br />

Fentanyl / Sulfentanil parenteral in adäquater Dosierung,<br />

beides unter Hinzugabe von Antiemetika<br />

(Metoclopramid, Diphenhydramin).<br />

· Gabe von Benzodiazepinen zur Anxiolyse. Bewährt<br />

hat sich wegen des raschen Wirkungseintritts<br />

vor allem die sublingual resorbierbare Form<br />

von Lorazepam (TavorR expidet 3 – 5 x 1 – 2,5<br />

mg). Benzodiazepine alleine haben keine ausreichende<br />

Wirkung auf die Dyspnoe.<br />

Bei adäquater Durchführung dieser Behandlung<br />

wird <strong>der</strong> Patient rasch ruhig, es entwickelt sich<br />

eine ausgeprägte Hyperkapnie, in <strong>der</strong> er das Bewusstsein<br />

verliert und verstirbt.<br />

85<br />

Zur weiteren Lektüre und Beschreibung <strong>der</strong><br />

Beatmungstherapie sei auf die in 2010 veröffentlichten<br />

LEITLINEN zur Behandlung <strong>der</strong><br />

chronischen ventilatorischen Insuffizienz<br />

hingewiesen:<br />

Windisch W. et al., Nichtinvasive und invasive<br />

Beatmung als Therapie <strong>der</strong> chronischen respiratorischen<br />

Insuffizienz. Pneumologie 2010;<br />

64: 207-240; im zu finden unter:<br />

http://www.heimbeatmung.de/pdf/DGP_S2_L<br />

L_NIV%40Home_final.pdf<br />

Tabelle 1:<br />

Leitsymptome und Begleitsymptome des „Neuromuskulären Hypoventilationssyndroms“: Beim Vorliegen<br />

einer gesicherten neuromuskulären Erkrankung und Nachweis von > 2 Leitsymptomen ist eine<br />

klinisch relevante Schwäche <strong>der</strong> Atemmuskulatur hochwahrscheinlich (p > 0,01).<br />

Leitsymptome Begleitsymptome<br />

Paradoxe Bauchatmung Morgendlicher Kopfschmerz<br />

Orthopnoe mit Einsatz <strong>der</strong> Atemhilfsmuskulatur Abgeschlagenheit<br />

Verkürzte Phonationsdauer Konzentrationsstörungen<br />

Tagesmüdigkeit (ESS > 12) Schwindel<br />

Durchschlafstörung mit nächtlicher Dyspnoe Stimmverän<strong>der</strong>ungen<br />

Abgeschwächter Hustenstoß Depressionen<br />

Ödeme, Rechtsherzinsuffizienz<br />

Herzrhythmusstörungen<br />

Angstzustände


Tabelle 2:<br />

Indikationen und Voraussetzungen<br />

für eine häusliche Beat -<br />

mung bei <strong>der</strong> ALS<br />

Indikationen für die nichtinvasive<br />

Heimbeatmung (NIH)<br />

· Deutliche CO2 Retention (>50 mmHg)<br />

in <strong>der</strong> Nacht<br />

· Leichte CO2 Retention während des Tages<br />

(45 – 50 mmHg) mit Symptomatik einer<br />

Atmungsstörung (z. B. morgendlicher Kopfschmerz,<br />

Durchschlafstörung, Tagesmüdigkeit,<br />

Alpträume) o<strong>der</strong><br />

· Signifikante nächtliche Sauerstoffentsättigung<br />

(Phasen <strong>der</strong> Hypoventilation<br />

> 5% <strong>der</strong> Schlafzeit)<br />

· Rasche Abnahme des Atemvolumens<br />

Folgende Voraussetzungen<br />

müssen erfüllt sein:<br />

· An<strong>der</strong>weitig behebbare Ursachen einer Atmungsstörung<br />

(z. B. Herzinsuffizienz, nasale<br />

Obstruktion) müssen adäquat behandelt sein.<br />

· Der Patient wünscht die Beatmung nach<br />

ausführlicher Aufklärung über die Grun<strong>der</strong>krankung<br />

und <strong>der</strong>en Verlauf.<br />

· Das soziale Umfeld, die pflegerische und<br />

technische Versorgung des Patienten lassen<br />

eine effektive und sichere NIH zu.<br />

86<br />

· Die NIH ist unter stationären Bedingungen<br />

hinreichend effektiv und sicher durchzuführen.<br />

· Eine ausreichende bronchiale Clearance ist<br />

gewährleistet (aktiv o<strong>der</strong> passiv), es besteht<br />

keine Aspirationsneigung (bei Dysphagie<br />

PEG Versorgung!).<br />

Indikationen für invasive<br />

Beatmung sind:<br />

· Der Patient erfüllt die Voraussetzungen für<br />

eine NIV und hat:<br />

· Inadäquate bronchiale Clearance trotz des<br />

Einsatzes mechanischer Hustenhilfen<br />

· Dysphagie mit wie<strong>der</strong>holten Pneumonien<br />

· Ineffizienz <strong>der</strong> NIV<br />

· Beatmungsnotwendigkeit > 16 h / Tag<br />

(relative Indikation, einige Patienten<br />

tolerieren nichtinvasive Dauerbeatmung)<br />

Im Text wurde aus Platzgründen auf die Zitierung<br />

und das ausführliche Literaturverzeichnis<br />

verzichtet. Bei Bedarf ist <strong>der</strong> Text über die<br />

Bundesgeschäftsstelle <strong>der</strong> <strong>DGM</strong> zu erhalten.


Abbildung 1: Diagnostisch-therapeutischer Algorithmus zur Erkennung<br />

und Behandlung <strong>der</strong> ventilatorischen Insuffizienz bei <strong>der</strong> ALS<br />

[VK=Vitalkapazität; EI=Entsättigungsindex (Sauerstoffentsättigungen >4% unter mittlere Sauerstoffsättigung<br />

während <strong>der</strong> Nacht); „mittl SaO 2 “ = mittlere, transkutan gemessene Sauerstoffsättigung während <strong>der</strong><br />

Nacht<br />

* mindestens ein spezifisches o<strong>der</strong> 2 unspezifische Symptome aus Tabelle 1 und 2<br />

** pneumologische o<strong>der</strong> neurologische Klinik mit Kompetenz in <strong>der</strong> NIV von Patienten mit neuromuskulären<br />

Erkrankungen].<br />

87


NOTFALLSITUATIONEN – BEATMUNG<br />

ÜBER TRACHEOSTOMA<br />

Dr. med. Jens Geiseler, Gauting;<br />

Prof. Dr. med. Wolfram Windisch, Freiburg<br />

Patienten, die an ALS erkrankt sind, können in alltägliche<br />

und ALS-krankheitsspezifische Notfallsituationen<br />

geraten. Im Weiteren wird nur auf die<br />

letzteren eingegangen.<br />

Praktisch alle Notfallsituationen betreffen das Atmungssystem<br />

<strong>der</strong> Patienten. Eine bereits vorher bestehende<br />

Schwäche <strong>der</strong> Ein- und Ausatemmuskulatur<br />

bzw. auch <strong>der</strong> Muskulatur von Rachen- und<br />

Kehlkopfbereich (bulbäre Muskulatur) wird durch<br />

einen zusätzlich die Atmung beeinträchtigenden<br />

Faktor akut und massiv verstärkt. Beispiel hierfür<br />

ist ein Infekt <strong>der</strong> unteren Luftwege, <strong>der</strong> über Sekretanflutung<br />

bei vorbestehen<strong>der</strong> Hustenschwäche zu<br />

Erstickungsanfällen, Verlegung <strong>der</strong> Bronchien und<br />

<strong>der</strong> Notwendigkeit <strong>der</strong> künstlichen Beatmung<br />

führt. Auch Operationen z.B. im Bauchbereich<br />

können nach Beendigung <strong>der</strong> Narkose zu einer<br />

akuten Ateminsuffizienz und neuerlicher künstlicher<br />

Beatmung führen. Insbeson<strong>der</strong>e wenn vor<br />

dem Eingriff die Diagnose ALS noch nicht bekannt<br />

war – nach unserer Erfahrung nicht so selten –<br />

führt dies häufig zur invasiven Dauerbeatmung<br />

über Trachealkanüle nach erfolgtem Luftröhrenschnitt.<br />

Therapeutisch bieten sich in den das Atmungssystem<br />

betreffenden Notfallsituationen verschiedene<br />

Behandlungsmöglichkeiten an: die Gabe von Sauerstoff<br />

kann die Atemnot verringern, bei Lungenentzündung<br />

können Antibiotika und allgemeine<br />

physiotherapeutische Maßnahmen zur Sekretlockerung<br />

und Sekretentfernung eingesetzt werden. Vor<br />

allem bei abgeschwächtem Hustenstoß kann eine<br />

Sekretabsaugung aus den Atemwegen – einfach<br />

über Katheter o<strong>der</strong> mittels einer Lungenspiegelung<br />

(Bronchoskopie) – notwendig werden. Begleitend<br />

ist häufig die Gabe von Medikamenten gegen die<br />

Atemnot und die Angstsymptomatik notwendig.<br />

Hier bieten sich Opiate (z.B. Morphin) und Tranquilizer<br />

(z.B. Tavor®) an. Trotz aller dieser Maßnahmen<br />

ist eine künstliche Beatmung manchmal<br />

nicht zu umgehen.<br />

Die nichtinvasive Beatmung über Gesichts-Masken<br />

ist eine gute Alternative zur invasiven Beatmung,<br />

da die natürlichen Atemwege des Patienten intakt<br />

bleiben. Sie kann allerdings vor allem bei Läh-<br />

88<br />

mung <strong>der</strong> Schlund-Muskulatur unmöglich sein.<br />

Eine Intubation mit nachfolgen<strong>der</strong> künstlicher Beatmung<br />

wird häufig in Unkenntnis des Patientenwillens,<br />

selten auch auf ausdrücklichen Patientenwunsch<br />

hin durchgeführt. Infolge <strong>der</strong> Grun<strong>der</strong>krankung<br />

scheitern üblicherweise Versuche, den Beatmungstubus<br />

wie<strong>der</strong> dauerhaft zu entfernen, mit <strong>der</strong><br />

Folge einer erneuten künstlichen Beatmung und<br />

nachfolgendem Luftröhrenschnitt (Tracheotomie).<br />

Bei Befall <strong>der</strong> Atemmuskulatur kann ein <strong>der</strong>artiger<br />

Notfall unvorhersehbar plötzlich eintreten. Häufig<br />

fehlen Warnsymptome, die eine langsame Verschlechterung<br />

<strong>der</strong> respiratorischen Situation anzeigen.<br />

Wichtig erscheint uns, in den Gesprächen bei<br />

<strong>der</strong> Diagnosestellung bereits das mögliche Auftreten<br />

<strong>der</strong>artiger Notfallsituationen mit dem Patienten<br />

und den Angehörigen zu besprechen und für diese<br />

Fälle das Vorgehen gemeinsam, z.B. anhand einer<br />

Patientenverfügung festzulegen: Soll zusätzlich zu<br />

medikamentöser Therapie eine Beatmungstherapie<br />

durchgeführt werden, wenn ja, nichtinvasiv o<strong>der</strong><br />

auch invasiv mit <strong>der</strong> Konsequenz eines Luftröhrenschnittes?<br />

Die Tracheotomie stellt aber auch eine mögliche<br />

Option in <strong>der</strong> symptomatischen Behandlung <strong>der</strong><br />

ALS dar. Durch die Blockung <strong>der</strong> Kanüle in <strong>der</strong><br />

Luftröhre kann <strong>der</strong> Übertritt von Material aus dem<br />

Magen-Darm-Trakt (sogenannte Aspiration) in<br />

ihrer Häufigkeit und Schwere deutlich reduziert<br />

werden. Bei Beatmungspflichtigkeit aufgrund einer<br />

Atempumpenschwäche entfällt das Problem <strong>der</strong><br />

Undichtigkeiten (Leckagen) und Druckstellen z.B.<br />

am Nasenrücken, das bei nichtinvasiver Maskenbeatmung<br />

in unterschiedlicher Häufigkeit auftritt und<br />

ein Grund für die eingeschränkte Wirksamkeit <strong>der</strong><br />

nichtinvasiven Beatmung sein kann.<br />

Mögliche Indikationen für die Tracheotomie – mit<br />

o<strong>der</strong> ohne nachfolgende Beatmung – sind dementsprechend<br />

wie<strong>der</strong>holte schwere Aspirationen, oft in<br />

Kombination mit einem abgeschwächten Hustenstoß,<br />

bzw. das Scheitern einer nichtinvasiven Beatmung<br />

bei manifester Atempumpenschwäche. In<br />

beiden Situationen stellt die Tracheotomie einen<br />

geplanten Eingriff dar, für den vorab mit dem Patienten<br />

und seinen Angehörigen die Vor- und auch<br />

Nachteile ausführlich besprochen werden sollten.<br />

Häufig hilft auch ein Kontakt mit bereits tracheotomierten<br />

Patienten für die Entscheidung pro bzw.<br />

contra Tracheotomie. Diese Entscheidung sollte<br />

dann in einer Patientenverfügung nie<strong>der</strong>gelegt<br />

werden.


Klare Vorteile sind die Verringerung von Aspirationen<br />

und die in <strong>der</strong> Regel unproblematisch durchzuführende<br />

invasive Beatmung über Trachealkanüle –<br />

diese führt nach den vorliegenden Daten häufig zu<br />

einer Lebensverlängerung. Dem stehen Nachteile<br />

wie Notwendigkeit einer intensiven Überwachung<br />

während <strong>der</strong> invasiven Beatmung, häufiges Absaugen<br />

und ein deutlich erhöhter pflegerischer Aufwand<br />

gegenüber. Die pflegerischen Anfor<strong>der</strong>ungen<br />

können in <strong>der</strong> Regel von den Angehörigen allein<br />

nicht geleistet werden, so dass ein in Beatmungspflege<br />

erfahrener Pflegedienst hinzugezogen werden<br />

muss. Außerdem kann die Verlängerung des<br />

Über<strong>leben</strong>s auch ein Er<strong>leben</strong> des Fortschreitens <strong>der</strong><br />

Lähmungen <strong>der</strong> willkürlich steuerbaren Muskulatur<br />

bedeuten, bis hin zum sogenannten „Lockedin“-Syndrom,<br />

in dem <strong>der</strong> Patient nicht mehr in <strong>der</strong><br />

Lage ist, Wünsche, u.a. auch nach Beendigung <strong>der</strong><br />

Beatmung, zu äußern. Nach eigenen Erfahrungen<br />

mit über 200 an ALS erkrankten Patienten, bei<br />

89<br />

denen die Notwendigkeit für eine Beamtungstherapie<br />

bestand, ist die Zahl <strong>der</strong>jenigen Patienten, die<br />

sich bewusst für eine Tracheotomie entschieden<br />

haben, sehr gering (< 5%).<br />

Problematisch ist die Situation beson<strong>der</strong>s dann,<br />

wenn ein Patient im Rahmen einer Notfallsituation<br />

o<strong>der</strong> z.B. nach einer Operation intubiert wurde, <strong>der</strong><br />

Beatmungstubus nicht entfernt werden kann und<br />

anschließend die Tracheotomie erfolgt. Hier sollte<br />

in Abhängigkeit vom Schweregrad <strong>der</strong> Erkrankung<br />

in intensiven Gesprächen mit Patient und Angehörigen<br />

unter Berücksichtigung von religiösen/ethischen<br />

Aspekten individuell eine geeignete Lösung<br />

gefunden werden: Organisation einer häuslichen<br />

Versorgung mit invasiver Beatmung, Versuch <strong>der</strong><br />

Umstellung auf eine nichtinvasive Beatmung in<br />

Kombination mit Sekretmanagement, o<strong>der</strong> auch<br />

Beendigung <strong>der</strong> Beatmung.


8 Vorsorge durch Vollmacht, Betreuungsverfügung,<br />

Patientenverfügung<br />

Albertine Deuter, Dipl. Sozialpädagogin (FH),<br />

Sozialberatung <strong>DGM</strong>-Landesverband Bayern<br />

Antje Faatz, Dipl. Sozialpädagogin (FH),<br />

Fachkraft für Palliative Care,<br />

<strong>DGM</strong>-Sozialberatung<br />

Meistens denken wir nicht gern daran, dass wir in<br />

eine Situation kommen können, die unsere Handlungsfreiheit<br />

so einschränkt, dass ein an<strong>der</strong>er<br />

Mensch unsere persönlichen Interessen vertreten<br />

muss. Daher sollten wir frühzeitig festlegen, wer in<br />

diesem Fall berechtigt ist, in unserem Sinn zu entscheiden.<br />

Selbst engste Angehörige bedürfen einer<br />

ausdrücklichen rechtlichen Handlungsbefugnis,<br />

wenn es darum geht, die Interessen den Betroffenen<br />

zu vertreten, z.B. in ärztliche Maßnahmen einzuwilligen<br />

o<strong>der</strong> sie abzulehnen.<br />

Drei Möglichkeiten <strong>der</strong> persönlichen Vorsorge gibt<br />

es:<br />

· die Vorsorgevollmacht<br />

· die Betreuungsverfügung<br />

· die Patientenverfügung<br />

In jedem Fall ist die schriftliche Abfassung nötig.<br />

Diese muss jedoch, abgesehen von <strong>der</strong> Unterschrift,<br />

nicht handschriftlich sein. Sie können dafür<br />

geeignete Vordruckmuster nutzen. <strong>Mit</strong> den folgenden<br />

Hinweisen wollen wir Sie in das Thema einführen.<br />

Umfangreiche Informationen und die oben<br />

genannten Vordruckmuster finden Sie in unseren<br />

Literaturempfehlungen im Anhang.<br />

Die Vorsorgevollmacht<br />

Sie bestimmen eine o<strong>der</strong> mehrere Personen Ihres<br />

Vertrauens, die bereit sind, im Bedarfsfall wichtige<br />

Angelegenheiten für Sie zu regeln. Damit kann<br />

eine gerichtlich angeordnete Betreuung vermieden<br />

werden.<br />

Folgendes ist zu überlegen:<br />

· Die genaue Bezeichnung <strong>der</strong> Bereiche, wie zum<br />

Beispiel Gesundheit, Vertretung bei Behörden,<br />

Verwaltung <strong>der</strong> Finanzen, ist wichtig. Eine Generalvollmacht<br />

ist nicht ausreichend.<br />

· Sie können auch zwei Personen bevollmächtigen,<br />

die entwe<strong>der</strong> gemeinsam handeln o<strong>der</strong> verschiedene<br />

Aufgabenbereiche wahrnehmen.<br />

· Wenn Sie größeres Vermögen besitzen o<strong>der</strong> sehr<br />

differenzierte Handlungsanweisungen geben wol-<br />

90<br />

len, sollten Sie den Rat eines Rechtanwaltes o<strong>der</strong><br />

Notars einholen. Eine notarielle Beurkundung ist<br />

erfor<strong>der</strong>lich, wenn die Vollmacht auch zum Erwerb<br />

o<strong>der</strong> zur Veräußerung von Grundstücken<br />

o<strong>der</strong> zur Darlehensaufnahme berechtigen soll.<br />

· Bewahren Sie die Vollmacht an einem gut zugänglichen<br />

Ort auf. Das Original muss im Ernstfall<br />

für den Bevollmächtigten schnell verfügbar<br />

sein.<br />

Die Betreuungsverfügung<br />

Eine Betreuungsverfügung ist sinnvoll, wenn Sie<br />

niemanden haben, dem Sie eine Vollmacht anvertrauen<br />

wollen o<strong>der</strong> können.<br />

Ein Betreuer ist ein vom Vormundschaftsgericht<br />

bestellter Vertreter, <strong>der</strong> immer dann notwendig<br />

wird, wenn ein Patient seine Angelegenheiten ganz<br />

o<strong>der</strong> teilweise nicht mehr selbst besorgen kann und<br />

kein Bevollmächtigter vorhanden ist.<br />

<strong>Mit</strong> einer Betreuungsverfügung legen Sie fest, wer<br />

als Betreuer in Betracht kommt o<strong>der</strong> grundsätzlich<br />

ausscheidet. Darin festgelegte Wünsche müssen<br />

nach Möglichkeit berücksichtigt werden. Der Betreuer<br />

steht unter <strong>der</strong> Kontrolle des Vormundschaftsgerichts.<br />

Folgendes ist zu überlegen:<br />

· Für den Betreuer ist es sehr hilfreich, wenn er<br />

Ihre persönlichen Vorstellungen bezüglich Ihrer<br />

gewünschten Lebensgestaltung kennt. Wenn Sie<br />

sich dazu äußern und Ihre Wünsche formulieren,<br />

können Sie auf die Ausgestaltung <strong>der</strong> Betreuung<br />

Einfluss nehmen.<br />

· Der Betreuer hat Anspruch auf Beratung und Unterstützung<br />

durch die Betreuungsstelle.<br />

· Die Betreuungsverfügung kann in einigen Bundeslän<strong>der</strong>n<br />

kostenfrei beim Vormundschaftsgericht<br />

o<strong>der</strong> Amtsgericht hinterlegt werden.


Die Patientenverfügung<br />

In einer Patientenverfügung legen Sie grundsätzlich<br />

fest, was Sie an ärztlichen Maßnahmen zulassen<br />

o<strong>der</strong> ablehnen wollen, wenn Sie nicht mehr in<br />

<strong>der</strong> Lage sind, selbst zu entscheiden. Sie können<br />

sich äußern zu Einleitung, Umfang und Beendigung<br />

ärztlicher Maßnahmen. Sie bestimmen, unter<br />

welchen Voraussetzungen <strong>leben</strong>serhaltende o<strong>der</strong> <strong>leben</strong>sverlängernde<br />

Maßnahmen vorgenommen o<strong>der</strong><br />

unterbleiben bzw. abgebrochen werden sollen.<br />

Wichtiger Hinweis:<br />

Zum 1. September 2009 trat das Dritte Gesetz zur<br />

Än<strong>der</strong>ung des Betreuungsrechts in Kraft (§ 1901a<br />

BGB). Danach bleiben „alte“ Patientenverfügungen,<br />

die vor Inkrafttreten <strong>der</strong> gesetzlichen Regelung<br />

(schriftlich) verfasst wurden, grundsätzlich<br />

auch nach <strong>der</strong> neuen Rechtslage wirksam. Man<br />

kann entsprechende Broschüren also bedenkenlos<br />

weiterverwenden.<br />

Folgendes ist zu beachten:<br />

· Für eine Patientenverfügung ist es erfor<strong>der</strong>lich,<br />

dass die Willensbekundung von einem einwilligungsfähigen<br />

Volljährigen verfasst wurde und in<br />

schriftlicher Form vorliegt. Dazu muss sie von<br />

Ihnen eigenhändig durch Namensunterschrift<br />

o<strong>der</strong> durch ein notariell beglaubigtes Handzeichen<br />

unterzeichnet sein. Mündliche Äußerungen<br />

sind deshalb aber nicht wirkungslos. Sie müssen<br />

bei <strong>der</strong> Feststellung des mutmaßlichen Patientenwillens<br />

beachtet werden.<br />

· Die Patientenverfügung enthält eine Entscheidung<br />

über die Einwilligung o<strong>der</strong> Nichteinwilligung in<br />

eine bestimmte, zum Zeitpunkt <strong>der</strong> Festlegung<br />

noch nicht unmittelbar bevorstehende ärztliche<br />

Maßnahme.<br />

· Sie sollten möglichst genau die Situationen benennen,<br />

für die diese Verfügung gilt. Es empfiehlt<br />

sich, die Patientenverfügung auf die konkrete<br />

<strong>Krankheit</strong>ssituation zu beziehen und mit dem<br />

Arzt über den <strong>Krankheit</strong>sverlauf, mögliche Komplikationen<br />

und Behandlungsmöglichkeiten zu<br />

sprechen. Bei <strong>der</strong> Formulierung sollten möglichst<br />

medizinische Diagnosen und Prognosen verwendet<br />

werden, da diese die Grundlage ärztlicher<br />

Entscheidungsfindung darstellen.<br />

· Ergänzende persönliche Angaben sind für nicht<br />

voraussehbare Situationen hilfreich, damit Ihre<br />

Wertvorstellungen, Ihre religiöse Anschauung,<br />

91<br />

Ihre Einstellung zum Leben und Sterben deutlich<br />

werden.<br />

· Nicht zwingend vorgeschrieben für eine wirksame<br />

Patientenverfügung sind ärztliche Beratung<br />

und Aufklärungsarbeit, anwaltliche Beratungsgremien,<br />

notarielle Beurkundung und laufende Aktualisierung.<br />

Dennoch ist es ratsam, mit einem<br />

Arzt des Vertrauens den Inhalt <strong>der</strong> Patientenverfügung<br />

zu besprechen (s.o.).<br />

· Der in einer Patientenverfügung zum Ausdruck<br />

kommende Wille ist unmittelbar bindend, wenn<br />

<strong>der</strong> Verfasser Festlegungen gerade für diejenige<br />

Lebens- und Behandlungssituation getroffen hat,<br />

die nun zu entscheiden ist; <strong>der</strong> Wille nicht auf ein<br />

Verhalten gerichtet ist, das einem gesetzlichen<br />

Verbot unterliegt (Tötung auf Verlangen); <strong>der</strong><br />

Wille in <strong>der</strong> Behandlungssituation noch aktuell ist<br />

und keine Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die<br />

Patientenverfügung durch äußeren Druck o<strong>der</strong><br />

aufgrund eines Irrtums zustande gekommen ist.<br />

· Einen Hinweis auf die Patientenverfügung können<br />

Sie mit den Ausweispapieren immer bei sich<br />

tragen.<br />

Wir empfehlen:<br />

Keine Patientenverfügung ohne Vorsorgevollmacht<br />

o<strong>der</strong> Betreuungsverfügung! - damit gesichert<br />

ist, dass jemand Ihre Interessen vertritt.


Der Notfallplan<br />

Sinnvoll ist bei einer schweren Erkrankung wie<br />

<strong>der</strong> Amyotrophen Lateralsklerose die Ergänzung<br />

<strong>der</strong> Patientenverfügung durch einen Notfallplan,<br />

<strong>der</strong> sich auf konkrete Behandlungssituationen<br />

beim Auftreten <strong>leben</strong>sbedrohlicher Komplikationen<br />

bezieht.<br />

ALS-Patienten sterben in <strong>der</strong> Regel (d.h. in mehr<br />

als 90% <strong>der</strong> Fälle) friedlich und ohne qualvolle<br />

Symptome. Ca. 30-50% <strong>der</strong> Patienten bedürfen<br />

jedoch spezieller Medikation zur Lin<strong>der</strong>ung <strong>der</strong><br />

häufigsten Symptome in <strong>der</strong> Terminalphase.<br />

Als Patient sollten Sie deshalb über mögliche<br />

Komplikationen aufgeklärt sein und dazu spezifisch<br />

Ihren Behandlungswunsch angeben. Das<br />

kann nicht ohne den behandelnden Arzt o<strong>der</strong><br />

sonstige kompetente Gesprächspartner, z.B. eine<br />

Palliativfachpflegekraft, geschehen. Diese Gesprächspartner<br />

sollten auch in <strong>der</strong> Patientenverfügung<br />

genannt werden.<br />

Soweit die gewünschte Behandlung <strong>leben</strong>sbedrohlicher<br />

Komplikationen medikamentös erfolgen<br />

soll, müssen diese Medikamente bei Ihnen<br />

als Patient zu Hause vorrätig sein und entsprechend<br />

verschrieben werden. Alle Beteiligten<br />

sollten über bereitliegende Notfallmedikamente<br />

informiert sein. Ehepartner sollen vom betreuenden<br />

Arzt in Zusammenarbeit mit Palliativfachpflegekräften<br />

über den korrekten Einsatz <strong>der</strong><br />

Medikamente informiert werden.<br />

Eine Liste aller Ansprechpersonen mit Telefonnummern<br />

und evtl. Zeiten <strong>der</strong> Erreichbarkeit<br />

muss für alle sichtbar und greifbar sein.<br />

92


9 Selbsthilfe und Unterstützung<br />

DIE DEUTSCHE GESELLSCHAFT FÜR<br />

MUSKELKRANKE <strong>DGM</strong> E.V.<br />

Kontaktpersonen - Verständnis,<br />

Rat und ein offenes Ohr<br />

In ganz Deutschland sind über 300 ehrenamtliche<br />

Kontaktpersonen als Ansprechpartner für Ihre Fragen<br />

da. Einige von Ihnen sind ALS-Betroffene<br />

bzw. Angehörige o<strong>der</strong> Hinterbliebene. Sie können<br />

besser als je<strong>der</strong> an<strong>der</strong>e nachvollziehen, was die<br />

ALS für die Patienten und ihre Familien bedeutet.<br />

<strong>Mit</strong> Kontaktpersonen können Sie darüber sprechen,<br />

wie sie mit <strong>der</strong> Erkrankung umgehen, Sie<br />

können sie nach Hilfsmitteln o<strong>der</strong> Ärzten, Physiotherapeuten,<br />

Pflegediensten in <strong>der</strong> Region fragen.<br />

Kontaktpersonen in Ihrer Nähe können Sie auf <strong>der</strong><br />

<strong>DGM</strong>-Homepage (www.dgm.org) suchen o<strong>der</strong> Sie<br />

fragen direkt bei <strong>der</strong> <strong>DGM</strong> bzw. bei dem Vorsitzenden<br />

Ihres Landesverbands.<br />

Regionale ALS-Gesprächskreise<br />

Die ALS-Gesprächskreise erfreuen sich in ganz<br />

Deutschland eines regen Zuspruchs, denn sie bieten<br />

eine ganz beson<strong>der</strong>s intensive Form <strong>der</strong> Selbsthilfe.<br />

In vertrauter und vertraulicher Atmosphäre<br />

treffen sich ALS-Patienten und Angehörige, um<br />

sich über die Erkrankung auszutauschen o<strong>der</strong> von<br />

den eingeladenen Referenten mehr über bestimmte<br />

Aspekte <strong>der</strong> Erkrankung zu erfahren.<br />

<strong>DGM</strong> Beratungszentrum<br />

Am Sitz <strong>der</strong> Bundesgeschäftsstelle in Freiburg ist<br />

das Beratungszentrum <strong>der</strong> <strong>DGM</strong> angesiedelt. Die<br />

hier tätigen hauptamtlichen Berater unterstützen<br />

die Landesverbände und Kontaktpersonen in <strong>der</strong><br />

ehrenamtlichen Beratungsarbeit. Sie können sich<br />

an die hauptamtlichen Beraterinnen <strong>der</strong> <strong>DGM</strong><br />

wenden, wenn Sie Fragen zu medizinischen o<strong>der</strong><br />

psychosozialen Aspekten Ihrer Erkrankung, zur<br />

<strong>Krankheit</strong>sbewältigung o<strong>der</strong> zu Hilfsmitteln haben.<br />

Die Berater helfen Ihnen auch weiter bei Schwierigkeiten<br />

mit Kostenträgern etc.<br />

Regelmäßig organisieren die hauptamtlichen <strong>Mit</strong>arbeiter<br />

überregionale Selbsthilfetagungen und<br />

Symposien, um die Begegnung und den Austausch<br />

<strong>der</strong> Betroffenen zu för<strong>der</strong>n sowie ausgewählte Themen<br />

vertieft zu bearbeiten.<br />

ALS-Rundbriefe<br />

Der ALS-Rundbrief lebt von den persönlichen Berichte<br />

und Gedanken Betroffener. Ergänzt wird<br />

jede Ausgabe durch aktuelle Informationen zu Me-<br />

93<br />

dizin und Forschung, Pflege etc. Er erscheint zwei<br />

Mal jährlich. Die Bezieher des ALS-Rundbriefes<br />

verpflichten sich, die Inhalte nicht an Außenstehende<br />

weiter zu geben, um die Vertraulichkeit des<br />

Austausches zu gewährleisten.<br />

Informationen<br />

Bei <strong>der</strong> <strong>DGM</strong> erhalten Sie Informationen zum<br />

<strong>Krankheit</strong>sbild <strong>der</strong> ALS allgemein, zur Physiotherapie<br />

und Logopädie bei ALS sowie zu weiteren<br />

Themen, die für ALS-Betroffene von Bedeutung<br />

sind. Dazu gehören Hilfsmittel, Beatmung, Pflegeversicherung,<br />

Medizinische Rehabilitation etc.<br />

Eine ausführliche Liste <strong>der</strong> Informationen finden<br />

Sie im Anhang.<br />

Internet: Informationen, ALS-<br />

Forum und ALS-Chat<br />

Auf <strong>der</strong> Homepage <strong>der</strong> <strong>DGM</strong> www.dgm.org finden<br />

Sie neben ausführlichen Informationen zur ALS<br />

das ALS-Forum und den ALS-Chat. Auch dort<br />

können Sie sich auf kurzem Weg mit an<strong>der</strong>en Betroffenen<br />

o<strong>der</strong> Angehörigen austauschen.<br />

Neuromuskuläre Zentren<br />

In jedem Bundesland wurden im Auftrag <strong>der</strong> <strong>DGM</strong><br />

so genannte Neuromuskuläre Zentren (NMZ) gegründet.<br />

Dies sind Spezialambulanzen an Universitätskliniken,<br />

in denen Neurologen und Ärzte weiterer<br />

Fachrichtungen, sowie Physio-, Ergotherapeuten<br />

und Logopäden arbeiten. Ziel <strong>der</strong> NMZ ist es,<br />

eine kompetente interdisziplinäre Diagnostik und<br />

Behandlung muskelkranker und ALS-kranker<br />

Menschen zu gewährleisten und so die nie<strong>der</strong>gelassenen<br />

Ärzte und Therapeuten im Hinblick auf die<br />

Behandlung und Versorgung bei diesen seltenen<br />

Erkrankungen zu unterstützen. An einigen NMZ ist<br />

es gelungen, Sozialberatungsstellen einzurichten.<br />

Die Sozialberater dort arbeiten eng mit dem medizinischen<br />

Fachpersonal zusammen und unterstützen<br />

die Patienten nach <strong>der</strong> Diagnosestellung. Eine<br />

Liste <strong>der</strong> NMZ können sie bei <strong>der</strong> <strong>DGM</strong> anfor<strong>der</strong>n<br />

(s. Bestellschein im Anhang).


DIE SCHWEIZERISCHE GESELLSCHAFT<br />

FÜR MUSKELKRANKE SGMK<br />

Die Schweizerische Gesellschaft für Muskelkranke<br />

SGMK ist eine ZEWO-zertifizierte Organisation,<br />

die in <strong>der</strong> deutschen und italienischen Schweiz die<br />

Anliegen muskelkranker Menschen vertritt. Sie<br />

strebt eine Zukunft an, in <strong>der</strong> alle Menschen mit<br />

einer Muskelkrankheit bestmöglich <strong>leben</strong> können –<br />

selbstbestimmt und gleichgestellt.<br />

Als Kompetenzzentrum für neuromuskuläre Erkrankungen<br />

informiert und berät sie ALS-Betroffene<br />

und ihre Angehörigen, leistet schnell und unbürokratisch<br />

Sachhilfe in Notfällen und vermittelt<br />

weitergehende Unterstützung. Im Hilfsmittelbereich<br />

verleiht die Gesellschaft gratis Kommunikationsgeräte<br />

für ALS-Betroffene mit Sprechschwierigkeiten.<br />

Sie organisiert Ferienlager, bietet Kontakt-<br />

und Selbsthilfegruppen sowie Informationsund<br />

Weiterbildungsveranstaltungen für Betroffene,<br />

Angehörige und Fachpersonen an, wie z. B. die<br />

große Fachtagung „ALS-Tag“, die alle zwei Jahre<br />

stattfindet. Außerdem hat sie das Netzwerk Myosuisse<br />

und die regionalen Neuromuskulären Zentren<br />

aufgebaut und unterstützt diese fortlaufend finanziell.<br />

Myosuisse<br />

Myosuisse ist das Netzwerk aller Fachleute und<br />

Organisationen, die sich in <strong>der</strong> Schweiz für Menschen<br />

mit neuromuskulären Erkrankungen einsetzen.<br />

Myosuisse fasst folgende Tätigkeitsbereiche<br />

mit dem übergeordneten Ziel zusammen, in allen<br />

Regionen <strong>der</strong> Schweiz umfassende fachliche Beratung<br />

und Betreuung für muskelkranke Menschen<br />

zu gewährleisten: Sieben regionale Neuromuskuläre<br />

Zentren, einen Lehrstuhl für neuromuskuläre<br />

Erkrankungen an <strong>der</strong> Universität Basel, das<br />

Schweizer Patienten Register, das Verzeichnis für<br />

Fachpersonen, die sich schweizweit mit neuromuskulären<br />

<strong>Krankheit</strong>en befassen und schließlich den<br />

fachlichen Beirat, <strong>der</strong> sich aus den Führungsverantwortlichen<br />

<strong>der</strong> Neuromuskulären Zentren und<br />

den zuständigen Case Managerinnen zusammensetzt.<br />

Neuromuskuläre Zentren<br />

Sieben regionale Neuromuskuläre Zentren bieten<br />

an den Universitätsspitälern in Basel, Bern, St.<br />

Gallen, Zürich, Lausanne, Genf und im Tessin<br />

auch ALS-kranken Menschen vollumfängliche<br />

professionelle Beratung und Unterstützung. Die<br />

94<br />

Behandlung in den Zentren basiert auf einer multidisziplinären<br />

Versorgung, die innerhalb <strong>der</strong> Muskelsprechstunde<br />

koordiniert wird. Kontakte und<br />

Adressen erhalten Sie bei <strong>der</strong> Gesellschaft für<br />

Muskelkranke.<br />

Das ALS Care Training<br />

Das ALS Care Training basiert auf dem Konzept<br />

<strong>der</strong> Erwachsenenbildung und beinhaltet Informationsvermittlung<br />

und praktisches Üben. Das Training<br />

richtet sich an Betroffene, Angehörige und<br />

Pflegende mit dem Ziel, pflegerische Basiskenntnisse,<br />

ALS-spezifisches Fachwissen und Sicherheit<br />

im Umgang mit ALS im Alltag zu vermitteln. Das<br />

Erkennen <strong>der</strong> eigenen Grenzen und das Wissen um<br />

Hilfsangebote im Austausch sind ebenfalls zentral.<br />

Das Care Training besteht aus fünf Modulen: Bewegung,<br />

Atmung, Ernährung, Pflege und Zeit zuletzt.<br />

Die Gesellschaft bietet das Care Training seit<br />

2008 in Zusammenarbeit mit dem Muskelzentrum/<br />

ALS-Clinic St. Gallen an. Die Informationsvermittlung<br />

erfolgt durch die ALS Nurse, Fachärzte,<br />

spezifisches Fachpersonal sowie die Sozialberaterin<br />

<strong>der</strong> SGMK. Weitere Informationen erhalten Sie<br />

über die Geschäftsstelle.<br />

Kontakt- und Selbsthilfegruppen<br />

Wird die Diagnose ALS ausgesprochen, droht Betroffenen<br />

und ihren Angehörigen <strong>der</strong> Boden unter<br />

den Füßen einzustürzen. Das Gespräch mit an<strong>der</strong>en<br />

Betroffenen und Angehörigen kann helfen, mit<br />

dieser überwältigenden Situation umgehen zu können<br />

und die entsprechende Hilfe aufzugleisen. Seit<br />

fünfzehn Jahren initiiert, koordiniert und unterstützt<br />

die SGMK Kontakt- und Selbsthilfegruppen<br />

für ALS-Betroffene und <strong>der</strong>en Angehörige. ALS-<br />

Gesprächsgruppen finden mehrmals im Jahr in<br />

Aarau, Basel, Bern, St. Gallen, Zürich und im Wallis<br />

statt, eine Broschüre können Sie bei <strong>der</strong> Geschäftsstelle<br />

anfor<strong>der</strong>n.<br />

Schweizerische Gesellschaft<br />

für Muskelkranke SGMK<br />

Kanzleistrasse 80<br />

CH-8004 Zürich<br />

Telefon +41 (0)44 245 80 30<br />

Fax +41 (0)44 245 80 31<br />

info@muskelkrank.ch<br />

www.muskelkrank.ch<br />

PC-Konto 80-29554-4


Anhang<br />

Im Folgenden wollen wir Sie auf weiterführende<br />

Literatur und nützliche (Internet-) Adressen zu den<br />

einzelnen Kapiteln des <strong>DGM</strong>-<strong>Handbuch</strong>s „ALS –<br />

mit <strong>der</strong> <strong>Krankheit</strong> <strong>leben</strong> <strong>lernen</strong>“ hinweisen. Anschließend<br />

finden Sie dann noch einen Bestellschein<br />

für wichtige Informationsmaterialien <strong>der</strong><br />

<strong>DGM</strong>, die Sie direkt in <strong>der</strong> Bundesgeschäftsstelle<br />

<strong>der</strong> <strong>DGM</strong> anfor<strong>der</strong>n können.<br />

WEITERFÜHRENDE MATERIALIEN, LI-<br />

TERATUR UND ADRESSEN<br />

1 Neue Diagnose ALS - Was<br />

kommt jetzt auf mich zu, was ist<br />

zu tun?<br />

Organisationen<br />

www.alsmndalliance.org<br />

International Alliance of ALS / MND Associations<br />

(mit Links zu allen nationalen <strong>Mit</strong>gliedsorganisationen)<br />

www.muskelkrank.ch<br />

Schweizerische Gesellschaft für Muskelkranke<br />

Broschüren sind gratis erhältlich bei <strong>der</strong> Geschäftsstelle<br />

o<strong>der</strong> als Download im Online Shop<br />

<strong>der</strong> Homepage<br />

www.als-vereinigung.ch<br />

ALS-Vereinigung / Schweiz<br />

www.als-info.at<br />

Forum ALS, Verein für multiprofessionelle ALS-<br />

Hilfe / Österreich<br />

www.als-mobil.de<br />

ALS-mobil e.V., Berlin<br />

www.stop-als.de<br />

Initiative Therapieforschung ALS<br />

www.patientslikeme.com<br />

Internationales Portal und Internetcommunity<br />

<strong>Krankheit</strong>sverarbeitung<br />

Prof. Maria Wasner, München 2008. Resilienz bei<br />

Patienten mit Amyotropher Lateralsklerose (ALS)<br />

und ihren Angehörigen. (kann bei <strong>der</strong> <strong>DGM</strong> kostenlos<br />

angefor<strong>der</strong>t werden)<br />

Eltern und Kin<strong>der</strong><br />

<strong>DGM</strong>-Information für Kin<strong>der</strong> „Wenn jemand ALS<br />

hat, <strong>der</strong> dir wichtig ist“ (kann bei <strong>der</strong> <strong>DGM</strong> kostenlos<br />

angefor<strong>der</strong>t werden)<br />

95<br />

· www.als411.ca (Kin<strong>der</strong>- und Jugendseite <strong>der</strong> kanadischen<br />

ALS Gesellschaft in englischer und<br />

französischer Sprache)<br />

· www.supakids.de (Zentrum für Kin<strong>der</strong> chronisch<br />

kranker Eltern SupaKids)<br />

· www.behin<strong>der</strong>te-eltern.de: Bundesverband behin<strong>der</strong>ter<br />

Eltern BBE e.V.<br />

Psychotherapie<br />

Psychotherapie-Informations-Dienst PID (kostenloser<br />

Beratungs- und Vermittlungsservice)<br />

Am Köllnischen Park 2, 10179 Berlin<br />

Tel.: 030/ 2091663-30<br />

Fax: 030/ 2091663-16<br />

E-Mail: pid@dpa-bdp.de<br />

Internet: www.psychotherapiesuche.de<br />

Seelsorge<br />

Brief- und E-Mail Seelsorge (BESS)<br />

Das Konvent von behin<strong>der</strong>ten SeelsorgerInnen und<br />

Behin<strong>der</strong>tenseelsorgerInnen e.V. (kbs) bietet Menschen<br />

mit Behin<strong>der</strong>ungen und chronischen <strong>Krankheit</strong>en<br />

kostenlose und vertrauliche seelsorgerliche<br />

Begleitung per Brief und/o<strong>der</strong> E-Mail.<br />

Kontakt: Kbs-Geschäftsstelle: Sachsenstr. 2, 67105<br />

Schifferstadt, Tel. 06235/ 457676,<br />

Internet: www.behin<strong>der</strong>te-pfarrer.de, E-Mail:<br />

info@behin<strong>der</strong>te-pfarrer.de.<br />

Literatur: Erfahrungen<br />

<strong>Mit</strong>ch Albom. Dienstags bei Morrie – Die Lehre<br />

eines Lebens.<br />

Goldmann Verlag, München 1998<br />

ISBN 3-442-30820-8<br />

€ 16,00 / € 8,50<br />

Carola Arndt. Gestohlene Zeit –<br />

eine Liebeserklärung.<br />

TRIGA – Der Verlag, Gelnhausen 2005<br />

ISBN 3-89774-443-0<br />

€ 8,90<br />

Sonja Balmer. Gedanken sind Früchte – Philosophische<br />

Briefe und Gedichte an eine chronische<br />

<strong>Krankheit</strong>.<br />

Zürich 2001<br />

ISBN 3-909287-27-1<br />

(Direktbezug über die <strong>DGM</strong>, € 14,- + Versandkosten,<br />

Bestellung mit Verrechnungsscheck o<strong>der</strong><br />

Überweisung auf das Kto. 2151751 bei <strong>der</strong> <strong>Deutsche</strong>n<br />

Bank Freiburg, BLZ 680 700 30)


Sonja Balmer. Atemlos – Aufzeichnungen<br />

zwischen Beatmungsmaschine,<br />

Schläuchen und Computer.<br />

Limmat Verlag, Zürich 2006<br />

ISBN 3-8579-502-1<br />

€19,-<br />

Gerhard Jenzer / Sonja Balmer. In <strong>der</strong><br />

Über<strong>leben</strong>sfalle - Erfahrungen einer<br />

ALS-Patientin.<br />

Schwabe Verlag Basel 2008<br />

127 S. mit Abbildungen. Gebunden.<br />

ISBN 978-3-7965-2443-1<br />

€ 19,50<br />

Irmgard Grunwald. Dem Himmel entgegen –<br />

Helle Gedanken auf einem dunklen Weg.<br />

Christliche Verlagsgesellschaft mbH,<br />

Dillenburg 2009<br />

144 S. kartoniert<br />

ISBN 978-3-89436-642-1<br />

€ 8,90<br />

Wolfgang Heidenreich. Geröll –<br />

Gedichte 2005 – 2006.<br />

Verlag Ulrich Keicher Warmbronn 2006<br />

ISBN 3-938743-29-8<br />

€ 18,-<br />

Maische. Gedichte 2006 – 2007.<br />

Verlag Ulrich Keicher Warmbronn 2007<br />

136 Seiten<br />

€ 20,-<br />

Birger Bergmann Jeppesen.<br />

Ob es im Himmel wohl besser ist?<br />

2a-Verlag 2002<br />

ISBN 3-929620-34-0<br />

€ 13,70.<br />

Björn Kern. Einmal noch Marseille. Roman.<br />

Verlag C.H.Beck oHG, München 2005<br />

ISBN 3-406-53551-8<br />

€ 12,90<br />

Helga Kessler. Starke Leben. Wie muskelkranke<br />

Menschen ihren Alltag bewältigen.<br />

<strong>Mit</strong> zahlreichen s/w-Fotos von Vera Markus und<br />

mit CD-ROM.<br />

Rüffer&Rub Sachbuchverlag 2009<br />

Gebunden, 256 Seiten<br />

ISBN 978-3-907625-46-0<br />

€ 25,40<br />

96<br />

Uschi Kürbihs. Leben im Sekundentakt -<br />

Die Unerträglichkeit des Seins o<strong>der</strong> die Erträglichkeit<br />

des Nichtseins – Mein Leben mit <strong>der</strong> PLS<br />

Schulz-Kirchner Verlag Idstein 2008<br />

76 S. kartoniert<br />

ISBN 978-3-8248-0296-8<br />

€ 15,-<br />

Christine Lehrke. Bis zum letzten Atemzug –<br />

Ein Plädoyer für ein menschenwürdiges Sterben.<br />

Kreuz Verlag, Stuttgart 2006<br />

ISBN 3-7831-2823-4<br />

€ 14,95<br />

Ulla-Carin Linquist. Ru<strong>der</strong>n ohne Ru<strong>der</strong> -<br />

Mein Leben und Sterben mit ALS.<br />

Aus dem Schwedischen von Gabriele Haefs<br />

Wilhelm Goldmann Verlag, München 2004<br />

ISBN 3-442-33731-3<br />

€ 17,-<br />

Nicole Marzusch. Sehnsucht nach Leben.<br />

Gedichte im Eigenverlag, Beyernaumburg 2006<br />

216 Seiten, kartoniert<br />

ISBN-10: 3-00-019323-5<br />

ISBN-13: 978-3-00-019323-1<br />

€ 12,- incl. Versand (auf Rechnung)<br />

Bestellungen an: Nicole Marzusch, Am Eulenberg<br />

21, 06528 Beyernaumburg, E-Mail:<br />

schiele_de@yahoo.de<br />

Sandra Schadek. Ich bin eine Insel –<br />

Gefangen im eigenen Körper.<br />

Rowohlt Verlag, Reinbek bei Hamburg 2009<br />

320 Seiten, kartoniert<br />

ISBN 978-3-499-62512-1, € 12,www.sandraschadek.de<br />

- ALS-Blog, ausgezeichnet<br />

mit dem Grimme-Preis 2008<br />

Christian Sighisorean. Rose & Gebrochen Deutsch<br />

- Wörter, Sätze, Gedichte.<br />

Mauer Verlag Rottenburg 2009.<br />

80 Seiten, Taschenbuch.<br />

ISBN 978-3-86812-159-9<br />

€ 12,80<br />

Werner Schmitz. Die Kraft des Augenblicks.<br />

Amyotrophe Lateralsklerose – Über den Versuch,<br />

mit einer Leben zerstörenden <strong>Krankheit</strong> zu <strong>leben</strong>.<br />

Shaker Verlag GmbH Aachen 2009<br />

66 S., kartoniert<br />

ISBN 978-3-8322-8156-4<br />

€ 12,00


Edith-Maria Soremba. Geschenkte Lebensjahre –<br />

Wir waren trotz ALS-Diagnose sehr glücklich.<br />

Geest-Verlag, Vechta 2005<br />

ISBN 3-937844-49-X<br />

€ 12,50<br />

Ulrike Westphal. Verschollen im Fahrstuhl -<br />

Anekdoten aus meinem Alltag<br />

Eigenverlag Ulrike Westphal 2008<br />

66 S., kartoniert<br />

Bezug direkt bei <strong>der</strong> Autorin:<br />

ulrikewestphal08@aol.com<br />

€ 7,50 zzgl. Versandkosten<br />

Ulrike Westphal. Schwerelos. Meinen schönsten<br />

Eindrücke und Wahrheiten<br />

Eigenverlag Ulrike Westphal 2009<br />

66 S., kartoniert<br />

Bezug direkt bei <strong>der</strong> Autorin:<br />

ulrikewestphal08@aol.com<br />

€ 9,50 + 2,50 Versandkosten<br />

Dokumentarfilme<br />

Wie Handschuhe voller Sand<br />

TV Dokumentarfilm von Reinhild Dettmer-Finke<br />

(ARTE / WDR 2006)<br />

www.defi-filmproduktion.de<br />

Die Freiburger Filmemacherin porträtiert Menschen,<br />

die mit <strong>der</strong> ALS <strong>leben</strong> und unterschiedliche<br />

Wege des Umgangs mit <strong>der</strong> Erkrankung gefunden<br />

haben.<br />

<strong>Mit</strong> den Augen tanzen (WDR, 2006)<br />

Angela Jansen hat ALS. Sie kann nur noch die Augenli<strong>der</strong><br />

bewegen - sonst nichts. Trotzdem ist sie<br />

Laiendarstellerin in dem Theaterstück "Kunst und<br />

Gemüse" von Christoph Schlingensief. Ein Film<br />

über den beeindruckenden Kampf einer Frau um<br />

ein selbstbestimmtes, erfülltes Leben.<br />

(DVD: 4 €+Versand bei mail@thoenicke.de)<br />

Antonia lässt los - Eine filmische Sterbebegleitung<br />

(3sat / SF, 2005)<br />

Ihr letzter Wunsch war: noch einmal aufs Riesenrad.<br />

Und das zu einem Zeitpunkt, als die 51-jährige<br />

Antonia schon fast vollständig gelähmt war und<br />

Mühe mit dem Atmen hatte, zu einem Zeitpunkt, in<br />

dem viele an<strong>der</strong>e mit <strong>der</strong> selben unheilbaren<br />

<strong>Krankheit</strong> schon lange aufgegeben hätten. Nochmals<br />

etwas Verrücktes er<strong>leben</strong> - typisch Antonia.<br />

An die Grenzen gehen bis zum Schluss - typisch<br />

Antonia. So war sie immer. An<strong>der</strong>es musste sie<br />

97<br />

mühsam <strong>lernen</strong>. Geduld zum Beispiel - und Loslassen.<br />

(DVD im Handel erhältlich)<br />

<strong>Mit</strong>schnittservices:<br />

ARTE: SWR Media Services GmbH, <strong>Mit</strong>schnittdienst,<br />

76522 Baden-Baden, Tel: 07221/ 929-500,<br />

Fax: 07221/ 929-4511<br />

WDR: WDR mediagroup digital GmbH, <strong>Mit</strong>schnittservice<br />

Fernsehen, Hugo-Eckener-Straße 27,<br />

50829 Köln, Fax: 0221 / 95 333 245,<br />

http://www.wdr.de/tv/home/sendemitschnitte/<br />

Schwerbehin<strong>der</strong>tenausweis<br />

Broschüre „Nachteilsausgleiche für Menschen mit<br />

Behin<strong>der</strong>ungen“<br />

Rheinland-Verlag<br />

Abtei Brauweiler<br />

Postfach 2140<br />

50250 Pulheim<br />

Tel. 02234/9921-0<br />

Fax 02234/ 9921-219<br />

E-Mail: info@rheinlandkultur.de<br />

Internet: www.rheinlandkultur.de (Links / Landschaftsverband<br />

Rheinland) o<strong>der</strong> www.lvr.de (Publikationen)<br />

Broschüren zum Schwerbehin<strong>der</strong>tenverfahren<br />

(SGB IX) sowie zu Nachteilsausgleichen<br />

Zentrum Bayern - Familie und Soziales<br />

Internet: www.zbfs.bayern.de/integrationsamt/broschueren/index.html<br />

www.rentenburo.de<br />

www.reha-servicestellen.de<br />

Gemeinsame Servicestellen <strong>der</strong> Sozialversicherungsträger,<br />

Informationen und Beratungsangebote<br />

zu Schwerbehin<strong>der</strong>tenausweis und Rente<br />

Stiftungen<br />

<strong>DGM</strong>-Infoblatt „Individuelle Hilfe durch Stiftungen“<br />

(kann in <strong>der</strong> Geschäftsstelle angefor<strong>der</strong>t<br />

werden)<br />

www.stiftungsindex.de<br />

www.stiftungsrecherche.de<br />

www.nowak-stiftung.de<br />

Die Krzysztof Nowak-Stiftung leistet auch Einzelfallhilfe<br />

bei ALS


2 Medizinische Versorgung – therapeutische<br />

Möglichkeiten<br />

www.als-netz.de<br />

Informationen zu ALS-Forschung und Behandlung,<br />

Links zu den Adressen und Internetseiten <strong>der</strong><br />

ALS-Ambulanzen in Deutschland<br />

R. Dengler, A. Ludolph, S. Zierz. Amyotrophe<br />

Lateralsklerose.<br />

Thieme Verlag, Stuttgart, New York 2000<br />

ISBN 3-13-127502-2 · € 54,95<br />

Prof. Dr. B. Neundörfer. Praxis <strong>der</strong> Amyotrophen<br />

Lateralsklerose.<br />

UNI-MED Verlag, Bremen 2002<br />

ISBN 3-89599-598-3<br />

€ 44,80<br />

Jörn P. Sieb / Bertold Schrank. Neuromuskuläre<br />

Erkrankungen.<br />

W. Kohlhammer, Stuttgart 2009<br />

ISBN 978-3-17-018381-0<br />

€ 59,90<br />

Therapeutensuche<br />

Da neuromuskuläre Erkrankungen relativ selten<br />

vorkommen, sind nicht alle Therapeuten mit <strong>der</strong><br />

Behandlung von ALS Patienten vertraut. Wer vor<br />

<strong>der</strong> Entscheidung steht, eine Therapie zu beginnen,<br />

sollte sich von dieser Tatsache jedoch nicht verunsichern<br />

lassen. Erste Orientierungspunkte für die<br />

Therapeutensuche haben wir auf Seite 23 zusammengefasst.<br />

Wohnortnahe Adressen von Physio-, Ergotherapeuten/-innen<br />

und Logopäden/-innen findet man zum<br />

Teil in Branchentelefonbüchern, über den jeweiligen<br />

Berufsverbänden o<strong>der</strong> über eine Anfrage an<br />

den regionalen Neuromuskulären Zentren. Wie<br />

immer sollte auch im Freundeskreis o<strong>der</strong> bei an<strong>der</strong>en<br />

Betroffenen nach Erfahrungen nachgefragt<br />

werden. Vielleicht hat ja jemand selbst einen guten<br />

Therapeuten o<strong>der</strong> kennt jemanden. Die ehrenamtlichen<br />

Kontaktpersonen <strong>der</strong> <strong>DGM</strong> in <strong>der</strong> betreffenden<br />

Region können ebenfalls bei <strong>der</strong> Therapeutensuche<br />

helfen (Kontaktadressen sind über die Bundesgeschäftsstelle<br />

erhältlich o<strong>der</strong> auf <strong>der</strong> Internetseite<br />

<strong>der</strong> <strong>DGM</strong>: www.dgm.org).<br />

Gute Therapeuten bilden sich regelmäßig fort und<br />

sind größtenteils <strong>Mit</strong>glie<strong>der</strong> von Berufsverbänden.<br />

Es kann deshalb erfolgversprechend sein, bei den<br />

98<br />

Berufsverbänden nach entsprechenden Adressen zu<br />

fragen.<br />

Internetadressen <strong>der</strong> Berufsverbände <strong>der</strong><br />

Therapeuten<br />

www.zvk.org<br />

(<strong>Deutsche</strong>r Verband für Physiotherapie)<br />

www.dbl-ev.de<br />

(<strong>Deutsche</strong>r Bundesverband für Logopädie e.V.)<br />

www.dve.info<br />

(<strong>Deutsche</strong>r Verband <strong>der</strong> Ergotherapeuten)<br />

3 Selbständigkeit und<br />

Mobilität erhalten<br />

Hilfsmittelsuche<br />

www.rehadat.de<br />

Internetdatenbank mit Informationen zu den Themen<br />

Hilfsmittel, Behin<strong>der</strong>ung, Sozialrecht, Integration<br />

und Beruf. Alle Informationen gibt es kostenlos<br />

im Internet o<strong>der</strong> auf CD-Rom.<br />

www.sahb.ch<br />

SAHB, Schweizerische Arbeitsgemeinschaft Hilfsmittelberatung<br />

für Behin<strong>der</strong>te und Betagte<br />

www.hilfsmittelmarkt.ch<br />

Hilfsmittel für behin<strong>der</strong>te und betagte Menschen in<br />

<strong>der</strong> Schweiz<br />

Bauen und Wohnen<br />

www.nullbarriere.de<br />

Internetseite zum Themenkreis barrierefreies Planen<br />

und Bauen sowie Finanzierung.<br />

www.bag-wohnungsanpassung.de<br />

Internetseite <strong>der</strong> Bundesarbeitsgemeinschaft Wohnungsanpassung<br />

e.V. zur För<strong>der</strong>ung des selbständigen<br />

Wohnens älterer und behin<strong>der</strong>ter Menschen.<br />

www.ftb-net.de<br />

Internetseite des Forschungsinstituts Technologie-<br />

Behin<strong>der</strong>tenhilfe (FTB) rund um das Thema Wohnen<br />

mit mo<strong>der</strong>nen Technologien für ältere Menschen<br />

und für Menschen mit Behin<strong>der</strong>ungen.<br />

www.dipb.de<br />

Internetseite des Dachverbandes Integratives Planen<br />

und Bauen Stuttgart e.V. mit Adressen, Sachverständigenliste<br />

und Checklisten.<br />

www.online-wohn-beratung.de


Ein Angebot des gemeinnützigen Vereins „Barrierefrei<br />

Leben“ für Menschen, die aus unterschiedlichen<br />

Gründen bereits vorhandene Angebote für<br />

persönliche Beratung nicht nutzen können o<strong>der</strong><br />

wollen. Die Fragen können über das Internet gestellt<br />

werden. Handwerkerverzeichnisse zur Wohnungsanpassung<br />

und zum barrierefreien Bauen.<br />

www.baufoer<strong>der</strong>er.de<br />

Internetseite zur Fragen <strong>der</strong> Finanzierung von Baumaßnahmen<br />

mit Online-Rechner.<br />

www.hin<strong>der</strong>nisfrei-bauen.ch<br />

Schweizerische Fachstelle für behin<strong>der</strong>tengerechtes<br />

Bauen<br />

Freizeit<br />

www.vorleser.net<br />

kostenlose mp3-Hörbücher zum Download<br />

www.cbf-da.de o<strong>der</strong> www.eurokey.ch<br />

Der Schlüssel zu behin<strong>der</strong>tengerechten WC-Anlagen<br />

in Europa<br />

4 Pflege<br />

Hilfen im Alltag - Haushaltsnahe Dienstleistungen<br />

selbst organisieren.<br />

Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen, Auflage<br />

2006, 152 Seiten, 7,90 € Abholpreis in den Beratungsstellen<br />

aller Verbraucherzentralen o<strong>der</strong> zzgl.<br />

2,50 € Versandkosten bei:<br />

Verbraucherzentrale NRW, Zentralversand,<br />

A<strong>der</strong>sstr. 78, 40215 Düsseldorf,<br />

Tel. 0180 / 500 14 33, Fax 0211 / 3809-235, E-<br />

Mail: publikationen@vz-nrw.de , www.ratgeberverbraucherzentrale.de<br />

Pflege zu Hause – So organisieren Sie die Hilfe.<br />

Stiftung Warentest. Neuaufl. (März 2009)<br />

broschiert, 224 Seiten, 16,90 €.<br />

ISBN: 978-3-868511-02-4<br />

www.pflegelotse.de<br />

Internetportal <strong>der</strong> Ersatzkassen, Informationen zu<br />

ca. 13 000 ambulanten und 10 000 stationären<br />

Pflegeeinrichtungen<br />

www.spitex.ch<br />

Spitex Verband Schweiz<br />

99<br />

Informationen zu ausländischen<br />

Haushaltshilfen<br />

Informationen zur Beschäftigung ausländischer<br />

Haushaltshilfen in Haushalten mit pflegebedürftigen<br />

Personen, Hinweise zum Vermittlungsverfahren<br />

und Formulare für die län<strong>der</strong>bezogenen Einstellungszusagen<br />

als Download zum Ausfüllen und<br />

Ausdrucken finden Sie auf den Internetseiten <strong>der</strong><br />

Bundesagentur für Arbeit www.arbeitsagentur.de.<br />

Unterstützung für pflegende Angehörige<br />

www.pflegebegleiter.de<br />

bundesweites Projekt freiwillige Pflegebegleitung<br />

Hospiz und Palliative Care<br />

www.wegweiser-hospiz-und-palliativmedizin.de<br />

Adressen von regionalen Hospizgruppen, ambulanten<br />

Palliativ-Pflegeberatungsdiensten, Palliativstationen<br />

und stationären Hospizen<br />

www.hospiz.net<br />

<strong>Deutsche</strong>r Hospiz- und PalliativVerband e.V. mit<br />

vielen Informationen<br />

www.dgpalliativmedizin.de<br />

<strong>Deutsche</strong> Gesellschaft für Palliativmedizin<br />

www.palliative.ch<br />

Schweizerische Gesellschaft für Palliative Medizin,<br />

Pflege und Begleitung<br />

Selbstbestimmt <strong>leben</strong> mit Assistenz<br />

www.forsea.de<br />

Bundesweites, verbandsübergreifendes Forum<br />

selbstbestimmter Assistenz behin<strong>der</strong>ter Menschen<br />

(ForseA) e.V.<br />

www.isl-ev.de<br />

Interessenvertretung Selbstbestimmt Leben in<br />

Deutschland (ISL) e.V.<br />

Eine von behin<strong>der</strong>ten Menschen selbst getragene<br />

Organisation und ein Zusammenschluss <strong>der</strong> Zentren<br />

für selbstbestimmtes Leben.


5 Kommunikation<br />

Beratung<br />

ISAAC e.V. Gesellschaft für Unterstützte Kommunikation<br />

e.V.<br />

Pfarrer-Dr. Hoffmann-Str. 5a<br />

53343 Wachtberg<br />

Tel.: (0 22 25) 9 09 9317<br />

Internet: www.isaac-online.de<br />

Kommhelp.e.V.<br />

Verein, <strong>der</strong> zu frei verfügbaren Softwareprogrammen<br />

(Schreiben, Kommunikation, PC-Ansteuerung)<br />

informiert und Hilfestellung bei <strong>der</strong> Nutzung<br />

anbietet, www.kommhelp.de<br />

Adressen von Anbietern für<br />

Kommunikationshilfen<br />

BEH e.V.c/o Technik für Menschen GmbH<br />

Münsterstraße 5<br />

59065 Hamm<br />

Tel.: (01805) 000 912<br />

Internet: www.beh-verband.de<br />

Datenbanken für Kommunikationshilfen<br />

im Internet<br />

www.rehadat.de<br />

www.barrierefrei-kommunizieren.de<br />

Kommunikationshilfen: Adressen in <strong>der</strong><br />

Schweiz<br />

www.activecommunication.ch<br />

Active Communication GmbH, Zug<br />

www.fst.ch<br />

FST, Stiftung für elektronische Hilfsmittel,<br />

Neuenburg<br />

www.sks-rehab.ch<br />

SKS Rehab AG<br />

www.strack.ch<br />

Strack AG, Patienten- und Pflegebedarf<br />

6 Schluckstörungen und Ernährung<br />

G. D. Borasio / I. M. Husemeyer (Hrsg.)<br />

Ernährung bei Schluckstörungen<br />

Verlag Kohlhammer, überarbeitete und erweiterte<br />

6. Auflage<br />

ISBN 3-17-017914-4<br />

€ 18,-<br />

100<br />

7 Atmung / Beatmung<br />

Informationen zur Beatmungspflege (<strong>DGM</strong>-Infodienst)<br />

können bei <strong>der</strong> <strong>DGM</strong> kostenlos angefor<strong>der</strong>t<br />

werden<br />

8 Fragen und Entscheidungen im<br />

Verlauf <strong>der</strong> Erkrankung<br />

Zu den Themenbereichen Patientenverfügung, Vorsorgevollmacht<br />

und Betreuungsverfügung gibt es<br />

vielfältige Literatur. Im Folgenden wird eine kleine<br />

Auswahl an Ratgebern und Broschüren vorgestellt<br />

und von <strong>der</strong> <strong>DGM</strong>-Sozi¬al¬be¬ratung empfohlen.<br />

Sie enthalten klare, verständlich aufbereitete Informationen<br />

und juristisch geprüfte Vordrucke und<br />

sollen dazu beitragen, das Bewusstsein für die Notwendigkeit<br />

einer Vor¬sor¬ge für den rechtlichen<br />

Betreuungsfall zu schärfen. Sie liefern gleichzeitig<br />

konkrete Vorschläge für diejenigen, die sich zu<br />

einer Vorsorgevollmacht o<strong>der</strong> Betreuungsverfügung<br />

und zu einer damit kom¬binierten Patientenverfügung<br />

entschließen. Die Materialien nehmen<br />

keinen speziellen Bezug auf die Situation von<br />

Menschen mit Neuromuskulären Erkrankungen,<br />

erklären aber auf ver¬ständ¬li¬che Weise die Vorzüge<br />

und Nachteile <strong>der</strong> verschiedenen Vorsorgemöglichkeiten<br />

und helfen so, Schritt für Schritt zu<br />

praktischen Entscheidungen zu kommen.<br />

Eher grundlegende Informationen und Gedanken<br />

zum Thema enthält folgen<strong>der</strong> Ratgeber in Buchform:<br />

Die Patientenverfügung -<br />

Was Sie tun können, um richtig vorzusorgen.<br />

Thomas Klie / Johann-Christoph Student<br />

Ratgeber in aktualisierter Neuausgabe,<br />

2. Auflage 2008<br />

Her<strong>der</strong> Verlag Freiburg<br />

€ 9,90, 192 Seiten kartoniert<br />

ISBN: 978-3-451-05782-3<br />

Die Broschüre des bayrischen Justizministeriums<br />

wurde von einem interdisziplinären Arbeitskreis<br />

erstellt, dem neben Juristen auch Ärzte (u. a. Neurologen,<br />

Palliativmediziner), Theologen und Fachpflegekräfte<br />

angehören. Zum Thema Patientenverfügung<br />

enthält sie einen Abschnitt speziell für<br />

Menschen, die bereits von einer schweren Erkrankung<br />

betroffen sind sowie Hinweise für einen Notfallplan:


Vorsorge für Unfall, <strong>Krankheit</strong> und Alter<br />

11. Auflage, Stand September 2009<br />

Bayrisches Staatsministerium <strong>der</strong> Justiz und für<br />

Verbraucherschutz<br />

Internet:<br />

www.verwaltung.bayern.de<br />

(kostenloser Download: Startseite/Services/Broschüren<br />

bestellen/Gesamtliste o<strong>der</strong> Suchbegriff<br />

„Vorsorge“ eingeben)<br />

Buchhandel:<br />

ISBN 978-3-406-57518-1 (€ 3,90)<br />

Bestellung:<br />

Verlag C.H. Beck oHG, Wilhelmstraße 9,<br />

80801 München<br />

Tel.: 089/ 38189-750<br />

Fax.: 089/ 38189-358 o<strong>der</strong> -135<br />

E-Mail: bestellung@beck.de<br />

Von den Internetseiten des Bundesministeriums<br />

<strong>der</strong> Justiz können Sie sich neben den beiden folgenden<br />

Broschüren auch Muster für eine Vorsorgevollmacht,<br />

für eine Betreuungsverfügung und für<br />

eine Konto- und Depotvollmacht herunterladen.<br />

Zusätzlich stehen Ihnen dort das „Formular P -<br />

Antrag auf Eintragung einer Vorsorgevollmacht"<br />

und das „Formular PZ - Antrag auf Eintragung<br />

weiterer Bevollmächtigter zu einer Vorsorgevollmacht"<br />

zur Eintragung in das Zentrale Register bei<br />

<strong>der</strong> Bundesnotarkammer zur Verfügung:<br />

Betreuungsrecht. <strong>Mit</strong> ausführlichen Informationen<br />

zur Vorsorgevollmacht.<br />

Bundesministerium <strong>der</strong> Justiz<br />

Internet:<br />

http://www.bmj.bund.de/enid/Service/Publikationen_bh.html<br />

(pdf-Datei, kostenlos, nur als Download verfügbar)<br />

Patientenverfügung. Leiden, <strong>Krankheit</strong>, Sterben -<br />

wie bestimme ich, was medizinisch unternommen<br />

werden soll, wenn ich entscheidungsunfähig bin?<br />

Bundesministerium <strong>der</strong> Justiz<br />

Internet:<br />

http://www.bmj.bund.de/enid/Service/Publikationen_bh.html<br />

(pdf-Datei und Textbausteine als Word-Datei, kann<br />

kostenlos herunter geladen werden)<br />

Bestellung:<br />

beim Publikationsversand <strong>der</strong> Bundesregierung<br />

Tel.: 01805 -77 80 90<br />

Fax.: 01805 - 77 80 94<br />

E-Mail: publikationen@bundesregierung.de<br />

101


AUTORENVERZEICHNIS<br />

Deuter, Albertine<br />

<strong>Deutsche</strong> Gesellschaft für Muskelkranke e.V.<br />

Landesverband Bayern<br />

Sozialberatung<br />

Friedrich-Baur-Institut<br />

Ziemssenstr. 1a<br />

80336 München<br />

Tel.: 089 / 5160 - 7411<br />

E-Mail: deuter@dgm-bayern.de<br />

Geiseler, Jens, Dr.<br />

Klinik für Intensivmedizin und Langzeitbeatmung<br />

Asklepios Fachkliniken München-Gauting<br />

Robert-Koch-Allee 2<br />

82131 Gauting<br />

Tel. 089 / 85791 - 4301<br />

E-Mail: j.geiseler@asklepios.com<br />

Goldman, Bea<br />

Intensivpflege, ALS-Nurse<br />

ALS Clinic Kantonsspital St. Gallen<br />

Greithstrasse 20<br />

CH – 9007 St. Gallen / Schweiz<br />

Tel.: 0041 / 71 / 494 – 3585<br />

E-Mail: bea.goldman@kssg.ch<br />

www.als-sg.ch<br />

Kollewe, Katja, Dr.<br />

Neurologische Klinik mit Klinischer<br />

Neurophysiologie<br />

Medizinische Hochschule Hannover<br />

Carl-Neuberg-Straße 2c<br />

30625 Hannover<br />

Tel.: 0511 / 53 33 – 578<br />

E-Mail: kollewe.katja@mh-hannover.de<br />

Palzer-Rohr, Birgit<br />

Ernährungs- und Diätberaterin<br />

Carl-Bosch-Weg 2<br />

23568 Lübeck<br />

E-Mail: birgit.palzer-rohr@dgm.org<br />

Petri, Susanne, Prof. Dr.<br />

Neurologische Klinik mit Klinischer<br />

Neurophysiologie<br />

Medizinische Hochschule Hannover<br />

Carl-Neuberg-Straße 1<br />

D-30625 Hannover<br />

Tel.: 0511 / 53 33 – 578<br />

Petri.Susanne@MH-Hannover.de<br />

102<br />

Riecker, Axel, Dr.<br />

Neurologische Klinik <strong>der</strong> Universitätsund<br />

Rehabilitationskliniken Ulm (RKU)<br />

Oberer Eselsberg 45<br />

89081 Ulm<br />

Tel.: 0731 / 177 – 1206<br />

axel.riecker@uni-ulm.de<br />

Schmidt, Pamela, Dipl.-Psych.<br />

Psychologische Psychotherapeutin<br />

(Verhaltenstherapie),<br />

Klinische Neuropsychologin und Supervisorin<br />

(GNP)<br />

Alt-Pichelsdorf 35 A<br />

13595 Berlin<br />

Tel.: 030 / 34 48 608<br />

E-Mail: nuclei@gmx.net<br />

Schröter, Carsten, Dr.<br />

Klinik Hoher Meissner<br />

Hardtstr. 36<br />

37242 Bad Sooden-Allendorf<br />

Tel.: 05652 / 55 86 - 0<br />

E-Mail: c.schroeter@reha-klinik.de<br />

Windisch, Wolfram, Prof. Dr.<br />

Universitätsklinik Freiburg<br />

Abteilung Pneumologie<br />

Universitätsklinik Freiburg<br />

Killian Straße 5<br />

79106 Freiburg i. Breisgau<br />

Tel 0761 / 270 - 3731<br />

E-Mail: windisch@med1.ukl.uni-freiburg.de<br />

Winterholler, Cordula, M.A.<br />

Lehrlogopädin für Dysphagie und Dysarthrophonie<br />

Logopädisches Therapiezentrum<br />

Rathsbergerstr. 57<br />

91054 Erlangen<br />

Tel.: 09131 / 40 01 666<br />

E-Mail: team@ltaw.de<br />

Winterholler, Martin, Dr.<br />

Krankenhaus Rummelsberg GmbH<br />

Neurologische Klinik<br />

Rummelsberg 71<br />

90529 Schwarzenbruck<br />

Tel.: 09128 / 503437<br />

E-Mail: winterholler.martin@rummelsberger.net


LITERATURVERZEICHNIS<br />

ALS Society of Canada (Hrsg.), 2005:<br />

Manual for People living with ALS.<br />

256 Yorkland Boulevard, Suite 300<br />

Toronto, Ontario, M2J 1S5<br />

E-Mail: info@als.ca<br />

Internet: http://www.als.ca<br />

ALS Society of British Columbia (Hrsg.), 1993:<br />

ALS: Strategies for Living.<br />

# 208-1600 West 6th Avenue<br />

Vancouver, British Columbia, V6J 1R3<br />

E-Mail: info@ alsbc.ca<br />

Internet: http://www.alsbc.ca<br />

Yorkston, Miller, Strand, 1995 (1):<br />

Management of Speech and Swallowing<br />

in Degenerative Diseases.<br />

Austin (Texas).<br />

103<br />

VERZEICHNIS DER ABBILDUNGEN<br />

Kapitel 2<br />

Logopädie: C. Winterholler<br />

Kapitel 4<br />

Tipps für die Pflege zu Hause: Russka Ludwig<br />

Bertram GmbH<br />

Kapitel 5<br />

Mobile Kommunikationsgeräte: Rehavista<br />

Bildschirmtastatur:<br />

Trade & Service Wolfgang Kreidl<br />

Augensteuerungssysteme: 1. Rehavista; 2.<br />

Incap;<br />

Umfeldsteuerungssystem: 3. Insors<br />

Kapitel 6<br />

Wenn <strong>der</strong> Bissen im Hals stecken bleibt:<br />

C. Winterholler<br />

Alle übrigen Fotos und Abbildungen: <strong>DGM</strong>


STELLUNGNAHMEN DER <strong>DGM</strong><br />

Im Folgenden finden Sie zwei Stellungnahmen <strong>der</strong><br />

<strong>DGM</strong>. Sie erläutern die Beson<strong>der</strong>heit <strong>der</strong> ALS und<br />

können Sie bei <strong>der</strong> Beantragung eines Schwerbehin<strong>der</strong>tenausweises<br />

bzw. stationärer Rehabilitation<br />

unterstützen.<br />

104


FESTSETZUNG DES BEHINDERTEN -<br />

GRADES BEI ALS<br />

Die Amyotrophe Lateralsklerose ist eine gravierende<br />

Erkrankung des Nervensystems mit dramatisch<br />

fortschreiten<strong>der</strong> Symptomatik und infauster<br />

Prognose.<br />

Betroffen sind sowohl die zentralen als auch die<br />

peripheren motorischen Nervenzellen (Motoneurone).<br />

Wenn das periphere Neuron befallen ist, treten<br />

Muskelschwäche, Muskelschwund (Atrophie)<br />

und häufig Muskelzucken (Faszikulieren) sowie<br />

Muskelkrämpfe auf. Der Verlust des zentralen<br />

Neurons führt zu Muskelsteife (Spastik), Muskelverspannungen<br />

und Muskelschwäche.<br />

Die ersten Symptome zeigen sich zumeist in <strong>der</strong><br />

Hand- und Fußmuskulatur. Manchmal ist auch bereits<br />

im Anfangsstadium die Sprech- und Schluckmuskulatur<br />

geschwächt. <strong>Mit</strong> dem Fortschreiten <strong>der</strong><br />

Erkrankung verstärkt sich die Schwäche und erstreckt<br />

sich schließlich auf den gesamten Körper -<br />

meist innerhalb von Monaten o<strong>der</strong> wenigen Jahren.<br />

Häufig werden eine häusliche Beatmung und die<br />

Nahrungsaufnahme über eine Magensonde (PEG)<br />

notwendig. Die sensorischen Funktionen (Berührung,<br />

Schmerz und Temperatur, das Sehen, Riechen<br />

und Hören), die vegetativen Funktionen von<br />

Blase und Mastdarm und vor allem die intellektuellen<br />

Fähigkeiten sind in aller Regel nicht beeinträchtigt.<br />

Die <strong>Krankheit</strong>saktivität ist sehr hoch, <strong>der</strong> fortschreitende<br />

Funktionsverlust von Armen und Beinen<br />

bedeutet eine gravierende Verän<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Lebensumstände.<br />

Häusliche Verrichtungen werden<br />

mühsamer und können schließlich nicht mehr<br />

selbst ausgeführt werden. Zunehmende Schwäche<br />

in Beinen und Füßen wirkt sich zunächst auf die<br />

Gehfähigkeit aus, beson<strong>der</strong>s auf unebenem Boden,<br />

über längere Strecken und beim Treppensteigen<br />

und führt schließlich zur Notwendigkeit eines<br />

Rollstuhles. Erschwert wird diese Situation zusätzlich,<br />

wenn die Kommunikation durch eine Schwäche<br />

<strong>der</strong> Sprechmuskulatur beeinträchtigt ist und<br />

Schluckschwierigkeiten die Ernährung gefährden.<br />

ALS-Kranke sind regelmäßig auf spezielle Hilfsmittel<br />

angewiesen, um die komplexen Beeinträchtigungen<br />

so gut wie möglich auszugleichen und<br />

Selbstständigkeit möglichst lange zu erhalten<br />

(Elektrorollstühle, Kommunikationsgeräte, Beatmungsgeräte,<br />

spezielle Pflegebetten, Lifter usw.).<br />

105<br />

Psychische Auswirkungen in Form von reaktiv-depressiven<br />

Anpassungsstörungen können die Lebensqualität<br />

zusätzlich beeinträchtigen und körperliche<br />

<strong>Krankheit</strong>ssymptome wie Schwäche, Schlafstörungen<br />

und Erschöpfung noch verstärken. ALS-<br />

Kranke bedürfen rascher und dringen<strong>der</strong> als an<strong>der</strong>e<br />

Menschen mit Behin<strong>der</strong>ungen einer umfassenden<br />

Unterstützung und Versorgung.<br />

Neuromuskuläre Erkrankungen, insbeson<strong>der</strong>e die<br />

ALS, sind in den Tabellen zur Einstufung des Grades<br />

<strong>der</strong> Behin<strong>der</strong>ung (GdB) nicht ausreichend berücksichtigt.<br />

<strong>Mit</strong> den Hinweisen auf die Analogie<br />

zu den übrigen aufgeführten Bewegungseinschränkungen<br />

ist die Schwere <strong>der</strong> Gesamtsymptomatik<br />

nicht zu erfassen. Vor allen Dingen wird so <strong>der</strong><br />

schnellen Progredienz keine Beachtung geschenkt.<br />

In <strong>der</strong> Praxis tritt i.d.R. bereits während <strong>der</strong> Bearbeitung<br />

des Erstantrags eine Verschlechterung <strong>der</strong><br />

Erkrankung ein.<br />

ALS-Kranke sind in den meisten Fällen innerhalb<br />

kurzer Zeit in allen Lebensbereichen dem Personenkreis<br />

<strong>der</strong> absolut Hilflosen zuzuordnen. ALS-<br />

Kranke sind nach Ansicht <strong>der</strong> <strong>DGM</strong> mindestens<br />

mit einem GdB von 80, in den meisten Fällen jedoch<br />

mit einem GdB von 100 und den entsprechenden<br />

Merkzeichen zu beurteilen.


STATIONÄRE MEDIZINISCHE<br />

REHABILITATION BEI ALS<br />

Bei <strong>der</strong> ALS handelt es sich um eine neuromuskuläre<br />

Erkrankung, die zu einer fortschreitenden<br />

Muskelschwäche und Bewegungsbeeinträchtigung<br />

führt. Da eine effektive kausale korrigierende<br />

bzw. heilende Therapie bis heute nicht möglich ist,<br />

sind die Betroffenen auf die symptomatische Behandlung<br />

durch Physiotherapie, Orthopädie, Ergotherapie,<br />

Logopädie, Ernährungsberatung bei<br />

Schluckstörungen und Atem unterstützende Maßnahmen<br />

angewiesen. Ziel <strong>der</strong> Maßnahmen ist u. a.,<br />

die Folgen <strong>der</strong> Erkrankung so gering wie möglich<br />

zu halten, bzw. sie in einem bestimmten Ausmaß<br />

zu korrigieren und so die Selbständigkeit länger zu<br />

erhalten.<br />

Die gezielte physiotherapeutische Behandlung ist<br />

unentbehrlicher Teil <strong>der</strong> gesundheitlichen Versorgung<br />

von ALS-kranken Menschen. Ihr positiver<br />

Effekt zeigt sich in <strong>der</strong> Erhaltung bzw. Kräftigung<br />

<strong>der</strong> vorhandenen funktionsfähigen und intakten<br />

Muskulatur, in <strong>der</strong> Verbesserung <strong>der</strong> Bewegungskoordination,<br />

<strong>der</strong> Verbesserung von Herz-Kreislauf-Funktionen,<br />

<strong>der</strong> Kontrakturprophylaxe und<br />

Verzögerung von Skoliosen, <strong>der</strong> Lin<strong>der</strong>ung von<br />

Schmerzen und Lösung von Verkrampfungen <strong>der</strong><br />

schwindenden und überlasteten Muskulatur und<br />

<strong>der</strong> Erhaltung einer ausreichenden Atemkapazität.<br />

Für eine effektive langfristige Behandlung im<br />

häuslichen Bereich sind die <strong>Mit</strong>arbeit des Patienten<br />

und eine Unterstützung durch Angehörige<br />

und Pflegepersonal unerlässlich und müssen stets<br />

angestrebt werden. Hierzu sind Informationen, Anleitung,<br />

Schulung und Supervision notwendig.<br />

Kontrolluntersuchungen durch Ärzte und Institutionen<br />

mit entsprechen<strong>der</strong> Erfahrung sollten daher<br />

regelmäßig erfolgen, auch unter dem Gesichtspunkt<br />

einer erfor<strong>der</strong>lichen Än<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Therapie.<br />

Ob die kompetente Betreuung <strong>der</strong> Betroffenen<br />

durchgängig ambulant möglich ist o<strong>der</strong> in Form<br />

wie<strong>der</strong>holter stationärer Behandlungen durchgeführt<br />

werden muss, ist eine Frage <strong>der</strong> individuellen<br />

und örtlichen Voraussetzungen.<br />

In Anbetracht <strong>der</strong> relativ geringen Erkrankungshäufigkeit<br />

fehlt es nie<strong>der</strong>gelassenen Ärzten und<br />

Therapeuten oft an praktischer Erfahrung. Einige<br />

neurologische Fachkliniken verfügen jedoch über<br />

<strong>Mit</strong>arbeiter mit langjährigen Erfahrungen in <strong>der</strong><br />

106<br />

Behandlung ALS-kranker Menschen. Die für die<br />

Behandlung notwendige Alltagsentlastung <strong>der</strong><br />

ALS-kranken Menschen, die Koordination <strong>der</strong> verschiedenen<br />

Behandlungen, die Aufstellung eines<br />

individuellen Therapie-planes für Physiotherapie,<br />

Logopädie, Ernährungsberatung, Ergotherapie und<br />

die Erprobung von Hilfsmitteln können am besten<br />

unter stationären Bedingungen in geeigneten Kliniken<br />

erfolgen, um danach ambulant fortgeführt zu<br />

werden. Während eines stationären Aufenthaltes<br />

kann auch eine zeitweise psychotherapeutische Begleitung<br />

von Patienten in Krisen (z.B. nach Stellung<br />

<strong>der</strong> Diagnose und bei den Verschlechterungen<br />

im Verlauf <strong>der</strong> <strong>Krankheit</strong>) erfolgen, um die schwierige<br />

Anpassung an das Leben mit dieser chronischen<br />

Erkrankung zu erleichtern und Kräfte für<br />

die Bewältigung des Alltags zu mobilisieren.<br />

Bei Personen, die Assistenz o<strong>der</strong> Hilfe bei <strong>der</strong> Körperpflege<br />

benötigen, wird im Allgemeinen eine<br />

Begleitperson mit aufgenommen. Unsere Erfahrungen<br />

zeigen, dass bei Menschen, die an ALS erkrankt<br />

sind, stationäre Rehabilitationsmaßnahmen<br />

in ein- bis zweijährigen Abständen angezeigt und<br />

Erfolg versprechend sind.


<strong>Deutsche</strong> Gesellschaft für Muskelkranke e.V. - Im Moos 4 -<br />

79112 Freiburg<br />

Tel. 07665/9447-0 Fax 07665/9447-20<br />

Internet: www.dgm.org<br />

e-mail: info@dgm.org<br />

Klinik/ Praxis: <strong>Mit</strong>glied: ? ja ? nein<br />

Name:<br />

Vorname: <strong>Mit</strong>gliedsnummer:<br />

Straße:<br />

PLZ: Ort: Tel.Nr.:<br />

Bestellschein<br />

Nr. Titel Preis EUR Anzahl<br />

Allgemeine Informationsschriften<br />

502 Muskelreport -Aktuelle Ausgabe<br />

(für <strong>Mit</strong>glie<strong>der</strong> im <strong>Mit</strong>gliedsbeitrag enthalten)<br />

513 Aufgaben und Ziele <strong>der</strong> <strong>DGM</strong><br />

514 Notfallpass<br />

555 Info über ehrenamtliche Tätigkeit in <strong>der</strong> <strong>DGM</strong><br />

551 Probewohnen in Freiburg. Ausstattung u.<br />

Übernachtungspreise <strong>der</strong> Probewohnungen<br />

540 Ethische Grundaussagen<br />

541 Vom Erben und Vererben<br />

Schriften zur ALS<br />

311 ALS-Eine Information für Patienten und Angehörige.<br />

Ausführliche Informationen über Diagnostik u.<br />

Stadien des <strong>Krankheit</strong>sverlaufs.<br />

312 ALS-<strong>Handbuch</strong> "<strong>Mit</strong> <strong>der</strong> <strong>Krankheit</strong> <strong>leben</strong> <strong>lernen</strong>"<br />

Praktische Tipps und Hilfen für den Alltag.<br />

505 Amyotrophe Lateralsklerose. Faltblatt für erste Informationen.<br />

515 ALS - Informationen für Entscheidungsträger in Behörden<br />

Behandlung und Rehabilitation<br />

531 Verzeichnis Neuromuskuläre Zentren<br />

533 Medizinische Rehabilitation<br />

530 Verzeichnis Rehakliniken für muskelkranke Erwachsene<br />

542 Neuromuskuläre Erkrankungen und Anästhesie<br />

Beatmung<br />

532/1 Verzeichnis Atemzentren (Erwachsene)<br />

107<br />

5,00<br />

kostenlos<br />

kostenlos<br />

kostenlos<br />

kostenlos<br />

kostenlos<br />

kostenlos<br />

kostenlos<br />

kostenlos<br />

kostenlos<br />

kostenlos<br />

kostenlos<br />

kostenlos<br />

kostenlos<br />

kostenlos<br />

kostenlos


Nr. Titel Preis EUR Anzahl<br />

534 Informationen zur häuslichen Beatmung<br />

kostenlos<br />

535 Faltblatt: Atemstörungen und häusliche Beatmung<br />

kostenlos<br />

655 Film (DVD): ALS und Beatmung. M. Hecht und M.Winterholler<br />

Physiotherapie, Logopädie<br />

6,00<br />

560 Physiotherapie bei neuromuskulären Erkrankungen<br />

kostenlos<br />

563 Physiotherapie für Patienten mit Amyotropher Lateralsklerose kostenlos<br />

650 Logopädie für Patienten mit ALS<br />

Mobilität / Hilfsmittel<br />

kostenlos<br />

553 Firmenrabatte (von Hilfsmittel-Herstellern f. <strong>DGM</strong>-<strong>Mit</strong>glie<strong>der</strong>) kostenlos<br />

573 <strong>DGM</strong>-Ratgeber: Hilfsmittel für Muskelkranke<br />

kostenlos<br />

575 <strong>DGM</strong>-Ratgeber: Reisen<br />

kostenlos<br />

625 Kommunikationstafeln für Menschen mit Sprechstörungen<br />

Pflege<br />

2,60<br />

403* Pflegeversicherungsgesetz. Textausgabe.<br />

kostenlos<br />

572/2 <strong>DGM</strong>-Leitfaden für Erwachsene: Pflegeversicherung<br />

kostenlos<br />

405* Pflegen Zuhause. Praktischer Ratgeber für die häusliche Pflege.<br />

Recht und Behin<strong>der</strong>ung<br />

kostenlos<br />

602 Wie komme ich zu meinem Recht<br />

kostenlos<br />

603* Patientenrechte in Deutschland. Leitfaden für Patienten u. Ärzte.<br />

Hrsg. vom Bundesministerim für Justiz bzw. für Gesundheit.<br />

kostenlos<br />

400* Die Rechte behin<strong>der</strong>ter Menschen und ihrer Angehörigen.<br />

zu beziehen bei:<br />

Ausführliches zu beziehen bei: BAG Selbsthilfe,<br />

BAG Selbsthilfe<br />

Tel. / Fax.: 0211 / 31006 -0 / -48)<br />

Tel./ Fax<br />

<strong>Handbuch</strong> (ca. 500 S.) zu verschiedenen Rechtsgebieten.<br />

Hrsg.: BAG Selbsthilfe<br />

0211/31006-0/-48<br />

404* Ratgeber für behin<strong>der</strong>te Menschen. Grundlegende<br />

Informationen u.a. zur Teilhabe am gesellschaftlichen Leben,<br />

Rehabilitation, Bildung u. Arbeit.<br />

kostenlos<br />

406* SGB IX. Informationen zu Rehabilitation u. Teilhabe<br />

behin<strong>der</strong>ter Menschen<br />

kostenlos<br />

*nur Einzelexemplare erhältlich<br />

<strong>DGM</strong> Rundbrief Amyotrophe Lateralsklerose<br />

Die <strong>DGM</strong> bietet einen Rundbrief für ALS-Betroffene und Angehörige an, <strong>der</strong> persönliche Erfahrungsberichte<br />

und spezielle Informationen enthält (Umfang ca. 100 Seiten). Er erscheint zweimal jährlich und ist<br />

an beson<strong>der</strong>e Bezugsbedingungen gebunden. Nähere Informationen erhalten Sie in <strong>der</strong> Geschäftsstelle.<br />

108<br />

Info anfor<strong>der</strong>n:


Beitrittserklärung<br />

? Ich erkläre meinen Beitritt als <strong>Mit</strong>glied <strong>der</strong> <strong>Deutsche</strong>n Gesellschaft für Muskelkranke e.V. (<strong>DGM</strong>).<br />

? Ich bin Betroffene(r) ? Ich bin Angehörige(r) ? Ich bin För<strong>der</strong>er ? Körperschaft<br />

(Unternehmen/Verein)<br />

Name Vorname Geburtsdatum<br />

Straße, Hausnummer<br />

PLZ, Wohnort (Firmensitz) Land (wenn nicht D)<br />

Telefon Fax E-Mail<br />

Kurzdiagnose (für Beratungszwecke)<br />

Jährlicher Mindestbeitrag für <strong>Mit</strong>glie<strong>der</strong>:<br />

? 50,- € Betroffene und Angehörige<br />

? 50,- € För<strong>der</strong>er<br />

? 200,- € Unternehmen / Vereine<br />

Ich bezahle einen Zusatzbeitrag von<br />

? 15,-€ ? 25,-€ ? 35,-€ ? ______ , __ € zum jährlichen Beitrag.<br />

Ich zeichne eine einmalige Spende von<br />

? ______ , __ €<br />

Ich bezahle per<br />

? Überweisung Kto 777 22 00 BLZ 660 205 00<br />

Bank für Sozialwirtschaft Karlsruhe<br />

? Bankeinzug*<br />

Kto.-Nr. Bankleitzahl<br />

Kreditinstitut<br />

Datum Unterschrift<br />

*Sie helfen uns, Verwaltungskosten zu sparen, wenn Sie sich für den Bankeinzug entscheiden. Damit kommt ein noch höherer Anteil<br />

<strong>der</strong> <strong>Mit</strong>tel direkt den Muskelkranken zugute. Danke!<br />

<strong>Deutsche</strong> Gesellschaft für Muskelkranke e.V. <strong>DGM</strong> · Im Moos 4 · 79112 Freiburg<br />

Tel.: 076 65 / 94 47-0 Fax: 076 65 / 9447-20 · e-mail: info@dgm.org · Internet: www.dgm.org<br />

109


Rückantwort<br />

Bitte in einem frankierten Fensterumschlag zurücksenden.<br />

<strong>Deutsche</strong> Gesellschaft<br />

für Muskelkranke e.V.<br />

Im Moos 4<br />

79112 Freiburg<br />

110<br />

Absen<strong>der</strong><br />

Name<br />

Vorname<br />

Straße<br />

PLZ, Ort<br />

Telefon<br />

Datum Unterschrift


<strong>DGM</strong><br />

<strong>Deutsche</strong> Gesellschaft<br />

für Muskelkranke e.V.<br />

Bundesgeschäftsstelle<br />

Im Moos 4<br />

79112 Freiburg<br />

Telefon: 07665 / 9447-0<br />

Telefax: 07665 / 9447-20<br />

E-Mail: info@dgm.org<br />

Internet: http://www.dgm.org<br />

Schweizerische Gesellschaft<br />

für Muskelkranke SGMK<br />

Kanzleistrasse 80<br />

CH-8004 Zürich<br />

Telefon +41 (0)44 245 80 30<br />

Fax +41 (0)44 245 80 31<br />

E-Mail: info@muskelkrank.ch<br />

Internet: www.muskelkrank.ch<br />

PC-Konto 80-29554-4

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